TE OGH 1990/6/12 14Os60/90

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Veröffentlicht am 12.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juni 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pilnacek als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael G*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 25.Jänner 1990, GZ 11 d Vr 107/89-97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 28-jährige israelische Staatsangehörige Michael G***, geb D***, des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er mit dem Vorsatz, sich und Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachstehend genannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese oder nachgenannte andere Personen in einem insgesamt 500.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar:

I. in Langenzersdorf die Firma "M*** Selbstbedienungs-Großhandels GesmbH", insbesondere deren Geschäftsführer Rudolf M***, durch Täuschung über die ihm als Angestellten und Sohn des Geschäftsführers der "Michael G*** GesmbH" Shimon D*** bekannte Zahlungsunfähigkeit der bezeichneten GesmbH sowie über die Zahlungsunwilligkeit ihres Geschäftsführers Shimon D*** zur Ausfolgung nachstehend genannter Waren auf Lieferschein mit späterem Zahlungsziel verleitet, und zwar:

1. am 23.Feber 1987 zur Ausfolgung von am 20.Feber 1987 von ihm bestellten insgesamt 20.000 kg Kaffee der Sorten "Minas WG" und "Do Mocca Bohne" im Gesamtwert von 1,519.771 S;

2. am 11.März 1987 zur Ausfolgung von Kosmetik-Deodorantsprays im Wert von 639.244 S;

3. am 12.März 1987 zur Ausfolgung von insgesamt 14.160 kg Rohkaffee der unter Punkt 1. bezeichneten Sorten im Gesamtwert von 1,170.296 S;

4. am 13.März 1987 zur Ausfolgung von 7.000 kg Kaffee der Marke "Do Mocca Bohne" im Wert von 733.425 S,

wodurch die Firma "M***" um den Fakturengesamtwert abzüglich dreier, am 24. und 26.Feber sowie am 6.März 1987 geleisteten Teilzahlungen von insgesamt 300.000 S, um den Betrag von 3,762.736 S am Vermögen geschädigt wurde;

II. zwischen dem 22.Jänner und 6.Feber 1987 in Wien Angestellte der "S*** & Co BANK AG" durch die Vorgabe eines rückzahlungsfähigen und rückzahlungswilligen Darlehensnehmers zur Gewährung eines Kredites von 29.000 S, wodurch die genannte Bank um diesen Betrag am Vermögen geschädigt wurde;

III. am 3.Feber 1987 in Wien Rita S*** durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit sowie unter dem Vorwand, das Darlehen innerhalb eines Monats zurückzuzahlen, zur Ausfolgung eines Geldbetrages von 70.000 S, wodurch die Genannte um diesen Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurde;

IV. zwischen dem 25.Feber und 6.März 1987 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Shimon D*** Angestellte der "S*** & Co BANK AG" dadurch,

daß er bei der Unterfertigung des Kreditantrages des Shimon D*** als Bürge die Rückzahlungsunfähigkeit und Rückzahlungsunwilligkeit sowohl des zuvor genannten Kreditnehmers als auch seiner eigenen Person verschwieg, zur Gewährung eines Darlehens von 340.000 S an Shimon D***, wodurch die S*** & Co BANK AG um diesen Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Gründe der Z 2, 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Einen Verfahrensmangel im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes (Z 2) erblickt der Angeklagte zunächst in der trotz der Verwahrung seines Verteidigers dagegen in der Hauptverhandlung erfolgten Verlesung jener von (dem als Zeugen vernommenen) Bezirksinspektor Klaus P*** verfaßten Berichte über die Befragung des "griechischen Konsuls" (gemeint des Konsuls Georg A*** der griechischen Botschaft in Wien) hinsichtlich der Eintragungen im Reisepaß des Angeklagten betreffend dessen Aufenthalt im März 1987 in Griechenland und über die von dem genannten Polizeibeamten am 19.Jänner 1989 durchgeführte Vernehmung des Mico T*** (S 345 f, 349, 351 f/II).

Die Rüge versagt, weil als nichtige Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakte im Zug von Erhebungen durch die Sicherheitsbehörden verfaßte Protokolle und Berichte grundsätzlich überhaupt nicht (vgl ÖJZ-LSK 1976/240 = RZ 1976/118 ua), und auch gerichtliche Beweisaufnahmen nur dann in Betracht kommen, wenn sie - was gegebenenfalls jedoch nicht zutrifft - gegen Bestimmungen verstoßen, deren Verletzung die Strafprozeßordnung selbst ausdrücklich mit Nichtigkeit bedroht (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 1 ff zu § 281 Abs 1 Z 2).

