TE OGH 1990/9/6 6Ob651/90

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Veröffentlicht am 06.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred S***, Tischlermeister, Schulgasse 53, 1180 Wien, vertreten durch Dr. Helmut A. Kellner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Helmut J***, Angestellter, Todescogasse 13, 2440 Gramatneusiedl, vertreten durch Dr. Josef Olischar, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 76.656 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 30. April 1990, GZ 14 R 42/90-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20. November 1989, GZ 15 Cg 172/87-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben, die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte nach Klagseinschränkung die Zahlung von restlichen S 76.656 samt 12 % Zinsen seit 20. August 1986 sowie 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen als restlichen Werklohn für durchgeführte Tischlerarbeiten und Möbellieferungen. Er behauptete, er habe über seine Leistung eine Rechnung von S 508.698 gelegt, auf welche der Beklagte nur S 420.000 bezahlt habe. Den Differenzbetrag von S 88.698 schränkte der Kläger nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens im Hinblick auf die von diesem ermittelte Wertminderung beziehungsweise die Mängelbehebungskosten um S 9.510 sowie um eine am 15. September 1988 geleistete Zahlung des Beklagten von S 2.532 auf S 76.656 sA ein.

Der Beklagte wandte ein, er habe mit dem Kläger für die zu leistenden Arbeiten einen Fixpreis von S 410.520 brutto vereinbart. Ausgehend von einer Nettosumme von S 373.200 hätte er nach der getroffenen Absprache die Umsatzsteuer nur von der Hälfte dieses Betrages bezahlen sollen. Unter Berücksichtigung der vom Kläger geleisteten Zusatzarbeiten in Höhe von S 21.522 ergebe sich ein Rechnungsbetrag von S 432.042, auf den er S 420.000 bezahlt habe. Die Zahlung des Restbetrages verweigere er, weil Mängel hervorgekommen seien, die er unverzüglich gerügt habe. Die Mängel seien bisher nicht behoben worden. Bei dem nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens vom Beklagten überwiesenen Teilzahlungsbetrag von S 2.532 handle es sich um die Differenz zwischen dem vom Beklagten für Mängelabzüge und Mängelbehebungskosten einbehaltenen Betrag von S 12.042 zu dem im Sachverständigengutachten errechneten Betrag.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Beklagte beauftragte im April 1984 einen Architekten mit der Vergabe von Tischlerarbeiten in seinem Privathaus. Der Architekt führte eine Ausschreibung durch, an der sich auch der Kläger mit einem Anbot über eine Gesamtanbotssumme einschließlich Umsatzsteuer von S 632.016 beteiligte.

Am 26. April 1984 kam es zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu einer Besprechung, in welcher das Anbot im einzelnen erörtert und dadurch verbessert wurde, daß der Kläger einige Preisnachlässe gewährte und einige Positionen überhaupt herausnahm. Schließlich reduzierte er die Endsumme exklusive Umsatzsteuer auf S 405.980. Ausdrücklich wurde jedoch nur über die einzelnen Teilbeträge, nicht über die Gesamtsumme gesprochen. Eine besondere Regelung, wer die Umsatzsteuer zu tragen habe, wurde nicht getroffen. Der Beklagte erteilte dann dem Kläger mit Handschlag den Auftrag zur Durchführung der Arbeiten, eine schriftliche Bestätigung über den Vertragsabschluß erfolgte nicht. In mehreren Besprechungen wurden in der Folge die technischen Einzelheiten erörtert. Es kamen dabei auch die Preise nochmals zur Sprache, es wurde jedoch keine Abänderung der Vereinbarung vorgenommen. Der Kläger erhielt den Auftrag zu zusätzlichen Arbeiten im Betrag von S 19.735 exklusive Umsatzsteuer, die auch durchgeführt wurden.

Nach Beendigung der Arbeiten im Herbst 1984 stellten sich Mängel an den Stoßbrettern einer Stiege sowie an der Furnier des Schlafzimmerbettes und eines Tisches heraus.

Der Kläger legte Rechnung über S 510.858. Der Beklagte wies in einem Schreiben vom 7. Oktober 1986 auf eine angeblich bei einer Besprechung auf der Baustelle getroffene Pauschalpreisvereinbarung von S 410.520 hin, unter Berücksichtigung der später geleisteten Zusatzarbeiten ergebe sich ein Gesamtrechnungsbetrag von S 432.032. Von diesem Betrag hatte der Beklagte nach Fertigstellung der Arbeiten bereits S 420.000 bezahlt. Er rügte in dem Schreiben auch die aufgetretenen Mängel. Der Kläger versuchte eine Reparatur der mangelhaften Tischfurnier, die den beanstandeten Mangel jedoch nicht zur Gänze beheben konnte. Mit Schreiben vom 26. Juni 1987 rügte der Beklagte neuerlich die noch nicht behobenen Mängel. Sämtliche Mängel sind nur optisch störend, behebbar und beeinträchtigen den bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht. Die Summe der Mängelbehebungskosten und der Preis- und Wertminderung ist mit S 9.510 zu beziffern.

Nach Einbringung der Klage suchte der Beklagte den Kläger in seinem Büro auf und bot ihm, um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden, im Wert des vom Kläger geforderten Betrages einen Teppich an. Dies lehnte der Kläger ab.

Der Kläger nimmt einen Kredit von S 300.000 in Anspruch, der mit 12 % p.a. zu verzinsen ist.

