TE Vwgh Erkenntnis 2005/11/21 2002/10/0096

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Veröffentlicht am 21.11.2005
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Index

82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

AMG 1983 §15;
AMG 1983 §16;
AMG 1983 §17;
AMG 1983 §18;
AMG 1983 §22 Abs1 Z2;
AMG 1983 §22 Abs1 Z5;
AMG 1983 §22 Abs1 Z8;
AMG 1983 §22 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. Dr. W N in W, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 25. April 2002, Zl. 921.726/13- VI/16/02, betreffend Zulassung einer Arzneispezialität, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1996, Zl. 95/10/0124, verwiesen.

Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 2. Juni 1995, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Arzneispezialität "Ukrain" gemäß § 22 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/183 in der Fassung BGBl. Nr. 748/1988 und BGBl. Nr. 107/1994 (AMG), abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Nach den Entscheidungsgründen wäre es im Wesentlichen Sache der belangten Behörde gewesen, unter Beiziehung von Sachverständigen darzutun, aus welchen Gründen vom Beschwerdeführer vorgelegte Unterlagen unvollständig bzw. teilweise ungeeignet seien, die Frage, ob die genannte Arzneispezialität den Zulassungsbedingungen des AMG entspreche, zu beantworten.

Mit (Ersatz-)Bescheid vom 25. April 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 30. August 1986 in der Fassung des Schreibens vom 7. Dezember 2002 auf Zulassung der Arzneispezialität "Ukrain" für die beantragten Indikationen (kolorektales Karzinom, Pankreaskarzinom, maligne Tumore, die auf andere Therapien nicht ansprechen und präoperative Anwendung zur Kemarkation des Tumors) gemäß § 22 Abs. 1 AMG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.  33/2002, (neuerlich) abgewiesen (Spruchpunkt 1.).

Mit Spruchpunkt 2. wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 5. März 2001 auf Zulassung von "Ukrain" als Arzneispezialität unter der Auflage "nach Versagen als Standardtherapie" gemäß § 22 Abs. 1 AMG abgewiesen.

Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, der Beschwerdeführer habe nach Aufhebung des Bescheides vom 2. Juni 1995 durch den Verwaltungsgerichtshof eine Reihe weiterer Unterlagen im Zusammenhang mit der beantragten Zulassung vorgelegt. Am 29. August 1997 sei Univ. Prof. Dr. E als nichtamtlicher Sachverständiger bestellt und mit der Überprüfung der Wirksamkeit von "Ukrain" beauftragt worden, nachdem seitens des Beschwerdeführers diesbezüglich kein Einwand erhoben worden sei.

In seiner Stellungnahme vom 25. November 1997 (Anlage 3 des angefochtenen Bescheides) habe Univ. Prof. Dr. E eindeutig festgehalten, dass zu diesem Zeitpunkt keine einzige Unterlage vorgelegen sei, welche dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechend und glaubwürdig einen Patientennutzen durch "Ukrain" belegt habe. Der Einsatz von "Ukrain" als Therapeutikum außerhalb von geplanten, kontrollierten klinischen Prüfungen sei nach dem Stand der Wissenschaft daher nicht gerechtfertigt.

Am 31. Oktober 1997 habe die belangte Behörde die Bundesanstalt für chemisch-pharmazeutische Untersuchungen ersucht, die seitens des Beschwerdeführers neu vorgelegten Unterlagen zu bewerten. Im Gutachten der Bundesanstalt vom 8. Jänner 1998 (Anlage 4 des angefochtenen Bescheides) sei die Auffassung vertreten worden, dass der seitens des Beschwerdeführers definierte Wirkstoff "Ukrain (Komplex)" überhaupt nicht existiere. Im Endprodukt hätten alle Syntheseausgangsprodukte (Chelidoniumalkaloide) unverändert nachgewiesen werden können; der Reaktionspartner Thio-Tepa liege in polymerer Form vor.

Der Beschwerdeführer habe dazu mit Schreiben vom 11. Mai 1998 Stellung genommen und mit Schreiben vom 16. Juni 1998 weitere Unterlagen sowie eine Synopsis zu wissenschaftlichen und ökonomischen Aspekten der pharmazeutischen Substanz "Ukrain" vorgelegt.

Am 22. Juni 1998 sei Univ. Prof. Dr. E beauftragt worden, die neuerlich vorgelegten Unterlagen zu bewerten. In einem Zusatzgutachten vom 13. August 1998 (Anlage 5 des angefochtenen Bescheides) habe der Sachverständige darauf hingewiesen, dass auch die neu übermittelten Unterlagen keine neuen Daten zu "Ukrain" beinhalteten, sondern lediglich eine kommentierende Zusammenfassung der bereits vorgelegten Unterlagen darstellten, die er (der Sachverständige) bereits in seinem Gutachten vom 25. November 1997 behandelt habe. Es läge nach wie vor keine ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit von "Ukrain" vor.