Zu den Schriftstücken des § 252 Abs 2 StPO gehören auch die Aufzeichnungen über den Inhalt der Auskunft der von der Polizei vernommenen Auskunftspersonen, gleichgültig, ob diese Aufzeichnungen in berichtender Form oder in Form eines Protokolls vorgenommen wurden. Derartige Aufzeichnungen erlangen auch durch die Protokollform nicht die Bedeutung eines der im § 252 Abs 1 StPO erwähnten Protokolle, da sich diese Gesetzesstelle nur auf die vor Gericht aufgenommenen Protokolle bezieht. Die Verlesung einer von den Sicherheitsbehörden abgelegten Aussage einer Person, die - wie vorliegend Mico T*** - als Zeuge in der Hauptverhandlung vernommen wurde (S 369 ff/II) ist, da es sich um einen Bestandteil der Anzeige handelt, ungeachtet des Fehlens eines Parteienverständnisses zulässig (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 86, 87 zu § 252).

Eine den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO verwirklichenden Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten reklamiert die Beschwerde in der Abweisung nachfolgender in der Hauptverhandlung gestellter Beweisanträge:

1. Durch die Vernehmung des (weiteren Bruders des Angeklagten) Mordechai G*** - in der Beschwerdeschrift wiederholt als "Murtaz" G*** bezeichnet - sollte nachgewiesen werden, daß der Genannte zum Tatzeitpunkt in Wien gewesen sei, insbesondere auch bei der Abladung (dem Verkauf) des Kaffees "anwesend gewesen sein konnte", und daß ihm dieser Bruder außerordentlich ähnlich sehe, sodaß die Angaben von Zeugen, wonach sie den Angeklagten bei der Manipulation mit dem Kaffee beobachtet hätten, auf eine Verwechslung mit seinem Bruder Mordechai zurückzuführen sei (S 372/II).

2. Die Beischaffung und Einsichtnahme in das Fahrtenbuch des Zeugen Mico T*** sollte aufzeigen, "daß nicht der Angeklagte gemeinsam mit diesem Zeugen die Fahrt durchgeführt hat" und den Nachweis erbringen, daß der vom Zeugen T*** in der Hauptverhandlung vom 25.Jänner 1990 behauptete Endtermin 14 Uhr (Beendigung der Abladetätigkeit) nicht stimme und "sich aus der zweieinhalb Stunden später erfolgten Beendigung der Ladetätigkeit (im Zusammenhang mit dem Kaffeetransport) ergebe, daß er bei dieser Lieferung gar nicht mitgewirkt habe, weil er "nachweislich woanders, nämlich bei der Firma M***, gewesen ist" (S 372 f).

3. Die beantragte Beischaffung des "Zollaktes des zuständigen griechischen Zollamtes (betreffend die Verschiffung des für den Vater des Beschwerdeführers Shimon D*** unter dem Kennzeichen W 607.863 zugelassenen PKW der Marke Mercedes im März 1987 in Piräus durch den Angeklagten) und die Einvernahme des zuvor genannten "griechischen Konsuls" als Zeugen zielten darauf ab, daß sich "aus dem Zollakt und allenfalls weiteren beizuschaffenden Akten der griechischen Behörden sowie der Aussage des Konsuls im Zusammenhalt mit der aktenkundigen Übersetzung durch den Dolmetscher in der Hauptverhandlung vom 11.Jänner 1990 der Nachweis ableitet, daß keinesfalls der Wagen am 16.März oder später über seine Veranlassung nach Isreal verschifft wurde" (S 373/II).

4. Die zeugenschaftliche Vernehmung des Shimon D*** wurde (ersichtlich) zum Beweis dafür beantragt, daß dieser die alleinige Verfügungsgewalt über alle geschäftlichen Vorgänge der Firma G*** GesmbH hatte (S 381 f/II).

5. Durch die Vorlage der von dem Zeugen T***

Bezirksinspektor P*** gezeigten "zwei weiteren Fotos" sollte die Möglichkeit einer Verwechslung zwischen dem Angeklagten und seinem Bruder Mordechai G*** dargetan werden (S 382/II).