Rechtlich leitete das Erstgericht aus diesem Sachverhalt ab, die Streitteile hätten einen Werkvertrag abgeschlossen, dem kein Pauschalpreis sondern das Preisanbot des Klägers zugrundegelegt worden sei. Gemäß § 1152 ABGB stehe dem Kläger nach Vollendung des Werkes das vereinbarte beziehungsweise das angemessene Entgelt zu. Die angemessene Minderung sei durch die Klagseinschränkung berücksichtigt, der Beklagte könne die Einrede des nicht oder nicht gehörig erfüllten Vertrages nicht mehr geltend machen. Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Beklagten Folge und änderte das Ersturteil im Sinne einer Klageabweisung ab.

Das Berufungsgericht meinte, ein Eingehen auf die Beweisrüge, mit der die Feststellung einer Pauschalpreisvereinbarung angestrebt werde, könne aus rechtlichen Gründen unterbleiben, weil es sich bei den festgestellten Mängeln um behebbare, aber nicht ganz geringfügige Mängel handle. Hiefür stehe dem Beklagten bis zur gehörigen Erfüllung des Vertrages durch den Unternehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen.

Die ordentliche Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen, weil die behandelten Rechtsfragen auf langjähriger einheitlicher Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beruhten. Der Kläger führt in seiner außerordentlichen Revision an, das Berufungsgericht habe wesentliche Fragen des Verfahrensrechtes verletzt, weil es sich nicht an die Parteiendisposition gehalten und seiner Entscheidung eine gar nicht mehr erhobene Einwendung des Beklagten zu dessen Gunsten zugrundegelegt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die beklagte Partei hat gegen die Klagsforderung in der Klagebeantwortung zunächst eingewendet, es sei ein wesentlich niedrigerer Fixpreis vereinbart worden, ein auf diesen Fixpreis noch offener Betrag von S 12.042 werde bis zur Behebung vorhandener Mängel einbehalten. Nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens, in welchem die Mängelbehebungskosten sowie die Preis- und Wertminderung, die für eine Position sogar einvernehmlich mit den Parteien festgelegt wurde, mit insgesamt S 9.510 beziffert wurden, schränkte die klagende Partei in der Streitverhandlung vom 13. Oktober 1988 das Klagebegehren um S 9.510 und um eine Teilzahlung des Beklagten von S 2.532 ein. Zu dieser brachte der Beklagte vor, es handle sich bei dem geleisteten Teilzahlungsbetrag um die Differenz zwischen dem vom Beklagten für Mängelabzüge und Mängelbehebungskosten einbehaltenen Betrag von S 12.042 zu dem vom Sachverständigen im Gutachten errechneten Betrag. Über Befragen, ob das restliche Klagebegehren ausschließlich deshalb bestritten werde, weil eine niedrigere Pauschalpreisvereinbarung getroffen worden sei oder auch dahingehend, daß die in Rechnung gestellten Beträge überhaupt unangemessen seien, brachte der Beklagte vor, die Unangemessenheit des Werklohnes werde nicht behauptet, wohl aber, daß eine verbindliche niedrigere Pauschalpreisvereinbarung getroffen worden sei. Damit hat der Beklagte mit ausreichender Klarheit zum Ausdruck gebracht, daß die Mängelrüge durch die vorgenommene Preisminderung endgültig erledigt ist, er auf Verbesserung nicht mehr bestehe und sich seine Einwendung gegen die Klagsforderung auf die behauptete Pauschalpreisvereinbarung beschränke. Nur hierüber hat auch das Erstgericht entschieden.

Jeden Zweifel für das Berufungsgericht mußten dann die Ausführungen zur Rechtsrüge in der Berufung des Beklagten beseitigen, daß die Zurückbehaltung des Werklohnes auch wegen geringer Mängel möglich sei, der restliche Werklohn daher erst ab Kenntnis der beklagten Partei von der tatsächlichen Höhe der Mängelbehebungskosten, somit erst ab 13. Oktober 1988 fällig geworden sei (also erst nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens und Erledigung der Mängelrüge durch Klagseinschränkung und Überweisung der nach Ansicht des Beklagten damit noch offenen Klagsforderung die Fälligkeit habe eintreten können).

Das Berufungsgericht hat mit seiner Abweisung des Klagebegehrens wegen mangelnder Fälligkeit auf Grund noch vorhandener Mängel gegen den den Zivzilprozeß beherrschenden Dispositionsgrundsatz verstoßen (Fasching, Komm, III, 644 Anm. 1). Dem Beklagten stand nach Anerkennung des Mangels die Wahl zu, anstelle der Verbesserung Preisminderung zu begehren. Beide Teile haben auf Verbesserung verzichtet und einvernehmlich eine Preisminderung vorgenommen (vgl. NRSp 1989/34).

Begehrt der Besteller Preisminderung, ist er nicht zur Verweigerung seiner Gegenleistung, sondern bloß zur Kompensation der Preisminderung berechtigt (Wahle in Klang2, IV/2, 88). Dies aber ist schon vor Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz geschehen. Da das Berufungsgericht die Beweisrüge des Beklagten, in welcher er sich gegen die Verneinung einer Pauschalpreisvereinbarung durch das Erstgericht wendete, nicht erledigt hat, war wie im Spruch zu entscheiden.

Der Ausspruch über den Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21928

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00651.9.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19900906_OGH0002_0060OB00651_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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