TE OGH 1990/4/6 16Os53/89 (16Os54/89)

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Veröffentlicht am 06.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.April 1990 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Müller und Dr. Kießwetter und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Waidecker als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Martin B*** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 8.November 1989, GZ 13 Vr 1002/89-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, und des Verteidigers Dr. Burianek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch enthaltenden) Urteil wurde der nunmehr 23-jährige Martin B*** (zu I/) des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, (zu II/) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB, (zu III/) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB und (zu IV/) des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Als Diebstahl liegt ihm zur Last, am 20.April 1989 in Villach fremde bewegliche Sachen Nachgenannten mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar dem Günther L*** eine Brieftasche im Wert von ca. 100 S mit ca. 300 S Bargeld und dem Ewald R*** gleichfalls eine Brieftasche im Wert von ca. 100 S mit 300 S Bargeld (I/1 und 2 des Schuldspruchs).

Urkundenunterdrückung hinwieder wird ihm angelastet, weil er am 20. April 1989 in Villach eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, und zwar den Personalausweis des Ewald R***, mit dem Vorsatz unterdrückt hat, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde (II/ des Schuldspruches).

Rechtliche Beurteilung

Nur diese Punkte des Schuldspruchs bekämpft der Angeklagte mit seiner auf die Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten, die geltendgemachten Anfechtungsgründe jedoch nicht getrennt ausführenden Nichtigkeitsbeschwerde. Weiters hat er gegen den Strafausspruch Berufung und gegen den vom Erstgericht unter einem gefaßten Beschluß auf Widerruf einer bedingten Entlassung Beschwerde ergriffen. Da der Angeklagte jedoch am 14.November 1989 aus der Untersuchunghaft geflüchtet und seither unbekannten Aufenthaltes ist, wurde der Gerichtstag auf die Verhandlung und Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde eingeschränkt (vgl. hiezu Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 17 zu § 296).

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt nach keiner Richtung hin Berechtigung zu.

Aus den Gründen der Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Urteilsannahme, daß Günther L*** und Ewald R*** im Tatzeitpunkt die festgestellten Bargeldbeträge (von je 300 S) besessen haben. Seiner Auffassung nach sei dieser Ausspruch mit logischen Begründungsmängeln behaftet, weil nie im Detail geprüft worden sei, welche Geldbeträge die Genannten tatsächlich bei sich hatten, keiner der beiden Genannten die Geldbeträge in irgendeiner Form aufschlüsseln können habe, sodaß die Höhe der Beträge lediglich auf vagen Vermutungen beruhe, wobei es auch auffällig sei, daß beide angeblich die gleiche Geldmenge bei sich getragen haben wollen, und ihre Aussagen vor der Polizei und vor Gericht unterschiedlich gewesen seien, worauf das Gericht nicht eingegangen sei; auch habe ihm der Zeuge L*** einen Autoschaden unterstellen wollen, was das Erstgericht nicht als erwiesen angenommen hat, womit es aber unlogisch sei, dem Genannten einerseits Glaubwürdigkeit abzusprechen, ihm aber andererseits (in bezug auf den Gelddiebstahl) Glauben zu schenken. Es fehle daher hinsichtlich des ihm angelasteten Gelddiebstahls an zwingenden Beweisen, sodaß er von diesem Vorwurf in dubio pro reo freigesprochen werden hätte müssen.

Mit all diesem Vorbringen unternimmt der Beschwerdeführer lediglich den Versuch, nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter - die auf Grund der als glaubwürdig befundenen übereinstimmenden Bekundungen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Günther L*** und Ewald R*** zur Überzeugng gelangten, daß die Genannten ihre Geldbörsen mit jeweils noch 300 S Bargeld in ihrer auch vom Beschwerdeführer benützten Unterkunft frei verwahrten (US 7 f iVm S 16, 19, 322, 326, 415 und 417 dA) und daß der Beschwerdeführer diese Geldbörsen samt Inhalt gestohlen hat - mit dem Ziel zu bekämpfen, seiner insoweit leugnenden Verantwortung doch noch zum Durchbruch zu verhelfen. Formale Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO werden damit nicht aufgezeigt. Einem Zeugen in bezug auf einen Teil seiner Angaben die Glaubwürdigkeit zu versagen, ihm jedoch im übrigen Glauben zu schenken, ist keineswegs denkgesetzwidrig. Auch bedarf es - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - keiner geradezu zwingenden Beweise, um eine Feststellung treffen zu können; vielmehr berechtigen auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu Tatsachenfeststellungen (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 26 ff zu § 258 und ENr. 148 ff zu § 281 Z 5). Worin schließlich erörterungsbedürftige Divergenzen in den Bekundungen der Zeugen L*** und R*** gelegen sein sollen, wird in der Beschwerde nicht dargetan.

Die Beschwerdeausführungen sind aber auch nicht geeignet, aus den Akten sich ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem bekämpften Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Somit kommt weder der Mängel- noch der Tatsachenrüge Berechtigung zu.

Mit dem in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch zu Punkt II/ erhobenen Einwand, es fehle an einer logischen Begründung für die Mitnahme des "Papiers" (gemeint: des Personalausweises des Ewald R***), wird der Sache nach (abermals) ein Begründungsmangel (Z 5) geltend gemacht, der aber der bekämpften Urteilsannahme nicht anhaftet. Ergibt sich doch aus den Entscheidungsgründen, daß die in Rede stehende Urkunde in der Geldtasche des Ewald R*** verwahrt und gemeinsam mit dieser dem Berechtigten entfremdet worden war (US 6). Der Einwand hinwieder, der Beschwerdeführer habe den Personalausweis "in keiner wie immer gearteten Weise verwenden können, weswegen eine Urkundenunterdrückung rechtlich nicht gegeben sei", übersieht, daß § 229 Abs 1 StGB die Verfügbarkeit von (im Zeitpunkt ihrer Unterdrückung für ihren Errichtungszweck noch verwendbaren) Urkunden für den jeweils Berechtigten schützt (SSt. 51/44; SSt. 56/89) und nicht auf die Möglichkeit des Gebrauchs durch den Täter abstellt. Ob der Personalausweis des Ewald R*** für den Beschwerdeführer "verwendbar" war oder nicht, ist somit für die Beurteilung der Tat als Urkundenunterdrückung irrelevant. Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach als zur Gänze unbegründet zu verwerfen.

Nach Aufgreifung des Angeklagten werden die Akten zur Entscheidung über seine Berufung und seine Beschwerde dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz vorzulegen sein.

Anmerkung

E20217

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0160OS00053.89.0406.000

Dokumentnummer

JJT_19900406_OGH0002_0160OS00053_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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