TE OGH 1990/1/31 9ObA22/90

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Veröffentlicht am 31.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Meches und Franz Ovesny als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Simonida P***, Angestellte, Wien 1., Grünangergasse 3-5/4, vertreten durch Dr. Thomas Höhne und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ulrich S***, Hauseigentümer, Wien 18., Wallrißgasse 89, vertreten durch Dr. Leopold Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 49.967,50 S brutto (Streitwert im Revisionsverfahren 36.767,50 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. November 1989, GZ 33 Ra 98/89-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15. Juni 1989, GZ 6 Cga 2017/89-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, daß das Teilurteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Berufungs- und Rekursverfahrens werden der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war als Hausbesorgerin im Haus des Beklagten beschäftigt und bewohnte eine Hausbesorgerdienstwohnung. Am 5. September 1986 kündigte der Beklagte das Hausbesorgerdienstverhälntis wegen Unterlassung der Reinigung des Hauses zum 31. Oktober 1986 auf. Das Erstgericht sprach in dem zu 4 Cga 562/86 dieses Gerichts über die Einwendungen der Klägerin (der dortigen Beklagten) aus, daß das Hausbesorgerdienstverhältnis aufgelöst sei, und verpflichtete die Klägerin (die dortige Beklagte) zur Räumung der Dienstwohnung binnen 14 Tagen. Ab dem Zeitpunkt der Kündigung war vom Beklagten ein Reinigungsunternehmen mit der Reinigung des Hauses und ein anderes Unternehmen mit der Schneeräumung beauftragt.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung eines Betrages von 49.967,50 S. Sie habe bis zur Zustellung des Urteiles im Verfahren zu 4 Cga 562/86 am 22. Mai 1987 die Hausbesorgerarbeiten verrichtet. Hiefür gebühre unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen ein Betrag von 36.767,80 S. Überdies habe der Beklagte die Abfertigung von 13.200,-- S nicht gezahlt. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Dienstverhältnis sei mit Wirkung vom 31. Oktober 1986 aufgelöst worden. Über diesen Zeitpunkt hinaus stehe kein Entgeltanspruch zu, zumal die Reinigungsarbeiten anderweits vergeben worden seien. Ein Abfertigungsanspruch stehe nur im Betrag von 12.396,99 S zu, sei jedoch durch Aufrechnung mit gegen die Klägerin bestehenden Forderungen erloschen.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil das auf Zahlung von 36.767,50 S an Hausbesorgerentgelt einschließlich Sonderzahlungen für die Zeit ab 1. Jänner 1987 gerichtete Begehren der Klägerin ab. Das Hausbesorgerdienstverhältnis sei durch die zum 31. Oktober 1986 ausgesprochene Aufkündigung mit diesem Tag beendet worden. Eine Lohnforderung für danach liegende Zeiträume bestehe nicht zu Recht, da ein einen Lohnanspruch begründendes Dienstverhälntis nicht vorgelegen sei.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der Klägerin dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht. Es treffe zwar zu, daß im Hinblick auf den Prozeßausgang im Verfahren zu 4 Cga 562/86 des Erstgerichts das Dienstverhältnis mit 31. Oktober 1986 beendet worden sei. Die Klägerin habe jedoch behauptet, auch nach diesem Zeitpunkt Dienstleistungen selbst oder durch Dritte erbracht zu haben. Die Frage eines Entgeltsanspruches für diese Leistungen sei in gleicher Weise wie bei Nichtigkeit eines Arbeitsverhältnisses zu lösen. Der Arbeitnehmer könne dabei nicht nur einen dem verschafften Nutzen angemessenen Lohn, sondern unabhängig vom Eintritt eines vermögensmäßig erfaßten Nutzens ein angemessenes Entgelt verlangen. Dabei richte sich die bereicherungsrechtliche Abwicklung des Rechtsverhältnisses nach § 1152 ABGB. Nach dieser Bestimmung gebührt ein angemessenes Entgelt als bedungen, wenn im Vertrag kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart sei. Es sei daher erforderlich zu klären, ob und welche Arbeiten die Klägerin tatsächlich nach dem 31. Oktober 1986 erbracht habe; für die von ihr tatsächlich erbrachten Leistungen stehe ein Lohnanspruch zu. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht eine Sachentscheidung im Sinne einer Bestätigung des Teilurteiles des Erstgerichtes aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Soweit das Berufungsgericht zum Ergebnis gelangte, daß das Hausbesorgerdienstverhältnis mit 31. Oktober 1986 beendet wurde, ist die Begründung zutreffend. Es genügt daher, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Arbeitsverhältnisse werden grundsätzlich durch privates Rechtsgeschäft begründet, das den Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung und den Arbeitgeber zur Zahlung des Lohnes verpflichtet. Jede Arbeitsleistung für einen anderen zieht jedoch auch ohne Vorliegen eines Arbeitsvertrages Rechtsfolgen nach sich. Das Rechtsverhältnis, das dadurch entsteht, kann sehr verschiedener Art sein. Es kann ein Vertragsverhältnis vorliegen, das zwar nicht zur Arbeit verpflichtet, aber für den Fall der Arbeitsleistung eine Vergütung vorsieht. Wenn der Arbeitsleistende mit seiner Tätigkeit ohne vertragliche Grundlage ein fremdes Geschäft führen will, finden die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1035 ff ABGB) Anwendung. Fehlt die Geschäftsführungsabsicht, kann ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB in Frage kommen, etwa wenn jemand irrtümlich Arbeit geleistet hat, die einem anderen zugute kommt. Wurde auf Grund eines vermeintlichen Rechtsverhältnisses geleistet, so kann der Wert der Leistung nach den §§ 1431 ff ABGB kondiziert werden. In diesen Fällen ist die Arbeit grundsätzlich nach dem Nutzen zu vergüten, den sie dem anderen tatsächlich verschafft hat. Das Risiko der Nützlichkeit trägt hier der Arbeitende. Nimmt hingegen der andere Teil die Arbeitsleistung bewußt entgegen, ohne daß der Abschluß eines Arbeitsvertrages angenommen werden kann, ist eine analoge Anwendung des § 1152 ABGB mit dem Ergebnis vertretbar, daß die Arbeit dann angemessen zu entlohnen ist (Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3, 42 f).