6. Durch die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Betriebswirtschaft schließlich sollte der Nachweis erbracht werden, daß die verfahrensgegenständlichen Kaffeemengen von der Firma G*** GesmbH keinesfalls unterpreisig an die Abnehmer, insbesondere die Firmen "G***" (in Spielfeld) und "N***" (in Wien-Wieden) verkauft worden seien (vgl Beweisanträge S 328/II). Das Schöffengericht lehnte die Beweisaufnahmen im wesentlichen mit der Begründung ab, daß sich die Einvernahme des (weiteren) Bruders Mordechai erübrige, weil der Angeklagte insbesondere vom Zeugen Rudolf M*** (Geschäftsführer der Firma "M***") als derjenige identifiziert worden sei, mit dem er beim Abschluß der Kaffeegeschäfte verhandelt habe und sich aus der Aussage des in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Revisionsleiters der Firma "M***" Harald S*** ergebe, daß der (von diesem in der Folge in Israel aufgesuchte Mordechai D*** (G***) der deutschen Sprache nicht mächtig sei und schon aus diesem Grund als Verhandlungspartner mit der Firma "M***" ausscheide. Die Beischaffung des Fahrtenbuches des Zeugen T*** hielt es im Hinblick auf dessen Angaben über die Beendigung der Entladetätigkeit um 14 Uhr sowie deshalb für entbehrlich, weil auch der Inhaber der Firma "N***" Raphael A*** bei seiner ersten Vernehmung zum Ausdruck gebracht habe, daß der ihm persönlich bekannte Sohn des Shimon D*** "Mischa" G*** bei der Lieferung anwesend gewesen sei. Die Beischaffung der Unterlagen des griechischen Zollamtes hielt das Schöffengericht im Hinblick auf die bisherigen Erhebungsergebnisse aber auch deshalb für zielführend, weil es für die dem Angeklagten zur Last liegenden Betrugstaten unerheblich sei, was mit dem (vom Anklagevorwurf nicht unmittelbar erfaßten) PKW letztendlich geschehen sei. Zur Abweisung des Antrages auf Einvernahme des "griechischen Konsuls" wies es auf die Erhebungsergebnisse der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich und insbesondere auch darauf hin, daß der in Rede stehende Konsul zu einer Aussage vor Gericht nicht bereit sei und Zwangsmaßnahmen insoweit nicht vorgenommen werden könnten. Die Vernehmung des Shimon D*** als Zeugen lehnte es mit der Begründung ab, daß sich der Genannte in Israel aufhalte, nach den Ausführungen des Verteidigers nicht reisefähig sei und deshalb als präsentes Beweismittel nicht zur Verfügung stehe. Die Beischaffung der vom Zeugen P*** dem Mico T*** vorgelegten Fotos erachtete es für nicht zielführend und brachte mit Beziehung auf den beantragten Sachverständigen schließlich zum Ausdruck, daß sich die den einzelnen Lieferungen zugrunde liegenden Preise der jeweiligen Kaffeesorten aus den im Akt erliegenden Rechnungen ergäben und der Differenzbetrag ohne Schwierigkeiten mit einem Taschenrechner ermittelt werden könne (S 379 f, 382 f, 330/II).

Durch das bekämpfte (abweisliche) Zwischenerkenntnis wurden Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt. Den zutreffenden Ausführungen des Schöffengerichtes ist noch folgendes hinzuzufügen:

Zu dem unter Punkt 1 angeführten Beweisthema wurde Mordechai D*** (G***) bereits am 19.Juni 1987 durch Beamte von Interpol Jerusalem vernommen; er gab dabei an, über die Angelegenheiten seines Vaters und seines Bruders Michael G*** (des Beschwerdeführers) nichts zu wissen bzw hierüber nur wenig vom Rechtsanwalt erfahren zu haben, der diese Sache bearbeite (S 163/I). Bei dieser Sachlage hätte der Angeklagte im Beweisantrag darlegen müssen, auf Grund welcher konkreten Umstände ein von den bezeichneten Angaben abweichendes Beweisergebnis durch die Vernehmung des in Israel wohnhaften Zeugen erwartet werden könnte. Dies umso mehr, als sich auch aus der Aussage des als Zeugen vernommenen Revisionsleiters der Firma M*** Harald S*** ergibt, daß der in Rede stehende Bruder des Beschwerdeführers auch schon bei der im April 1987 in Israel erfolgten Befragung durch S*** glaubhaft versicherte, von "diesem Geschäft keine Ahnung" zu haben (S 283 ff, 377, 378/II). Hinzu kommt, daß dieser Antrag, wie sich schon aus dem Wortlaut des Beweisthemas, daß der Bruder Mordechai "beim Verkauf des Kaffees anwesend gewesen sein konnte", ergibt, offensichtlich auf die Durchführung eines reinen Erkundungsbeweises abzielt. Soweit aber der Beschwerdeführer in der Rechtsmittelschrift über das in Rede stehende Beweisthema hinausgeht, genügt der Hinweis auf den Beschluß des Erstgerichtes vom 17.April 1990 (ON 109), mit dem sein Protokollberichtigungsantrag abgewiesen wurde. Bei der Prüfung der Berechtigung eines Beweisantrages ist aber stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung desselben und von den bei seiner Stellung vorgebrachten Gründen auszugehen. Erst im Rechtsmittelverfahren vorgebrachte Gründe tatsächlicher Art können keine Berücksichtigung finden (SSt 41/71 ua). Insofern ist daher der Beschwerdeführer zur Verfahrensrüge nicht legitimiert. Wenn der Angeklagte (zu Punkt 2) in der Beschwerdeschrift durch die Vorlage des Fahrtenbuches des Zeugen Mico T*** den Nachweis anstrebt, daß er sich "im Zeitpunkt der Eintragung nicht in Spielfeld, sondern in Wien befunden" habe, so übersieht er, daß der Zeuge T*** namens der Firma K*** den Kaffeetransport nach Spielfeld zur Firma "G***" - der vom Zeugen Stojan B*** besorgt wurde (US 15 f, 34 f, S 54 ff/II) - gar nicht durchgeführt, sondern am 12.März 1987 Kaffee von der Firma M*** zur Firma "N***" des Raffael A*** in 1040 Wien, Wiedner Gürtel 16, transportiert hat. Zu Punkt 4 ging das Erstgericht zutreffend davon aus, daß sich aus den im Akt erliegenden Urkunden, die in der Hauptverhandlung vom 11. Jänner 1990 vorgewiesen und durch den Dolmetscher für die griechische Sprache Caramanlis übersetzt wurden (S 263 ff/II), mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, daß die Verschiffung des in Rede stehenden PKW der Marke Mercedes im Hafen von Piräus durch den Angeklagten erfolgte, der sich zu dieser Zeit zugegebenermaßen mit der ihm von seinem Vater für das genannte Fahrzeug ausgestellten Vollmacht in Griechenland aufgehalten hat (S 93, 99, 107, 345 f, 366, 369/II). Im übrigen werden dem Angeklagten Betrugshandlungen im Zusammenhang mit diesem Kraftfahrzeug als solchem gar nicht zur Last gelegt. Die Umstände im Zusammenhang mit der Verbringung des PKW (der mit dem Kreditbetrag laut Punkt IV des Urteilssatzes angeschafft worden war), und der annähernd gleichzeitigen Abreise des Vaters des Angeklagten von Wien nach Israel wurden vielmehr vom Schöffensenat nur als zusätzliche illustrative Argumente zur Stützung des betrügerischen Zusammenspiels des Angeklagten mit Shimon D*** herangezogen. Zu diesem Thema konnte daher durch die Vernehmung des "griechischen Konsuls" als Zeugen keine zusätzliche Klärung erwartet werden, wozu noch kommt, daß dieser Ladungen des Gerichtes keine Folge geleistet hat (S 263/II) und im Hinblick auf seinen Status als Beweismittel nicht zur Verfügung stand.

Zu Punkt 4 hat der Vater des Angeklagten Shimon D*** bei seiner Vernehmung durch Beamte von Interpol Jerusalem am 16. Juni 1987 (S 155 ff/II) ohnedies zum Ausdruck gebracht, daß der Angeklagte mit der Verwaltung der Firma Michael G*** GesmbH, die lediglich seinen Namen getragen habe, nichts zu tun hatte und als Angestellter für ein monatliches Gehalt gearbeitet habe. Dieser Darstellung des Zeugen D*** hat jedoch das Schöffengericht im Hinblick auf dessen mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache und der Aussage insbesondere des Zeugen Rudolf M***, der als Geschäftsführer der Firma M*** mit dem Angeklagten hinsichtlich der jeweiligen Kaffeegeschäfte verhandelt hatte, den Glauben versagt. Die Vernehmung des Shimon D*** als Zeugen konnte ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Beschwerdeführers auch deshalb unterbleiben, weil der Genannte lediglich Angaben über das Innenverhältnis (zu seinem Sohn), also über die interne Unternehmensorganisation, machen könnte. Das Agieren des Angeklagten nach außen hin - betreffend die Anbahnung und den (eigenständigen) Abschluß von Geschäften, die Vereinbarung von Zahlungsmodalitäten, die aktive Mitwirkung bei Warenlieferungen, die Vornahme des Inkassos u.dgl. - wie es von mehreren Zeugen, insbesondere Rudolf M*** und Mico T***, bekundet worden ist, könnte hingegen - angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB - selbst dann in keinem anderen Licht erscheinen, wenn Shimon D*** im Innenverhältnis tatsächlich der "Chef" der Firma Michael G*** GesmbH gewesen sein sollte.