Am 3. August 2000 seien der belangten Behörde vom Beschwerdeführer weitere Unterlagen vorgelegt worden, aus denen sich auch hinsichtlich der beantragten Indikationsgebiete Änderungen ergeben hätten. Mit der Bewertung dieser Unterlagen sei hinsichtlich der chemisch-pharmazeutischen Daten das Bundesinstitut für Arzneimittel, hinsichtlich der nichtklinischen und klinischen Daten Univ. Doz. Dr. P beauftragt worden.

Am 2. Oktober 2000 sei vom Bundesinstitut für Arzneimittel eine Stellungnahme vorgelegt worden (Anlage 6 des angefochtenen Bescheides), nach der der Zulassungsantrag nicht befürwortet werden könne. Der grundlegende, schwerwiegende Mangel der chemischpharmazeutischen Dokumentation bestehe darin, dass für den Wirkstoff "Ukrain-Komplex" ein Strukturbeweis nicht erbracht werden könne. Demzufolge würden auch bei den Identitäts-, Gehalts- und Reinheitsprüfungen des Wirkstoffes und des Fertigproduktes von Charge zu Charge uneinheitliche Analyseergebnisse erzielt. Es lägen keine ausreichenden Daten hinsichtlich Zusammensetzung, Wirkstoffdeklaration, Qualität der Bestandteile und Haltbarkeit vor. Die Zulassung der beantragten Arzneispezialität entspreche somit nicht den Grundanforderungen an eine Arzneispezialität, wie sie in § 1 des Arzneimittelgesetzes ("Arzneispezialitäten sind Arzneimittel, die im Voraus stets in gleicher Zusammensetzung hergestellt ... werden.") definiert werde.

In seinem pharmakologischen Sachverständigengutachten vom 23. Oktober 2000 (Anlage 7 des angefochtenen Bescheides) habe Univ. Doz. Dr. P bemängelt, dass nach wie vor zu den klinischen Unterlagen keine einzige kontrollierte und GCP (gemeint: "Good Clinical Practice") - gerechte klinische Studie vorläge.

Am 7. Dezember 2000 habe der Beschwerdeführer eine Stellungnahme und Unterlagen zu den chemisch-pharmazeutischen sowie den toxologischen Daten vorgelegt. Der Antrag hinsichtlich der relevanten Anwendungsgebiete sei nunmehr wie folgt geändert worden: "Kolorektales Karzinom, Pankreaskarzinom, maligne Tumore, die auf andere Therapien nicht ansprechen und präoperative Anwendung zur Kemarkation des Tumors."

Für die Begutachtung der nichtklinischen und klinischen Daten sei der Vorstand des Institutes für Pharmakologie der Universität Innsbruck, Univ. Prof. DDr. W, bestellt worden, für die Begutachtung der chemisch-pharmazeutischen Daten der EU-weit anerkannte Experte Dr. R aus L.

Am 26. Februar 2001 sei das von Univ.-Prof. DDr. W erstellte Gutachten bei der belangten Behörde eingelangt (Anlage 8 des angefochtenen Bescheides). In der Zusammenfassung dieses Gutachtens werde festgehalten, dass es aus pharmakologischer Sicht nicht akzeptabel sei, dass ein Präparat vorliege, in dem das Vorliegen des Wirkstoffes (richtig: eines "aktiven Prinzips") weder chemisch-pharmazeutisch noch durch einen Bioassay definiert werden könne. Aus diesem Grund sei die pharmakologische Wertung aller Untersuchungen mit der Unsicherheit verbunden, ob wirklich jeweils die gleiche Wirksubstanz vorgelegen habe oder untersucht worden sei. Es lägen keine konsistenten Daten vor, die einen Wirkungsmechanismus für "Ukrain" am Menschen etablierten. Ferner habe der Gutachter Folgendes dargelegt:

"Über die Pharmakokinetik am Menschen ist nichts bekannt. Solange keine Nachweismethode für den vermuteten Komplex vorliegt, ist dies auch nicht zu erwarten. Wechselwirkungen mit der Pharmakokinetik anderer Substanzen wurden nicht untersucht. Zur klinischen Wirksamkeit liegt keine einzige Studie vor, die diese im Sinne einer Phase III Pilot-Studie belegen würde.

Eine größere Doppelblindstudie, die an einer anerkannten und durch Inspektion überprüfbaren Institution durchgeführt wird, ist zu fordern. Es liegen keine Daten vor, die aufgrund einer 'outstanding activity' eine solche Studie unnotwendig aussehen ließen. Es liegen auch keine objektiven Daten vor, die eine Verwendung an sonst therapieresistenten Patienten/innen rechtfertigen würde. Die akute Verträglichkeit der Substanz erscheint relativ gut. Die Langzeitsicherheit ist schwer zu bewerten, weil keine Tierversuche zur chronischen Toxizität mit hohen Dosen vorliegen. Daher ist ein mögliches Risiko im klinischen Dauergebrauch schwer einzuschätzen, auch wenn die vorliegenden Daten über Routineparameter keine auffälligen Befunde ergeben haben.

Gesamtzusammenfassung des Gutachtens:

Anmerkung: Teil II - chemisch klinische Daten

Teil III - präklinische Daten

Teil IV - klinische Daten

Die vorgelegten Unterlagen waren von schlechter Qualität der Präsentation (kein einheitlicher Aufbau, Doppel- und Tripeldokumente etc.).

