TE OGH 1990/7/12 6Ob604/90

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Veröffentlicht am 12.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei, Dr. Anton M***, Konsulent, Langegasse 8, 1080 Wien, vertreten durch Dr. Herbert Schaller, Rechtsanwalt in Traiskirchen, wider die beklagte Partei G*** Gemeinnützige Siedlungs- und Baugesellschaft mbH, Eßlinggasse 8-10, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Theo Petter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 500.000,--) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 1. März 1990, GZ 1 R 269/89-42, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 5. Juni 1989, GZ 36 Cg 110/89-35, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der vom Kläger mit der beklagten Partei am 26.8.1976 geschlossene und am 17.12.1976 ergänzte Dienstvertrag wurde am 27.1.1978 mit Wirkung vom 31.1.1978 einvernehmlich aufgelöst. In dem erst danach eingeleiteten Strafverfahren wurde der Kläger vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 1.9.1980 schuldig erkannt, im Jahre 1974 in Wien in seiner Eigenschaft als einziger Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, dadurch wissentlich mißbraucht und auf diese Weise der beklagten Partei einen S 100.000 übersteigenden Vermögensnachteil, nämlich in der Höhe von 12 Millionen Schilling zugefügt zu haben, daß er die Liegenschaft Wien 1., Rudolfsplatz 13a, am 27.3.1974 nicht direkt von der Voreigentümerin zu dem von dieser akzeptierten Kaufpreis von 23 Millionen Schilling für die beklagte Partei erwarb, sondern eine andere Person als Zwischenkäufer einschaltete und von dieser die Liegenschaft um 35 Millionen Schilling kaufte. Er wurde deshalb wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2 StGB verurteilt. Seine dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 12.11.1982 verworfen. Am 5.12.1979 wurde der nunmehrige Kläger von der nunmehrigen beklagten Partei zu 18 Cg 194/79 (zuletzt 18 Cg 204/82) des Handelsgerichtes Wien auf Ersatz des von dieser mit S 11,809.600,-- bezifferten Schadens aus diesem Verhalten geklagt. Der Kläger bestritt, wendete Gegenforderungen in einer den Klagsbetrag übersteigenden Höhe zur Aufrechnung ein und machte mit Widerklage den Betrag von S 13,882.752,-- geltend. Mit Urteil vom 14.7.1983 sprach das Handelsgericht Wien aus, daß die eingeklagte Forderung mit S 11,809.600,-- und die Gegenforderungen mit S 3,052.130,40 zu Recht bestünden, gab dem Klagebegehren mit S 8,757.469,60 statt und wies das Mehrbegehren von S 3,052.130,40 ebenso wie das Widerklagebegehren ab. Dieses vom Oberlandesgericht Wien zu Ungunsten des Klägers abgeänderte Urteil wurde vom Obersten Gerichtshof mit Urteil vom 21.2.1985 wieder hergestellt. Ein Teil der als zu Recht bestehend erkannten Gegenforderungen des Klägers im Betrag von S 3,052.130,40 bestand aus seinen Pensionsansprüchen für die Zeit vom 1.4.1979 bis 31.3.1983. Die beklagte Partei hatte den Pensionsanspruch des Klägers aufgrund dessen strafgerichtlicher Verurteilung dem Grunde nach bestritten, der Höhe nach aber mit S 2,067.360,60 außer Streit gestellt. Die dem Kläger für die Zeit vom 1.4.1979 bis 31.3.1983 gebührenden Pensionsbezüge wurden daher zusammen mit weiteren Ansprüchen wie dem auf Abfertigung als aufrechenbare Gegenforderung von der Klagsforderung abgezogen. Mit Schreiben vom 15.6.1985 forderte der nunmehrige Klagevertreter die beklagten Partei zur Übermittlung der Abrechnung der seit 1.4.1983 fällig gewordenen Pensionsbezüge auf. Die beklagte Partei erwiderte durch ihren Vertreter mit Schreiben vom 22.11.1985, "ungeachtet des Vorprozesses" liege ein Anerkenntnis des vom Kläger behaupteten Pensionsanspruches nicht vor. Mit Schreiben vom 30.3.1988 bestritt die Hauptgesellschafterin der beklagten Partei, die Wiener Holding Gesellschaft mbH, den Anspruch des Klägers auf monatliche Pensionszahlung ab 1.4.1983, übermittelte aber gleichzeitig eine Tabelle für die Pensionsbezüge des Klägers für die Zeit ab diesem Tag.

