TE OGH 1990/6/13 3Ob516/90 (3Ob517/90)

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Veröffentlicht am 13.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***K*** S***

St. Nicolaus, 6060 Hall in Tirol, vertreten durch Dr. Josef Posch, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Ernst S***, Wirtschaftstreuhänder, Marchtrenk, Linzer Straße 2, vertreten durch Dr. Hermannfried Eiselsberg, Rechtsanwalt in Wels, wegen Unwirksamkeit einer Urkundenhinterlegung (Streitwert S 350.000), infolge Revision und Rekurses beider Parteien gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 12. Oktober 1989, GZ 1 R 19/89-18, in der Fassung laut Beschluß vom 7. November 1989, ON 20, womit das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 21. Oktober 1988, GZ 7 Cg 92/88-14, zum Teil bestätigt, zum Teil aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben, das angefochtene Teilurteil aufgehoben und dem Erstgericht eine nach Verfahrensergänzung zu treffende neue Entscheidung aufgetragen. Die Rekurse gegen den das Eventualbegehren betreffenden Aufhebungsbeschluß werden auf diese Entscheidung verwiesen. Die Revisions- und Rekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 161 Grundbuch Heilig Kreuz im Gerichtsbezirk Hall in Tirol mit dem Grundstück 3.857/1. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 2. Oktober 1985, Uh 6/85, wurde die gerichtliche Hinterlegung des zwischen der L*** Grundstücksverwertungs Gesellschaft mbH als Geschenkgeberin einerseits und dem Beklagten als Geschenknehmer andererseits abgeschlossenen Schenkungsvertrages vom 23. Dezember 1982 zum Zweck des Erwerbes des Eigentumsrechtes eines auf dem Grundstück der Klägerin errichteten Bauwerkes für den Beklagten bewilligt. Auf den an dieses Grundstück nach Osten hin angrenzenden Grundstücken 3857/2, 778/1 und 777 hatte deren damaliger Eigentümer Max S*** anfangs der 70er-Jahre eine Verkaufshalle errichtet, wobei er vom Grundstück der Klägerin eine angrenzende Teilfläche von 524 m2 mitverbaute. Max S*** hat darüber mit der Klägerin am 7. Dezember 1973 einen Vertrag geschlossen, in dem eingangs festgestellt wird, daß die klagende Partei zwar ihr Grundstück 3857/1 der KG Heilig Kreuz der Firma M*** E*** Gesellschaft mbH in Bestand gegeben hat, daß aber Max S*** mit dieser Bestandnehmerin eine Vereinbarung getroffen hat, wonach diese mit der Überbauung der erwähnten Teilfläche und mit der Umgestaltung des gesamten Tankstellengrundstückes einverstanden ist. Die Klägerin erteilte die Zustimmung, daß die von Max S*** auf dem Grundstück der Klägerin bereits errichtete Betriebs- und Lagerhalle während der Vertragszeit, sohin bis April 1992 bestehen bleibt und Max S*** dafür der Klägerin einen Jahresbetrag von S 15.000 bezahlt. Max S*** hat in der Folge die gesamte Halle, also auch den auf dem Grundstück der Klägerin stehenden Teil vermietet. Im Bauverfahren trat Max S*** als Bauwerber und Bauherr auf und erhielt die von ihm beantragte Baubewilligung auch für den auf dem Grundstück der Klägerin errichteten Hallenteil.