Der Gutachter hat trotzdem versucht, nach Studium aller Unterlagen eine klare Bewertung zu finden.

Zu Teil II ist aus pharmakologischer Sicht zu bemerken, dass die mangelnde Instabilität eine unakzeptable Basis für Teil III und IV darstellen.

In Teil III ist nicht sichergestellt, ob beobachtete Wirkungen auf den vermuteten Komplex oder auf freie Alkaloide bzw. auch freies Thio-Tepa zurückzuführen sind. Verlässliche Schlüsse auf eine spezifische Wirkung oder einen Wirkungsmechanismus sind nicht möglich.

Es fehlen Daten zur chronischen Toxizität mit ausreichend hoher Dosierung und für die Frage einer kanzerogenen Wirkung.

Zum Teil IV fehlen verlässliche Daten zum Wirkungsmechanismus, zur Pharmakokinetik und zu Wechselwirkungen mit anderen Pharmaka.

Die klinische Wirksamkeit ist nicht belegt.

Keine einzige Studie ist so durchgeführt und dokumentiert, dass sie als ausreichende Grundlage für eine Zulassung angesehen werden kann.

Eine größere Doppelblindstudie, die von einer anerkannten und überprüfbaren Institution durchgeführt wird, ist zu fordern.

Die akute Verträglichkeit der Substanz erscheint gut. Die chronische Verträglichkeit ist aufgrund der fehlenden Tierversuchsdaten nur bedingt zu bewerten.

Weder die Unterlagen zu Teil III noch zu Teil IV würden die Zulassung dieser Substanz rechtfertigen."

Am 19. März 2001 seien der belangten Behörde vom Beschwerdeführer neuerliche Unterlagen mit dem Ersuchen um Prüfung übermittelt worden. Diese Unterlagen seien zur neuerlichen Beurteilung an Univ. Prof. DDr. W übermittelt worden. Unterlagen betreffend die chemisch-pharmazeutische Dokumentation seien Dr. R zur Kenntnisnahme übermittelt worden.

Das Zusatzgutachten von Univ. Prof. DDr. W (Anlage 9 des angefochtenen Bescheides) sei bei der belangten Behörde am 10. April eingelangt und halte fest, dass die Vorlage der praktisch gleichen Unterlagen an der Aussage und Schlussfolgerung des ersten Gutachtens nichts ändere

Mit 6. April 2001 habe der Beschwerdeführer wiederum Unterlagen zum Wirkungsmechanismus von "Ukrain" vorgelegt. Neuerlich sei Univ. Prof. DDr. W mit der Beurteilung dieser Unterlagen beauftragt worden. Das dritte Gutachten von Prof. DDr. W vom 23. April 2001 (Anlage 10 des angefochtenen Bescheides) halte fest, dass auch die neuen Unterlagen an der Bewertung nichts änderten.

Am 10. April 2001 habe der chemisch-pharmazeutische Experte Dr. R sein Gutachten vom 5. April 2001 vorgelegt (Anlage 11 des angefochtenen Bescheides). Die Schlussfolgerung dieses Gutachtens habe Folgendes ergeben:

"Wie schon am Anfang vermerkt, damit aus chemischpharmazeutischer Sicht einem Arzneimittel eine Zulassung erteilt werden kann, muss der Nachweis erbracht werden, dass das Arzneimittel zur Genüge charakterisiert ist, die vorgesehenen Prüfverfahren die Qualität gewährleisten und die Herstellung von Charge zu Charge reproduzierbar ist.

Da diese Voraussetzungen hier nicht erfüllt sind, kann aus meiner Sicht nur der Rat gegeben werden, aufgrund der vorgelegten chemisch-pharmazeutischen Unterlagen, keine Zulassung zu erteilen.

Da die Mängel bezüglich Qualität von fundamentaler Natur sind, wurde in diesem Gutachten darauf verzichtet, auf weitere einzelne Punkte detailliert einzugehen, z.B. Beschreibung und analytische Validierung der Prüfverfahren, Eignung der Spezifikationen.

Eines der Hauptprobleme bei diesem Antrag liegt darin, dass der Wirkstoff ungenügend charakterisiert ist, das heißt, dass die Identität des 'Ukrain' '(Ukrain-Complexe)' nicht bekannt ist. Es geht aus den Unterlagen auch nicht hervor, ob überhaupt der Versuch und wenn ja, welche Versuche unternommen wurden, die Struktur des 'Ukrain' aufzuklären oder wenigstens weitgehend zu charakterisieren. Offensichtlich sind noch weitere Versuche geplant (Schreiben Dr. G. T vom 30. November 2000). Nur die Kopie eines Patentes vorzulegen, kann nicht akzeptiert werden. Daraus ergibt sich auch die Schwierigkeit oder sogar die Unmöglichkeit, geeignete Prüfverfahren zu entwickeln oder zumindest den Beweis zu bringen, dass die vorgeschlagenen Prüfverfahren geeignet sind, die Qualität des Produktes zu überprüfen. Ferner geht auch aus den Unterlagen nicht hervor, wer für die Herstellung des Wirkstoffes und für die Freigabe der 'Ukrain'-Ampullen zuständig ist.

