TE OGH 1990/5/22 Okt2/90 (Okt3/90)

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Veröffentlicht am 22.05.1990
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Kopf

Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch den stellvertretenden Vorsitzenden Hofrat Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch seine weiteren Mitglieder Kommerzialräte Dr. Bauer, Hon.Prof. DDr. Dittrich, Dkfm. Dr. Grünwald, Dr. Lettner, Dr. Placek und Dr. Schwarz in der Kartellrechtssache der Antragstellerin B*** DER G*** W***, Wien 4., Wiedner

Hauptstraße 63, vertreten durch Dr. Werner Sporn, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) C*** Verbrauchermarkt Gesellschaft mbH, 2.) C*** Verbrauchermarkt Gesellschaft mbH & Co KG, beide Vösendorf, Shopping-City-Süd, 3.) Dr. Alexander K***, Rechtsanwalt, Baden, Rathausgasse 9, 4.) Hans K***, Angestellter, p. A. Carrefour Verbrauchermarkt Gesellschaft mbH, Vösendorf, Shopping-City-Süd, 5.) H*** Warenhandel Gesellschaft mbH, 6.) Peter F***, Angestellter, und 7.) Hans Dieter C***, Kaufmann, die letzteren drei Wien 11., Landwehrstraße 6, alle vertreten durch Dr. Viktor Wolczik, Rechtsanwalt in Baden, wegen Untersagung gemäß § 3 a NVG infolge Rekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien vom 17. November 1989, NaV 6, 8/88-34, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Erst- und die Zweitantragsgegnerin betreiben in der Shopping-City-Süd in Vösendorf das auf den Kleinhandel eingeschränkte Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit b Z 25 GewO 1973, die Erstantragsgegnerin überdies am selben Standort auch das Fleischergewerbe gemäß § 94 Z 16 GewO 1973. Die Erstantragsgegnerin ist persönlich haftende Gesellschafterin der Zweitantragsgegnerin. Der Dritt- und der Viertantragsgegner sind Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin und in dieser Eigenschaft für das von der Antragstellerin beanstandete Verhalten, das mit deren Wissen und Willen veranlaßt wurde, verantwortlich. Die Fünftantragsgegnerin betreibt in ihrem Einkaufszentrum in Wien-Simmering, Landwehrstraße 6, das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs 1 lit b Z 25 GewO 1973 und das Fleischergewerbe gemäß § 94 Z 16 GewO 1973; der Sechst- und der Siebentantragsgegner sind deren Geschäftsführer und in dieser Eigenschaft für die in diesem Verfahren beanstandete Vorgangsweise, die mit deren Wissen und Willen veranlaßt wurde, verantwortlich.

Die Erst- und die Zweit- sowie die Fünftantragsgegnerin boten im Februar 1988 gemeinsam "Junghühner frisch o.D., per kg" um S 19,90 ua. in der Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 18.2.1988 nicht bloß zum Verkauf an, sondern verkauften solche auch tatsächlich um diesen Preis. Dabei handelte es sich um Verkäufe unter dem Einstandspreis im Sinne des § 3 a Abs 1 NVG.

Auf diese nicht mehr bestrittenen Behauptungen gestützt begehrte die Antragstellerin die Untersagung des Verkaufes von Waren, "insbesondere Frischgeflügel wie Junghühner frisch", hilfsweise die Untersagung des Verkaufes von "Frischgeflügel wie Junghühner" frisch unter dem Einstandspreis und beantragte gleichzeitig, ihr die Befugnis zur Veröffentlichung der rechtskräftigen Entscheidung in je einer Samstagausgabe der periodischen Druckschriften "Neue Kronen Zeitung" und "Kurier" (Gesamtausgabe für Österreich) sowie in einer Wochenendausgabe der periodischen Druckschrift "Die Presse" und hilfsweise zur Veröffentlichung in je einer Ausgabe der "Fleischerzeitung" und der Zeitung "Der Lebensmittelkaufmann" zuzusprechen.