Die Klägerin begehrt, den zwischen der L*** Grundstücksverwertungs Gesellschaft mbH als Geschenkgeberin und dem Beklagten als Geschenknehmer abgeschlossenen Schenkungsvertrag, über das auf dem Grundstück 3857/1 in der EZ 161 des Grundbuches Heilig Kreuz errichtete Bauwerk für rechtsunwirksam zu erklären und die Löschung dieser bücherlichen Eintragung. Sie stellte in der Folge das Eventualbegehren auf Feststellung, daß der Beklagte nicht Eigentümer des auf ihrem Grundstück errichteten Bauwerkes (Teil der Verkaufshalle) sei. Die Klägerin brachte vor, daß die Geschenkgeberin des Beklagten, die L*** Grundstücksverwertungs Gesellschaft mbH, nie Eigentümerin des "Superädifikates" geworden sei und auch sonst keine Verfügungsberechtigung darüber besessen habe. Die Klägerin habe nach Abschluß des Vertrages mit Max S*** am 7. Dezember 1974 in Erfahrung bringen müssen, daß ihre Bestandnehmerin, die M*** E*** Gesellschaft mbH, mit der Überbauung eines von ihr mitgemieteten Teiles des klägerischen Grundstückes durch Max S*** nicht einverstanden gewesen sei. Die Klägerin habe Max S*** im Schreiben vom 6. Mai 1974 mitgeteilt, daß der Vertrag vom 7. Dezember 1973 zufolge Irreführung nicht zustandegekomemn sei. Max S*** habe diesem Schreiben nicht widersprochen. Dem Bestandnehmer Max S***, der Alois S*** & Co Ges.m.b.H. & Co KG, sei es aber in der Folge gelungen, von der M*** E*** Gesellschaft mbH die Bestandrechte am Grundstück der klagenden Partei übertragen zu erhalten, und es sei zu einem Bestandvertrag zwischen der Klägerin und der S*** KG über diese Grundfläche gekommen. Diese Bestandrechte seien von der S*** KG auf die T*** und F*** Gesellschaft mbH übergegangen. Die sich als Rechtsnachfolgerin Max S*** ausgebende L*** Grundstücksverwertungs Gesellschaft mbH habe daher keine Rechte am strittigen Grundstücksteil erworben. Der Beklagte sei durch die Schenkung nicht ihr Rechtsnachfolger geworden. Die Klage werde auf § 61 GBG gestützt.

Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung. Sie wendete die mangelnde Schlüssigkeit der Klage ein. Dieser könne nicht entnommen werden, wie das Eigentumsrecht Max S*** (am gegenständlichen Hallenteil) oder das seiner Rechtsnachfolger verloren gegangen sein solle. Eine abstrakte Feststellungsklage auf Rechtsunwirksamkeit von Verträgen zwischen Vertragspartnern, die nicht am Verfahren teilnehmen, sei unzulässig, ebenso die bloße Bestreitung eines Eigentumsrechtes ohne Hinweis auf ein angeblich besseres Recht. Eine Vertragsanfechtung gegenüber Max S*** sei verfristet. Die Halle sei ab der zweiten Jahreshälfte des Jahres 1973 zunächst von Max S*** und dann von der L*** Grundstücksverwertungs Gesellschaft mbH nach Abwicklung eines ordnungsgemäß geführten Bauverfahrens errichtet worden. Es seien alle Beteiligten stets davon ausgegangen, daß eine Überbauung im Sinne des § 435 ABGB vorliege.

Die klagende Partei replizierte auf das Beklagtenvorbringen, daß sie selbst gemäß § 418 ABGB Eigentümer der auf ihrem Grundstück aufgeführten Halle geworden sei. Im übrigen stütze sie ihr Begehren unter der Behauptung, selbst Eigentümerin des Gebäudes geworden zu sein, auf jeden erdenklichen Rechtsgrund. Max S*** habe das Gebäude nicht in die L*** Grundstücksverwertungs Gesellschaft mbH eingebracht, so daß diese nicht dessen Eigentümerin geworden sei. Die Schenkung an den Beklagten sei auch vom Masseverwalter der zwischenzeitig im Konkurs befindlichen L*** Grundverwertungs Gesellschaft mbH als unwirksam angefochten worden.

Das Erstgericht wies unter Abstandnahme von den angebotenen Beweisen das Haupt- und Eventualbegehren allein auf Grund des Klagevorbringens ab. Es war der Rechtsansicht, daß der klagenden Partei als dem Grundeigentümer zwar in sinngemäßer Anwendung des § 61 GBG eine Art Löschungsklage zustehe, daß aber aus der Behauptung der klagenden Partei, der Beklagte habe (das Superädifikat) nicht von seinem Voreigentümer erworben, kein Eingriff in ihre dinglichen Rechte abzuleiten sei. Auch für den Fall, daß der Vertrag vom 7. Dezember 1973, mit dem die klagende Partei die Bauführung gestattet habe, unwirksam zustande gekommen wäre, sei nicht schon deswegen der klagenden Grundeigentümerin das Eigentum am Bauwerk zugewachsen. Selbst die rückwirkende Aufhebung des die Errichtung eines Superädifikates gestattenden Vertrages stelle weder einen Titel noch einen Modus für eine Eigentumsübertragung dar. Auch aus dem hilfsweise herangezogenen Rechtsgrund des § 418 erster Satz ABGB sei für die klagende Partei nichts zu gewinnen, weil diese Bestimmung nur auf Bauwerke mit selbständiger Bedeutung und daher nicht auf Superädifikate anzuwenden sei. Für das hilfsweise gestellte Feststellungsbegehren mangle es der klagenden Partei am erforderlichen Feststellungsinteresse. Mit der begehrten Feststellung, der Beklagte sei nicht Gebäudeeigentümer, werde weder etwas über die Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen noch darüber ausgesagt, wem das Gebäude wirklich gehöre.

Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung die Abweisung des Hauptbegehrens, hob jedoch die Abweisung des Eventualbegehrens unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es bewertete sowohl das Haupt- wie als auch das Eventualbegehren mit mehr als S 300.000. Da für die Beurteilung, ob ein Superädifikat vorliegt, die Absicht des Erbauers maßgebend sei, das auf fremdem Grund errichtete Gebäude nicht für immer dort zu belassen, sei der Erbauer auch dann als Gebäudeeigentümer anzusehen, wenn der Grundbenützungsvertrag von Anfang an unwirksam gewesen sei. Eine nach Abschluß dieses Vertrages hervorkommende Ungültigkeit der Vereinbarung führe allenfalls zur Verpflichtung des Bauführers, den Überbau zu entfernen; ein Eigentumserwerb des Grundeigentümers am Gebäude sei aber nur bei entsprechender Vereinbarung möglich. Das Gesetz sehe kein automatisches Zuwachsen des Gebäudeeigentums zu jenem am Grunde vor. Sollte die Halle rechtlich als Superädifikat zu qualifizieren sein, so sei die klagende Partei weder in ihren bücherlichen noch in ihren dinglichen Rechten durch die Schenkung an den Beklagten verletzt. Sollte aber die Bauführung ohne Willen des Grundeigentümers erfolgt sein, so wäre das Gebäude Zubehör des Grundstückes der Klägerin geworden. Eine Aufnahme des Superädifikates in die Urkundensammlung hätte dann zu keinem Rechtserwerb des Gebäudeerrichters geführt, weshalb aus diesem Grunde kein dem § 61 GBG entsprechendes Begehren erhoben werden könne; wohl aber stehe dem Grundeigentümer in einem solchen Fall die Eigentumsfreiheitsklage in Form eines Feststellungsbegehrens zu. Ob dieser Anspruch berechtigt sei, könne infolge fehlender Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden. Gegen den abweisenden Teil der Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei, gegen den Aufhebungsbeschluß ihr Rekurs mit dem Abänderungsantrag auf volle Klagsstattgebung; die beklagte Partei bekämpft den Aufhebungsbeschluß mit Rekurs und beantragt eine Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung. Beide Teile beantragen wechselseitig, dem Rechtsmittel der Gegenseite keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist berechtigt; den Rekursen der Streitteile gegen den Aufhebungsbeschluß, der allein das Eventualbegehren betrifft, kommt daher derzeit keine Bedeutung mehr zu.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 lit a UHG können in der Urkundensammlung die in den §§ 434 bis 437, 451 und 481 ABGB bezeichneten Urkunden über den Erwerb eines dinglichen Rechtes hinterlegt werden. Nach dem offenen Grundbuch scheint im A 2-Blatt der Liegenschaft der klagenden Partei keine Ersichtlichmachung eines Superädifikates auf, und es war dort ein solches auch nicht früher eingetragen. Auszugehen ist weiters von den unstrittigen Tatsachen, daß die Verkaufshalle, soweit sie teilweise auf der Liegenschaft der klagenden Partei steht, mit der (wenn auch angeblich erschlichenen) Zustimmung der klagenden Partei errichtet wurde und für die Vertragszeit, das ist bis April 1992, bestehen bleiben sollte, so wie daß vor der strittigen Urkundenhinterlegung (betreffend den Eigentumserwerb der beklagten Partei) keine andere, das strittige Bauwerk betreffende Hinterlegung einer Urkunde erfolgte. Daraus folgt zunächst, zumal ein gutgläubiger Eigentumserwerb nach § 367 ABGB zwar auch an Superädifikaten möglich ist (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 367; SZ 24/104), nicht aber bei einem unentgeltlichen Erwerb wie hier seitens des Beklagten, daß sein behauptetes Eigentum nur vorliegen kann, wenn er außer der Urkundenhinterlegung (§§ 434 f ABGB) das Eigentum seiner Vormänner beweisen kann.