Desweiteren sind in verschiedenen Teilen des Dossiers oder auch in der Produktinformation, unterschiedliche Spezifikationen für die gleichen Qualitätsmerkmale enthalten (zum Beispiel: pH, Gehaltsspezifikation, Haltbarkeit und Lagerungsbedingungen), was den Schluss zulässt, dass bei der Entwicklung dieses Produktes kein Konzept vorlag und/oder keine Sorgfalt angewandt wurde.

Unklar ist auch, ob der Hersteller der Ampullen eine gültige Herstellungserlaubnis besitzt und wer für die Freigabe der Ampullen verantwortlich ist.

Die pharmazeutische Entwicklung dieses Produktes ist vollständig zu überarbeiten, beginnend mit einer sorgfältigen Charakterisierung bzw. Strukturaufklärung des Wirkstoffes."

Mit Schreiben vom 25. April 2001 habe der Beschwerdeführer den bestellten nichtamtlichen Sachverständigen Univ. Prof. DDr. W mit der Begründung abgelehnt, dass dieser einerseits zum Ressort in einem außergewöhnlichen Naheverhältnis stünde und andererseits nicht über das nötige Spezialwissen verfüge.

Mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 11. Mai 2001 sei dem Ablehnungsantrag mit folgender Begründung nicht stattgegeben worden:

"Gemäß AMG § 21 entscheidet das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen als zuständige Behörde über Anträge auf Zulassung einer Arzneispezialität zum allgemeinen Apothekerverkehr. Die Beiziehung von Sachverständigen ist grundsätzlich immer dann notwendig, wenn die Beantwortung entscheidungsrelevanter Tatfragen besonderes Fachwissen erfordert, über das die Verwaltungsorgane selbst nicht verfügen. Die Beurteilung eines Zulassungsdossiers (Part II, III und IV) erfolgt routinemäßig durch Sachverständige.

Gemäß § 52 Abs. 2 des AVG kann, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen, oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, die Behörde andere geeignete Personen nach entsprechender Beeidung als Sachverständige heranziehen. Die Eidesformel beinhaltet, dass die Befunde und Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen, nach den Regeln der Wissenschaft und unparteiisch abgegeben werden. Sowohl die Amtssachverständigen als auch die externen Sachverständigen sind hinsichtlich der Gutachtenerstellung weisungsfrei. Auch erfolgen keinesfalls seitens der Behörde Vorgaben im Bezug auf den fachlichen Inhalt des zu erstellenden Gutachtens.

Herr Prof. DDr. W ist in der europäischen Expertenliste als unabhängiger Gutachter angeführt; er bürgt mit seiner Unterschrift für seine vollständige Unabhängigkeit."

Am 16. Mai 2001 seien dem Beschwerdeführer die drei Gutachten von Univ. Prof. DDr. W sowie das Gutachten von Dr. R zur Kenntnis gebracht worden. Der Beschwerdeführer habe dazu mit 29. Juni 2001 eine Stellungnahme vorgelegt. Diese Stellungnahme sei wiederum Prof. DDr. W zugeleitet worden, der zusammenfassend festgestellt habe, dass die Stellungnahme sowie die zusätzlichen Unterlagen nichts an der ursprünglichen Bewertung änderten (Anlage 12 des angefochtenen Bescheides). Eine Arzneimittelzulassung von "Ukrain" könne danach nicht vertreten werden.

Zu dem vom Beschwerdeführer am 29. Juni 2001 vorgelegten Unterlagen sei auch ein Zusatzgutachten von Dr. R eingeholt worden. Auch dieses Gutachten (Anlage 13 des angefochtenen Bescheides) habe keine neuen Erkenntnisse bezüglich der Bewertung des Zulassungsantrages ergeben. Die Schlussfolgerung des Gutachtens laute folgendermaßen:

"Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die insgesamt vorgelegte chemisch-pharmazeutische Dokumentation einschließlich der Stellungnahme von Dr. T aufgrund der in meinen beiden Gutachten aufgezeigten Mängel und Unstimmigkeiten als unvollständig und mangelhaft, und für die Beurteilung der Arzneispezialität als nicht ausreichend erwiesen haben. Der Nachweis, dass 'Ukrain' in seiner Qualität dem heutigen Stand der Wissenschaft entspricht, wurde somit ebenfalls nicht erbracht."

Mit Schreiben vom 7. November 2001 habe der Beschwerdeführer darauf hin Informationen bezüglich einer an der Universität Ulm durchgeführten Studie mit "Ukrain" übermittelt. Diese Unterlagen seien Univ. Prof. DDr. W mit der Bitte um erneute Beurteilung im Zulassungsverfahren übermittelt worden.

Am 14. März 2002 habe Univ. Prof. DDr. W eine abschließende Beurteilung erstellt (Anlage 14 des angefochtenen Bescheides), nach der eine Zulassung von "Ukrain" nicht empfohlen werden könne.