Mit seiner am 28.3.1986 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, aufgrund seines Dienstvertrages vom 26.8.1976 und dessen Ergänzung vom 17.12.1976 sowie der Vereinbarung vom 27.1.1978 stehe ihm gegen die beklagte Partei der Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Pensionsbezuges in Höhe von 78 % des letzten Monatsgehaltes von S 72.600 brutto, wertgesichert an Hand der Bezüge eines Beamten der Dienstklasse IX/6, für die Dauer des Bestandes des rechtskräftigen Urteiles des Handelsgerichtes Wien vom 14.7.1983, 18 Cg 204/82-14, als kompensabler Gegenanspruch gegen seine Verbindlichkeit laut Punkt 3 dieses Urteiles, bei rechtskräftigem Wegfall der Punkte 1 und 3 dieses Urteiles als Zahlungsanspruch zu. Er brachte vor, er habe sowohl gegen das Straf- als auch gegen das Zivilurteil die Europäische Menschenrechtskommission in Straßburg angerufen und werde außerdem die Wiederaufnahme des Strafverfahrens und im Erfolgsfalle auch die des Zivilprozesses begehren. Für die Zeit ab 1.4.1983 stünden einander bis auf weiteres der der beklagten Partei laut Punkt 3 des handelsgerichtlichen Urteiles vom 14.7.1983 zugesprochene Betrag von S 8,757.469,60 und der allmonatlich zahlbare Pensions- beziehungsweise Ruhegenußnettoanspruch des Klägers aufrechenbar gegenüber, sodaß sich seine Judikatschuld der beklagten Partei gegenüber ipso iure laufend vermindere. Nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens sowie nach Beseitigung des Strafurteiles und der Zahlungsverpflichtung aus dem Zivilurteil wurde ihm gegen die beklagte Partei ein Leistungsanspruch auf Zahlung der Pension am 1.4.1989 zustehen. Im Strafverfahren habe sich inzwischen ergeben, daß die beklagte Partei in dieser Angelegenheit zumindest seit 12.5.1980 keinen Schaden mehr habe. Das Feststellungsinteresse des Klägers folge aus der mehrfachen Erklärung der beklagten Partei, seine Forderung nicht anzuerkennen, und der Verjährungsgefahr. Was eine allenfalls mögliche Oppositionsklage anlange, müsse er nicht darauf warten, ob und wann die beklagte Partei gegen ihm Exekutionsschritte unternehme. Die beklagte Partei wendete ein, der Kläger sei nicht mehr am Leben. Die Judikatschuld würde durch Aufrechnung gegen die behaupteten Pensionsansprüche des Klägers erst im Jahre 2003 getilgt sein. Ein allfälliger Freispruch des Klägers bei Wiederaufnahme des Strafverfahrens binde den Zivilrichter nicht. Das Feststellungsinteresse fehle, weil der Bestand der vom Kläger genannten Rechtsansprüche in ferner Zukunft liege und zudem von mehreren Bedingungen abhängig sei. Bei Exekutionsführung stehe dem Kläger die Klage nach § 35 EO offen. Bei Vernichtung des Exekutionstitels im Wiederaufnahmeverfahren könne der Kläger geleistete Beträge durch Kompensation mit Pensionsansprüchen auch ohne Verjährungsgefahr zurückfordern. Überdies betrage die Verjährungszeit für die theoretischen Ansprüche des Klägers 30 Jahre. Er müsse bei Einbeziehung seiner sozialversicherungsrechtlichen Pensionsansprüche ab dem 60. Lebensjahr 100 Jahre alt werden, um nach Erschöpfung der Kompensation einen (Zahlungs-)Anspruch gegen die beklagte Partei zu haben. Die Vereinbarung vom 27.1.1978 werde wegen List, Irrtums und Wegfalls der Geschäftsgrundlage angefochten. Dem Kläger stehe auch kein Pensionsanspruch zu.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Prüfung der prozessualen Voraussetzungen einer Feststellungsklage ein und wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß die wiederholten Anträge des Klägers auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens jeweils rechtskräftig abgewiesen worden waren.

