TE OGH 1990/3/22 8Ob600/89

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Veröffentlicht am 22.03.1990
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schwarz, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Emil Wolfgang D***, Facharzt für Gynäkologie, Schillerstraße 7, 4600 Wels, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Renate D***, Hausfrau, Kalkofenstraße 20, 4600 Wels, vertreten durch Dr. Peter Banwinkler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Anfechtung eines Vergleiches (Streitwert S 350.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 19. Jänner 1989, GZ 6 R 243/88-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 9. Juni 1988, GZ 7 Cg 390/86-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 12.983,40 (einschließlich S 2.163,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile schlossen am 20. Mai 1972 die jeweils erste Ehe. Sie lebten zunächst in der Birkenstraße 2 in Wels. Der Kläger war als Facharzt für Gynäkologie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern und im Diakonissenkrankenhaus in Linz tätig. Ende 1977 richtete er sich in Wels, Schillerstraße 7, eine eigene Ordination ein. Die Streitteile übersiedelten im Jahr 1979 dorthin. Weiterhin blieb der Kläger daneben in den genannten Krankenhäusern in Linz tätig, so daß er beruflich äußerst ausgelastet war. Seine spärliche Freizeit nutzte er zum Ausgleich sehr häufig zu sportlicher Betätigung. Er betrieb im Sommer Radfahren und Laufen und im Winter hauptsächlich Schifahren. Sehr häufig ging er auch mit Kameraden Bergsteigen, wobei er Tagestouren, aber auch Touren über mehrere Tage unternahm. In der Ehe nahm der Kläger von Anfang an die dominierende Rolle ein. Er kritisierte Mundartausdrücke der Beklagten, bezeichnete sie in Anwesenheit anderer Personen als wenig intelligent, beschimpfte sie auch und meinte, sie habe ohnehin nur am Standesamt promoviert. Schon im Jahr 1975 war der Kläger gegen die Beklagte aus Anlaß von Streitigkeiten zweimal tätlich geworden, wobei er ihr einmal einen Schlag ins Gesicht, das andere Mal einen Fußtritt ins Gesäß versetzte. Die Beklagte war wegen der umfangreichen beruflichen Tätigkeiten des Klägers und seiner sportlichen Aktivitäten oft alleine. Diese Zeit verbrachte sie mit Zustimmung des Klägers häufig mit einer Freundin, Irene E***, in Salzburg, wo die Streitteile auch über eine Garconniere verfügten. Am 9. April 1978 gebar die Beklagte einen Sohn namens Jürgen. In der maßgeblichen kritischen Zeit hatte sie aber nicht nur mit dem Kläger geschlechtlichen Kontakt, sondern auch einen Seitensprung in Salzburg mit einem namentlich nicht nähr bekannten Mann begangen, von dem sie dem Kläger zunächst nicht berichtete. Während des Klinikaufenthaltes der Beklagten anläßlich der Entbindung wurde festgestellt, daß das Kind die Blutgruppe A-positiv hatte, so daß sich wegen der Blutgruppen der Beklagten von B-positiv und des Klägers von 0-negativ ein Vaterschaftsausschluß des Klägers ergab. Dieser hatte nach der Geburt von diesen Umständen erfahren und sich nach kurzer Zeit mit der Beklagten dahin abgefunden, daß er ihr ihren Fehltritt verzieh und den Sohn als sein Kind annahm. In der Folge war die Angelegenheit kein Gesprächsthema unter den Streitteilen mehr.

Ab 1981 verschlechterte sich das eheliche Verhältnis der Streitteile wesentlich. Abgesehen davon, daß der Kläger nach wie vor nur wenig Zeit für die Beklagte aufbrachte, unterhielt er seit dieser Zeit und bis zur Scheidung (am 25. Juni 1985) laufend ehewidrige intime Kontakte zu anderen Frauen. Dies wurde der Beklagten ab 1981 auch immer wieder von Freundinnen und Bekannten zugetragen. Außerdem machte sie auch selbst darüber eigene Wahrnehmungen.

