TE Vwgh Erkenntnis 2005/11/21 2002/10/0175

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Veröffentlicht am 21.11.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

AMG 1983 §3;
AMG 1983 §4;
AMG 1983 §69 Abs1 Z1;
AMG 1983 §78 Abs1;
AMG 1983 §78;
AVG §56;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der A Gesellschaft mbH. in W, vertreten durch DDDr. Franz Langmayr, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Langmaisgasse 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 7. Mai 2002, Zl. 2.480.214/12-VIII/C/17/01, betreffend Schließung eines Betriebes gemäß den §§ 69 und 78 des Arzneimittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 2002 wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft unter Berufung auf die §§ 69 und 78 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2002 (AMG), die Berechtigung zur Herstellung, Kontrolle und für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln an den Standorten W, Gstraße x und W, Bstraße y, entzogen.

Nach der Begründung sei die beschwerdeführende Gesellschaft im Jahre 2001 dreimal einer Betriebsprüfung gemäß § 67 AMG unterzogen worden. Im Hinblick auf die Ergebnisse der Betriebsprüfung vom 30. und 31. Jänner 2001, vom 18. Juni 2001 und vom 17. Oktober 2001 sei von folgenden Feststellungen auszugehen:

Die beschwerdeführende Gesellschaft lasse Arzneiformen bei anderen Firmen herstellen. Folgende Arzneispezialitäten würden am erstgenannten Standort endverpackt (Arzneimittel bereits im Primärbehältnis vorhanden, Verpackungen in Überkarton unter Beifügung von Gebrauchsinformation):

"Acetazolamid 'Agepha' - Tabletten, Azulenal Lösung, Benoxinat 1 % Lösung zur Anästhesie in der Oto-Rhino-Laryngologie, Cellobexon-Tabletten, Colchicin 'Agepha'-Tabletten, Epikur-Tabletten, Hydoftal 2,5 %-Augentropfen, Hydoftal 0,5 % sine neomycino-Augentropfen, Indo 50 mg 'Agepha'-Tabletten, INH 'Agepha' 100 mg-Tabletten, INH-'Agepha' 50 mg-Tabletten, Isoglaucon 1/4 %-Augentropfen, Isoglaucon 1/8 %-Augentropfen, Mydriaticum 'Agepha'-Augentropfen, Nitrofurantoin 'Agepha'- Tabletten, Oleomycetin 1 %-Augentropfen, Oleomycetin Prednison-Augentropfen, Ophtaguttal 'Agepha'-Augentropfen, Piloftal 2 %- ölige Augentropfen, Prednisolon 'Agepha' 5 mg-Tabletten, Prosicca-Augentropfen, Prosicca sine-Einmalaugentropfen, Rhinoperd comp. Nasentropfen, Spironolacton 'Agepha'-Tabletten, Timoftal 0,25 % Augentropfen, Vit C 'Agepha'-Tabletten, Vit A 'Agepha'-Tropfen, Vit B1 'Agepha'-Tabletten, Vit B6 'Agepha'-Tabletten."

Allein im Jahre 2001 sei es innerhalb von wenigen Monaten zu folgenden Rückrufen aus dem Markt gekommen:

"Von der Arzneispezialität Gentax-Augensalbe (Ch.Nr. 1368), Z.Nr. 1-18881, wurde ein Chargenrückruf im Mai 2001 vorgenommen. Der Rückruf begründet sich in einer unzureichenden Zusammensetzung der Charge (Schwankungen des Wirkstoffgehaltes). Auf die sonstigen Probleme mit diesem Produkt wird weiter unter eingegangen.

Die Charge 1426 der Arzneispezialität Hydoftal 0,5 % sine neomycino-Augentropfen, Z. Nr. 9.843, wurde aus dem Handel genommen, da eine Fehletikettierung eines Teils der Charge mit Etiketten von Hydoftal 2,5 % Augentropfen (Z. Nr. 5.991) vorliegt. Die Charge wurde im Oktober 2001 vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen aus dem Handel genommen."

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit hätten im Hinblick auf die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und die Betriebsordnung, BGBl. Nr. 518/1986, zum Stichtag 17. Oktober 2001 folgende Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften festgestellt werden müssen:

"Im Jahr 2000 wurde im Rahmen einer Chargenkontrolle festgestellt, dass bei der Arzneispezialität Ipetritin-Sirup (Z.Nr. 15.233) eine Gehaltsbestimmung beim Endprodukt nicht vorgenommen wurde. Die Firma verfügt über keine diesbezügliche Methode. Dies wurde anlässlich der Inspektion im Jänner 2001 vom gewerberechtlichen Geschäftsführer und Kontroll-Laborleiter Dr. M dahingehend erklärt, dass der Firma A Gesellschaft mbH. wegen des Gehaltes an Zucker und Cremophor sowie des niedrigen Alkaloidgehaltes in der Arzneispezialität kein Verfahren zur Lösung des Problems bekannt ist. Bei dem Erzeugnis Ipetritin-Tropfen (Z.Nr. 3.483) wurde eine Titration durchgeführt. Hiezu wurde eine ÖAB Methode herangezogen. Das Verfahren wurde allerdings nicht im Hinblick auf die Probenmatrix (sonstige Bestandteile der Arzneispezialität) validiert. Die Verwendung eines nicht validierten Verfahrens zur Arzneimittelanalytik entspricht nicht dem Stand der Wissenschaft. Es ist Stand der Wissenschaft, den Wirkstoffgehalt einer Arzneispezialität zu prüfen. Gemäß § 4 Abs. 1 Arzneimittelgesetz ist es verboten, Arzneimittel herzustellen oder in Verkehr zu bringen, die in ihrer Qualität dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nicht entsprechen.