Ferner habe der Gutachter Folgendes ausgeführt:

     "Der Antrag hat sowohl für Teil III als auch Teil IV massive

Mängel, es fehlen entscheidende Daten.

     Das ursprüngliche Konzept des Antrages, dass 'Ukrain' einen

neuartigen Molekülkomplex zwischen Chelidoniumalkaloiden und Thio-Tepa darstellt, ist hinfällig. Das Konzept des Antrages, dass 'Ukrain' nur auf maligne Zellen wirkt, wurde widerlegt. Die in vitro Wirkung auf das Zellwachstum dürfte auf die freien Alkaloide, die in 'Ukrain' enthalten sind, zurückzuführen sein. 'Ukrain' erscheint aber schwächer wirksam als unbehandelte Alkaloide.

Es fehlen ausreichende Tierversuche mit verschiedenen Dosen (Dosisfindung) von 'Ukrain' und unbehandelten Alkaloiden, um eine Tumorwirkung in Relation zu Nebenwirkungen bewerten zu können. Es fehlen chronische Toxizitätsstudien mit ausreichender Dosierung. Die am Menschen beobachtete Lebertoxizität dieser Alkaloide wurde nicht speziell untersucht. Es ist derzeit nicht möglich festzustellen, welche Dosierung zweckmäßigerweise klinisch getestet werden soll.

Die klinischen Studien sind zum Großteil nicht verwertbar. Die zwei Studien an Pankreastumoren, die jetzt vorgelegt wurden, haben offensichtlich methodische Mängel, sodass sie eine Wirkung von 'Ukrain' nicht belegen können."

Da die Gutachten der externen Sachverständigen keine neuen Erkenntnisse bezüglich der Bewertung des Zulassungsantrages ergeben hätten, seien diese dem Beschwerdeführer nicht mehr zur Kenntnisnahme übermittelt worden.

Aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse vertrat die belangte Behörde schließlich die Auffassung, "die Zulassung von 'Ukrain' (müsse) daher entsprechend den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (§ 22 Abs. 1) verweigert werden, da sich der Antrag als unvollständig und für die Beurteilung der Arzneispezialität als nicht zureichend erwiesen hat. Die Arzneispezialität entspricht in ihrer Qualität nicht dem Stand der Wissenschaft. Die Wirksamkeit der Arzneispezialität ist nicht ausreichend nachgewiesen, weder durch klinische Studien noch durch anderes wissenschaftlich abgesichertes Erkenntnismaterial. Die klinischen Daten diese Arzneispezialität betreffend sind für die Beurteilung nicht geeignet." Auf Grund der genannten Mängel könne daher auch dem Antrag des Beschwerdeführers vom 5. März 2001 nicht stattgegeben werden, in dem die Zulassung der Arzneispezialität unter der Auflage "nach Versagen der Standardtherapie" beantragt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Beschwerdeführer hat darauf repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 22 Abs. 1 AMG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung hat der zuständige Bundesminister einem Antrag auf Zulassung einer Arzneispezialität dann nicht stattzugeben, wenn

"1. der Antragsteller gemäß § 14 zur Antragstellung nicht berechtigt ist,

2. der Antrag unrichtige oder unvollständige Angaben enthält oder die gemäß §§ 15 bis 18 beizubringenden Zulassungsunterlagen unrichtige Angaben enthalten, sich als unvollständig oder für die Beurteilung der Arzneispezialität als nicht zureichend erweisen,

3. nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach den praktischen Erfahrungen nicht als gesichert erscheint, dass die Arzneispezialität auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädliche Wirkung hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgeht,

4. die Arzneispezialität Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen enthält, deren Unbedenklichkeit durch wissenschaftliche Erkenntnisse und durch praktische Erfahrungen nicht gesichert erscheint,

5. die Arzneispezialität in ihrer Qualität dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nicht entspricht,

6. die Arzneispezialität einer Verordnung gemäß § 5 nicht entspricht,

7. die Bezeichnung der Arzneispezialität oder die Angaben in den Zulassungsunterlagen zur Irreführung geeignet sind,

8. die Wirksamkeit der Arzneispezialität nicht ausreichend nachgewiesen ist,

9. die Arzneispezialität im Hinblick auf ihre Wirksamkeit, Zusammensetzung, Stärke, Beschaffenheit, Arzneiform, Dosierung, Haltbarkeit, Anwendungsart oder ihr Anwendungsgebiet keine zweckmäßige Zubereitung darstellt,

10. die für die Arzneispezialität vorgesehenen Handelspackungen im Hinblick auf die Zusammensetzung, Stärke, Beschaffenheit, Arzneiform, Dosierung, Haltbarkeit, Anwendungsart oder das Anwendungsgebiet der Arzneispezialität gesundheitlich bedenklich oder unzweckmäßig sind,

11. der Entwurf der Kennzeichnung nicht dem § 7 oder einer gemäß § 7 Abs. 6 erlassenen Verordnung entspricht,