Zu Punkt 5 lehnte das Schöffengericht die Beischaffung der dem Mico T*** von der Polizei vorgelegten Fotos zu Recht ab; denn die Fähigkeit verschiedener Personen, jemand zu identifizieren, ist eine unterschiedliche. Demzufolge wäre die tatsächlich erfolgte Identifizierung des Angeklagten durch den Zeugen Mico T*** (S 379 ff/II) auf die beantragte Weise jedenfalls nicht zu erschüttern.

Was schließlich Punkt 6 anlangt, so kann aus den im Akt erliegenden Rechnungen der Kilogrammpreis je Kaffeesorte ohne Schwierigkeiten rein rechnerisch ermittelt werden. Daß es sich aber bei den Kaffeelieferungen an die Firmen "G***" und "N***" um preislich "günstige" Angebote gehandelt hat, ergibt sich schon aus den Aussagen der als Zeugen vernommenen Inhaber der genannten - als Abnehmer des Kaffees aufgetretenen - Unternehmungen Raphael A*** (S 60/II) und Misha Z*** (S 64/II).

Durch die Ablehnung der begehrten Beweisaufnahmen wurden daher keine Gesetze oder Verfahrensgrundsätze hintangesetzt oder unrichtig angewendet, deren Beachtung durch das Wesen eines auch die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten gewesen wäre. Nicht zielführend ist aber auch die Mängelrüge (Z 5). Wenn der Beschwerdeführer einen Widerspruch der Urteilsbegründung daraus abzuleiten sucht, daß das Erstgericht zunächst festgestellt habe, daß Bankgeschäfte von den Agenden seiner Tätigkeit in der Firma Michael G*** GesmbH ausgenommen gewesen wären, während es an anderer Stelle zum Ausdruck brachte, daß er über die Geschäfte voll informiert gewesen sei, so übersieht er, daß sich die Ausnahme von Bankgeschäften nach dem klaren Wortlaut der Urteilsbegründung (vgl US 5 f) gar nicht auf die Geschäftstätigkeit des Angeklagten, sondern auf den im Handelsregister eingetragenen Unternehmensgegenstand der Firma Michael G*** GesmbH, nämlich den "Handel mit Waren aller Art sowie die Beteiligung und die Übernahme von Geschäftsführungen bei Unternehmungen, ausgenommen Bankgeschäfte", bezieht (S 292/I).

Dem Beschwerdevorbringen zuwider konnte das Schöffengericht jedoch auch hinsichtlich der Schuldspruchfakten I, II und IV auf Grund der in der Zeit vom 22.Jänner bis 13.März 1987 mehrfach gesetzten Tathandlungen im Zusammenhalt insbesondere mit den Aussagen der Zeugen Rudolf M***, Mico T*** und Klaus P*** (S 296 f, 361, 366/II) auf das Wissen des Angeklagten um die triste finanzielle Situation der auch aus den Angaben des Shimon D*** (S 155 ff/II) ersichtlichen ungünstigen