Eine fachtechnische Untersuchung einer Charge (Ch. Nr. 1236) der Arzneispezialität Trimethoprim 'Agepha' 100 mg Tabletten (Z. Nr. 17.383) ergab, dass die Zusammensetzung nicht dem Zulassungsbescheid entsprach (Abweichung bei den Hilfsstoffen). Gemäß § 84 Z. 5 Arzneimittelgesetz macht sich wer Arzneimittel, die gemäß §§ 11 oder 11a Arzneimittelgesetz der Zulassung unterliegen, ohne Zulassung oder nicht entsprechend der Zulassung im Inland abgibt oder für die Abgabe im Inland bereithält oder die gemäß § 22 Abs. 2 oder Abs. 3 leg. cit. oder § 25 Abs. 2 leg. cit. vorgeschriebenen Auflagen nicht erfüllt, strafbar.

Von der Arzneispezialität Gentax-Augensalbe (Z.Nr. 1-18881; Ch. Nr. 1368) wurde ein Chargenrückruf im Mai 2001 vorgenommen. Im Zuge der Erhebungen wurde festgestellt, dass diese Charge bereits im November 2000 produziert und in Verkehr gebracht wurde, obwohl für die gewählte aus den Herstellunterlagen und Qualitätskontrollunterlagen ersichtliche Zusammensetzung keine behördlich genehmigte Zusammensetzung vorlag. Es wurde zudem eine weitere Charge produziert (Ch. Nr. 1409). Bis zum 17. Oktober 2001 wurden weder für die alte Zusammensetzung noch für die neue Zusammensetzung Stabilitätsdaten vorgelegt. Zudem musste festgestellt werden, dass die Herstellung von Gentax-Augensalbe abgeändert wurde ohne eine entsprechende Meldung bzw. Vorlage der neuen Herstellvorschrift bei der Behörde zu tätigen. Das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen hat die Arzneispezialität bereits außer Verkehr genommen. Auf die bereits zitierte Bestimmung des § 84 Z. 5 Arzneimittelgesetz wird nochmals hingewiesen.

Bei einer Reihe von Produkten, die zum Teil nicht im Vertrieb sind, bestehen weiterhin Mängel hinsichtlich Kennzeichnung, Zusammensetzung, Stabilität und/oder BSE-Evaluierung. Als Beispiel: Bei der Arzneispezialität Vit A 'Agepha'- Tropfen(Z. Nr. 10.002) fand sich anlässlich der Inspektion am 18. Juni 2001 auf der Verpackung nach wie vor die Textierung 'A Ges.m.b.H. ... W', obgleich die Firma seit Jahren im ... Bezirk ansässig ist. Bei der Inspektion am 17. Oktober 2001 wurde festgestellt, dass die Postleitzahl mittels Farbstift/Filzstift durchgestrichen bzw. unkenntlich gemacht wurde. Auf der Packung findet sich ein Stempel 'Nicht für Frauen im gebärfähigen Alter". In der Gebrauchsinformation (datiert vom 26.6.1997) findet sich unter der Rubrik Gegenanzeige die Textierung: 'Besondere Vorsicht ist geboten bei Frauen im gebärfähigen Alter wegen der Gefahr von kindlichen Missbildungen und daher darf eine Tagesdosis von 5.000 I.E. (ca. 11 Tropfen) prinzipiell nicht überschritten werden'. Ferner findet sich in der Gebrauchsinformation folgende Textstelle: 'Schwangerschaft und Stillperiode: Eine Tagesdosis von 5.000 I. E. darf prinzipiell nicht überschritten werden. Eine Entscheidung liegt beim behandelnden Arzt'. Durch die unterschiedliche Textierung auf Überkarton und Gebrauchsinformation wird der Anwender in die Irre geführt. Es wird nämlich auf dem Überkarton die Anwendung bei Frauen im gebärfähigen Alter ausgeschlossen. In der beiliegenden Gebrauchsinformation der Arzneispezialität wird dieser Ausschluss - wie oben zitiert - relativiert. Besonders erschwerend ist im Zusammenhang der Hinweis auf Schwangerschaft und Stillperiode, der sich in der Gebrauchsinformation findet. Die teratogene Wirkung von Vitamin A ist seit Jahren selbst Laien bekannt. Gemäß § 6 Abs. 1 Arzneimittelgesetz ist es verboten, Arzneimittel in Verkehr zu bringen, die den Tatsachen nicht entsprechende Angaben oder sonst zur Irreführung geeignete Bezeichnungen oder Aufmachungen aufweisen.

Für die Arzneispezialität Vit D3 'Agepha'-Tropfen (Z. Nr. 10.005) sind keine Stabilitätsdaten vorhanden. Obgleich die Arzneispezialität Vit D3 'Agepha'-Tropfen laut Firmenangabe als ruhend gemeldet wurde, sind mehrere verschlossene Kartons mit dieser Arzneispezialität im Lager der Firma vorhanden, ohne einen Sperrvermerk aufzuweisen. Es widerspricht dem Stand der Wissenschaft, Arzneispezialitäten in Verkehr zu bringen bei denen keine ausreichenden Haltbarkeitsuntersuchungen vorgenommen wurden. Auf § 3 und 4 Arzneimittelgesetz wird nochmals hingewiesen.

