TE OGH 1990/4/25 7Ob518/90

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Veröffentlicht am 25.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Egermann, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Heribert M***, Notar i. R., Wien 13., Auhofstraße 165, vertreten durch Dr. Alexander Brauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ludmilla M***, Hausfrau, Wien 13., Auhofstraße 165, vertreten durch Dr.Walter und Dr. Peter Mardetschläger, beide Rechtsanwälte in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert S 438.681,-- sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6.9.1989, GZ 17 R 176, 177/89-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 28.4.1989, GZ 13 Cg 40/88-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.460,20 (darin S 2.576,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind seit 16.11.1972 miteinander verheiratet. Die Beklagte ist seit 19.12.1975 Miteigentümerin von 150/1661 Anteilen und seit 29.10.1977 von weiteren 110/1661 Anteilen an der EZ 329 der KG Ober St. Veit, Gerichtsbezirk Hietzing. Beide Parteien bewohnen in dem auf dieser Liegenschaft stehenden Haus eine Wohnung. Mit den Miteigentumsanteilen der Beklagten wurde noch kein Wohnungseigentum verbunden. Die Eigentumsanteile der Beklagten sind mit einem Fruchtgenußrecht und einem Belastungs- und Veräußerungsverbot, beide zugunsten des Klägers, belastet. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übertragung ihres Eigentumsrechtes an den genannten Anteilen samt der Unterfertigung nachstehender Verpflichtungserklärung:

"Der gefertigte Dr. Heribert M***, geb. am 16.7.1912, hat im Jahre 1973 150/1661-tel Anteile und im Jahre 1977 110/1661-tel Anteile der Liegenschaft EZ 329 Grundbuch Ober St. Veit erworben. Anläßlich dieses Erwerbes wurde jedoch nur der Besitz an den bezeichneten Liegenschaftsanteilen in Form eines Fruchtnießungsrechtes auf den gefertigten Dr. Heribert M*** übertragen, während das durch ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten desselben beschränkte Eigentumsrecht zufolge eines zwischen den beiden Gefertigten vereinbarten Treuhandverhältnisses für seine gefertigte Ehegattin, Ludmilla M***, geb. am 12.5.1943, einverleibt wurde. Da dieses Treuhandverhältnis nunmehr beendet ist, überträgt die gefertigte Ludmilla M*** ihr Treuhandeigentum an den insgesamt 260/1661-tel Anteilen an der Liegenschaft EZ 329 Grundbuch Ober St. Veit auf den gefertigten Dr. Heribert M*** und erteilt demgemäß ihre ausdrückliche Einwilligung, daß aufgrund dieser Erklärung ob den bezeichneten Liegenschaftsanteilen das alleinige Eigentumsrecht für Dr. Heribert M***, geb. am 16.7.1912, einverleibt werde. Da dieses Treuhandverhältnis nunmehr beendet ist, erteilt Ludmilla M*** ihre ausdrückliche Einwilligung, daß aufgrund dieser Erklärung ob den 260/1661-tel Anteilen an der Liegenschaft EZ 329 Grundbuch Ober St. Veit das alleinige Eigentumsrecht für Dr. Heribert M***, geb. am 16.7.1912, einverleibt werde.

Beide an dieser Erklärung beteiligten Parteien stellen übereinstimmend fest, daß aus diesem nunmehr aufgelösten Treuhandverhältnis keine wie immer gearteten gegenseitigen Ansprüche bestehen.

Im Hinblick darauf, daß dem so als Eigentümer eingetragenen Dr. Heribert M***, geb. am 16.7.1912, seine eigenen Liegenschaftsanteile nicht dienlich sein können, erteilt derselbe hiemit seine ausdrückliche Einwilligung, daß aufgrund dieser Erklärung die Löschung ob der ober der Liegenschaft EZ 329 Grundbuch Ober St. Veit in den C Postzahlen 1. und 2. bzw. 13. und 14. einverleibten Fruchtnießungsrechte bzw. Veräußerungs- und Belastungsverbote einverleibt werde."