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für die letztgenannte Fallgruppe angenommen, zumal die - qualifiziert (§ 40 Abs 1 Z 1 ASGG) vertretene - Klägerin nicht einmal behauptet hat, daß der Beklagte davon Kenntnis hatte, daß sie Arbeitsleistungen erbracht habe. Ein "faktisches Arbeitsverhältnis" liegt jedoch nur dann vor, wenn der andere Teil die Arbeitsleistung bewußt entgegennimmt. In dieser Richtung fehlt jedes Vorbringen. Da ein Vertragsverhältnis im Sinn der ersten Fallgruppe zwischen den Streitteilen mangels jeglichen Anhaltspunktes für eine auch nur schlüssige Einigung hierüber nicht angenommen werden kann und die Klägerin nach ihrem Vorbringen auch nicht die Absicht hatte, ein fremdes Geschäft zu besorgen, könnte als Grundlage für das erhobene Begehren nur ein Verwendungsanspruch in Frage kommen. Wie bereits oben ausgeführt, steht demjenigen, der irrtümlich eine bestehende Verpflichtung angenommen und Arteitsleistungen erbracht hat, nur eine Leistungskondiktion nach §§ 1431 ff ABGB zu, wobei die Arbeit grundsätzlich nach dem Nutzen zu vergüten ist, den sie dem anderen tatsächlich verschafft hat. Ein Nutzen könnte dem Beklagten durch von der Klägerin verrichtete Arbeiten nur in der Form der Ersparung des Aufwandes für diese Leistungen bei Durchführung durch Dritte entstanden sein. Nach den Feststellungen hat der Beklagte jedoch ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Reinigungsunternehmen mit der Reinigung des Hauses und der Schneeräumung beauftragt; dafür, daß diese Arbeiten nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden wären, fehlt jeder Anhaltspunkt. Allenfalls von der Klägerin dennoch erbrachte Arbeiten konnten eine Ersparung von Reinigungsaufwand daher nicht bewirken, sodaß das unter diesem Titel geltend gemachte Begehren nicht zu Recht besteht. Da die Sache sohin im Sinn einer Wiederherstellung des Urteiles des Gerichtes erster Instanz spruchreif ist, konnte der Oberste Gerichtshof unmittelbar in der Sache selbst erkennen (§ 519 Abs 2 ZPO).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 391 Abs 2, 52 ZPO.

Anmerkung

E20121

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00022.9.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19900131_OGH0002_009OBA00022_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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