Bei Hexatin-Gurgellösung (Z. Nr. 7-00090) und Purgazen-Dragees (Z. Nr. 6.768) bestehen Diskrepanzen in der Zusammensetzung. Seitens der Firma wurde im Juni zugesagt, bis Oktober 2001 neue Daten vorzulegen. Bis zum 17. Oktober 2001 fehlten diese Daten. Auf die Bestimmungen des § 84 Z. 5 Arzneimittelgesetz wird aufmerksam gemacht. Angeblich (Aussage der Firma am 17. Oktober 2001) werden diese beiden Arzneispezialitäten zur Zeit nicht abgegeben.

In der Garage im Hof der Firma wurden am 17. Oktober 2001 Dragees in zwei Trommeln vorgefunden, die nach Angabe der Firma zur Entsorgung bestimmt sind. Beide Trommeln, in denen sich die Dragees befanden, wiesen keine Kennzeichnung auf. Gemäß § 32 Abs. 2 Betriebsordnung sind die Gefäße oder Behältnisse zur Aufnahme der Ausgangsmaterialien, der Zwischenprodukte der Bulkware und der Fertigprodukte mit einer deutlich sicht- und lesbaren sowie dauerhaften Beschriftung zu versehen, die den Inhalt eindeutig erkennen lässt. Gemäß § 31 Betriebsordnung sind alle Ausgangsmaterialien, Zwischenprodukte, Bulkwaren, Verpackungsmaterialien, Endprodukte und Fertigprodukte übersichtlich zu lagern.

Verwechslungen sind durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. durch getrennte Lagerhaltung oder auffällige Kennzeichnung, hintanzuhalten. Gemäß § 34 Abs. 3 Betriebsordnung sind zurückgewiesene Arzneimittel und zurückgewiesenes Verpackungsmaterial als solche zu kennzeichnen und gesondert von den übrigen Produkten zu lagern.

Bei der Arzneispezialität Prosicca-Augentropfen (Z. Nr. 15.658) fanden sich am 17. Oktober 2001 bei einer Palette 3 Aufkleber. Ein Aufkleber (Textierung 'gesperrt') war auf der Ware angebracht. Zwei Aufkleber befanden sich auf einem Blatt Papier (bei der Ware liegend). Aus der Textierung der Aufkleber auf dem Blatt Papier resultierten gleichzeitig Freigabe und Quarantäne. Somit sind Freigabe, Sperre und Quarantäne für die idente Ware ersichtlich. Es widerspricht dem Stand der Wissenschaft, eine derartige Beschriftung vorzunehmen. Eine eindeutige Kennzeichnung von Gebinden ist vorzunehmen, um eine Gefahr der Untermischung hintanzuhalten. Gemäß § 31 Betriebsordnung sind alle Ausgangsmaterialien, Zwischenprodukte, Bulkwaren, Verpackungsmaterialien, Endprodukte und Fertigprodukte übersichtlich zu lagern. Verwechslungen sind durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. durch getrennte Lagerhaltung oder auffällige Kennzeichnung, hintanzuhalten. Gemäß § 34 Abs. 3 Betriebsordnung sind zurückgewiesene Arzneimittel und zurückgewiesenes Verpackungsmaterial als solche zu kennzeichnen und gesondert von den übrigen Produkten zu lagern.

Am 17. Oktober 2001 war festzustellen: Gesperrte Ware wird nebenfreigegebener Ware gelagert, obgleich in einer zur Prüfung vorgelegten Arbeitsvorschrift die räumliche Trennung von in Quarantäne befindlicher und freigegebener Ware festgelegt wurde. Dies ist als Beweis zu werten, dass selbst die nur unzureichend vorhandenen Arbeitsvorschriften im Betrieb nicht ausreichend Beachtung finden. Gemäß § 31 Betriebsordnung sind alle Ausgangsmaterialien, Zwischenprodukte, Bulkwaren, Verpackungsmaterialien, Endprodukte und Fertigprodukte übersichtlich zu lagern. Verwechslungen sind durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. durch getrennte Lagerhaltung oder auffällige Kennzeichnung, hintanzuhalten. Gemäß § 34 Abs. 3 Betriebsordnung sind zurückgewiesene Arzneimittel und zurückgewiesenes Verpackungsmaterial als solche zu kennzeichnen und gesondert von den übrigen Produkten zu lagern.

Ein Hygieneprogramm konnte am 17. Oktober 2001 vorgelegt werden. Das Hygieneprogramm enthält allerdings keine Angaben zu den eingesetzten Reinigungsmitteln. Diese sind im Hygieneprogramm (einschließlich Dosierung) zu nennen. Es fehlt eine Kenntnisnahme des Hygieneprogramms durch die Bediensteten der Firma. Lediglich eine Person hat das Hygieneprogramm nachweislich zur Kenntnis genommen. Laut § 13 Abs. 3 Z. 2 Betriebsordnung hat das Hygieneprogramm zumindest Anweisungen über die durchzuführenden Reinigungs- bzw. Desinfektionsmaßnahmen, deren Häufigkeit und die zu verwendenden Geräte und Hilfsmittel zu enthalten. Gemäß § 13 Abs. 5 Betriebsordnung ist das Hygieneprogramm, soweit es von diesen zu beachten ist, den mit der Herstellung, der Kontrolle oder der Lagerhaltung von Arzneimitteln oder Verpackungsmaterial betrauten Personen und den Personen im Sinne des § 13 Abs. 3 Z 4 Betriebsordnung vor Beginn ihrer Tätigkeit, nach jeder Änderung des Hygieneprogramms und in der Folge zumindest einmal jährlich nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

Die Firma verfügte am 17. Oktober 2001 über keinQualitätssicherungssystem. Es existiert ein Entwurf eines Qualitätssicherungshandbuches. Es sind weiters einige SOPs vorhanden. Im Hinblick auf die Anforderungen des GMP-Leitfadens über die gute Herstellungspraxis der EU ist ein Qualitätssicherungssystem einzurichten (vgl. Kapitel 1 des Leitfadens und Artikel 6 der Richtlinie 91/356/EWG). Die Existenz eines pharmazeutischen Qualitätssicherungsprogramms ist als Stand der Wissenschaft und Technik anzusehen. Auf die Bestimmungen des § 4 Arzneimittelgesetz wird verwiesen.