Die Streitteile hatten ab 1980 nach der Geburt des Sohnes Jürgen sich ein weiteres Kind gewünscht. Zur Unterstützung dieses Wunsches führte der Kläger bei der Beklagten Hormonbehandlungen und im Jahr 1981 eine Eileiterdurchgängigkeitsprüfung durch, ohne daß es zu einer weiteren Schwangerschaft der Beklagten gekommen wäre. Diesen Bemühungen des Klägers um weitere Nachkommenschaft wirkte die Beklagte nicht durch die Einnahme der Anti-Baby-Pille entgegen. Die Beklagte lernte im Jahr 1983 bei einem Schiurlaub mit Freundinnen in Saalbach Peter P***, einen Kriminalbeamten der Bundespolizeidirektion Linz, kennen. Zwischen ihnen entwickelte sich in der Folge eine freundschaftliche und ab Mitte 1984 auch geschlechtliche Beziehung. Sie trafen sich häufig, insbesondere mit gemeinsamen Bekannten, aber auch alleine. Sie verbrachten außerdem im August 1984 zweimal je zwei Tage gemeinsam im Seehotel "Appesbach" in St. Wolfgang und in der Zeit vom 10. April bis 17. April 1985 einen gemeinsamen Urlaub im Raum Venedig. Dem Kläger teilte die Beklagte ihr Naheverhältnis zu Peter P*** nicht mit. Der Vater des Klägers wurde ab Herbst 1984 mehrmals durch anonyme Telefonanrufe darüber informiert, daß die Beklagte mit Peter P*** ein Verhältnis habe. Er gab diese Information aber zunächst nicht dem Kläger weiter, weil er damals mit ihm keinen besonders engen Kontakt hatte und sich nicht in die Ehe einmischen wollte.

Als es im Frühjahr 1985 zwichen den Streitteilen zu einem heftigen Streit kam, bei dem der Kläger eine Schublade mit persönlichen Dingen der Beklagten zu Boden warf, äußerte die Beklagte erstmalig, es sei wohl am besten, wenn sie sich scheiden ließen. Der Kläger lehnte dies zunächst aus finanziellen Erwägungen ab. Die Beklagte suchte jedoch in weiterer Folge den beiden Parteien persönlich gut bekannten Rechtsanwalt Dr. Maximilian G*** auf, um sich bei ihm wegen einer Scheidung zu erkundigen. Dabei äußerte sie, das Verhalten des Klägers werde immer dreister, sie erfahre von allen Seiten, daß der Kläger Beziehungen zu anderen Frauen habe, weshalb sie die Ehe nicht mehr fortsetzen wolle. In der Folge gab es mehrfach umfangreiche Gespräche zwischen den Streitteilen unter Beteiligung des Rechtsanwaltes Dr. Maximilian G***, bei denen die Beklagte letztlich äußerte, sie sei bereits völlig fertig und bestehe auf Scheidung, während der Kläger anfänglich weiterhin gegen eine Scheidung war. Die Beklagte äußerte dabei, sie würde das streitige Scheidungsverfahren anstreben, wenn eine einvernehmliche Scheidung nicht zustande käme. Dabei wären die Eheverfehlungen des Klägers, insbesondere seine Beziehungen zu anderen Frauen so gravierend und beweisbar, daß die Ehe jedenfalls aus dem Alleinverschulden des Klägers geschieden würde. Dr. Maximilian G*** belehrte die Streitteile ausführlich über die Bedeutung des Verschuldens an der Zerrüttung einer Ehe, insbesondere auch auf dessen Auswirkung in vermögensrechtlicher Hinsicht und stellte klar, daß er auf Grund seiner persönlichen Bekanntschaft zu beiden Streitteilen nur für eine einvernehmliche Scheidung zur Verfügung stehe. Die Verschuldensfrage war deshalb auch ein zentraler Punkt bei diesen Gesprächen, insbesondere im Hinblick auf die im Zuge einer einvernehmlichen Scheidung zu treffende Unterhaltsregelung, bei der von den jeweiligen Eheverfehlungen der Streitteile ausgegangen werden sollte. Dr. Maximilian G*** wies deshalb auch den Kläger nachdrücklich darauf hin, daß er, sollte ihm eine Eheverfehlung der Beklagten bekannt sein, auf eine einvernehmliche Scheidung nicht eingehen solle. Auf Grund der von der Beklagten dem Kläger damals konkret zur Last gelegten mehrfachen Eheverfehlungen, welche dieser bei den Gesprächen auch nicht in Abrede stellte, meinte Dr. Maximilian G***, daß den Kläger dann ohnehin das Alleinverschulden in einem streitigen Scheidungsverfahren träfe, weil dem Kläger damals kein nennenswertes ehewidriges Verhalten der Beklagten bekannt gewesen und ein solches auch nicht zur Sprache gekommen sei, zumal die Beklagte bei diesen Gesprächen ihre Beziehung zu Peter P*** nicht erwähnte. Der Kläger war sodann zur Scheidung im Einvernehmen bereit, weil er nicht die geringste Chance sah, im Zuge eines streitigen Ehescheidungsverfahrens von seinem Alleinverschulden wegzukommen. Dr. Maximilian G*** bereitete schließlich einen umfangreichen Scheidungsvergleich vor, der im Zuge der einvernehmlichen Scheidung vor dem Bezirksgericht Wels zu Sch 54/85 am 25. Juni 1985 auch mit folgendem Inhalt abgeschlossen wurde:

"I. 1) Das Recht und die Pflicht, den mj. Jürgen D***, geb. am 9.4.1978, zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und ihn zu vertreten, steht nur der Beklagten zu.

2) Die Besuchsrechtsregelung wird von den Antragstellern gemeinsam vorgenommen und wird hiemit vorbehalten.

3 a) Der Kläger ist schuldig, zum Unterhalt des mj. Jürgen D***, geb. am 9.4.1978, ab 1. Juli 1985 bis zu dessen Selbsterhaltungsfähigkeit einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.000 zu Handen der Beklagten zu bezahlen.

Die bis zum Eintritt der Rechtswirksamkeit dieser Vereinbarung fällig gewordenen Beträge sind binnen 14 Tagen, die weiteren Beträge am Ersten eines jeden Monats im vorhinein zu bezahlen.

b) Solange jedoch der mj. Jürgen D*** in der derzeitigen ehelichen Wohnung, Schillerstraße Nr. 7, 4600 Wels, wohnt, wird der Unterhalt vom Kläger in natura geleistet und tritt die (Pflicht zur) Unterhaltszahlung erst ab dem Auszug aus der ehelichen Wohnung ein. Die zu den Punkten I.) 1), 2) und 3) abgeschlossenen Vereinbarungen, betreffend den mj. Jürgen D***, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung.

II. 1) Der Kläger verpflichtet sich, unabhängig von der Höhe seines Einkommens, an die Beklagte ab 1. Juli 1985 bis zu seiner Pensionierung einen monatlichen Unterhaltsbetrag in der Höhe von

S 17.000 zu bezahlen, und zwar die bis zur Wirksamkeit dieser Vereinbarung fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen, die weiteren Beträge am Ersten eines jeden Monats im vorhinein.

2) Der Kläger verzichtet gegenüber der Beklagten auf Unterhalt, auch für den Fall der geänderten Verhältnisse, geänderter Rechtslage oder unverschuldeter Not.

3) Die Beklagte verzichtet gegenüber dem Kläger über einen etwaigen, über Punkt II. 1) in Verbindung mit Punkt II. 4) hinausgehenden Unterhaltsanspruch, auch für den Fall der geänderten Verhältnisse, geänderter Rechtslage und unverschuldeter Not.

