TE OGH 1989/12/13 1Ob693/89

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Veröffentlicht am 13.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*** mit dem Sitz in Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei Michael P. S***, Kaufmann, Wien 12., Schröttergasse 3, vertreten durch Dr. Rudolf Lischka, Rechtsanwalt in Wien, und des Nebenintervenienten auf seiten der beklagten Partei Dr. Gerhard E***-D***, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung infolge Revision der beklagten Partei und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 30.November 1988, GZ 48 R 566/88-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei und des Nebenintervenienten das Teilurteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19.Mai 1988, GZ 48 C 174/85-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Urteil vom 18.2.1987, 1 Ob 712/86, SZ 60/28, wies der Oberste Gerichtshof den Zwischenantrag des Beklagten, es werde festgestellt, daß er auf Grund des Mietvertrages vom 24.4.1973 samt Ergänzungen, insbesondere vom 3.4.1978 und vom Mai 1979, Hauptmieter der im Hause Wien 1, Judenplatz 6, gelegenen Dachbodenräume mit dem Recht, diese Räume auszubauen, als Fremdenpension zu nutzen und der Befugnis zur Namhaftmachung eines Mietrechtsnachfolgers auf 30 Jahre ist, ab. Auf diese Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren wurde das Klagebegehren dahin abgeändert, daß der Beklagte schuldig erkannt werde,

1. der klagenden Partei den Betrag von S 120.000,-- s.A. als Benützungsentgelt zu bezahlen,

2. die im Dachboden benützten Räumlichkeiten binnen 14 Tagen geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben und

3. sämtliche Einbauten, die zur Schaffung von Wohnräumen im Dachgeschoß des Hauses unternommen wurden, wie auch die Installationen, die diesem Zweck dienen, binnen 14 Tagen bei Exekution auf eigene Kosten zu entfernen.

Der Beklagte beantragte Abweisung des geänderten Klagebegehrens und machte geltend, das Haus sei an die Erzdiözese Wien verkauft worden, so daß die klagende Partei nicht mehr aktiv klagslegitimiert sei; er sei in Ansehung der Verfügungsbefugnis der Fruchtnießerin gutgläubig gewesen, der Oberste Gerichtshof habe nicht entschieden, daß ihm keine Bestandrechte zustünden, sondern habe nur die Teilunwirksamkeit des Bestandvertrages ausgesprochen. Zum Abschluß eines Mietvertrages ohne das Recht auf Ausbau des Dachbodens sei die Fruchtnießerin berechtigt gewesen. Im Zeitpunkt des Abschlussss des Bestandvertrages sei die Wohnung Nr.6 a bereits vorhanden gewesen. Er habe im Dachboden nur Erhaltungsarbeiten und keine Substanzveränderungen durchgeführt. Die Zustimmung zur Bauführung durch den Hauseigentümer habe auch die Zustimmung zum Abschluß des Mietvertrages mit ihm umfaßt; diese Zustimmung sei von der Stiftungsbehörde genehmigt worden.

Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren mit Teilurteil statt. Es stellte über den bereits in der Entscheidung vom 18.2.1987, 1 Ob 712/86, dargestellten Sachverhalt hinaus fest:

Als der Beklagte den Bestandvertrag abschloß, sei in einigen Räumen des Dachbodens eine Holzkonstruktion vorhanden gewesen, die innen verputzt gewesen sei. Es seien Lichtleitungen, ein Ofen, eine Duschkabine sowie ein Waschbecken mit Warmwasseranschluß vorhanden gewesen; das WC habe sich außerhalb der Dachbodenräume in einem kleinen Gang befunden. Der übrige Teil des Dachbodens sei nicht ausgebaut gewesen. Nach dem letzten Stand des Konsensplanes bestehe im Dachboden des Hauses lediglich eine Waschküche und ein Trockenboden. Für sämtliche im Dachboden vorgenommenen Einbauten liege keine baubehördliche Bewilligung vor. Am 31.1.1977 sei für den Ausbau des Dachbodens eine Baubewilligung erteilt worden. Um diese Bewilligung habe der Beklagte mit Zustimmung der Fruchtnießerin angesucht. Es sei nicht erweislich, daß die Stiftungsbehörde oder die Finanzprokuratur Vollmacht zum Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung erteilt hatten.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, nach der vom Obersten Gerichtshof getroffenen Entscheidung könne von einer bloßen Teilunwirksamkeit des vom Beklagten geschlossenen Vertrages nicht ausgegangen werden. Der Zwischenantrag des Beklagten auf Feststellung, er sei Hauptmieter der im Dachboden gelegenen Räumlichkeiten, sei abgewiesen worden, diese Frage könne daher im fortgesetzten Verfahren nicht mehr neuerlich geprüft werden, weil dem die materielle Rechtskraft der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes entgegenstehe. Da der Zwischenantrag sich auch und gerade auf jene Räume beziehe, von denen der Beklagte nunmehr behaupte, sie wären bereits ausgebaut gewesen, sei auch diese Frage nicht mehr zu prüfen. Der Beklagte, der demnach nicht Hauptmieter der Räumlichkeiten sei, hätte daher einen anderen Rechtstitel nachweisen müssen, um das Räumungsbegehren abzuwehren; einen solchen habe er nicht dargetan. Demnach sei dem Räumungsbegehren stattzugeben.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Beklagten und des Nebenintervenienten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, und gaben ihr im übrigen nicht Folge. Es sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.