Nach der zutreffenden Ansicht der Vorinstanzen steht dem Grundeigentümer gegen eine Urkundenhinterlegung, die sein Eigentum zu Unrecht mit einem Bauwerk im Sinn des § 435 ABGB "belastet", eine Löschungsklage analog § 61 GBG zu. Durch die Hinterlegung einer Urkunde über den abgeleiteten Erwerb des Eigentums an einem Superädifikat ist der Grundeigentümer in seinem bücherlichen Recht verletzt, wenn in Wahrheit ein Superädifikat nicht vorliegt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegt nämlich dann nicht bloß eine unwirksame und dem Grundeigentümer unschädliche Hinterlegung der Urkunde vor, sondern es droht der gutgläubige Eigentumserwerb eines Dritten, der das angebliche Superädifikat in weiterer Folge erwirbt. Eine Löschungsklage im Sinn des § 61 GBG ist im besonderen dann zulässig, wenn ein Vertrag wegen Willensmängeln anfechtbar ist (zuletzt 2 Ob 602/82). Die Löschungsklage ist auch im Sinn des § 62 GBG nicht verfristet, weil sie sich noch gegen den Beklagten als denjenigen richtet, der unmittelbar durch die bestrittene Urkundenhinterlegung Rechte erworben hat, und die Klage sogar innerhalb einer kurzen Verjährungsfrist nach der bestrittenen Urkundenhinterlegung eingebracht wurde.

Nach dem Vorbringen der klagenden Partei hat Max S*** ihre Zustimmung zur Bauführung auf ihrem Grund durch die unrichtige Behauptung einer Zustimmung des Mieters der Liegenschaft erschlichen. Daraus leitet die klagende Partei einerseits ab, daß weder Max S*** noch einer seiner Rechtsnachfolger oder gar der Beklagte das Eigentum an dem möglichen Superädifikat erworben habe, und andererseits (in einem gewissen Gegensatz dazu), daß es sich gar nicht um ein Superädifikat handle, sondern sie selbst Eigentümer des Bauwerks nach § 418 ABGB oder einer sonstigen Gesetzesbestimmung geworden sei.

Dieses Vorbringen ist entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht unschlüssig. Die Prozeßbehauptung, Max S*** habe die Zustimmung erschlichen, ist als Behauptung der listigen Irreführung anzusehen, die nicht der dreijährigen, sondern der dreißigjährigen Verjährung unterläge. Selbst die Irrtumsanfechtung wäre nicht verspätet, wenn sich Max S*** mit ihr entsprechend den Klagsbehauptungen schon seinerzeit abgefunden hätte und daraus ein schlüssiges Anerkenntnis der Unwirksamkeit der Zustimmung abzuleiten wäre. Die Schlüssigkeit der Klage wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, daß die klagende Partei sich letztlich nicht festgelegt hat, ob ein Superädifikat oder ein anderes Bauwerk auf ihrem Grund vorliegt. Sie hat einen Sachverhalt vorgetragen, der der Prüfung in beiden Richtungen zugänglich ist und aus beiden Gründen zum Erfolg führen kann:

Ein Superädifikat setzt nach der zutreffenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes das Fehlen der Absicht dauernder Belassung des Bauwerkes auf dem Grundstück voraus. Dieses Fehlen tritt bei Überbauten im engeren Sinn schon aus der Art des Bauwerkes (leicht gebaut und mit dem Boden nur relativ locker verbunden) in Erscheinung ("Duckhütten" im Wienerwald, Schrebergartenhütten, Baracken, Scheunen, Buden, Magazine usw). Seit langem wird aber auch aus wirtschaftlichen Gründen Bauwerken, die auf fremdem Grund gleich einem auf Dauer errichteten Gebäude in fester und solider Bauweise ausgeführt werden, die Superädifikatseigenschaft zuerkannt (Bydlinski, Das Recht der Superädifikate 14, 17; Klang in Klang2 II 370; zuletzt MietSlg. 38.030/29 mwN). In diesen Fällen muß sich die erforderliche Absicht der nicht ständigen Belassung des Gebäudes aber nach der herrschenden Lehre und Rechtsprechung in einer anderen Weise objektivieren lassen, nämlich durch ein von vornherein zeitlich begrenztes vom Grundeigentümer eingeräumtes Grundbenützungsrecht (Bydlinski aaO 21, 27 f, 40; SZ 21/57; JBl. 1985, 741). Nach der generellen Norm des § 297 ABGB werden Häuser und andere Gebäude, also alle massiven Bauten schlechthin, zu Bestandteilen des Grundstückes erklärt. Es trifft daher die Beweislast für die nach § 435 ABGB maßgebliche Absicht des Erbauers, das Gebäude nicht dauernd auf dem fremden Grundstück zu belassen, denjenigen, der sich auf die Superädifikatseigenschaft eines Gebäudes beruft (Bydlinski aaO 18 und 52).

Nach dem bisherigen Vorbringen ist hier eher von einem nicht ohne weiteres entfernbaren, festen Überbau auszugehen (laut der Vorentscheidung 3 Ob 61/86 handelt es sich um eine ca. 117 m lange Halle mit einem Neubauwert von über 10 Mio S). Die klagende Partei hat zwar mehrfach von einem Superädifikat gesprochen, aber keineswegs eine leichte Bauweise und Entfernbarkeit im oben genannten Sinn zugestanden.

Soweit es demnach auf die Einräumung eines zeitlich begrenzten Grundbenützungsrechtes ankommt, behauptet die klagende Partei, daß ihre zunächst erteilte Zustimmung durch arglistige Irreführung erschlichen worden sei. In diesem Falle wäre sie gemäß § 870 ABGB "den Vertrag zu halten nicht verbunden". Bydlinski folgert zwar daraus (mehr am Rande), daß es für die Qualifikation eines Bauwerkes als Superädifikat nur auf den Zeitpunkt der Bauführung ankommt, daß selbst eine später hervorgekommene Ungültigkeit des Grundbenützungsvertrages daran nichts ändere (aaO 40). Dieser Ansicht vermag sich aber der erkennende Senat nicht anzuschließen, weil etwa bei fehlender Geschäftsfähigkeit des Grundeigentümers in Wahrheit keine wirksame Zustimmung vorliegt und damit auch die Absicht, das Bauwerk nicht ständig auf fremdem Grund zu belassen, bei einem in solider Bauweise errichteten Gebäude von vornherein nicht wirksam wäre. In diesem Fall wäre die maßgebliche Absicht des Erbauers nicht in der erforderlichen Weise rechtlich bindend hervorgetreten (was Bydlinski S. 23 unten selbst fordert), und ein Benützungsrecht nicht wirklich eingeräumt worden.

Der Fall der arglistigen Erschleichung der Zustimmung ist gleich zu behandeln. Zwar wird in der Rechtsprechung regelmäßig für den Arbeitsvertrag der Standpunkt vertreten, daß Dauerschuldverhältnisse nicht mit Wirkung ex tunc aufgehoben werden könnten (Nachweise bei Rummel in Rummel, ABGB, Rz 27 zu § 859); diese Meinung geht auf Gschnitzer in Klang2 IV/1, 137 und dessen Argumentation zurück, daß es zB bei Gesellschaftsverträgen, die zur Gründung einer Unternehmensgemeinschaft geführt haben, praktisch meist unmöglich sei, den früheren Zustand im Weg der Kondizierung der beiderseits bewirkten Leistungen wieder herzustellen, und daß dies die Verkehrssicherheit im Verhältnis zu Dritten schwer beeinträchtigen würde. Schon Gschnitzer hat aber darauf hingewiesen, daß diese Argumente bei Bestand- und Dienstverhältnissen nicht oder doch nicht im gleichen Maß zutreffen (vgl. auch MietSlg. 35.089), und daß sich für das Dienstverhältnis nur aus Einzelvorschriften im Wege der Analogie der allgemeine Rechtssatz ableiten lasse, daß Irrtum und selbst Zwang nach Beginn des Dienstverhältnisses nur noch als Auflösungsgrund wirken. Die neuere Lehre steht der genannten Rechtsprechung bei List und Zwang zunehmend kritisch gegenüber und hält in diesen Fällen eine Anfechtbarkeit ex tunc für möglich und angemessen (Rummel aaO; Koziol-Welser, Grundriß8 I 124 je mwN). Nach Ansicht des erkennenden Senates kann die notwendige Zustimmung des Grundeigentümers zur Errichtung eines Superädifikates auf seinem Grund auch schon mit Wirkung ex tunc nicht mehr bejaht werden, wenn sie nur durch Arglist erschlichen worden ist; auch hier ist es nicht etwa wegen schwieriger Rückabwicklung notwendig, dem Betrüger die herausgelockten Vorteile (das Sondereigentum am Bauwerk) zu belassen (vgl. Bydlinski, Privatautonomie 147 und dens. Arbeitsrechtskodifikaton 106 f).

