Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Vormundschaftssache der mj. Sarah M***, geboren am 5. Juni 1982, in Pflege und Erziehung der Mutter Elfriede H***, Bregenz, Schendlingerstraße 14, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Amtsvormund, infolge Revisionsrekurses des Amtsvormundes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 9. März 1988, GZ 1 a R 111/88-28, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 2. Februar 1988, GZ P 2/83-25, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die mj. Sarah M***, geboren am 5. Juni 1982, ist ein uneheliches Kind der Elfriede M*** und des Johann R***. Gesetzlicher Vertreter des Kindes ist die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Amtsvormund. Die Mutter hat am 12. Oktober 1984 mit Norbert H*** die Ehe geschlossen und trägt nunmehr zufolge Eheschließung den Familiennamen H***. Das Kind befindet sich seit der Eheschließung seiner Mutter in dem gemeinsamen Haushalt seiner Mutter und deren Ehemannes Norbert H*** in Bregenz, Schendlingerstraße 14.
Am 9. November 1987 hat die Mutter des Kindes (zum dritten Mal) unter Hinweis auf den 1988 beginnenden Schulbesuch des Kindes beantragt, die fehlende Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Kindes zur Namensgebung durch ihren Ehemann durch Gerichtsbeschluß zu ersetzen. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz vertritt demgegenüber die Auffassung, daß eine Zustimmung zur Namensgebung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben werden könne. Das Erstgericht hat den Antrag der Mutter mit Beschluß vom 2. Februar 1988 (zum dritten Mal) abgewiesen. Bei Norbert H*** liege ein Gamma-Alkoholismus in chronischem Stadium vor. Werde berücksichtigt, daß Norbert H*** am 18. Oktober 1982 vom Bezirksgericht Feldkirch wegen fahrlässiger Körperverletzung unter Alkoholeinwirkung verurteilt worden sei, so erscheine seine derzeitige Alkoholabstinenz wegen des relativ kurzen Beobachtungszeitraumes (Alkoholentwöhnungskur im Krankenhaus Maria Ebene vom 3. Juni bis 24. Juli 1987) in einem andere Lichte. Norbert H*** habe wegen seines Alkoholmißbrauches bereits zahlreiche Vorstrafen. Bis zu seiner Entziehungskur habe eine Besserung nicht festgestellt werden können. Eine Namensänderung sollte sich zum Vorteil des Kindes auswirken. Es wäre zwar ein Vorteil für das Kind hier grundsätzlich gegeben, doch müsse bei einer Namensänderung auch auf das Wohl des Kindes Bedacht genommen werden. Im Hinblick auf das bisherige Vorleben des Norbert H*** und die relativ kurze Alkoholabstinenz könne noch nicht verläßlich beurteilt werden, ob sich eine Namensänderung für das Kind positiv auswirken würde. Im Hinblick auf die kurze Alkoholabstinenz des Norbert H*** könne auch noch nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob die Ehe von Bestand sein werde; im Falle einer Ehescheidung würden sich für das Kind wiederum erhebliche Schwierigkeiten ergeben. Norbert H*** sollte sich zunächst in seiner Lebensführung stabilisieren. Erst nach Eintritt einer Stabilisierung könne zuverlässig gesagt werden, ob die weitere Lebensführung von Norbert H*** andauere oder nicht.
Das von der Mutter angerufene Rekursgericht hat aus nachstehenden Erwägungen anstelle des gesetzlichen Vertreters der mj. Sarah M*** die Zustimmung zur Namensgebung durch Norbert H*** erteilt:
Das uneheliche Kind erhalte den Geschlechtsnamen der Mutter. Die Mutter sei allein zur Pflege unc Erziehung des Kindes berechtigt und verpflichtet. Der Ehemann der Mutter könne dem Kind, solange es minderjährig sei, seinen Familiennamen geben (§ 165 a ABGB). Diese Namensgebung bedürfe unter anderem der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Kindes. Bei ungerechtfertigter Weigerung zur Erteilung dieser Zustimmung könne diese vom Gericht ersetzt werden (§ 165 b ABGB). Maßgebend für diese gerichtliche Entscheidung sei einzig und allein das Wohl des Kindes.