Die Antragsgegner wendeten ein, der geltend gemachte Verstoß sei schon am 18.2.1988 bewirkt worden; nach mehr als eineinhalb Jahren bestehe kein Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Information mehr, sodaß das Veröffentlichungsbegehren jedenfalls abzuweisen sei. Außerdem boten sie der Antragstellerin den Abschluß eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleiches des Inhalts, sie verpflichteten sich bei Exekution, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Junghühner frisch zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten, und die vom Gericht zu bestimmenden bisherigen Verfahrenskosten zu tragen. Dieses Vergleichsanbot erstrecke sich allerdings nur auf die Rahmengebühr und nicht auch auf die Kosten der Antragstellerin.

Die Antragstellerin schlug dieses Vergleichsanbot aus und entgegnete, durch das Anbot sei die Wiederholungsgefahr nicht weggefallen. Auch nach dem Februar 1988 hätten die Antragsgegner laufend gegen die Bestimmung des § 3 a NVG (bzw gegen aufgrund des mittlerweile außer Kraft getretenen § 3 b NVG erlassene Verordnungen) verstoßen und insbesondere auch Frischgeflügel laufend zu Preisen unter dem Einstandspreis angeboten. Überdies hätten sie noch im Verfahren den Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis hartnäckig in Abrede gestellt.

Die Antragsgegner bestritten, sie hätten auch weiterhin gegen § 3 a NVG verstoßen.

Das Kartellgericht, das das Verfahren gegen die Erst- und Zweitantragsgegnerin sowie den Dritt- und den Viertantragsgegner und das Verfahren gegen die Fünftantragsgegnerin und den Sechst- und Siebentantragsgegner zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden hatte, untersagte allen Antragsgegnern, im geschäftlichen Verkehr Frischgeflügel, insbesondere Junghühner frisch, zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten, und wies das Mehrbegehren, diese Untersagung auf den Verkauf aller Waren zu erstrecken, sowie den Antrag auf Zuspruch von Verfahrenskosten ab. Es führte, soweit dies für die Erledigung des Rekurses bedeutsam ist, aus, die Antragsgegner hätten mit ihrer Aktion vom 18.2.1988 gegen § 3 a Abs 1 NVG verstoßen. Ob sie noch weitere Verstöße zu verantworten hätten, sei nicht geklärt, könne aber wie noch darzulegen sein werde, auf sich beruhen. Sei einem Verbot bereits zuwidergehandelt worden, sei der Unterlassungsanspruch nur berechtigt, wenn ernstlich zu besorgen sei, daß der Antragsgegner weitere Störungshandlungen vornehmen werde. Die Vermutung spreche allerdings stets für die Annahme, wer eine verbotene Handlung begangen habe, werde zur Begehung weiterer derartiger Eingriffe geneigt sein; Sache des Täters sei es daher, diese Vermutung zu widerlegen. Die Antragsgegner hätten den Fortbestand der Wiederholungsgefahr bestritten, weil die Antragstellerin ihr Vergleichsanbot nicht angenommen habe. Die von der Rechtsprechung in Wettbewerbs- und Urheberrechtssachen zu dieser Frage entwickelten Grundsätze seien auch im Verfahren wegen Verstößen gegen § 3 a Abs 1 NVG anzuwenden. Das wenngleich abgelehnte Anbot des Antragsgegners, sich mit vollstreckbarem Vergleich zu der vom Antragsteller begehrten Unterlassung zu verpflichten und diesem damit all das zu bieten, was er durch einen seinem Unterlassungsbegehren stattgebende Entscheidung erlangen könnte, beseitige auch hier regelmäßig die Wiederholungsgefahr. Über die Veröffentlichungsbefugnis habe der Vorsitzende abzusprechen. Der Senat habe hingegen zu beurteilen, ob die Wiederholungsgefahr weggefallen sei, und dabei auch die Frage zu beantworten, ob der darauf abzielende Antrag noch berechtigt sei. Als Richtlinien hiefür könnten § 25 UWG und § 85 UrhG dienen. Bei der Entscheidung, ob die Veröffentlichungsbefugnis dem Verletzten zuzuerkennen sei, habe das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob die besonderen Umstände des einzelnen Falles, insbesondere berücksichtigungswürdige Interessen der obsiegenden Partei, eine solche Maßnahme rechtfertigten, vor allem also, ob die Bekanntmachung der Entscheidung zur Aufklärung des Publikums notwendig sei und der für den Unterlegenen damit verbundene Nachteil in angemessenem Verhältnis zur Schwere der begangenen Rechtsverletzung und zum Schaden des Verletzten stehe. Der infolge langer Verfahrensdauer bewirkte große zeitliche Abstand stehe der Entscheidungsveröffentlichung nicht entgegen; so sei zur Aufklärung des irregeführten Publikums die Entscheidungsveröffentlichung auch noch zwei Jahre nach dem Erscheinen einer solchen Ankündigung erforderlich. Auch im vorliegenden Fall sei kein derart langer Zeitraum verstrichen, daß der Antragstellerin das Interesse an einer Entscheidungsveröffentlichung abgesprochen werden müßte. Demgemäß umfasse das Vergleichsanbot nicht alles, was die Antragstellerin mit einer Entscheidung des Kartellgerichtes hätte erreichen können, sodaß es unerheblich sei, ob den Antragsgegnern auch noch weitere Verkäufe unter dem Einstandspreis zur Last fielen.