Die Existenz eines Lohnvertrages mit der Firma V. konnte am17. Oktober 2001 nicht nachgewiesen werden. Es existiert eine Kopie eines Vertragsentwurfes. Jedoch ist das Papier seitens der Firma V. nicht unterschrieben. Gemäß § 30 Abs. 2 Betriebsordnung ist über Vergabe oder Übernahme von Lohnaufträgen, die die Herstellung von Arzneimitteln betreffen, eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, die ständig im Original oder in Form einer Kopie im Betrieb aufliegen muss. Gemäß § 30 Abs. 3 Betriebsordnung wird die Verantwortlichkeit des Auftraggebers für im Lohnauftrag hergestellte Arzneimittel durch Vereinbarungen gemäß § 30 Abs. 2 Betriebsordnung nicht berührt.

Die Stabilitätsuntersuchungen der Arzneispezialitäten sind am 17. Oktober 2001 weiterhin nicht abgeschlossen. Ergebnisse von Stresstests liegen nur zum Teil vor. Langzeituntersuchungen und Untersuchungen zur Anbruchstabilität laufen derzeit. Es ist Stand der Wissenschaft, dass aussagekräftige Untersuchungen zur Haltbarkeit einer Arzneispezialität im Betrieb aufliegen. Auf die Bestimmungen des § 3 und 4 Arzneimittelgesetz wird verwiesen.

Bei dem Erzeugnis Lecivital-Tonikum (Z. Nr. 7-00861; Ch. Nr. 1406) scheint auf den internen Papieren der Firma A Gesellschaft mbH. als Hersteller die Firma 'S.' auf. Laut Angabe von A Gesellschaft mbH. wurde die Charge jedoch bei 'Ph.'

hergestellt. Es wurde lediglich der Lecithingehalt geprüft, Vitamin E und Coffein, die gleichfalls im Produkt enthalten sind, werden weder qualitativ noch quantitativ bestimmt. Die Argumentation der Firma, dass es sich bei Coffein und Vitamin E um Hilfsstoffe handelt und daher eine Prüfung dieser Bestandteile unterblieb, ist nicht nachzuvollziehen. Es ist Stand der Wissenschaft, dass der Gehalt aller Wirkstoffe einer Arzneispezialität geprüft werden. Zumindest Coffein ist jedenfalls im gegenständlichen Erzeugnis als Wirkstoff zu werten. Hier kommen gleichfalls die Bestimmungen der § 3 und 4 Arzneimittelgesetz zum Tragen.

Die Herstellung von Aconex-Augentropfen (Z. Nr. 1-21131; Ch. Nr. 1398) erfolgte bei der Firma V., BRD. Aus den Unterlagen ist ersichtlich, dass die Bulklösung einen Gehalt von 0,116 mg Benzalkoniumchlorid aufwies. Die Spezifikation war auf 0,09 - 0,110 mg/ml ausgelegt. Die Untersuchung der Versandware ergab einen Benzalkoniumgehalt von 0,108 mg/ml. Seitens A  Gesellschaft mbH. wurde die Ware in Verkehr gebracht ohne eine 'Out of Specification' Untersuchung beim Bulk vorzunehmen. Es ist Stand der Wissenschaft, dass abweichende Resultate einer formalen Untersuchung zugeführt werden, ein Abweichungsprotokoll erstellt wird und letztlich eine Entscheidung getroffen wird. Es ist nicht möglich, nicht passende Ergebnisse ohne weiteres zu negieren oder solange zu analysieren bis ein passendes Ergebnis aufscheint. Hier kommen gleichfalls die Bestimmungen der §§ 3 und 4 Arzneimittelgesetz zum Tragen.

Eine Gehaltsbestimmung von Vitamin B1, Vitamin C und Cellulose in Cellobexon, Tabletten (Z. Nr. 8.330; Ch. Nr. 1388) liegt nicht vor. Es wurde das Aussehen, die mittlere Tablettenmasse, die Gleichförmigkeit der Masse und Zerfallszeit geprüft. Es ist Stand der Wissenschaft, dass der Gehalt aller Wirkstoffe einer Arzneispezialität geprüft werden. Hier kommen gleichfalls die Bestimmungen der § 3 und 4 Arzneimittelgesetz zum Tragen.

Eine Arbeitsvorschrift über die Konfektionierung der Arzneispezialitäten Acetazolamid Agepha Tabletten (11.425; Ch. Nr. 1391) und Azulenal Lösung(9.734; Ch. Nr. 1393) konnte nicht vorgelegt werden. Es existiert nur eine allgemein gefasste Vorschrift 'Verpackung für Arzneimittel'. Stand der Wissenschaft ist es, für jede Arzneispezialität eine eigene Verpackungsvorschrift zu haben. Aus dieser Vorschrift sind auch die jeweils entsprechenden Verpackungselemente zu ersehen (Muster der bedruckten Packmittel, der Gebrauchsinformation, ...). Auf die Bestimmungen der §§ 27 und 28 der Betriebsordnung wird verwiesen.

