TE OGH 1990/7/20 7Ob622/90

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Veröffentlicht am 20.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj.Bettina B***, geboren am 6.Juni 1978, infolge Revisionsrekurses der Mutter Inge M***, Hausfrau, Dornbirn, Pfarrer-Gierer-Weg 17, vertreten durch Dr.Otmar Simma und andere Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 18.Mai 1990, GZ 1 a R 215/90-25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 7.Mai 1990, GZ P 319/79-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes vom 7.5.1990, ON 22, wiederhergestellt wird.

Text

Begründung:

Die mj.Bettina B*** wurde am 6.6.1978 außer der Ehe geboren. Ihre Mutter, die zu jener Zeit bis etwa 1985 in Lebensgemeinschaft mit Helmut O***, dem Vater des Kindes, lebte, trug damals auf Grund einer vorangegangenen Ehschließung - die Ehe war vor der Geburt der mj.Bettina geschieden worden - den Familiennamen P***. B*** war der Geschlechtsname der Mutter. Am 9.2.1990 schloß die Mutter eine zweite Ehe mit Otmar M***. Dieser will dem Kind seinen Familiennamen geben.

Die Mutter stellte als gesetzliche Vertreterin der mj.Bettina den Antrag, die mangelnde Zustimmung des Vaters zur beabsichtigten Namensgebung durch ihren Ehegatten zu ersetzen, weil dieser seine Zustimmung ohne Angabe von Gründen verweigere. Um nach außen hin als einheitliche Familie auftreten zu können, erscheine es ihr wichtig, daß sie alle den gleichen Familiennamen tragen. Der Vater kümmere sich fast das ganze Jahr nicht um das Kind.

Die mj.Bettina, die zur Zeit die zweite Klasse der Mädchenhauptschule in Dornbirn besucht, hat angegeben, in Zukunft M*** heißen zu wollen, "also so, wie die Personen, mit denen sie zusammenlebe".

Der Vater, Helmut O***, stimmt der beantragten Namensgebung nicht zu. Der Ehemann der Mutter habe ihn nie um seine Einwilligung gefragt. Er wäre mit einer Namensänderung nur einverstanden, wenn er für das Kind keinen Unterhalt mehr zahlen müsse.

Das Erstgericht gab dem Antrag statt. Das Recht der Namensgebung trage dem Bedürfnis des Kindes nach Übereinstimmung seines Familiennamens mit dem Familiennamen des Ehemannes seiner Mutter Rechnung. Es sei nach den Erfahrungen des täglichen Lebens im allgemeinen vorteilhaft, wenn das Kind den gleichen Namen führe wie die Familie, der es angehöre. Durch die Namensgebung solle nicht nur nach außen hin der Anschein einer Familie erweckt werden; es werde hiedurch auch eine weitere Eingliederung in den Familienverband erwirkt. Auch sei es in der Regel für ein schulpflichtiges Kind stets besser, im Kontakt mit Mitschülern und Lehrpersonen denselben Namen zu führen wie die Familie, in der es aufwachse. Der Vater verweigere seine Zustimmung ohne Angabe eines gerechtfertigen Grundes.

Das Rekursgericht wies den Antrag ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig ist. Der falsche Schein der Ehelichkeit dürfe bei der Namensgebung nicht als entscheidendes Kriterium in den Vordergrund gestellt werden. Ein solches Bedürfnis sei bei Berücksichtigung des Umstandes, daß mit Ausnahme des Erbrechts praktisch keine Unterschiede zwischen ehelichen und unehelichen Kindern bestünden, nicht mehr gesellschaftsimmanent. Das etwa 12 Jahre alte Kind trage seit seiner Geburt den Familiennamen B*** und habe unter diesem Namen soziale Kontakte geknüpft, die nach allgemeiner Lebenserfahrung in gewisser Hinsicht durch eine Namensgebung gestört werden könnten. Der Kontinuität komme in diesem Fall erhöhte Bedeutung zu. Die begehrte Namensgebung entspreche daher nicht dem Wohl des Kindes. Der Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil das Rekursgericht teilweise von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweiche und die Entscheidung über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Mutter ist berechtigt.

Gemäß § 165 a Abs 1 ABGB kann der Ehemann der Mutter dem mj.unehelichen Kind, das nach § 165 ABGB den Geschlechtsnamen der Mutter erhält, seinen Familiennamen geben. Diese Namensgebung bedarf gemäß § 165 a Abs 2 ABGB unter anderem der Zustimmung des Vaters. Wird sie ohne gerechtfertigten Grund verweigert, hat sie das Gericht gemäß § 165 b Abs 2 ABGB auf Antrag eines Beteiligten zu ersetzen, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht.

Das Rechtsinstitut der Namensgebung soll dem Bedürfnis des minderjährigen unehelichen Kindes Rechnung tragen, daß sein Familienname mit dem des Stiefvaters (oder des ae.Vaters) übereinstimmt, in dessen Familie es aufwächst (5 Ob 546/88 = NRSp 1988/240; im gleichen Sinn Edlbacher, Namensrecht 112). Maßgebend für die gerichtliche Entscheidung ist allein das Wohl des Kindes. Von wesentlicher Bedeutung im vorliegenden Fall ist es daher, daß es für das in die Ehe der Mutter aufgenommene Kind im allgemeinen günstiger ist, den gleichen Familiennamen wie die Mutter zu führen. Der eigene Wunsch der mj.Bettina stimmt mit dieser Ansicht überein. Gewiß ist das Interesse des Kindes an einer Namensgebung im Sinne des § 165 a ABGB besonders groß, wenn diese noch vor dem Beginn seiner Schulpflicht erfolgt. Doch ist das Interesse in jenem Alter, in dem sich die mj.Bettina befindet, zumindest dann noch zu bejahen, wenn das Kind selbst die Namensgebung wünscht.

Daran, daß der Vater seine Zustimmung ohne gerechtfertigten Grund verweigert, besteht kein Zweifel. Denn er führt mit Ausnahme des Umstandes, daß der Ehemann der Mutter ihn nicht gefragt habe, gar keinen Grund an und versucht lediglich, aus seiner Zustimmung ein Geschäft zu machen, indem er sein Einverständnis unter der Voraussetzung zu geben sich bereit erklärt hat, daß er seiner Unterhaltsverpflichtung enthoben wird.

Der zweiten Instanz ist durchaus darin beizupflichten, daß die Bedeutung des gleichen Familiennamens für alle Familienangehörigen nicht mehr dieselbe Bedeutung hat wie früher. Doch kann nicht gesagt werden, die Namensgebung entspreche aus diesem Grund nicht dem Wohl des Kindes. Das Institut der Namensgebung wäre anderfalls entbehrlich. Die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung EvBl 1987/7 betrifft ein eheliches Kind und kann daher nicht zur Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes herangezogen werden. Es war deshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Anmerkung

E21428

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00622.9.0720.000

Dokumentnummer

JJT_19900720_OGH0002_0070OB00622_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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