Rechtlich meinte das Erstgericht, den Wiederaufnahmsanträgen und Beschwerden des Klägers sei kein Erfolg beschieden gewesen. Diese sehr theoretischen Möglichkeiten einer Änderung der Rechtslage hätten aber schon von vornherein das Feststellungsinteresse nicht begründen können. Die behauptete Verjährungsgefahr sei zu verneinen, weil die Kompensation ipso iure eintrete, sodaß es nicht darauf ankomme, ob die beklagte Partei die Pensionsansprüche des Klägers anerkenne oder nicht. Die Rechtslage des Klägers sei gegenwärtig nicht gefährdet, weil er flüchtig sei und im Verfahren nicht habe geladen werden können. Es fehle aber auch "die rechtliche praktische Bedeutung des Feststellungsbegehrens", weil er, sollte er den Zeitpunkt der vollständigen kompensationsweisen Tilgung der Judikatschuld überhaupt erleben, ohnedies mit Leistungsklage vorgehen könne.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es stellte ergänzend fest:

Am 22.2.1984 bewilligte das Erstgericht der beklagten Partei aufgrund seines Urteiles vom 14.7.1983 im Umfang der Teilbestätigung durch das Berufungsgericht zur Sicherung ihrer Forderung gegen den Kläger die Exekution durch Pfändung der diesem gegen einen Rechtsanwalt als Drittschuldner aufgrund des Treuhandvertrages über die Geschäftsanteile des Klägers an einer gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft mbH angeblich zustehenden Forderung von 10 Millionen Schilling mehr oder weniger, bis die betreibende Partei Exekution zur Hereinbringung führen könne. Der Drittschuldner äußerte sich am 6.3.1984 dahin, daß ihm gegenüber keine Geldforderung des Klägers bestehe. Weitere Anträge wurden bisher nicht gestellt.