Die mj. Sarah M*** lebe seit der Eheschließung ihrer Mutter mit Norbert H*** im gemeinsamen Haushalt in Bregenz, Schendlingerstraße 14. Der Schulbesuch des Kindes beginne im Jahre 1988. Bei dieser Situation sei es an sich im wohlverstandenen Interesse des Kindes gelegen, daß es den Namen der Familie trägt, in der es aufwächst. Mit der Namensgebung werde auch dem Bedürfnis des Kindes nach Übereinstimmung des Familiennamens mit dem Familiennamen des Ehegatten der Mutter Rechnung getragen. Es sei im besonderen für ein schulpflichtiges Kind vorteilhafter, im allgemeinen sozialen Kontakt mit Mitschülern, Lehrpersonen und anderen Erwachsenen denselben Familiennamen zu führen wie die Familie, in der es aufwachse. Demgegenüber könnten die vom gesetzlichen Vertreter aufgezeigten und vom Erstgericht übernommenen Umstände nicht dartun, daß die Namensgebung nicht zum Wohl des Kindes wäre. Abzustellen sei hier in erster Linie nicht darauf, ob sich der Ehemann der Mutter des Kindes wohlverhalte, sondern darauf, ob die Namensgebung im Interesse und zum Wohle des Kindes ausschlage. Nur auf diese Frage, ob nämlich die Namensgebung im Interesse und zum Wohle des Kindes sei, sei bei der Prüfung, ob eine nach § 165 a Abs 2 ABGB erforderliche Zustimmung ohne gerechtfertigten Grund verweigert werde, abzustellen. Unter diesem Aspekt sei die Namensgebung durch den Ehemann der Mutter eindeutig und klar im Interesse und zum Wohl des Kindes, im besonderen im Zusammenhang mit seinem beginnenden Schulbesuch und den sich dabei ergebenden sozialen Kontakten. Die Verweigerung der Zustimmung zu dieser Namensgebung durch den gesetzlichen Vertreter sei daher nicht gerechtfertigt. Gegen den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Bezirkshauptmannschaft Bregenz mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz macht geltend, es könne nicht generell davon ausgegangen werden, daß jede Namensgebung ohne Beachtung der Person des Namensgebers dem Wohl eines Kindes entspreche. Nach § 178 a ABGB seien bei Beurteilung des Kindeswohles unter anderem auch die Lebensverhältnisse der Eltern - hier der Lebensbereich des Namensgebers - zu berücksichtigen. Werde aber der persönliche Bereich des Namensgebers, den das Rekursgericht völlig außer acht gelassen habe, in die Entscheidung miteinbezogen, so müsse man zu der Auffassung gelangen, daß eine Namensgebung zum derzeitigen Zeitpunkt dem Wohl des Kindes widerspreche. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:
Das Rechtsinstitut der Namensgebung (§§ 165 a bis 165 c ABGB) soll dem Bedürfnis des mj. unehelichen Kindes Rechnung tragen, daß sein Familienname mit dem Familiennamen des Stiefvaters (oder des unehelichen Vaters) übereinstimmt, in dessen Familie es aufwächst (vgl. die Regierungsvorlage zum UeKindG BGBl. 1970/342, abgedruckt in Klang2, ErgBd. 91; Gschnitzer-Faistenberger, Familienrecht2, 134; Edlbacher, Namensrecht 112). Wird eine der nach § 165 a Abs 2 ABGB erforderlichen Zustimmungen zur Namensgebung ohne gerechtfertigten Grund verweigert, so hat sie das Gericht gemäß § 165 b Abs 2 ABGB auf Antrag eines Beteiligten zu ersetzen, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht (vgl. den Justizausschußbericht zum UeKindG BGBl. 1970/342, abgedruckt in Klang2, ErgBd. 93; Edlbacher, Namensrecht 11 und 116); allfällige gerechtfertigte Weigerungsgründe sind gegen das Kindeswohl abzuwägen (Pichler in Rummel, ABGB, Rz 12 zu §§ 165 a bis 165 c unter Hinweis auf Radel in ÖStA 1971, 50 FN 19). Es ist der Bezirkshauptmannschaft Bregenz einzuräumen, daß bei der nach § 165 b Abs 2 ABGB zu fällenden, ausschließlich auf das Kindeswohl abzustellenden gerichtlichen Entscheidung die Persönlichkeit des Namensgebers nicht völlig außer Betracht bleiben kann. Das Rekursgericht hat aber richtig erkannt, daß hier die Namensgebung durch den Ehemann der Mutter, in dessen Familie das nunmehr schulpflichtig werdende Kind aufwächst, ungeachtet der Vorstrafen und des - nach einer Entwöhnungskur gebesserten - Alkoholismus des Ehemannes der Mutter dennoch im Interesse der Namensgleichheit dem Kindeswohl entspricht (vgl. Edlbacher, Namensrecht 116 sowie die zweitinstanzliche Entscheidungen EFSlg 17.418 und 19.771). Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E14430European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00546.88.0531.000Dokumentnummer
JJT_19880531_OGH0002_0050OB00546_8800000_000