wirtschaftlichen Lage der Michael G*** GesmbH schließen. Im übrigen läßt der Beschwerdeführer unberücksichtigt, daß ihm vom Schöffengericht nicht nur das Vortäuschen seiner Zahlungsfähigkeit, sondern auch seiner Zahlungswilligkeit bei den einzelnen Betrugsfakten zur Last gelegt wird. Schon das vorsätzliche Erwecken des falschen Eindrucks der Zahlungwilligkeit beim vertraglichen Eingehen von Zahlungsverpflichtungen allein stellt aber eine im Sinn des § 146 StGB tatbildliche Täuschung seiner Geschäftspartner dar. Diese Täuschungshandlungen betrafen nach den Urteilsfeststellungen eine essentielle Vertragsvoraussetzung; sie waren für die Erbringung der Leistungen sowie dementsprechend für den daraus erfolgten Vermögensschaden und die korrespondierende Bereicherung kausal. Sie haben darum in Verbindung mit dem weiters als erwiesen angenommenen Vorliegen auch der subjektiven Erfordernisse dieser Strafbestimmung - nämlich seines Bewußtseins, die Gläubiger durch die Täuschung irrezuführen, ihnen durch ihr darauf beruhendes Verhalten einen Vermögensschaden zuzufügen und damit gleichzeitig eine unrechtmäßige Bereicherung zu bewirken, sowie eines Sich-Abfindens mit alledem - seine strafrechtliche Haftung wegen Betruges ausgelöst. Ob der Täter den Getäuschten sowohl über die Fähigkeit als auch über den Willen, vertraglichen Pflichten nachzukommen, oder nur über eines von beiden irreführt, ist rechtlich ohne Bedeutung, belastet ihn doch sogar eine Irreführung in beide Richtungen hin nicht im Sinn einer verstärkten Tatbestandsmäßigkeit, sodaß aus dem etwaigen Wegfall bloß einer dieser Täuschungsvarianten (bei Aufrechtbleiben der anderen) für ihn nichts zu gewinnen wäre.

All das übergeht der Angeklagte bei den Beschwerdeausführungen zur Z 5 des § 281 Abs 1 StPO, mit denen er ausschließlich auf Feststellungen über seine vom Erstgericht außerdem festgestellte Zahlungsunfähigkeit und seine Kenntnis davon sowie über sein darauf bezogenes Täuschungsverhalten, also durchwegs auf Tatumstände abstellt, die nach dem Inhalt des Urteils für die Annahme des jeweiligen Fehlens seiner Zahlungswilligkeit und deren Vortäuschung nicht von Belang sind. Insoweit betrifft daher die Mängelrüge keine entscheidenden Tatsachen.

Die demzufolge entscheidungswesentliche Feststellung des Fehlens einer Zahlungswilligkeit des Angeklagten bei den in Rede stehenden Geschäftsabschlüssen aber hat das Erstgericht schlüssig, empirisch unbedenklich und ohne Widerspruch zu (etwa unverwertet gebliebenen) Verfahrensergebnissen, insbesondere aus einer Würdigung der Verfahrensergebnisse in ihrer Gesamtheit abgeleitet (US 8, 10, 29, 30, 45).

Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang hinsichtlich des Schuldspruchfaktums IV noch ins Treffen führt, er habe keine Kenntnis davon gehabt, daß sein Vater als Darlehensnehmer seiner Rückzahlungsverpflichtung (durch Teilzahlungen) gegenüber der "S*** BANK" nicht nachgekommen sei, so übersieht er, daß das Erstgericht nicht zuletzt gestützt auf die Verbringung des mit dem Darlehensbetrag angeschafften PKW der Marke Mercedes ins Ausland unter Verwendung einer von Shimon D*** als Kraftfahrzeughalter (für diesen Zweck) gezielt ausgestellten Vollmacht (S 234/I, 298 f/II, 93, 99, 107, 345, 369/II) von einer unmittelbaren (Mit-)Täterschaft des Angeklagten - der den Darlehensvertrag als Bürge und Zahler (§ 1357 ABGB) unterfertigt hatte (S 120 in ON 14) - und seines Vaters ausgehen konnte. Die behaupteten Begründungsmängel liegen demnach in Wahrheit gleichfalls nicht vor.

Schließlich werden auch mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) keine aktenkundigen Umstände dargetan, die geeignet wären, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Auch mit den von der Beschwerde gegen die Aussage des als Zeugen vernommenen Geschäftsführers der Firma M*** Rudolf M*** erhobenen Einwänden werden, wie die Prüfung der aktenkundigen Verfahrensergebnisse in ihrer Gesamtheit ergibt, keine derart schwerwiegenden Bedenken dargetan, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung, also intersubjektiv, erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der tatrichterlichen Beweiswürdigung in den entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (EvBl 1988/116 ua).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach - übereinstimmend mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 d Abs 1 StPO zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz berufen ist (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E20843

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00060.9.0612.000

Dokumentnummer

JJT_19900612_OGH0002_0140OS00060_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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