12. der Entwurf der Gebrauchsinformation nicht den §§ 8 und 9 oder einer gemäß § 8 Abs. 4 erlassenen Verordnung entspricht,

13. der Entwurf der Fachinformation nicht den §§ 10 oder einer gemäß § 10 Abs. 10 erlassenen Verordnung entspricht,

14.

die angegebene Wartezeit nicht ausreicht,

15.

die nichtklinischen Prüfungen, deren Ergebnisse dem Antrag beigefügt sind, nicht entsprechend dem jeweiligen Stand der Wissenschaften oder einer gemäß § 48 erlassenen Verordnung durchgeführt wurden oder

              16.              die klinischen Daten für die Beurteilung der Arzneispezialität nicht geeignet sind oder nicht dem jeweiligen Stand der Wissenschaften entsprechen."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, die Zulassung von "Ukrain" müsse nach § 22 Abs. 1 AMG verweigert werden, da sich der Antrag des Beschwerdeführers als unvollständig und für die Beurteilung der Arzneispezialität als nicht zureichend erwiesen habe. Die Arzneispezialität entspreche in ihrer Qualität nicht dem Stand der Wissenschaft. Die Wirksamkeit der Arzneispezialität sei nicht ausreichend nachgewiesen, weder durch klinische Studien noch durch anderes wissenschaftlich abgesichertes Erkenntnismaterial. Ferner seien die klinischen Daten betreffend diese Arzneispezialität seien für die Beurteilung nicht geeignet.

Dem hält der Beschwerdeführer zunächst entgegen, der angefochtene Bescheid enthalte keine nachvollziehbaren Ausführungen, auf Grund welcher gesetzlichen Bestimmungen die Zulassung versagt worden sei. Der pauschale Verweis auf § 22 Abs. 1 AMG reiche nicht aus, weil in dieser Bestimmung in 16 Ziffern zahlreiche Versagungsgründe angeführt seien.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan.

Gemäß dem oben wiedergegebenen § 22 Abs. 1 AMG hat der zuständige Bundesminister einem Antrag auf Zulassung einer Arzneispezialität dann nicht stattzugeben, wenn einer der angeführten Versagungsgründe gegeben ist. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ist erkennbar davon auszugehen, dass die belangte Behörde die Auffassung vertreten hat, dass sich die gemäß §§ 15 bis 18 AMG beizubringenden Zulassungsunterlagen als unvollständig oder für die Beurteilung der Arzneispezialität als nicht zureichend erwiesen haben (vgl. § 22 Abs. 1 Z. 2 AMG), die Arzneispezialität in ihrer Qualität dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nicht entspricht (vgl. § 22 Abs. 1 Z. 5 AMG) bzw. die Wirksamkeit der Arzneispezialität nicht ausreichend nachgewiesen worden ist (vgl. § 22 Abs. 1 Z. 8 AMG).

Da die Versagungsgründe des § 22 Abs. 1 AMG alternativ genannt sind, ist bereits bei Vorliegen eines einzigen Versagungsgrundes dem Antrag auf Zulassung einer Arzneispezialität nicht stattzugeben.

In der Beschwerde wird ferner die Auffassung vertreten, der angefochtene Bescheid entbehre einer gesetzeskonformen Begründung gemäß § 60 AVG. Nach dieser Bestimmung seien in der Begründungs eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides müsse erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt sei, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachte. Die Begründung des angefochtenen Bescheides erschöpfe sich hingegen in einer einseitigen Wiedergabe des Verfahrensablaufes und in Zitaten aus den von der belangten Behörde eingeholten Gutachten. Welchen Sachverhalt die Behörde letztlich als gegeben angenommen habe, lasse sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen. Eine Begründung, die sich in der bloßen Wiedergabe von Sachverständigengutachten erschöpfe, sei als nicht ausreichend anzusehen.

Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Das innere Ausmaß der Begründungspflicht wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch das von der Rechtsordnung anerkannte Rechtsschutzinteresse der Partei bestimmt. Begründungslücken sind dann wesentlich, wenn sie zur Folge haben, dass der Beschwerdeführer über die von der Behörde getroffenen Erwägungen nicht ausreichend unterrichtet und die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes gehindert wird (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 93/12/0047, mit weiteren Hinweisen).

Der vom Beschwerdeführer behauptete Begründungsmangel ist nicht wesentlich im Sinne dieser Rechtsprechung.

Im Beschwerdefall erforderte die Beantwortung entscheidungsrelevanter Tatfragen besondere Fachkenntnisse und Erfahrungen, über die die belangte Behörde nicht selbst verfügte. Sie war daher gehalten, zur Beantwortung dieser Fragen Sachverständige beizuziehen (vgl. dazu etwa die Entscheidungsgründe des bereits genannten Erkenntnisses vom 26. Februar 1996). Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen wurden daher den von der belangten Behörde bestellten Sachverständigen zur Abgabe eines Gutachtens übermittelt. Die erstatteten Gutachten wurden in der Folge dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt, der dazu jeweils - teilweise unter Vorlage von Privatgutachten - ausführlich Stellung genommen hat. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde den - durchgehend ablehnenden - Gutachten der von ihr bestellten Sachverständigen gefolgt ist, die aus ins Einzelne gehenden Gründen zur Auffassung gelangten, es lägen die Voraussetzungen für die Zulassung nicht vor. Dass der Beschwerdeführer daher über die von der belangten Behörde getroffenen Erwägungen nicht ausreichend unterrichtet und ihm die Überprüfung des angefochtene Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes nicht möglich gewesen wäre, kann somit nicht gesagt werden.