Der Beklagte konnte daher (mangels eines originären Eigentumserwerbes im Sinne des § 367 ABGB) dann kein Eigentum an einem fest gebauten Superädifikat erwerben, wenn die Zustimmung der klagenden Partei von Max S*** arglistig erschlichen wurde. In diesem Falle wäre entgegen der Meinung der zweiten Instanz das Eigentum am Bauwerk nach den §§ 297 und 418 ABGB der klagenden Partei zugefallen (vgl. Bydlinski aaO 50 ff; Klang aaO 288).

Bei dem vorliegenden Gebäude auf der Liegenschaft der Klägerin handelt es sich allerdings nicht um ein selbständiges Bauwerk, sondern um einen Teil einer überwiegend auf dem Nachbargrundstück stehenden, nicht in unterteilter Bauweise ausgeführten Verkaufshalle, der nach dem bisherigen Vorbringen nicht ohne weiteres abtrennbar sein dürfte.

Hiemit liegt ein sogenannter Grenzüberbau vor (Spielbüchler aaO Rz 9 zu § 418). Das rechtliche Schicksal solcher Grenzüberbauten ist strittig (vgl. Klang in Klang2 II 292 und Jabornegg, FS Eichler 287 ff). Handelt es sich nicht um ein Superädifikat im Verhältnis zu beiden Liegenschaften, so ist auf die Teilbarkeit abzustellen. Das Bauwerk kann im Falle derselben teils dem einen und teils dem andern Grundstück nach § 297 ABGB zufallen. Aber auch bei Unteilbarkeit wäre das vom Beklagten in Anspruch genommene Alleineigentum am Bauwerksteil ohne Verletzung eines Rechtes der klagenden Partei nur möglich, wenn sein Rechtsvorgänger als redlicher Bauführer gemäß § 418 Satz 3 ABGB sogar Eigentümer des davon betroffenen Teiles des Grundstückes der klagenden Partei geworden wäre, was wieder nach den Klagsbehauptungen infolge Erschleichung der Zustimmung nicht der Fall sein könnte. Im anderen Fall käme nach § 418 Satz 1 ABGB ein Eigentumserwerb des Grundeigentümers am Bauwerk in Betracht (vgl. Jabornegg aaO 305 ff).

Entscheidende Bedeutung kommt somit der Klagsbehauptung zu, wonach die klagende Partei ihre Zustimmung zum Bau der Halle nur auf Grund listiger Irreführung durch Max S*** erteilt habe. In diesem Fall wäre das Hauptbegehren analog § 61 GBG berechtigt, wenn eine in fester solider Bauweise errichtete Halle vorliegt. Sonst stünde der klagenden Partei kein Löschungsanspruch gegen den Beklagten zu, weil zur bloßen Übertragung des Eigentumsrechtes an einem Superädifikat durch Urkundenhinterlegung die Zustimmung des Liegenschaftseigentümers zufolge der Sonderrechtsfähigkeit des Superädifikates nicht erforderlich ist (NZ 1988, 47 ua). Über einen allfälligen Räumungsanspruch wegen fehlender Grundbenützungserlaubnis wäre hier nicht abzusprechen. Zum Eventualbegehren ist derzeit nicht Stellung zu nehmen. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E21373

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00516.9.0613.000

Dokumentnummer

JJT_19900613_OGH0002_0030OB00516_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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