4) Der gemäß Punkt II. 1) zugunsten der Beklagten festgelegte monatliche Unterhaltsbetrag ist wertgesichert. Als Maßgabe zur Berechnung der Wertbeständigkeit dient der Index der Verbraucherpreise 1976 = 100, der vom österreichischen statistischen Zentralamt monatlich verlautbart wird. Der Wertsicherung ist die für den Monat Juli 1985 zu verlautbarende Indexzahl zugrunde zu legen. Schwankungen der Indexzahl nach oben oder nach unten bis ausschließlich 5 % bleiben unberücksichtigt. Ist dieser Spielraum überschritten, so ist dieser jeweils neu zu berechnen, wobei stets die erste, außerhalb des jeweils geltenden Spielraums gelegene Indexzahl die Grundlage für die Berechnung des neuen Unterhaltsbetrages und des neuen Spielraums zu bilden hat.

5) Für den Zeitraum einer etwaigen Berufsunfähigkeit des Klägers als selbständig tätiger Facharzt auf dem Gebiet der Frauenheilkunde und ab dem Zeitpunkt seiner Pensionierung, steht der Beklagten nur Unterhalt gemäß § 66 EheG zu, wenn dieser zum gegebenen Zeitpunkt geringer ist, als jener nach Punkt II. 1) in Verbindung mit Punkt II. 4).

6) Die Beklagte ist Dienstnehmerin des Klägers. Sollte dieses Dienstverhältnis, durch wen und aus welchem Grunde auch immer, insbesondere zum Beispiel durch Austritt, Entlassung oder Kündigung, gelöst werden, ist dies der Beklagten nicht als Unterlassung einer Erwerbstätigkeit anzurechnen.

III. Der Beklagten kommt die Familienbeihilfe für den mj. Jürgen D*** zu. Sollte sie die Familienbeihilfe für das genannte Kind nicht schon direkt beziehen, erklärt sich der Kläger bereit, sämtliche Erklärungen, nötigenfalls auch schriftlich, abzugeben, damit die Beklagte bezüglich der Familienbeihilfe bezugsberechtigt wird.

IV. Das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse werden wie folgt aufgeteilt:

1) Die eheliche Wohnung im Haus Schillerstraße 7, 4600 Wels, verbleibt dem Kläger.

2) Die Beklagte überträgt die sich in ihrem Hälfteeigentum befindliche Liegenschaft, Schillerstraße 7, 4600 Wels, und zwar die EZ 1137, KG Wels, bestehend aus den Grundstücken 1921/5 Garten und 1921/19 Baufläche, an den Kläger. Der Einheitswert dieser Liegenschaft beträgt zum 1. Jänner 1983 S 600.000.

Die Beklagte, geb. am 6.Juli 1943, erklärt sohin ihre Einwilligung, daß ohne ihr ferneres Wissen, nicht jedoch auf ihre Kosten, ob ihrem Hälfteeigentum an der Liegenschaft EZ 1137, KG Wels, das Eigentumsrecht für den Beklagten, geb. am 10.4.1944, einverleibt wird.

3) Die Beklagte bleibt Eigentümerin der Liegenschaft EZ 160, KG Untereisenfeld, bestehend aus den Grundstücken 93/6, Garten und 127, Baufläche.

4) Der Kläger bleibt Eigentümer der auf ihn lautenden Pfandbriefe von der CA-BV, der Genußscheine von der H***, der Beteiligung "M.A.I.L. XI", der Beteiligung an der Liegenschaftsvermietungsgesellschaft n.b.R., der Beteiligung

"C & C", Liegenschaftsverwaltung-Treuhand Gesellschaft m.b.H.", des Bausparvertrages bei der B*** Sparkasse, sowie sämtlicher Sparbücher und wird alleine verfügungsberechtigt hinsichtlich des für den mj. Jürgen D*** bei der B*** Sparkasse abgeschlossenen Bausparvertrages mit der Nr. 09126370-0.

5) Die Beklagte bleibt Eigentümerin ihrer CA-BV Pfandbriefe, erliegend im CA-BV Depot 0092-2393402.

6) Der Kläger übernimmt sämtliche während der Dauer der Ehe entweder von ihm alleine oder zusammen mit der Beklagten oder mit der Beklagten als Bürgin aufgenommenen Kredite, und zwar bei der H***, Kto.Nr. 991283837, CA-BV 0092-23926/00, 10/449767, 10/477552 und 10/445476, B*** Sparkasse 46576281-6 und 46576280-8, in die alleinige Rückzahlungspflicht und hält diesbezüglich die Beklagte schad- und klaglos.