Dem angefochtenen Bescheid liegt unter anderem die Auffassung zugrunde, dass die nach § 22 Abs. 1 Z. 2 AMG gemäß den §§ 15 bis 18 beizubringenden Zulassungsunterlagen sich als unvollständig oder für die Beurteilung der Arzneispezialität als nicht ausreichend erwiesen haben, bzw. die Arzneispezialität nach § 22 Abs. 1 Z. 5 AMG in ihrer Qualität nicht dem Stand der Wissenschaft entspreche. Bereits bei Zutreffen dieser Auffassung der belangten Behörde wären diese Mängel allein geeignet, die Abweisung des Antrages auf Zulassung der genannten Arzneispezialität zu tragen. Ob die Wirksamkeit der Arzneispezialität nicht ausreichend nachgewiesen wurde, weder durch klinische Studien noch durch anderes wissenschaftlich abgesichertes Erkenntnismaterial, oder die klinischen Daten betreffend die genannte Arzneispezialität für die Beurteilung nicht ausreichend sind, wäre dann nicht mehr entscheidend.

Nach dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten des chemisch-pharmazeutischen Sachverständigen Dr. R vom 5. April 2001 könne einem Arzneimittel aus chemisch-pharmazeutischer Sicht eine Zulassung nur erteilt werden, wenn der Nachweis erbracht werde, dass das Arzneimittel "zur Genüge charakterisiert" sei, die "vorgesehenen Prüfverfahren die Qualität gewährleisten und die Herstellung von Charge zu Charge reproduzierbar" ist. Dabei liege eines der Hauptprobleme des vorliegenden Antrages darin, dass der Wirkstoff "ungenügend charakterisiert" sei, das heiße, dass "die Identität des 'Ukrain' ('Ukrain-Complexe') nicht bekannt" sei. Es gehe aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen auch nicht hervor, ob "überhaupt der Versuch und wenn ja, welche Versuche unternommen wurden, die Struktur des 'Ukrain' aufzuklären oder wenigstens weitgehend zu charakterisieren" (vgl. Anlage 11 des angefochtenen Bescheides).

Soweit in diesem Zusammenhang in der Beschwerdeschrift bezweifelt wird, dass nach dem Arzneimittelgesetz ein "Strukturbeweis" zu erbringen sei, ist auf den vom Beschwerdeführer genannten § 15 AMG zu verweisen, nach dessen Abs. 1 einem Antrag auf Zulassung unter anderem Angaben über die Zusammensetzung nach Art und Menge aller Bestandteile der Arzneispezialität, die gebräuchlichen Bezeichnungen ohne Verwendung chemischer Summenformeln und mit der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen internationalen Bezeichnung, falls eine solche besteht, beizufügen sind (Z. 7). Ferner sind dem Antrag Angaben über das Herstellungsverfahren (Z. 8), Angaben über die vorgesehenen Kontrollen im Rahmen der Herstellung (Z. 9), vollständig ausgearbeitete, reproduzierbare Analysen- und Standardisierungsvorschriften für Ausgangs- und Zwischenprodukte und für das Endprodukt (Z. 10) beizufügen.

Der chemisch-pharmazeutische Sachverständige Dr. R hat in seinem Gutachten vom 5. April 2001 dieser Bestimmung entsprechend zu dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Zulassungsunterlagen Stellung genommen und dargelegt, dass "Ukrain" bzw. der "Ukrain-Komplex" durch eine chemische Reaktion eines Extraktes von "Chelidonium roots" (Wurzeln des Schöllkrauts) und Thio-Tepa hergestellt werde. Thio-Tepa sei ein Aziridin Derivat und werde als Cytostaticum verwendet. Nach der Angabe des Beschwerdeführers sei die "Struktur des Komplexes" unbekannt. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen gehe nicht hervor, ob und wenn ja, welche Versuche unternommen worden seien, um die Struktur aufzuklären: Es werde zwar auf eine "HPLC-Studie" hingewiesen, konkrete experimentelle Daten lägen aber nicht vor. Dies werde auch durch ein Schreiben des vom Beschwerdeführer beigezogenen Privatgutachters Dr. G. T unterstützt, wonach ein "abschließender Beweis der Struktur mit modernsten spektroskopischen/chromatographischen Verfahren noch ausstehe". Nach Auffassung von Dr. R sei die chemisch-pharmazeutische Qualität des Wirkstoffes aber auf Grund der vorgelegten Daten nicht zu beurteilen, da dessen Struktur nicht bekannt sei. Es handle sich im Prinzip um ein semi-synthetisches Produkt: Extrakt aus einem pflanzlichen Material, welches anschließend einer chemischen Reaktion unterworfen werde. Da die Hauptbestandteile des Schöllkrauts bekannt seien und diese auch als reine Substanzen zur Verfügung stünden, wäre es nach Auffassung von Dr. R möglich gewesen, die Struktur der Hauptbestandteile des "Ukrain-Komplex-Konzentrat" weitgehend aufzuklären. Ferner sei die vorgeschlagene Laborsynthese, da sie nicht nach "GNP-Regeln" durchgeführt werde oder werden könne, nicht geeignet, eine reproduzierbare Qualität zu gewährleisten. Hinsichtlich der "Kontrolle des Fertigproduktes" hat Dr. R dargelegt, dass die Resultate von zwei Chargen vorgelegt worden seien, die Herkunft der Ausgangsmaterialien, Chargengröße, Herstellungsort, Herstellungsdatum usw. aber unbekannt seien. Die Prüfverfahren seien daher nach Auffassung des Sachverständigen Dr. R nicht dazu geeignet, die Qualität des Produktes zu gewährleisten. Ferner gehe aus den Unterlagen gar nicht hervor, was eigentlich gemessen werde.