Der Kläger brachte dazu vor, mit der Beklagten 1975 und 1977 aus Anlaß der Übertragung des Eigentumsrechtes an den genannten Anteilen Treuhandvereinbarungen getroffen zu haben (nach welchen die Beklagte das Eigentumsrecht für den Kläger auszuüben hat). Die getroffene Vereinbarung berechtige ihn zur jederzeitigen Auflösung dieses Treuhandverhältnisses bzw. zur Offenlegung. Davon mache er nunmehr Gebrauch. Die Beklagte setze sich jedoch seinem Bestreben, als bücherlicher Eigentümer eingetragen zu werden, entgegen. Mit der Treuhandvereinbarung habe der Kläger Befürchtungen der Beklagten entgegentreten wollen, daß sie im Falle seines Todes mit zu großen Pflichtteilsansprüchen des Sohnes des Klägers aus erster Ehe belastet werde. Sämtliche zum Ankauf verwendeten Mittel stammten aus dem Vermögen des Klägers. Die Beklagte habe auch immer wieder erklärt, daß ihr die beiden Wohnungen nicht gehören. Die Beklagte habe aber in jüngster Zeit einen für den Kläger überaus nachteiligen Gebrauch (der Wohnungen) gemacht und habe ohne erklärlichen Grund die ehelichen Beziehungen zum Kläger völlig abgebrochen. Sie verhalte sich grob undankbar und lege ein Verhalten an den Tag, welches die Aufrechterhaltung des Treuhandverhältnisses nicht mehr möglich und zumutbar erscheinen lasse.

Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung. Sie bestritt, daß es zu den behaupteten Treuhandvereinbarungen mit dem Kläger gekommen sei. Richtig sei, daß der Kläger den Ankauf der beiden Wohnungen weitgehend finanziert habe, die Beklagte habe dazu aber S 100.000 beigetragen. Das Eigentumsrecht an den beiden Wohnungen sollte der finanziellen Sicherstellung der Beklagten dienen. Der Kläger verfüge über weitere Vermögenswerte in Millionenhöhe. Bestritten werde auch der Vorwurf des nachteiligen Gebrauches der Wohnung und eines ehewidrigen Verhaltens.

Unmittelbar vor Schluß der mündlichen Streitverhandlung erhob der Kläger ein Eventualbegehren, (richtig -vorbringen), daß seine zwei Schenkungen (an die Beklagte) wegen Form- und Willensmängeln von ihm angefochten werden. Ebenso fechte er die Schenkungen wegen der von der Beklagten zu vertretenden Verschlechterung der ehelichen Beziehungen an. Das Klagebegehren werde daher auch auf einen Schenkungswiderruf gestützt. Für den Fall, daß das Gericht eine Zahlung der Beklagten von S 100.000 für den Ankauf der Miteigentumsanteile als erwiesen annehme, werde gegen die Übertragung des Eigentumsrechtes an den Anteilen Zug um Zug die Rückzahlung dieses Betrages angeboten. Die Beklagte sprach sich gegen diese Klagsänderung aus.

Das Erstgericht ließ die Klagsänderung nicht zu und wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende entscheidungswesentliche Feststellungen:

Im Jahr 1975 kaufte die Beklagte 150/1661 und im Jahr 1977 110/1661 Anteile der EZ 329 des Grundbuchs Hietzing. In beiden Fällen wurde zugunsten des Klägers die Dienstbarkeit der Fruchtnießungs- sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt. Die Mittel für den Kauf dieser Liegenschaftsanteile stammten mit Ausnahme eines Betrages von S 100.000, den die Beklagte beisteuerte, vom Kläger. Motiv für den Ankauf war die Absicht des Klägers, daß auch die Beklagte für ihre Sicherstellung eigenes Vermögen besitze. Eine Treuhandvereinbarung zwischen den Streitteilen wurde nicht geschlossen. De facto war der Kläger der dominierende Teil, der von seiner Gattin als Gegenleistung für die Intabulation ihres Eigentums die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes sowie des Fruchtgenußrechtes verlangt hatte. Die Streitteile haben bereits 1973 eine Gütergemeinschaft auf den Todesfall abgeschlossen, in die einzelne, im Alleineigentum stehende Grundstücke der Streitteile eingebracht wurden. Gleichzeitig wurde ein wechselseitiges Testament errichtet. Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Berufungsgericht dem Rekurs des Klägers gegen die versagte Klagsänderung keine Folge, verwarf die von ihm erhobene Nichtigkeitsberufung, hob den das Eventualbegehren abweisenden Teil des Ersturteiles als nichtig auf und gab im übrigen der Berufung keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt.

In der für das Revisionsverfahren noch relevanten Begründung folgerte das Berufungsgericht rechtlich, daß der Kläger sein Begehren ausschließlich auf eine von ihm nicht bewiesene Treuhandvereinbarung gestützt habe.