7) Das im Haus Schillerstraße Nr. 7, 4600 Wels, befindliche eheliche Gebrauchsvermögen verbleibt dem Kläger mit Ausnahme folgender, der Beklagten - neben ihren persönlichen Gegenständen - zukommenden Fahrnisse:

Bemalter Bauernkasten samt Holzsäule, 2 Zusatztische, 1 Couchtisch, 2 Perserteppiche, 1 Glasvitrine, 2 Wandteller, Wandbilder (Südseite), gesamte Ledersitzgarnitur, wobei sich diese aufgeteilten Gegenstände im Wohnzimmer befinden, das komplette Kinderzimmer, 1 antiquarische Öllampe, 1 Kredenz im Bauernstil.

Die Wäsche und das Küchengeschirr werden anläßlich des Auszuges der Beklagten aus der ehelichen Wohnung Schillerstraße 7, 4600 Wels, geteilt.

8) Der Kläger verpflichtet sich, an die Beklagte einen Betrag von

S 1,150.000 zu bezahlen. Dieser Betrag dient insbesondere zur Adaptierung des der Beklagten allein gehörigen Hauses Kalkofenstraße 20, Wels, (EZ 160, KG Untereisenfeld). Die Beklagte übergibt die im Zuge der Renovierungs- und Adaptierungsarbeiten beim Haus Kalkofenstraße 20, Wels, anfallenden Rechnungen dem Kläger zur Bezahlung und wird dieser die Rechnungsbeträge nach Zustimmung der Beklagten jeweils innerhalb zwei Wochen bezahlen. Sollte der Betrag von S 1,150.000 nicht durch die bei der Adaptierung des Hauses Kalkofenstraße 20, Wels, auflaufenden Rechnungen verbraucht werden, verpflichtet sich der Kläger, den Differenzbetrag zu den S 1,150.000 innerhalb von zwei Wochen nach Räumung der ehelichen Wohnung, Schillerstraße 7, 4600 Wels, durch die Beklagte zu bezahlen.

9) Der Kläger verpflichtet sich, die durch den Erwerb der Liegenschaft EZ 160, KG Untereisenfeld, durch die Beklagte vom Finanzamt für Gebühren- und Verkehrssteuern Linz vorgeschriebene Grunderwerbssteuer und die Eintragungsgebühr fristgerecht zu bezahlen. Die Beklagte wird die entsprechenden Vorschreibungen unmittelbar nach deren Erhalt an den Kläger weiterleiten.

10) Der PKW Marke Audi 100 Avant CD, Baujahr 1983, mit dem polizeilichen Kennzeichen O-36.126, verbleibt dem Kläger. 11) Der PKW Marke VW Golf, Baujahr 1983, mit dem polizeilichen Kennzeichen O-56.954, verbleibt der Beklagten.

V) Die Beklagte verpflichtet sich, bei Bezugsfertigkeit ihres

Hauses, Kalkofenstraße 20, Wels, längstens jedoch bis 31.Dezember 1985, die eheliche Wohnung im Haus Schillerstraße 7, 4600 Wels, von sich und ihren Fahrnissen zu räumen und geräumt an den Kläger zu übergeben.

VI) Die Antragsteller erklären, auf weitere Ansprüche gegeneinander hinsichtlich des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, sowie hinsichtlich der Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Betrieb des anderen, zu verzichten."

Diesem Vergleich lag übereinstimmend auf Grund der vorher geführten Gespräche und Vorhaltungen der Beklagten das Alleinverschulden des Klägers am Scheitern der Ehe zugrunde. Der Kläger erfuhr letztlich von der schon länger als ein Jahr andauernden intimen Beziehung zwischen der Beklagten und Peter P*** erst nach der Sheidung der Ehe, als sich sein Vater dann doch entschloß, ihm davon Mitteilung zu machen, und diese Mitteilungen auch von anderen Personen (Irene E*** und Dr. S***) bestätigt wurden. Hätte der Kläger im Zeitpunkt der Scheidungsverhandlung gewußt, daß die Beklagte bereits rund ein Jahr vor der Scheidung ein intimes Verhältnis zu Peter P*** hatte, hätte er diesen Vergleich nicht abgeschlossen. Dies war auch der Beklagten klar.