Die vom Beschwerdeführer in weiterer Folge vorgelegten Unterlagen wurden auch Dr. R zugeleitet, der mit Datum vom 28. Dezember 2001 dazu Stellung genommen hat. Dieses Gutachten wurde - worauf der Beschwerdeführer zu Recht verweist - diesem nicht mehr zur Kenntnisnahme übermittelt. In der Beschwerde wird dieser Mangel ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Parteiengehörs gerügt. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass ihm bei Einräumung des Parteiengehörs möglich gewesen wäre vorzubringen, dass für eine "komplexe Mischung" kein Strukturbeweis erbracht werden könne. Er legt dabei eine Stellungnahme von Dr. T vom 31. Mai 2002 vor, wonach versucht werden müsse, die chemische Zusammensetzung der Mischung so weit zu charakterisieren, dass von Charge zu Charge ein reproduziertes Produkt mit gleicher pharmakologischer Wirksamkeit erhalten werde. Der Beweis für diese Reproduzierbarkeit von Charge zu Charge sei mehrfach experimentell erbracht worden. Damit breche die Argumentation des Sachverständigen Dr. R als unhaltbar zusammen. Nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte er bei Einräumung der Möglichkeit einer Stellungnahme die Bedenken der Behörde ausräumen können, sodass ein anderer Bescheid durchaus möglich gewesen wäre.

In der vom Beschwerdeführer vorgelegten Stellungnahme von Dr. T vom 31. Mai 2002 wird allerdings ausdrücklich eingeräumt, es sei richtig, dass die "chemische Struktur der komplexen Mischung nicht vollständig geklärt" sei. Eine "weitergehende strukturanalytische Aufklärung (sei) wünschenswert, aber auch mit erheblichen Kosten verbunden." Nach Auffassung von Dr. T sei sie aber "nicht zwingend, da die Synthese reproduzierbar verläuft und die gesetzten Spezifikationen ein reproduzierbares Produkt in engen Grenzen gewährleisten."

Die vom chemisch-pharmazeutischen Sachverständigen Dr. R wiederholt vertretene Auffassung, wonach die "chemischpharmazeutische Qualität des Wirkstoffes auf Grund der vorgelegten Daten nicht beurteilt werden könne, da dessen Struktur nicht bekannt" sei, wird durch diese Stellungnahme aber nicht widerlegt. Ebenso nicht die Feststellung, dass im Rahmen der Kontrolle des Fertigproduktes die Herkunft der Ausgangsmaterialien, Chargengröße, Herstellungsort, Herstellungsdatum usw. unbekannt seien, bzw. aus den Unterlagen nicht hervorgehe, was eigentlich gemessen worden sei. Der vom Beschwerdeführer betraute Sachverständige räumt vielmehr ein, dass der von Dr. R festgestellte Mangel nach wie vor besteht. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist deshalb nicht geeignet, die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels darzutun.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass jedenfalls die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Z. 2 und 5 AMG im Beschwerdefall nicht gegeben sind und den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Arzneispezialität "Ukrain" abgewiesen hat.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei völlig unverständlich, wieso sein Antrag, "Ukrain" unter der Auflage "nach Versagen der Standardtherapie" als Arzneispezialität zuzulassen abgewiesen worden sei, ist zu erwidern, dass im Hinblick auf den fehlenden Strukturbeweis der genannten Arzneispezialität auch eine Zulassung unter Vorschreibung der gewünschten Auflage nicht in Frage kam. Im Übrigen ist gemäß § 22 Abs. 2 AMG die Zulassung einer Arzneispezialität erforderlichenfalls (nur) unter Vorschreibung solcher Auflagen zu erteilen, deren Erfüllung den Schutz der Gesundheit von Mensch oder Tier, die Arzneimittelsicherheit oder eine wirksame Seuchenbekämpfung gewährleisten soll. Diesen Voraussetzungen entsprach die gewünschte Auflage nicht.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. November 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002100096.X00

Im RIS seit

12.12.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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