Der dagegen von den Antragsgegnern erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Als Verfahrensmangel rügen die Rechtsmittelwerber lediglich, das Erstgericht habe die Behauptung der Antragstellerin, daß sie Junghühner auch weiterhin unter dem Einstandspreis zum Verkauf angeboten hätten, zu Unrecht nicht geprüft: Den Fortbestand der Wiederholungsgefahr hätte das Erstgericht nur dann bejahen dürfen, wenn sich dieses Vorbringen bewahrheitet hätte. Damit machen die Antragsgegner jedoch Feststellungsmängel geltend, sodaß diese Ausführungen in ihrem Rekurs erst bei Erledigung der Rechtsrüge zu erörtern sein werden.

Mit der Rechtsrüge wenden sich die Antragsgegner in erster Linie gegen die Auffassung des Erstgerichtes, als Richtlinien für die Entscheidung über den Zuspruch der Veröffentlichungsbefugnis könnten die Bestimmungen des § 25 UWG und des § 85 UrhG herangezogen werden; es übersehe dabei, daß das Prozeßgericht diesen Bestimmungen zufolge selbst die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung zuerkenne, ohne daß es hiezu eines entsprechenden Antrages bedürfe; nach § 7 Abs 10 NVG könne dagegen der Vorsitzende des Kartellgerichtes einer Partei auf deren Antrag die Befugnis zusprechen, die rechtskräftige Entscheidung über seine Verhaltensweise gemäß - ua - § 3 a NVG zu veröffentlichen. Billige der Senat dem Antragsteller bei Beurteilung der Frage, ob die Wiederholungsgefahr infolge Anbietens eines vollstreckbaren Vergleiches weggefallen sei, ein berücksichtigungswürdiges Interesse an der Entscheidungsveröffentlichung zu, so maße er sich damit nicht nur eine ihm nicht eingeräumte Kompetenz an, sondern präjudiziere geradezu den Vorsitzenden des Kartellgerichtes bei dessen Entscheidung gemäß § 7 Abs 10 NVG.