Der Kläger begehrt im vorliegenden Verfahren, den Scheidungsvergleich vom 25. Juni 1985, in eventu dessen Punkte II) 1) bis 6) für unwirksam zu erklären, und brachte dazu vor: Die Beklagte habe vor der Ehescheidung vorgegeben, seit Bestand der Ehe keine Eheverfehlungen begangen zu haben, weshalb im Fall der Ehescheidung vom Alleinverschulden des Klägers auszugehen sei. Nach rechtskräftigem Abschluß des Scheidungsverfahrens und des angefochtenen Scheidungsvergleiches hätten sich jedoch mehrere gravierende Eheverfehlungen der Beklagten herausgestellt. So habe der Kläger erst nach der Scheidung erfahren, daß der am 9.April 1978 geborene Jürgen nicht sein Kind sei, sondern die Beklagte schon im Jahr 1977 Ehebruch begangen habe, daß die Beklagte weiters bereits mehr als ein Jahr vor der Scheidung eine ehebrecherische Beziehung zu Peter P*** unterhalten und überdies dem vom Kläger nach der Geburt des Sohnes Jürgen gehegten Kinderwunsch durch Einnahme der Anti-Baby-Pille entgegengewirkt habe. Diese Eheverfehlungen hätten im streitigen Scheidungsverfahren zum Ausspruch des alleinigen oder zumindest überwiegenden Verschuldens der Beklagten geführt. In Kenntnis dieser Umstände, über die ihn die Beklagte arglistig in Irrtum geführt habe, hätte der Kläger den - inhaltlich als Einheit aufzufassenden - Scheidungsvergleich nicht abgeschlossen. Daher werde die Unwirksamkeit des Vergleiches wegen "Irrtums, Arglist und Sittenwidrigkeit" begehrt.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor: Die Ehe der Streitteile sei ausschließlich aus dem Verschulden des Klägers gescheitert, der sich zu wenig um die Familie gekümmert, Beziehungen zu anderen Frauen unterhalten, die Beklagte mehrfach grundlos beschimpft, herabgesetzt, mißhandelt sowie im Krankheitsfall im Stich gelassen habe. Es treffe nicht zu, daß der mj. Jürgen kein eheliches Kind des Klägers sei. Sie habe zwar während der kritischen Zeit zur Empfängnis dieses Kindes auch mit einem anderen Mann verkehrt, dies auch dem Kläger gestanden, der Kläger habe ihr den Fehltritt aber verziehen. Sie habe auch vor der Ehescheidung zu Peter P*** keine ehebrecherische Beziehung unterhalten. Im Fall einer streitigen Ehescheidung hätten die vom Kläger nicht einmal bestrittenen zahlreichen schwerwiegenden Eheverfehlungen zum Ausspruch seines alleinigen oder zumindest überwiegenden Verschuldens geführt, weshalb er wohl auch aus ökonomischen Überlegungen einer einvernehmlichen Scheidung zugestimmt habe. Angesichts der Einkommensverhältnisse des Klägers könne beim vergleichsweise für die Beklagte vereinbarten monatlichen Unterhaltsbetrag von (wertgesichert) S 17.000 von einem großzügigen Unterhalt keine Rede sein. Bei der Scheidung im Einvernehmen sei auf den Einwand eines Verschuldens des anderen Teiles verzichtet worden, sodaß die Unterhaltsregelung unabhängig von der Schuld eines der Streitteile getroffen worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Werde der Irrtum einer Vertrags-(Vergleichs-)partei vom anderen Teil arglistig hervorgerufen, müsse er sich nicht unbedingt auf die Vergleichsgrundlage beziehen, vielmehr sei die Anfechtung schon dann zulässig, wenn der Irrtum einen Vertragspunkt selbst oder auch nur ein Motiv des getäuschten Vertragsteiles betreffe. Arglist liege vor, wenn ein Vertragsteil dem anderen (auch bedingt) vorsätzlich unrichtige Angaben mache, welche sodann kausal für den Vertragswillen des anderen Teiles seien. Es genüge aber auch, daß der Täuschende für die Willensbildung des anderen erkennbar entscheidende Tatsachen verschweige, insbesondere dann, wenn eine Aufklärungspflicht vorliege oder die Aufklärung nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs zu erwarten sei. Im vorliegenden Fall habe nach den Feststellungen die Beklagte dem Kläger ihre bereits ein Jahr vor der Scheidung beginnende intime Beziehung zu Peter P*** verschwiegen, bei deren Kenntnis der Kläger auch nach dem Wissensstand der Beklagten den Vergleich nicht abgeschlossen hätte. Dies begründe Arglist der Beklagten und berechtigte den Kläger zur Anfechtung des gesamten Vergleiches, der inhaltlich eine Einheit darstelle und vom Kläger bei Kenntnis der intimen Beziehungen zwischen der Beklagten und Peter P*** insgesamt nicht abgeschlossen worden wäre.

