TE OGH 1989/12/7 13Os145/89

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Veröffentlicht am 07.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Dezember 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger (Berichterstatter), Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin in der Strafsache gegen Edwin E*** wegen des Vergehens des Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 13. März 1989, GZ. 10 Vr 111/89-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Presslauer, und des Verteidigers Dr. Sigmund, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, insoweit der Schuldspruch das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. vernachlässigt, sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Edwin E*** ist ferner schuldig, am 10. Jänner 1989 in Klagenfurt den Reinhold J*** mit einem Faustschlag und einem Fußtritt, welche eine Schnittwunde und einen Bluterguß über der rechten Augenbraue, ein Monokelhämatom am rechten Auge und eine leichte Gehirnerschütterung nach sich zogen, am Körper verletzt zu haben. Er hat hiedurch das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. begangen.

Edwin E*** wird hiefür und für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch zur Last liegenden Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. und des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 1 StGB. gemäß §§ 28, 128 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren verurteilt. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 30. Juli 1954 geborene beschäftigungslose Edwin E*** wurde des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. sowie ferner - in Abweichung von einer auf Raub lautenden Anklage - des Vergehens des schweren Diebstahls nach (§ 127 und) § 128 Abs. 1 Z. 1 StGB. schuldig erkannt. Vom Anklagevorwurf eines Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. wurde der Angeklagte gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.

Die Staatsanwaltschaft bekämpft dieses Urteil in mehrfacher Beziehung mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 lit. a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Nach dem insoweit maßgebenden Urteilsinhalt verließ der Zeuge Reinhold J*** am frühen Morgen des 10. Jänner 1989 in Klagenfurt ein Lokal. Kurz danach ging auch der Angeklagte aus dieser Gaststätte und traf auf der Straße den dort stehenden J***, welcher ihn beschimpfte. Der Angeklagte schlug den J*** mit einem Fausthieb zu Boden und trat ihm ins Gesicht, wodurch J*** eine Schnittwunde und einen Bluterguß über der rechten Augenbraue, ein Monokelhämatom am rechten Auge und eine leichte Gehirnerschütterung erlitt. Dann bemerkte der Angeklagte, daß dem hilflos auf dem Boden liegenden Verletzten mehrere Geldscheine im Gesamtbetrag von 1.300 S aus der Hosentasche gefallen waren, worauf er erst in dieser Phase des Geschehens beschloß, sich durch Wegnahme der Banknoten unrechtmäßig zu bereichern. Er steckte das Bargeld ein und verließ ohne weitere Aktivitäten den Tatort. Der Zeuge J*** vermißte seit diesem Tag auch seinen Reisepaß und Kontoauszüge, jedoch fehlte nach Ansicht des Erstgerichts eine (sichere) Beweisgrundlage für einen damaligen Zugriff des Angeklagten auf diese Urkunden, welche eine Woche später auf der Straße gefunden wurden.

Das Gericht stützte seine Feststellungen im wesentlichen auf die Verantwortung des Angeklagten, welcher sich "der vorsätzlichen leichten Körperverletzung und des Bedrängnisdiebstahls" schuldig bekannt hatte (S. 73 a, 213). Die Angaben des Zeugen J*** wurden als nicht verläßlich genug gewertet, um daraus im Sinn des Anklagestandpunkts abzuleiten, daß der Täter damals einen räuberischen Angriff gesetzt und dem Opfer neben Bargeld auch Urkunden weggenommen hatte.

Die Mängelrüge (Z. 5) bekämpft die Feststellung, daß zuerst der Zeuge J*** die Gaststätte verlassen habe und behauptet eine Unvollständigkeit der Entscheidung, weil das Gericht die Aussage des Kellners Wolfgang G***, wonach der Angeklagte damals vor dem Tatopfer aus dem Lokal gegangen sei (S. 163, 215 f.), unberücksichtigt gelassen habe.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Einwand betrifft jedoch keine entscheidende Tatsache in der Bedeutung der Z. 5, weil die Reihenfolge beim Weggehen weder für die Subsumtion von Bedeutung ist noch vom Schöffengericht für Schlußfolgerungen tatsächlicher Art herangezogen wurde. Insbesondere beruht keine der Erwägungen darüber, daß nicht allen Angaben des Zeugen J*** gefolgt werden könne und die einen Raubvorsatz leugnende Einlassung des Angeklagten nicht (mit Gewißheit) widerlegt sei, auf der bemängelten Sachverhaltsannahme. Sonach hatte der fragliche Ausspruch keine Bedeutung für die Meinungsbildung, ob der Angeklagte die von ihm eingestandenen Delikte (Bedrängnisdiebstahl und Körperverletzung) oder aber einen Zechanschlußraub und eine Urkundenunterdrückung verübt hat.