Nur gegen den bestätigenden Teil dieses Urteiles richtet sich die Revision des Klägers aus den Gründen der Nichtigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, dieses im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nichtigkeitsgründe, die dem erstinstanzlichen Verfahren anhaften sollen, können im Revisionsverfahren nur dann wahrgenommen werden, wenn sie auch auf das Urteil oder das Verfahren vor dem Berufungsgericht zurückwirken und wenn sie nicht bereits in der Berufung geltend gemacht und vom Berufungsgericht verneint worden sind (vgl. Fasching LB2 Rz 1905 mwN). Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Begründung ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, daß sie sich nicht überprüfen läßt (zuletzt 8 Ob 640, 641/89 sowie Fasching LB2 Rz 1760). Mit dem Vorwurf, daß dem angefochtenen Berufungsurteil eine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO anhafte, will der Berufungswerber nur das Verbot der Tatsachenbekämpfung umgehen. Die weitwendigen Ausführungen der Revision lassen sich damit zusammenfassen, daß auf Grund der weitgehenden Aufbringung der Mittel zum Ankauf der Miteigentumsanteile durch den Kläger und weil es wegen der Nichteinhaltung der unter Ehegatten erforderlichen Formvorschriften zu keiner Schenkung dieser Liegenschaftsanteile an die Beklagte gekommen sein könne, denknotwendig nur eine Treuhandvereinbarung der Grund für die Übertragung des Eigentumsrechtes an die Beklagte gewesen sein könne. Wie noch im folgenden darzulegen sein wird, hat der Kläger sein Begehren aber tatsächlich nur auf einen von ihm rechtlich qualifizierten Sachverhalt, den er nicht unter Beweis stellen konnte, gestützt und blieben daher die Umstände, aus denen sich ein Sachverhalt ableiten ließe, der als Schenkung oder als andere Erwerbsart zu qualifizieren wäre, zu Recht unerörtert. Der Nichtigkeitsvorwurf des Klägers, er sei in seinem Parteiengehör verletzt worden (§ 477 Abs 1 Z 4 ZPO), wurde bereits vom Berufungsgericht - im übrigen völlig zutreffend - als unbegründet bewertet. Mit der Behauptung, dieser Entscheidung hafte ein Rechtsirrtum an, will der Berufungswerber nur das im § 528 Abs 1 Z 1 ZPO normierte Verbot der Anfechtung der bestätigenden Entscheidung des Gerichtes 2. Instanz, betreffend die Unzulässigkeit der Klagsänderung, umgehen.

Mit der Mängelrüge werden die Vorwürfe, die der Nichtigkeitsrüge zugrunde liegen, nur wiederholt. Ein weiteres Eingehen war darauf entbehrlich (§ 510 Abs 3 ZPO).

Auch die Rechtsansicht der Unterinstanzen trifft zu. Ob ein bestimmtes Klagebegehren ausschließlich oder nicht ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund (Klagegrund) gestützt worden ist, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (vgl. zuletzt 1 Ob 705/88). Wird aber ein bestimmter Rechtsgrund geltend gemacht, so ist das Gericht daran gebunden (vgl. SZ 5/336 uva, zuletzt 7 Ob 639/88). Nur dann, wenn aus dem Klagsvorbringen hervorgeht, daß der Sachverhalt vom Kläger offenbar rechtlich unrichtig qualifiziert wurde, ist dies bedeutungslos. Nur dann kann nicht gesagt werden, daß er sein Klagebegehren ausschließlich auf den von ihm angegebenen Rechtsgrund stützen wollte (vgl. SZ 46/109 = JBl 1975, 34, zuletzt GesRZ 1988, 229). Tatsächlich läßt sich aber aus den Tatsachenbehauptungen des Klägers kein anderer anspruchserzeugender Sachverhalt ableiten als der eines Treuhandvertrages. Für ein Vorbringen, aus dem eine Eigentumsübertragung zufolge Schenkungswiderrufes abgeleitet werden könnte, fehlt es am Vorbringen, daß die Schenkung tatsächlich widerrufen wurde, für ein Vorbringen, aus dem ein Darlehen oder ein ähnliches Rechtsgeschäft abzuleiten wäre, fehlt es an Behauptungen, daß sich die Beklagte gegenüber dem Kläger zur Rückzahlung verpflichten wollte. Schon gar nicht kann den Klagsbehauptungen entnommen werden, daß die Beklagte zufällig und ohne es zu wollen, in den Genuß des Eigentumsrechts gekommen ist. Die Vorwürfe des Revisionswerbers, der angefochtenen Entscheidung haften Begründungsmängel verschiedenster Art an, gründen sich aber alle darauf, daß sich das Erstgericht nicht mit Sachverhalten auseinandergesetzt hat, die gar nicht aus dem Vorbringen des Klägers abzuleiten waren. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20697

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00518.9.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19900425_OGH0002_0070OB00518_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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