TE OGH 1990/2/20 14Os4/90

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Veröffentlicht am 20.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Feber 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Eduard M*** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 20.Juni 1989, GZ 5 Vr 456/89-11, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und eines Verteidigers zu Recht erkannt:

Spruch

I. Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 20. Juni 1989, GZ 5 Vr 456/88-11, verletzt im Schuldspruch wegen Vergehens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall (iVm § 313) StGB (Punkt II des Urteilssatzes) das Gesetz in der Bestimmung des § 153 StGB.

II. Dieses Urteil, das im übrigen (nämlich im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche sowie im Kostenausspruch) unberührt bleibt, wird im erwähnten Schuldspruch (Punkt II), gemäß § 290 Abs. 1 StPO aber auch im Schuldspruch wegen Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB (Punkt I), demnach im gesamten Schuldspruch und sohin auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird in diesem Umfang gemäß §§ 288 Abs. 2 Z 3, 292 StPO in der Sache selbst erkannt:

Eduard M*** hat in Straß ein Gut, das ihm als Leiter des Soldatenheimes der Bundesheerkaserne Straß anvertraut worden ist und dessen Wert 25.000 S überstieg, nämlich für die Befüllung von drei im Soldatenheim aufgestellten Getränkeautomaten sowie eines Kaffeeautomaten durch Grundwehrdiener dem Bund als Rechtsträger von Soldatenheimen

1. im Zeitraum von 1978 bis Oktober 1988 von der Firma M*** gewährte Provisionen von mindestens 65.000 S, und

2. im Zeitraum von April 1986 bis Oktober 1988 von der Firma A*** gewährte Naturalrabatte im Wert von 41.177,40 S

sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Eduard M*** hat hiedurch das Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB begangen und wird hiefür nach dem 1. Strafsatz des § 133 Abs. 2 StGB zu 5 (fünf) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird ihm diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen. Die Probezeit hat mit 23.Juni 1989 zu laufen begonnen. Hingegen wird Eduard M*** von der weiteren Anklage, er habe in Straß in der Zeit vom 21.Juli 1986 bis 10.Oktober 1988 als Beamter mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf ausschließliche Verwendung von Wehrpflichtigen für die Zwecke des Bundesheeres (§ 2 WehrG) zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er als Leiter des Soldatenheimes der Bundesheerkaserne Straß den ihm jeweils als Ordonnanz zugeteilten Grundwehrdienern befahl, anstelle der hiefür vorgesehenen Bediensteten der Firmen M*** und A*** die Befüllung von deren im Soldatenheim aufgestellten Getränke- und Kaffeeautomaten vorzunehmen; er habe hiedurch das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

III. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem oben bezeichneten, unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Urteil wurde der Vizeleutnant des Österreichischen Bundesheeres Eduard M*** (I) des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB und (II) des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall (iVm § 313) StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Darnach hat er in Straß

I. in der Zeit vom 21.Juli 1986 (in der Beschwerde unrichtig: 1976) bis 10.Oktober 1988 als Beamter mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf ausschließliche Verwendung von Wehrpflichtigen für die Zwecke des Bundesheeres (§ 2 WehrG) zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er als Leiter des Soldatenheimes der Kaserne Straß den ihm jeweils als Ordonnanz zugeteilten Grundwehrdienern befahl, anstelle der hiefür vorgesehenen Bediensteten der Firmen M*** und A*** die Befüllung von deren im Soldatenheim aufgestellten Getränke- und Kaffeeautomaten vorzunehmen; und II. die ihm durch behördlichen Auftrag eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich mißbraucht und dadurch den Benützern des Soldatenheimes der Kaserne Straß einen 25.000 S übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem er

1. im Zeitraum von 1978 bis Oktober 1988 von der Firma M*** gewährte Provisionen von 6.300 S pro Jahr (insgesamt mindestens 65.000 S) und

2. im Zeitraum von April 1986 bis Oktober 1988 von der Firma A*** gewährte Naturalrabatte im Wert von insgesamt 41.177,40 S für sich verwendete.