Bei der Charge 1378 von Colchicin Agepha Tabletten (Z. Nr. 6.526) wird ein Colchicingehalt von 0,416 mg/Tabl. (d.s. - laut Angabe in den Firmendokumenten - 111,7 % vom Soll) ausgewiesen (Sollgehalt laut Spezifikation der Firma 0,372 mg/Tabl. +- 10%). Seitens A Gesellschaft mbH. wurde die Ware in Verkehr gebracht, ohne eine 'Out of Specification' Untersuchung vorzunehmen. Es ist Stand der Wissenschaft, dass abweichende Resultate einer formalen Untersuchung zugeführt werden, ein Abweichungsprotokoll erstellt wird und letztlich eine Entscheidung getroffen wird. Es ist nicht möglich, nicht passende Ergebnisse ohne weiteres zu negieren oder solange zu analysieren, bis ein passendes Ergebnis aufscheint. Bei Colchicin liegt die therapeutische und toxische Dosis sehr nahe beisammen. In einem solchen Fall keine nähere Untersuchung einzuleiten, ist besonders verwerflich. Hier wird gegen die Bestimmungen der § 3 und 4 Arzneimittelgesetz verstoßen.

Anlässlich der Betriebsüberprüfung im Jänner 2001 wurde festgestellt, dass die Firma A Gesellschaft mbH. am Standort Gstraße x einen Raum als Kontrolllabor verwendet, der in der seinerzeitigen Betriebsbewilligung gemäß § 63 bzw. § 65 Arzneimittelgesetz nicht eingeschlossen war. Ferner wurde am Standort W Gstraße x ein Raum als Lager genutzt, der in der seinerzeit gültigen Betriebsbewilligung nicht inkludiert war. Auf Grund der Feststellung des Amtssachverständigen wurde seitens der Firma A Gesellschaft mbH. dieser Mangel in der Zwischenzeit behoben. Auf die Strafbestimmung des § 84 Z. 10 Arzneimittelgesetz wird trotzdem aufmerksam gemacht.

Eine Validierung von Herstellungsvorgängen ist in keinem einzigen Fall vorhanden. Für die Qualitätskontrolle liegen Validierungen in der Mehrzahl der Fälle entweder überhaupt nicht oder nur unzureichend vor. Nur in Einzelfällen kann eine Validierung der Analytik nachgewiesen werden. Die Media Fills, welche bei manchen Erzeugnissen aus den unten präsentierten Daten ersichtlich sind, können allenfalls als Teil der Anlagenvalidierung, nicht jedoch als Validierung der Herstellung der jeweiligen Arzneispezialität gesehen werden. Hier wird gegen die Bestimmungen der § 3 und 4 Arzneimittelgesetz verstoßen."

In weiterer Folge der Begründung wurde ein Status der Validierung von Herstellung und Analytik von auf die beschwerdeführenden Gesellschaft zugelassenen Arzneispezialitäten wiedergegeben, aus der sich unter anderem ergibt, dass bei fast allen genannten Arzneispezialitäten keine Validierung von Herstellung und Analytik vorhanden war.

Nach Auffassung der belangten Behörde sei eine Validierung von Analytik und Herstellung in der heutigen Zeit eine Selbstverständlichkeit und als Stand der Wissenschaft und Technik anzusehen. Die beiden Chargenrückrufe seien symptomatisch für das Fehlen eines Qualitätssicherungssystems und die fehlenden Validierungen bei Herstellung und Analytik. Ein etabliertes und gelebtes Qualitätssicherungssystem hätte die Qualitätsmängel von vornherein vermieden oder zumindest die Abgabe der Produkte an Großhandel und Apotheken unterbunden. Validierte Verfahren hätten die aufgezeigten Mängel auch bei den beiden oben genannten Arzneispezialitäten vermieden. So hätte etwa eine Risikoanalyse aufgezeigt, dass eine ausreichende Durchmischung aller Komponenten der Augensalbe für eine gleichmäßige Zusammensetzung bei Gentax-Augensalbe entscheidend sei. Die Übertragung der Herstellung an eine andere Firma hätte mit einer Validierung der Herstellung verknüpft werden müssen. Im Falle der zweitgenannten Arzneispezialität wäre durch die Risikoanalyse klar gewesen, dass eine Abpackung unter Zuhilfenahme von Codelasern das Risiko einer Untermischung von falschen Etiketten minimiere. Eine falsche Zusammensetzung eines Produktes könne die Gesundheit eines Patienten nachhaltig und dauernd schädigen. Auch eine falsche Kennzeichnung von Augentropfen könne einen Schaden der Gesundheit hervorrufen. Bei Gentax-Augensalbe bestehe auf Grund der schwankenden Wirkstoffmenge des Antibiotikums sowohl die Gefahr einer Überdosierung als auch die Gefahr einer unzureichenden (bis zur Wirkungslosigkeit gehenden) Dosierung. Der Patient könne sohin schwer erkranken oder wegen mangelnder Wirksamkeit der Augensalbe das Augenlicht verlieren. Würden Antibiotika in unzureichender Dosierung verabreicht, so bestehe auch die Gefahr einer Resistenzbildung gegen das Antibiotikum. Damit werde für derzeit noch Gesunde, die in Zukunft erkrankten oder krankheitsbedingt zu einem späteren Zeitpunkt mit dem gleichen Antibiotikum behandelt werden müssten, eine Gefährdung geschaffen. Das Antibiotikum wirke nicht mehr ausreichend, weil die Mikroorganismen gegen das Antibiotikum eine Resistenz entwickelt hätten. Werde eine höhere Menge an Antibiotikum als notwendig verabreicht, sei dies gleichfalls für den Patienten auf Grund der möglichen Nebenwirkungen bedenklich. Würden Augentropfen falsch etikettiert und gelangten so zu einem Patienten, so bestehe die Gefahr einer Anwendung einer falschen Zubereitung. Je nach Zustand des Patienten könne dies die Gesundheit (das Augenlicht) des Patienten zeitweilig oder nachhaltig schädigen. Wie bereits dargelegt, entspreche die Qualität der im Betrieb konfektionierten bzw. vom Betrieb in Verkehr gebrachten Arzneispezialitäten in weiten Bereichen nicht den gesetzlichen Anforderungen. Es werde gegen eine Reihe von Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und der Betriebsordnung verstoßen. Die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Kontrolle der Arzneimittel entsprächen nicht dem Stand der Wissenschaft. Erschwerend sei zudem, dass die beschwerdeführende Gesellschaft trotz wiederholter Aufforderung (Inspektion im Jänner und Inspektion im Juni 2001), die Rahmenbedingung bei Herstellung, Inverkehrbringen und Kontrolle von Arzneimitteln den heutigen Qualitätsanforderungen anzupassen, keine wesentliche bzw. ausreichende Änderung vorgenommen habe. Obgleich der Gesellschaft seit der Überprüfung gemäß § 67 AMG im Jänner 2001 eine ausreichende Zeit zur Verfügung gestanden und die Gesellschaft hinreichend informiert gewesen sei, seien keine befriedigenden Maßnahmen gesetzt worden. Auf Grund der Schwere der massiven Mängel und der fehlenden Bereitschaft bzw. Fähigkeit der Gesellschaft, die Unzukömmlichkeiten abzustellen, könne wegen der gravierenden vorgefundenen Mängel mit Maßnahmen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AMG nicht das Auslangen gefunden werden. Symptomatisch sei, dass bereits mit Bescheid vom 7. Februar 1996 eine weitere Betriebsanlage der Gesellschaft hätte geschlossen werden müssen.