Dem gegen den Freispruch vom Vorwurf der Urkundenunterdrückung erhobenen Einwand zahlreicher Feststellungsmängel (Z. 9 lit. a) muß erwidert werden, daß nach den Entscheidungsgründen der Angeklagte dem J*** nur Bargeld weggenommen hat (S. 229), sodaß das Urteil von einem unterbliebenen Täterschaftsnachweis ausgeht. Bei dieser Beweiswürdigung, deren Richtigkeit dahingestellt bleiben muß, ist es nicht denkbar, daß das Schöffengericht auf Grund eines Irrtums rechtlicher Art irgendwelche Subsumtionsvoraussetzungen unberücksichtigt gelassen hat. Inhaltlich üben die Beschwerdedarlegungen, daß die Möglichkeiten des Abhandenkommens der von Reinhold J*** vermißten Urkunden durch Negativfeststellungen einzuschränken gewesen wären und allenfalls auch eine bestimmte Art des Abhandenkommens hätte konstatiert werden müssen, nur Kritik an der Beurteilung der Verfahrensergebnisse nach dem Zweifelsgrundsatz. Soweit ein Feststellungsmangel (Z. 10) hinsichtlich der unterbliebenen weiteren Qualifikation der Tat als räuberischer Diebstahl (§ 131 StGB.) behauptet wird, übersieht die Beschwerde, daß das Schöffengericht die Annahme eines den Schilderungen des Zeugen J*** entsprechenden Tathergangs (an die Sachwegnahme anschließende Gewaltanwendung) ausdrücklich aus Beweisgründen abgelehnt hat und darum der Urteilssachverhalt in dieser Beziehung keineswegs auf einen Rechtsirrtum zurückgeht.

Mit Fug strebt aber die Staatsanwaltschaft im Rahmen einer Subsumtionsrüge unter Hinweis auf die Urteilsfeststellungen über die vom Angeklagten an Reinhold J*** verübte Körperverletzung einen zusätzlichen Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 83 Abs. 1 StGB. an. Die Zurechnung der im Diebstahlsschuldspruch als Ursache des ausgenützten hilflosen Zustands des Bestohlenen umschriebenen körperlichen Beschädigung ist ohne Begründung unterblieben. Die vorsätzliche Herbeiführung einer dem § 128 Abs. 1 Z. 1 StGB. entsprechenden Bedrängnis oder Hilflosigkeit des darnach vom selben Täter bestohlenen Opfers wird durch die Ahndung des qualifizierten Diebstahls niemals abgegolten, sodaß kein Fall einer bloßen Scheinkonkurrenz von Diebstahl und Körperverletzung gegeben ist. Folglich war in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde auf Grund des vom Gerichtshof angenommenen Sachverhalts Edwin E*** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. schuldig zu sprechen.

Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Bei der notwendigen Strafneubemessung nach §§ 28, 128 Abs. 1 StGB. waren die einschlägigen vielfachen Vorstrafen, der rasche Rückfall und das Zusammentreffen von nunmehr drei Vergehen erschwerend, das Geständnis hingegen mildernd.

Der Angeklagte weist achtzehn, auf der selben schädlichen Neigung beruhende Vorverurteilungen auf. Seine bisherige Strafsumme beläuft sich auf 138 Monate Freiheitsstrafen, das sind elf Jahre und sechs Monate. Allein in den letzten sieben Jahren seit 1982 befand sich der Angeklagte fast fünf Jahre in Haft und nur rund zwei Jahre auf freiem Fuß. Jetzt ist er binnen kürzester Frist, nämlich innerhalb von 18 Tagen (bis zur Sachbeschädigung Faktum 1) wieder rückfällig geworden (zuletzt wurde er am 20. Dezember 1988 aus einer Vollstreckung von acht Monaten Freiheitsstrafe zu 10 Vr 1404/87 des Landesgerichts Klagenfurt entlassen). Diese massive Kriminalität erfordert es, den zur Verfügung stehenden und durch § 39 StGB. bis auf viereinhalb Jahre erweiterten Strafrahmen mehr auszuschöpfen, als dies in erster Instanz geschehen ist, um den präventiven Bedürfnissen (auch denen der spezialpräventiven Resozialisierung) wenigstens einigermaßen gerecht zu werden. Dabei wurde von der gegebenen Möglichkeit der Strafschärfung (§ 39 StGB.) diesmal noch nicht Gebrauch gemacht.

Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft hierauf zu verweisen.

Anmerkung

E19163

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00145.89.1207.000

Dokumentnummer

JJT_19891207_OGH0002_0130OS00145_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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