Das Berufungsgericht verwarf die Nichtigkeitsberufung der Beklagten, gab im übrigen der Berufung in der Sache nicht Folge und bewertete den Streitgegenstand über S 300.000. Die Beschaffung mehrerer Beweismittel durch den Kläger stelle weder die gerügte Nichtigkeit noch einen Verfahrensmangel dar.

Unabhängig vom weiteren Bestand des rechtskräftigen Scheidungsbeschlusses sei die Anfechtung des gemäß § 55 a Abs. 2 EheG abgeschlossenen Scheidungsvergleiches wegen Willensmängeln zulässig. Ausgehend von den - vom Berufungsgericht zur Gänze übernommenen - Feststellungen des Erstgerichtes sei die Verschuldensfrage bezüglich der Zerrüttung der Ehe der Streitteile zentraler Punkt bei den Vergleichsgesprächen mit Dr. Maximilian G*** gewesen. Demnach sei auch festgestellt worden, der Kläger hätte einer einvernehmlichen Scheidung nicht zugestimmt, wenn ihm die festgestellte Eheverfehlung der Beklagten (ihr ehebrecherisches Verhältnis mit Peter P***) bekannt gewesen wäre. Die Beklagte habe den Kläger über diesen Umstand bewußt getäuscht, was auch durch Verschweigen erfolgen könne, wenn eine Aufklärungspflicht des Vertragspartners anzunehmen sei. Davon sei hier auszugehen, weil die Streitteile bei den Gesprächen über die einvernehmliche Scheidung und deren Rechtsfolgen beim Abschluß des vorliegenden Scheidungsvergleiches davon ausgegangen seien, daß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe den Kläger allein treffe. Im Falle der Arglist stehe auch bei Vorliegen eines unwesentlichen Irrtums dem Getäuschten die Wahl zwischen Anfechtung und Vertragsanpassung zu, so daß der hier vom Kläger getroffenen Wahl der Anfechtung des gesamten Vergleiches zu folgen sei. Insbesondere die Unterhaltsregelung zwischen den Streitteilen sei nicht zur Versorgung der Beklagten unabhängig von jedem Verschulden vereinbart worden, sondern nach den Urteilsfeststellungen unter Annahme des Alleinverschuldens des Klägers. Eine Feststellung, daß der Kläger den vorliegenden Scheidungsvergleich auch dann geschlossen hätte, wenn er die ehebrecherische Beziehung der Beklagten zu Peter P*** gekannt hätte, weil dann immer noch von seinem überwiegenden Verschulden an der Zerrüttung der Ehe auszugehen gewesen wäre, sei nicht erforderlich.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Soweit darin erneut die schon in zweiter Instanz gerügte und vom Berufungsgericht verworfene Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemacht wird, ist auf die ständige Rechtsprechung (zuletzt 8 Ob 663/88) zu verweisen, nach welcher die eine gerügte Nichtigkeit verwerfende Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht mehr weiter angefochten werden kann.