Der von der beschwerdeführenden Gesellschaft erstattete Hinweis auf Herstellung und Analytik im Lohnauftrag gehe ins Leere. Gemäß § 30 Abs. 3 der Betriebsordnung werde die Verantwortlichkeit des Auftraggebers für im Lohnauftrag hergestellte Arzneimittel durch Vereinbarungen gemäß § 30 Abs. 2 der Betriebsordnung nicht berührt. Gemäß § 21 Abs. 1 der Betriebsordnung könnten mit einzelnen Aufgaben des Kontrolllabors, ausgenommen solche gemäß § 18 Abs. 1 Z. 6, auch außerbetriebliche Einrichtungen betraut werden. Hierüber sei eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, die die Dauer und den Umfang der Kontroll- und Prüfungstätigkeit eindeutig festlege. Gemäß § 21 Abs. 3 der Betriebsordnung trage der Leiter des Kontrolllabors die Verantwortung dafür, dass nur solche außerbetriebliche Einrichtungen mit Aufgaben des Kontrolllabors betraut würden, deren Personal und Ausstattung Prüf- und Kontrollergebnisse erwarten ließen, die dem Stand der Wissenschaft entsprächen. Der Auftraggeber habe sich dahin gehend zu vergewissern, dass der Auftragnehmer in der Lage sei, eine dem Stand der Wissenschaft adäquate Herstellung und Analytik durchzuführen. Ferner habe sich der Auftraggeber zu vergewissern, dass jede einzelne Charge einer Arzneispezialität in Übereinstimmung mit den Zulassungsunterlagen hergestellt und kontrolliert werde. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe erst auf massiven Druck der Behörde begonnen, Validierungen der Analytik vorzunehmen. Es sei zudem auch die Zusammensetzung einer Reihe von zugelassenen Arzneispezialitäten ohne Änderung der Zulassungsdossiers nach Belieben abgeändert worden. Eine Meldung der geänderten Zusammensetzung sei in der Regel - wenn überhaupt - verspätet oder erst auf massiven Druck der Behörde erfolgt. Es sei daher davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Gesellschaft notorisch gegen Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und der hiezu ergangenen Verordnungen verstoße.

Zu der von der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Schreiben vom 13. Dezember 2001 erstatteten Stellungnahme sei zu sagen, dass die Äußerungen die bereits festgestellten Mängel bestätigten. Es läge nach wie vor keine Validierung der Herstellung der Arzneimittel vor. Obgleich der Gesellschaft zur Validierung von Herstellung und Qualitätskontrolle der Arzneispezialitäten bis 17. Oktober Zeit gegeben worden sei, sei anlässlich der Betriebsprüfung am 17. Oktober festgestellt worden, dass weder die Validierung der Herstellung der Arzneispezialitäten vorhanden gewesen sei, noch die Validierung der Analytik/Qualitätskontrolle abgeschlossen worden sei.

Auf Grund der Schwere der massiven Mängel und der fehlenden Bereitschaft bzw. Fähigkeit der Gesellschaft, die Unzukömmlichkeiten abzustellen, bestehe die Notwendigkeit, gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AMG in Zusammenhalt mit § 78 AMG die komplette Schließung der Herstellung, der Kontrolle und des Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu veranlassen, um eine drohende Gefahr für die Gesundheit von Menschen oder Tier durch Arzneimittel zu beseitigen. Die Rückrufe im Jahre 2001 seien Ausdruck einer mangelnden Qualitätssicherung der Gesellschaft. Die Abwägung des wirtschaftlichen Interesses der Gesellschaft gegenüber den legitimen Bedürfnissen der Konsumenten, mit Arzneimitteln hinreichender Qualität versorgt zu werden und der Schutz der Konsumenten vor gesundheitlichen Schäden erfordere die Schließung des Betriebes.

Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Gesellschaft zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluss vom 9. Oktober 2002, B 1062/02-10, abgelehnt und diese dem Verwatungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 AMG ist es verboten, Arzneimittel in Verkehr zu bringen, bei denen es nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach den praktischen Erfahrungen nicht als gesichert erscheint, dass sie bei bestimmungsgemäßen Gebrauch keine schädliche Wirkung haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinaus geht.

Nach § 4 Abs. 1 AMG ist es verboten, Arzneimittel herzustellen oder in Verkehr zu bringen, die in ihrer Qualität dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nicht entsprechen.

Arzneimittel entsprechen in ihrer Qualität dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nach § 4 Abs. 2 AMG insbesondere dann nicht, wenn sie

1. den Qualitätsanforderungen des Arzneibuches im Sinne des § 1 des Arzneibuchgesetzes, BGBl. Nr. 195/1980, oder den Qualitätsanforderungen des Arzneibuches einer anderen Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes,

2. den Qualitätsanforderungen anderer Arzneibücher, deren Standard dem des Arzneibuches im Sinne des § 1 Arzneibuchgesetz gleichgehalten werden kann, sofern keine Normen nach Z. 1 bestehen,

3. sonstigen hiefür bestehenden international anerkannten Mindestnormen, sofern keine Normen nach Z. 1 und 2 bestehen, oder

4. dem vom Hersteller selbst dem jeweiligen Stand der Wissenschaft festgelegten Normen, sofern keine Normen gemäß Z. 1 bis 3 bestehen,

nicht entsprechen.

In Fällen drohender Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier durch Arzneimittel hat der zuständige Bundesminister gemäß § 69 Abs. 1 AMG entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung

1. die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung technischer Einrichtungen oder sonstige, das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Stoffen hindernde Maßnahmen zu verfügen oder

2. Auflagen vorzuschreiben, um die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen zu gewährleisten.

Kommen dem zuständigen Bundesminister Tatsachen zur Kenntnis, auf Grund derer zu besorgen ist, dass ein in Verkehr befindliches Arzneimittel eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Mensch oder Tier darstellt, hat der zuständige Bundesminister gemäß § 78 Abs. 1 AMG entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung alle notwendigen Maßnahmen zu verfügen, die das Inverkehrbringen oder die Verwendung dieses Arzneimittels hindern oder beschränken.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, dass auf Grund der Schwere der massiven Mängel und der fehlenden Bereitschaft bzw. Fähigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft, die Unzukömmlichkeiten abzustellen, die Notwendigkeit bestanden habe, gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AMG die komplette Schließung der Herstellung, der Kontrolle und des Inverkehrbringens von Arzneimitteln an den genannten Standorten zu verfügen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hält dem entgegen, der angefochtene Bescheid wäre nur dann rechtsmäßig, wenn auf Grund der Tätigkeit der Gesellschaft in ihrem Betrieb eine drohende Gefahr für die Gesundheit von Menschen entstehe und keine gelinderen Mittel als der Entzug der Berechtigung zur Herstellung, zum Inverkehrbringen und zur Kontrolle von Arzneimitteln an sämtlichen Firmenstandorten zur Beseitigung dieser Gefahr zur Verfügung stünden. Unter diesem Gesichtspunkt leide das vorliegende Verfahren insofern an Mängeln, da - entgegen früherer Praxis - der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht genügend Zeit für die sehr umfangreichen Validierungsarbeiten eingeräumt worden und auch kein "neutraler Sachverständiger" zugezogen worden sei. Die belangte Behörde sei etwa in mehreren Fällen davon ausgegangen, es sei Stand der Wissenschaft, dass der Gehalt aller Wirkstoffe einer Arzneispezialität geprüft werde. Dies auch in Fällen, in denen es deshalb nicht Stand der Wissenschaft sein könne, weil nach dem Stand der Wissenschaft keine Methode zur betreffenden Analyse bekannt sei.

Zum einen können mit diesen Darlegungen die detaillierten Feststellungen der belangten Behörde betreffend Mängel bei Beschaffenheit, Kennzeichnung und Prüfung bestimmter Arzneispezialitäten, die schon für sich alleine geeignet sind, die Annahme zu tragen, es liege im Sinne des § 69 Abs. 1 AMG ein Fall drohender Gefahr für die Gesundheit vor, nicht erschüttert werden. Zum anderen wird damit aber auch keine Mangelhaftigkeit der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Annahme aufgezeigt, die nach dem Stand der Wissenschaft erforderlichen Validierungen der Herstellung, Analytik und Qualitätskontrolle der von der Beschwerdeführerin in Verkehr gebrachten Arzneispezialitäten fehlten oder seien unvollständig, weil nicht konkret behauptet wird, dass in Beziehung auf die betreffenden Arzneispezialitäten bzw. die darin enthaltenen Stoffe keine Analysemethoden bekannt wären.