Das Erstgericht bewilligte ferner aufgrund desselben Exekutionstitels am 16.3.1984 die Exekution zur Sicherstellung durch Vormerkung eines Pfandrechtes auf dem Hälfteanteil des Klägers an der Liegenschaft EZ 351 KG Josefstadt und nach vollständiger Wiederherstellung seines Urteiles im Revisionsverfahren schließlich am 7.5.1985 die Zwangsversteigerung dieses Liegenschaftsanteiles, der am 16.10.1986 dem Ersteher zugeschlagen wurde. Aus dem Meistbot wurde der beklagten Partei zur teilweisen Berichtigung der Zinsenforderung der Betrag von S 1,165.770,64 s.A. zugewiesen. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, die Zulässigkeit der Feststellungsklage hänge davon ab, ob der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Pensionsanspruches habe, ob ihm also keine anderen oder nur wesentlich weniger ökonomische Mittel zur Abwehr der Rechtsbeeinträchtigung zur Verfügung stünden. Wohl habe das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 14.7.1983 zu Exekutionsschritten der beklagten Partei geführt, es habe aber nur ein Teil der Zinsen aus der Judikatschuld des Klägers einbringlich gemacht werden können, sodaß seiner Forderung immer noch eine Gegenforderung gegenüberstehe. Das Feststellungsinteresse könne nicht schon deshalb verneint werden, weil dem Kläger - mit Aussicht auf Erfolg - eine Leistungsklage möglich wäre. Nach herrschender Meinung sei aber nur mehr die Oppositionsklage zulässig, wenn ein Exekutionsverfahren anhängig sei. Die sicherstellungsweisen Exekutionen seien durch den Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels von selbst in Exekutionen zur Befriedigung übergegangen. Die Oppositionsklage könne allerdings nur "im Zuge" eines Exekutionsverfahrens, also bloß vor seiner Beendigung erhoben werden. Auch für die Prüfung des Feststellungsinteresses seien die Verhältnisse bei Schluß der Verhandlung maßgeblich. Beendet seien demnach das Versteigerungsverfahren und damit auch die vorher erfolgte Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung. Hingegen sei die ursprünglich sicherungsweise bewilligte Forderungsexekution nicht einmal zur Überweisung der Forderung gediehen, der die Bestreitung der Forderung durch den Drittschuldner nicht im Wege stünde. Dieses Verfahren sei daher noch nicht beendet und die Oppositionsklage somit noch möglich. Dennoch sei der Kläger nicht darauf zu verweisen. Seine Feststellungsklage sei zwar der Klage auf Feststellung des teilweisen Erlöschens des Exekutionstitels insoweit angenähert, als er auch die Feststellung seiner Forderung als kompensablen Gegenanspruch gegen seine Judikatschuld, jedoch nicht die Feststellung des Erlöschens der Forderung der beklagten Partei durch Aufrechnung begehre. Mit dem Ausspruch der Unzulässigkeit der bewilligten Forderungsexekution wären die Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen aber nicht endgültig erschöpft, der Anspruch gehe über seine Verwertbarkeit zur Kompensation gegen die Judikatschuld des Klägers vielmehr deshalb hinaus, weil er nach deren Tilgung allenfalls im nächsten Jahrzehnt ein Zahlungsbegehren des Klägers begründen könnte. Der Kläger müsse bis dahin mit einer gerichtlichen Geltendmachung nicht zuwarten. Auch das Recht auf zwar erst künftig fällig werdende, nach Rechtsgrund, Umfang und Art aber schon bestimmte Leistungen sei feststellungsfähig. Seien noch nicht alle Ansprüche fällig, könne doch die Feststellung des gesamten, diesen zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses - vor allem eines Dauerrechtsverhältnisses - begehrt werden. Die Gefährdung der Rechtsposition des Klägers auch schon jetzt ergebe sich - selbst ohne Verjährungsgefahr - aus der Bestreitung seines Pensionsanspruches durch die beklagte Partei. Auch die Ungewißheit, ob der Kläger diesen Zeitpunkt erleben werde, ändere nichts am Umfang seines gegenwärtigen Feststellungsinteresses. Unerheblich sei es auch, ob der Kläger derzeit flüchtig sei. Bei der Variante des rechtskräftigen Wegfalles von Teilen des den Kläger verpflichtenden Urteiles fehle allerdings wegen des Mißerfolges seiner Wiederaufnahmsanträge ein unmittelbarer aktueller Anlaß. Die entbehrliche Anführung einer solchen Hypothese bei der Qualifikation des Anspruches schade der Annahme eines berechtigten Interesses an der Feststellung des Anspruches selbst jedoch nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der von der beklagten Partei gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist zulässig, weil zur Frage, ob und inwieweit die einer vollstreckbaren und in anhängigen Exekutionsverfahren betriebenen Forderung aufrechenbar gegenüberstehende Forderung auf Pensionsbezüge als Gegenforderung zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden kann, soweit überblickbar, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Das Rechtsmittel ist aber im Ergebnis nicht berechtigt. Gemäß § 228 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß jenes Rechtsverhältnis oder Recht durch eine gerichtliche Entscheidung festgestellt werde. Unter Rechtsverhältnis ist die bestimmte, durch die Klagsbehauptungen, konkretisierte, rechtlich geregelte Beziehung von Personen untereinander (oder von Personen zu Sachen) zu verstehen. Darunter fallen auch die im § 228 ZPO gesondert genannten Rechte (Fasching, ZPR2, Rz 1089 mwN). Feststellungsfähig sind auch bedingte Rechtsverhältnisse, sofern nur der gesamte rechtserzeugende Sachverhalt feststeht und lediglich die bereits bestimmt festgelegte Bedingung noch nicht eingetreten ist (SZ 41/153 ua). Auch bei einem unbestrittenen Rechtsverhältnis kann zu seiner nähren Aufklärung die Feststellung der sich daraus ergebenden einzelnen Rechte, Befugnisse und Verbindlichkeiten begehrt werden. Da die beklagte Partei trotz des Ausganges des Verfahrens 18 Cg 204/82 des Handelsgerichtes Wien, in welchem der Anspruch des Klägers auf die - im vorliegenden Verfahren für die Zeit danach geltend gemachten - Pensionsbezüge im Zeitraum vom 1.4.1979 bis 31.3.1983 als Gegenforderung als zu Recht bestehend erkannt worden war, den Pensionsanspruch weiterhin bestritt, müßte dem Kläger das Feststellungsinteresse schon deshalb zugebilligt werden.