Rechtliche Beurteilung

Den Antragsgegnern kann nur insofern beigepflichtet werden, als die vom Erstgericht als Richtlinien herangezogenen gesetzlichen Bestimmungen mit § 7 Abs 10 NVG inhaltlich nicht zur Gänze übereinstimmen. Der Gesetzgeber hat in letzterer Bestimmung den Vorsitzenden des Kartellgerichtes zur Beschlußfassung über den Antrag auf Entscheidungsveröffentlichung berufen, räumt diesem bei der Entscheidung (pflichtgemäßes) Ermessen ein, und bindet ihn ausdrücklich nur insoweit an Voraussetzungen, als nur rechtskräftige Entscheidungen veröffentlicht werden dürfen. Dagegen sehen § 25 UWG sowie § 85 UrhG (und diesem nachgebildet § 38 KartG 1988) unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch der obsiegenden Partei auf Veröffentlichung des Urteils sowie die Zuständigkeit des Prozeßgerichtes auch für diesen Ausspruch vor und binden die dem Antrag stattgebende Entscheidung an ein berechtigtes Interesse der obsiegenden Partei. Die Erwägungen, die den Gesetzgeber zur insoweit abweichenden Regelung im Nahversorgungsgesetz bestimmt haben, können dessen Materialien (AB, 565 BlgNR 14.GP, 2) nicht entnommen werden, weil dort lediglich auf die Verfahrensbestimmungen des Kartellgesetzes (vom 22.11.1972, BGBl 460) Bezug genommen wird, dieses aber - im Gegensatz zum Kartellgesetz 1988 - die Veröffentlichung von Entscheidungen des Kartellgerichtes nicht vorsah. Es kann aber schon nach dem Zweck der Entscheidungsveröffentlichung nicht zweifelhaft sein, daß auch Entscheidungen des Kartellgerichtes über im Nahversorgungsgesetz vorgesehene Ansprüche auf Antrag einer Partei nur dann veröffentlicht werden dürfen, wenn diese daran ein berechtigtes Interesse hat; das ist etwa dann der Fall, wenn die Entscheidungsveröffentlichung erforderlich ist, um den Zustand, der vor der Rechtsverletzung bestanden hat, wiederherzustellen (vgl ÖBl 1988, 23) bzw wenn die Rechtsverletzung einem größeren Kreis von Personen bekanntgeworden ist. Zutreffend hat das Erstgericht daher - unter Berufung auf Heil in GesRZ 1977, 89 - § 25 UWG bzw § 85 UrhG (und die hiezu bestehende Lehre und Rechtsprechung) als Richtlinien für die Beurteilung der Fragen, unter welchen Voraussetzungen Anträgen auf Veröffentlichung seiner Entscheidungen stattzugeben ist bzw die Wiederholungsgefahr durch das Anbieten eines vollstreckbaren Vergleichs wegfällt, herangezogen. An diesem Auslegungsergebnis kann weder der im Nahversorgungsgesetz verfügte Wechsel in der Entscheidungskompetenz noch die dort ausdrücklich vorgesehene Beschränkung der Veröffentlichung auf in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen etwas ändern. Soll das Anbieten eines vollstreckbaren Vergleiches auch im Anwendungsbereich des Nahversorgungsgesetzes als Grund für die Annahme, daß damit die Wiederholungsgefahr weggefallen sei, Anerkennung finden (was die Antragsgegner anstreben), so erfordert gerade die besondere Kompetenzverteilung dieses Gesetzes, daß der Senat die Berechtigung des Veröffentlichungsbegehrens als Vorfrage seiner Entscheidung darüber beurteilt, ob die Wiederholungsgefahr weggefallen und dem Untersagungsantrag deshalb die Berechtigung abzusprechen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Wettbewerbssachen, der bei vergleichbarer Rechtslage auch für die im Nahversorgungsgesetz vorgesehenen Unterlassungsansprüche beizutreten ist (SZ 51/87 uva), schließt ein - wenngleich abgelehntes - Angebot des Antragsgegners, sich mit vollstreckbarem Vergleich zu der begehrten Unterlassung zu verpflichten, die