Gemäß § 369 StPO wurde dem Privatbeteiligten Militärkommando Steiermark ein Betrag von 106.177,40 S zugesprochen. Zutreffend zeigt der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde auf, daß Eduard M*** im Rahmen des jeweiligen Vertragsverhältnisses des Bundes (Militärkommando Steiermark) zu den Firmen M*** und A*** keine rechtliche Verfügungsmacht über fremdes Vermögen (des Bundes) eingeräumt gewesen ist, und daß aus diesem Grunde die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts (II) als Vergehen der Untreue nach § 153 StGB verfehlt war.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeansicht zuwider ist das diesbezügliche Verhalten des Angeklagten aber keineswegs straflos. Die von den Firmen M*** und A*** ihm in seiner Eigenschaft als Leiter des Soldatenheimes gewährten, als Ausgleich für die von Bundesheerangehörigen geleisteten Arbeiten gedachten Provisionen und Naturalrabatte waren nämlich nach den allgemeinen Richtlinien für Soldatenheime und den dafür maßgebenden Gebarungs- und Verrechnungsrichtlinien (S 189 ff und S 199 ff) rechtlich Einnahmen des Soldatenheimes, die der Angeklagte zweckgebunden zur Bestreitung der mit der Führung dieser Einrichtung im Zusammenhang stehenden Ausgaben zu verwenden gehabt hätte und die ihm solcherart im Sinne des § 133 StGB anvertraut waren (vgl. Leukauf-Steininger Komm.2 § 133 RN 4; Kienapfel BT II2 § 133 RN 25 sowie die dort zitierte Literatur und Judikatur). Ihre Zueignung ist daher rechtsrichtig als Veruntreuung zum Nachteil des Bundes (Militärkommando Steiermark) zu beurteilen (SSt. 53/46). Damit war aber die Nichtigkeitsbeschwerde mit ihrem Freispruchsantrag (II) ebenso zu verwerfen wie mit ihrem Begehren auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit des Adhäsionserkenntnisses und Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg, weil nach dem Vorgesagten dem Bund (Militärkommando Steiermark) mit Recht ein Betrag von 106.177,40 S als Ersatz für den aus der strafbaren Handlung des Angeklagten entstandenen Schaden in dieser Höhe zugesprochen worden ist (§§ 365, 369 StPO).

Aus Anlaß der Beschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof jedoch von einer dem Erstgericht unterlaufenen weiteren Gesetzesverletzung überzeugen (§ 290 Abs. 1 StPO), die ihrerseits erst, weil sie dem Angeklagten - im Gegensatz zu dem eingangs aufgezeigten, für die Strafe unmaßgeblichen bloßen Subsumtionsfehler - zum Nachteil gereicht, eine schuldspruchmäßige Korrektur des Urteils rechtfertigt. Der den jeweils als Ordonnanz eingeteilten Grundwehrdienern erteilte Befehl, anstelle der hiefür vorgesehenen Privatfirmen die Befüllung der Getränkeautomaten und des Kaffeeautomaten vorzunehmen, widerspricht zwar den bestehenden Richtlinien, sodaß insoweit ein Befugnismißbrauch vorlag; eine über die in diesem Mißbrauch gelegene Schädigung hinausgehende (vorsatzumfaßte) weitere Schädigung des Staates an einem konkreten Recht ("auf ausschließliche Verwendung von Wehrpflichtigen für die Zwecke des Bundesheeres") ist darin aber nicht zu erblicken. Die zum Dienst im Soldatenheim abkommandierten Soldaten haben richtliniengemäß eine Reihe von (faktischen) Verrichtungen verschiedener Art im Soldatenheim vorzunehmen (vgl. die Dienstanweisungen S 37 ff, 41 ff und die Soldatenheim-Betriebsordnung), ihr Einsatz im Soldatenheim ist daher insoweit eine bundesheerspezifische Tätigkeit; daß sie nicht nur zur Überwachung bzw. Veranlassung der Automatenbefüllung, sondern zur Befüllung der Automaten selbst herangezogen wurden, hat noch nicht ein konkretes staatliches Recht zu schädigen vermocht, zumal während des Ordonnanzdienstes eine andere Dienstverwendung gar nicht in Betracht gekommen wäre.

Demnach war der Angeklagte vom Vorwurf des Amtsmißbrauchs freizusprechen.

Bei der damit notwendig gewordenen Strafneubemessung konnte von den schon vom Erstgericht angeführten Strafmessungsgründen ausgegangen werden, wobei lediglich der Erschwerungsgrund des Zusammentreffens eines Verbrechens mit einem Vergehen durch den Umstand zu ersetzen war, daß der Angeklagte die Veruntreuungen unter Ausnützung seiner Amtsstellung begangen hat (§ 313 StGB). Unter Zugrundelegung des (nunmehr milderen) ersten Strafsatzes des § 133 Abs. 2 StGB entspricht eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von 5 Monaten der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten. Die Verhängung einer nicht bedingt nachgesehenen Geldstrafe kam schon mangels Vorliegens der prozessualen Voraussetzungen des § 295 Abs. 2 zweiter Satz StPO nicht in Betracht. Einer bedingten Geldstrafe stehen aber der höhere Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat sowie generalpräventive Erwägungen entgegen.

Die Freiheitsstrafe war schon wegen des Verschlimmerungsverbotes bedingt nachzusehen, wobei zur Vermeidung einer Benachteiligung des Verurteilten auszusprechen war, daß die Probezeit von ihrem ursprünglichen Beginn an zu berechnen ist.

Anmerkung

E19915

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00004.9.0220.000

Dokumentnummer

JJT_19900220_OGH0002_0140OS00004_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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