Rechtliche Beurteilung

Den gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revisionen des Beklagten und des Nebenintervenienten kommt Berechtigung nicht zu.

Soweit in den Revisionen die schon im Berufungsverfahren geltend gemachte Nichtigkeit des Verfahrens (mangelnde Vertretungsbefugnis der Finanzprokuratur) wiederholt wird, ist darauf zu verweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung der Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem eine wegen Nichtigkit erhobene Berufung verworfen wurde, weder mit Revision noch mit Rekurs angefochten werden kann (4 Ob 541/89; 8 Ob 663/88 u.v.a.).

Die in den Revisionsschriften enthaltenen Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gerechtfertigt (§ 510 Abs.3 letzter Satz ZPO).

Mit seiner Entscheidung vom 18.2.1987 wies der Oberste Gerichtshof das mit Zwischenantrag auf Feststellung gestellte Begehren rechtskräftig ab. Da die materielle Rechtskraft eines Zwischenurteils alle Rechtswirkungen eines Endurteils besitzt (Fasching, ZPR Rz 1084) und sich dessen materielle Rechtskraft auch auf die Feststellung des begrifflichen Gegenteils erstreckt (Fasching a.a.O. Rz 1517), steht damit für das weitere Verfahren fest, daß der Beklagte nicht Hauptmieter der im Hause Wien 1., Judenplatz 6, gelegenen Dachbodenräume mit dem Recht, diese Räume auszubauen, als Fremdenpension zu nutzen und der Befugnis zur Namhaftmachung eines Mietrechtsnachfolgers auf 30 Jahre, ist. Er kann sich dann auch nicht mehr darauf berufen, er habe solche Rechte gutgläubig erworben. Ein Verhalten, das dahin verstanden werden könnte, daß die klagende Partei anstelle der hiezu nicht befugten Fruchtnießerin den Vertrag genehmigt hätte, steht nicht fest. Theoretisch müßte die Rechtskraftwirkung nicht ausschließen, daß der Beklagte Hauptmieter der Dachbodenräume ohne die ihm eingeräumten Sonderrechte sein könnte. So wollte der Beklagte aber seinen Zwischenantrag auf Feststellung selbst nicht verstehen. Die klagende Partei hat ihr Räumungsbegehren in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14.2.1986 ausdrücklich auf die Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages gestützt, weil der Fruchtnießer nicht berechtigt sei, einen Vertrag wie den mit dem Beklagten errichteten abzuschließen. Unmittelbar auf diese Behauptung hin stellte der Beklagte seinen Zwischenantrag auf Feststellung ohne zu differenzieren, was nur dahin verstanden werden kann, daß der Beklagte mit seinem Antrag die Behauptung der Ungültigkeit des Vertrages abschließend zu seinen Gunsten entschieden haben wollte und mit der Abweisung des Klagebegehrens auch festgestellt sein sollte, überhaupt nicht Hauptmieter zu sein. Die Frage einer Teilunwirksamkeit eines Vertrages stellt sich hier nicht. Wenn der Beklagte denn in der Folge bloß behauptete, die Fruchtnießerin wäre zum Abschluß eines Mietvertrages ohne das darüber hinausgehende Recht zum Ausbau berechtigt gewesen (ON 18, S 31), kann daraus auch nicht entnommen werden, daß der Beklagte nunmehr behaupten wollte, ein solcher Vertrag bestehe aufrecht und werde von ihm akzeptiert. Diese Behauptung wird erst in der Revision aufgestellt. Demnach ist der Revision der Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 52 Abs.2, 393 Abs.2 ZPO.

Anmerkung

E19444

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00693.89.1213.000

Dokumentnummer

JJT_19891213_OGH0002_0010OB00693_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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