Wiederholungsgefahr regelmäßig aus, selbst wenn der Gegner auf seinem Standpunkt beharrt, er habe durch das beanstandete Verhalten keinen Gesetzesverstoß begangen; das wird damit begründet, daß der Verletzte durch den Vergleich gleichermaßen wie durch die seinem Begehren stattgebende Entscheidung einen Titel erlangt, der ihn bei weiterem Zuwiderhandeln zur Exekutionsführung gemäß § 355 EO berechtigt. Ebenso ist es ständige Rechtsprechung (ÖBl 1985, 16 uva), daß der Anspruchsgegner im Rahmen des angebotenen Vergleiches dem Begehren des Verletzten nicht in allen Punkten Rechnung tragen muß, sondern nur insoweit, als dieser es auch im Rechtsstreit ersiegen könnte. Begehrt der Verletzte demnach neben der Unterlassung des beanstandeten Verhaltens auch die Ermächtigung zur Entscheidungsveröffentlichung, hat der Anspruchsgegner indessen bloß einen gerichtlichen Vergleich mit der Verpflichtung zur Unterlassung angeboten, so ist die Gefahr einer Wiederholung des Gesetzesverstoßes in der Regel nur dann ausgeschlossen, wenn und insoweit das Veröffentlichungsbegehren nicht gerechtfertigt ist (ÖBl 1985, 16 ua). Erbietet sich deshalb der Antragsgegner in einem Verfahren zur Entscheidung über Ansprüche nach dem Nahversorgungsgesetz zum Abschluß eines vollstreckbaren Vergleiches, mit dem er sich zwar voll und ganz zur begehrten Unterlassung verpflichtet, nicht aber auch dem Veröffentlichungsbegehren Rechnung tragen will, so muß der Senat, falls der Antragsteller den Abschluß des angebotenen Vergleiches ausschlägt, in Anbetracht der besonderen Regelung im § 7 Abs 10 NVG die nach den dargelegten Grundsätzen für den Verfahrensausgang entscheidende Frage, ob und inwieweit das Veröffentlichungsbegehren berechtigt ist, zwangsläufig als Vorfrage selbständig beurteilen, weil der Vorsitzende zur Entscheidung über den Veröffentlichungsantrag erst dann berufen ist, wenn die Entscheidung des Senates in Rechtskraft erwachsen ist; es ist in Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannt, daß auch der Außerstreitrichter Vorfragen selbständig beurteilen kann (vgl etwa SZ 55/26 und 34; Dolinar, Österreichisches Außerstreitverfahrensrecht, 85 ff; Feil, Verfahren außer Streitsachen, 64). Die bei anstehenden Vorfragen im Verfahren außer Streitsachen sonst eröffnete Alternative, mit dem Verfahren bis zur Entscheidung durch das an sich zuständige Organ (hier also den Vorsitzenden) innezuhalten, bleibt dem Senat deshalb verschlossen. Zutreffend hat das Erstgericht somit die Berechtigung des Veröffentlichungsbegehrens selbständig als Vorfrage geprüft. Aber auch die von den Antragsgegnern im Rekurs gegen die Berechtigung des Antrages auf Veröffentlichung der Entscheidung des Kartellgerichtes ins Treffen geführten Argumente sind nicht stichhältig. Sie bestreiten nach wie vor, daß der Antragstellerin ein schutzwürdiges Interesse an der Veröffentlichung der Entscheidung zuzubilligen sei, weil ihnen ein bloß einmaliger Gesetzesverstoß zur Last falle und seit diesem außerdem bereits mehr als eineinhalb Jahre verstrichen seien. Daß bei der Lösung dieser Frage § 25 UWG und § 85 UrhG sowie die hiezu ergangene Judikatur als Richtlinien gelten können, wurde schon weiter oben dargelegt. Nach der Rechtsprechung in Wettbewerbssachen (ÖBl 1981, 51 ua) soll die Entscheidungsveröffentlichung die durch den Verstoß hervorgerufene unrichtige Meinung richtigstellen und verhindern, daß diese weiter um sich greife; sie dient deshalb vor allem der Aufklärung des durch die gesetzwidrige Handlung irregeführten