Wie das Berufungsgericht unbekämpftermaßen festgestellt hat, war aber die von der beklagten Partei zur Hereinbringung deren vollstreckbarer Forderung betriebene Forderungsexekution bei Schluß der Verhandlung erster Instanz noch nicht beendet. Da sich die Einwendungen nach § 35 EO nach ständiger neuerer Rechtsprechung unmittelbar gegen den betriebenen Anspruch richten, das dem Begehren der Oppositionsklage stattgebende Urteil somit über den materiell-rechtlichen Anspruch abspricht und Wirkungen nicht etwa nur auf die Anlaßexekution äußert (verstärkter Senat SZ 49/68 uva; Heller-Berger-Stix, Komm. z. EO4, 403 ff), wird mit der Oppositionsklage grundsätzlich alles erreicht, was auch mit der Feststellungsklage erreichbar wäre. Ist daher ein Exekutionsverfahren anhängig, ist nur mehr die Einbringung einer Oppositionsklage zulässig (SZ 60/88 mwN; Heller-Berger-Stix, aaO, 423 f).

Schon das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß der Kläger nicht etwa die Feststellung des Nichtbestehens der vollstreckbaren Forderung der beklagten Partei, sondern die Feststellung begehrt, daß ihm der näher bezeichnete Anspruch auf Pensionsbezüge gegen die beklagte Partei als kompensable Gegenforderung gegen deren vollstreckbare Forderung zustehe. Der Kläger könnte seinem Klagsvorbringen zufolge auch den Ausspruch, daß die vollstreckbare Forderung der beklagten Partei durch Aufrechnung erloschen (und die Exekution deshalb unzulässig) sei, gar nicht erreichen, weil die Forderung der beklagten Partei durch die Monat für Monat anfallenden Pensionsbezüge nur allmählich und überhaupt nur insoweit aufgezehrt werden kann, als solche Pensionsbezüge in Hinkunft anfallen werden. Den vollstreckbaren Anspruch aufhebende Tatsachen könnte der Kläger daher im gegenwärtigen Zeitpunkt mittels Klage nach § 35 EO nur insoweit (und daher nur zu einem verhältnismäßig geringfügigen Teil der vollstreckbaren Forderung) geltend machen, als die Forderung der beklagten Partei durch die Aufrechnung mit den bei Schluß der Verhandlung erster Instanz angefallenen Pensionsbezügen getilgt war. Damit könnte er aber mit der Oppositionsklage keineswegs all das erreichen, was er mit der Feststellungsklage bewirken kann. Das Feststellungsinteresse kann dem Kläger schon aus diesen Erwägungen nicht abgesprochen werden, ohne daß zu dessen Begründung auf die Möglichkeit eines Zahlungsbegehrens für die Zeit nach der gänzlichen aufrechnungsweisen Tilgung der vollstreckbaren Forderung der beklagten Partei Bezug genommen werden müßte.

Die beklagte Partei behauptet im Rekurs, das Feststellungsinteresse müsse schon bei Klagseinbringung gegeben sein. Damals sei aber das Zwangsversteigerungsverfahren noch nicht beendet gewesen. Dabei übersieht die beklagte Partei jedoch, daß das Berufungsgericht ohnehin ein auch noch bei Schluß der Verhandlung erster Instanz anhängiges Exekutionsverfahren festgestellt hat, demzufolge die Zulässigkeit der Feststellungsklage - wäre nicht der oben dargelegten besondere Sachverhalt gegeben - zu verneinen wäre. Die Frage nach dem für das Feststellungsinteresse maßgeblichen Verfahrensstand ist deshalb im vorliegenden Fall für den Verfahrensausgang ohne Bedeutung, ganz abgesehen davon, daß das Feststellungsinteresse nach einheitlicher Rechtsprechung (zuletzt wieder JBl. 1989, 779) im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz gegeben sein muß.

Ist das Feststellungsinteresse somit zu bejahen, ohne daß der Kläger auf eine Oppositionsklage zu verweisen wäre, wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die Forderung des Klägers auf den geltend gemachten monatlichen Pensionsbezug zu Recht besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.

Anmerkung

E21199

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00604.9.0712.000

Dokumentnummer

JJT_19900712_OGH0002_0060OB00604_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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