Mit ihrem Vorbringen, die beschwerdeführende Gesellschaft habe die vielen Validierungsarbeiten in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit nicht erledigen können, gesteht die Beschwerdeführerin zu, dass die Validierungen anlässlich der Betriebsprüfung am 17. Oktober 2001 nicht vorhanden waren. Nach Ausweis der Verwaltungsakten hat die beschwerdeführende Gesellschaft auf Grund der bereits bei der Betriebsprüfung im Jänner 2001 festgestellten Mängel der belangten Behörde mit Schreiben vom 28. Februar 2001 unter anderem einen "Validierungsfahrplan" der Vertriebsprodukte vorgelegt. Hinsichtlich dieses "Validierungsplanes" wurde von der belangten Behörde allerdings festgehalten, dass ein Zeitplan über die durchzuführenden Validierungen fehle. Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde deshalb aufgefordert, bis zum 1. Juni 2001 für jede Arzneimittelspezialität die Validierung der Herstellung und der analytischen Untersuchungen nachzuweisen. Dieser Aufforderung wurde weder bei der Betriebsprüfung im Juni noch im Oktober 2001 entsprochen. Das nicht weiter konkretisierte Vorbringen, dass die Validierungen der Arzneispezialitäten bei der Betriebsprüfung am 17. Oktober 2001 bei der Gesellschaft "vorhanden" gewesen und bei der belangten Behörde "eingereicht" worden seien, wie in der Beschwerde behauptet wird, steht sowohl mit dem Inhalt der Verwaltungsakten als auch mit dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen in Widerspruch.

Wenn die beschwerdeführende Gesellschaft ferner ausführt, die Arzneispezialität Chloramphenycol sei auf "Produktion durch einen Lohnfertiger umgestellt" worden, der nunmehrige Wechsel im Besitzstand der beschwerdeführenden Gesellschaft sei "jedenfalls relevant", weil mit ihm auch ein "Wechsel in der Geschäftsführung" einhergegangen sei, so genügt diesbezüglich der Hinweis, dass damit nicht konkret aufgezeigt wird, dass im relevanten Zeitpunkt keine Gefährdung für die Gesundheit von Menschen bestanden hat.

Auch das Vorbringen, Qualitätssicherungssystem und Qualitätskontrolle seien bei der beschwerdeführenden Gesellschaft vorhanden, die Fehletikettierung einer einzigen von Hunderten Chargen (Hydoftal 5 % Augentropfen) widerlege das nicht, ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen, handelt es sich dabei doch nur um einen der zahlreichen, im angefochtenen Bescheid ausführlich dargelegten Mängel.

Der beschwerdeführenden Gesellschaft kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie die Auffassung vertritt, die am 17. Oktober 2001 hinter den übrigen zu entsorgenden Produkten in einem gar nicht zur Lagerung von Arzneien gedachten und zugelassenen Raum auf ihre Entsorgung wartenden Dragees stellten auch ohne ausdrückliche Kennzeichnung "Zur Entsorgung" keine den angefochtenen Bescheid rechtfertigende Gefahr für Menschen dar. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang der belangten Behörde zu folgen, die zutreffend die Auffassung vertreten hat, dass im Hinblick auf die damit einhergehende Verwechslungsgefahr eine gravierende Sorgfaltsverletzung vorgelegen ist, die - im Zusammenhalt mit den anderen festgestellten Mängeln - im Rahmen der Beurteilung einer vom Betrieb der Beschwerdeführerin ausgehenden Gefahr für die Gesundheit von Menschen ins Gewicht fällt.

Dass die Arzneispezialität Ipetritin-Sirup (so wie einige andere näher genannte Arzneispezialitäten) zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides schon "eingestellt" gewesen seien, ist - wie bereits oben dargelegt - nicht von entscheidender Bedeutung, kommt es doch auf die anlässlich der Betriebsprüfung festgestellten Mängel an.

Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt ferner vor, bezüglich Stabilitätsuntersuchungen gelte, was "über Validierung gesagt wurde". Damit gesteht sie allerdings zu, dass diese Untersuchungen zur Zeit der Betriebsprüfung am 17. Oktober 2001 der belangten Behörde nicht vorgelegt werden konnten. Im Übrigen kann auf das oben Dargelegte verwiesen werden.

Auch das Vorbringen, Lecivital sei "in Lohnarbeit gefertigt" worden, zur Zeit der Betriebsprüfung sei "die Umstellung im Zuge" gewesen, ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, weil damit die Feststellungen über die im Zusammenhang mit dieser Arzneispezialität vorliegenden Mängel nicht entkräftet werden.

In der Beschwerde wird schließlich behauptet, die beschwerdeführende Gesellschaft habe für jedes Produkt eine "eigene Herstellungs- und Abpackungsvorschrift", die der belangten Behörde vorgelegt worden sei, das "Out of Specification"-Protokoll bezüglich Colchicin 'Agepha'-Tabletten sei bei der beschwerdeführenden Gesellschaft "unmittelbar nach der Beanstandung aufgenommen" worden und liege bei dieser auf.

Auch mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Gesellschaft keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, legt sie damit doch nicht dar, dass die von der belangten Behörde festgestellten Mängel im relevanten Zeitpunkt nicht gegeben waren.

Dass bei verschiedenen Arzneispezialitäten auf Grund festgestellter Mängel eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen drohte, wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid näher dargelegt (vgl. etwa die Ausführungen zu Gentax-Augensalbe sowie Vit A 'Agepha'-Tropfen). Im Hinblick auf den Umfang und die Zahl der im Einzelnen dargestellten Mängel und der in diesem Zusammenhang zum Ausdruck kommenden fehlenden Bereitschaft bzw. Fähigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft, diese abzustellen, ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde keine gelinderen Mittel als den Entzug der Berechtigung zur Herstellung, zum Inverkehrbringen und zur Kontrolle von Arzneimitteln an den genannten Firmenstandorten als gegeben erachtete.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. November 2005

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002100175.X00

Im RIS seit

20.01.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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