Publikums. Die Ermächtigung zur Entscheidungsveröffentlichung ist demnach nur dann zu erteilen, wenn dem Verletzten ein schutzwürdiges Interesse an der Aufklärung des Publikums zuzubilligen ist. Die Veröffentlichung der Entscheidung kann auch noch längere Zeit nach dem Gesetzesverstoß notwendig sein, wenn sonst zu befürchten steht, daß der Gegner weiterhin Vorteile aus seinem rechtswidrigen Verhalten ziehen (und der Verletzte demgemäß Schaden leiden) könnte. Es mag, wie die Antragsgegner ins Treffen führen, zutreffen, daß die ständig wachsende Überflutung der Öffentlichkeit mit Werbeankündigungen einzelne Inserate in Zeitungen selbst schon nach kürzerer Zeit vergessen lassen kann. Die Antragsgegner haben das Inserat mit dem beanstandeten Verkaufsangebot jedoch in der "Neuen Kronen Zeitung", der auflagenstärksten österreichischen Tageszeitung, die im gesamten Bundesgebiet Verbreitung findet, in auffälliger Aufmachung plaziert und damit größtmögliche Breitenwirkung erzielt. Diese Zeitungsanzeige konnte deshalb durchaus über den konkreten Anlaßfall hinaus beim Publikum die Überzeugung bestärken, daß es sich bei den Unternehmen der Antragsgegner um besonders günstige Einkaufsgelegenheiten handle. Angesichts des gerade den Lebensmittelhandel beherrschenden Preiskampfes, dessen Entschärfung eines der erklärten Ziele des Nahversorgungsgesetzes ist, kann den von der Antragstellerin repräsentierten Mitbewerbern ein schutzwürdiges Interesse an der durch das beanstandete Inserat irregeführten Öffentlichkeit auch noch selbst eineinhalb Jahre nach Schluß der Verhandlung erster Instanz nicht abgesprochen werden. Hat demnach das Erstgericht zu Recht ein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin an der Veröffentlichung der Entscheidung des Kartellgerichtes bejaht, so konnten die Antragsgegner mit dem Anbieten eines vollstreckbaren Vergleiches, der zwar dem Unterlassungsbegehren, nicht aber auch dem Antrag auf Entscheidungsveröffentlichung gerecht wird, die Gefahr einer Wiederholung des beanstandeten Gesetzesverstoßes nicht entkräften. Sie hätten daher andere besondere Umstände dartun müssen, welche die Wiederholung geradezu ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich hätten erscheinen lassen. War es ein einmaliger Verstoß - was bisher nicht bewiesen ist -, dann hätten sich die Antragsgegner auf ganz eindeutige Weise von dem Fehlverhalten distanzieren und von sich aus Maßnahmen zur Beseitigung des unterlaufenen Fehlers und dessen Verhinderung in der Zukunft ergreifen müssen. Bleibt das Verhalten der Antragsgegner auch nur unklar oder zwiespältig, besteht keine Gewähr für das Unterbleiben derartiger Verstöße in der Zukunft (vgl ÖBl 1984, 135; ÖBl 1980, 128 ua). Gerade ein solches zwiespältiges Verhalten ist den Antragsgegnern aber deshalb zur Last zu legen, weil sie ihr gesetzwidriges Verkaufsangebot mit besonderer Breitenwirkung ausgestattet haben, den Verkauf unter dem Einstandspreis auch im Verfahren zunächst bestritten und erst dann zugestanden, als sie den Vergleich in der Erwartung, damit die Veröffentlichung abzuwenden, angeboten haben. Von besonderen Umständen, die eine Veröffentlichung entbehrlich machten, kann bei dieser Sachlage nicht die Rede sein. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E20807

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:000OKT00002.9.0522.000

Dokumentnummer

JJT_19900522_OGH0002_000OKT00002_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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