Die außerdem gerügte Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens liegt nach Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß auch ein Vergleich über die Scheidungsfolgen gemäß § 55 a Abs. 2 EheG wegen Willensmängeln (Irrtums, Arglist) oder Sittenwidrigkeit angefochten werden kann und davon die Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses nicht berührt wird (SZ 58/43 = JBl. 1986, 777 mwH). List ist dabei die rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung des Vertragspartners über die Umstände, welche diesen zum Abschluß des konkreten Geschäftes bewegen, also nicht nur über Vertragsgrundlagen oder einzelne Vertragspunkte, sondern auch über Vertragsmotive, die somit für den Vertragsschluß kausal sind (Rummel in Rummel2, Rz 2 und 3 zu § 870 mwH).

Die Beklagte hat im vorliegenden Fall bei den festgestellten Vergleichsgesprächen nicht etwa bloß Umstände (ihre bereits seit einem Jahr bestehende ehebrecherische Beziehung zu Peter P***) verschwiegen, sondern durch die von ihr aufgestellte Behauptung, nur den Kläger treffe das in mehreren konkreten Punkten dargelegte und von diesem auch nicht weiter bestrittene Verschulden am Scheitern bzw. der Zerrüttung ihrer Ehe, was zugleich vom beratenden Rechtsanwalt Dr. Maximilian G*** und beiden Parteien zur Vergleichsgrundlage erhoben wurde, unmittelbar ihre eherechtliche Unschuld am Scheitern der Ehe beteuert. Diese Behauptung ist und war aber wider ihr besseres Wissen falsch und nach den Feststellungen auch nach ihrem Wissensstand für den Kläger Beweggrund für den Abschluß des hier angefochtenen Scheidungsvergleiches.

Das Berufungsgericht hat demnach unter Bestätigung des erstgerichtlichen Urteiles mit einer ausführlichen, vom Obersten Gerichtshof für richtig befundenen Begründung Arglist der Beklagten bei den Scheidungsvergleichsverhandlungen der Streitteile und deren Kausalität für den konkreten Vergleichsabschluß durch den Kläger angenommen und auf Grund der von diesem getroffenen Wahlmöglichkeit (vgl. SZ 53/108; SZ 50/35 uam) den gesamten Vergleich rechtens für unwirksam erklärt. Über die Möglichkeiten einer Rückabwicklung der Vergleichsleistungen zwischen den Streitteilen ist nach den vorliegenden Verfahrensanträgen hier nicht zu erkennen. Der Einwendung der Revisionswerberin, es fehle an der Feststellung, daß der Kläger den Vergleich auch bei Offenlegung ihres ehebrecherischen Verhältnisses mit Peter P*** genauso geschlossen hätte, weil dann eben von seinem überwiegenden Verschulden an der Ehezerrüttung auszugehen gewesen wäre, ist schon damit zu begegnen, daß dann wohl auch der zwischen den Parteien verziehene Fehltritt der Beklagten, welcher zur Geburt des nicht vom Kläger stammenden ehelichen Kindes Jürgen führte, in die Beurteilung der Verschuldensfrage miteinbezogen hätte werden können, und auf dieser Grundlage von einem sicheren Vertrags-(Vergleichs-)willen des Klägers im Sinne dieser Revisionsausführungen wohl mit Grund keine Rede mehr sein könnte. Im übrigen genügt es aber, erneut darauf hinzuweisen, daß der Kläger festgestelltermaßen den Vergleich bei Kenntnis des ehebrecherischen Verhältnisses seiner Frau zu Peter P*** nicht (so) geschlossen hätte, so daß sein Begehren auf Unwirksamerklärung des gesamten - eine vermögensrechtliche Einheit darstellenden - Vergleiches gerechtfertigt ist.

Der Revision ist demnach kein Erfolg beschieden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.

Anmerkung

E20407

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00600.89.0322.000

Dokumentnummer

JJT_19900322_OGH0002_0080OB00600_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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