TE OGH 1990/9/12 1Ob546/90

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Veröffentlicht am 12.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** H*** reg.

Genossenschaft mbH, Horn, Kirchenplatz 4, vertreten durch Dr. Claus Janovsky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Heinrich T***, Angestellter, Hollabrunn, Wiener Straße 31, vertreten durch Dr. Günther Pointner, Rechtsanwalt in Tulln, wegen restlicher S 169.118,41 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7. Dezember 1989, GZ 2 R 214/89-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 31. Juli 1989, GZ 4 Cg 71/88-35, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.821 (darin S 2.803,50 Umsatzsteuer) und S 7.410,60 (darin S 1.235,10 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei gewährte am 6. November 1980 Franz S*** einen Abstattungskredit von S 100.000, wofür der Beklagte die Haftung als Bürge und Zahler übernahm. Als weder der Kreditnehmer noch der Beklagte den Rückzahlungsverpflichtungen nachkamen, zedierte die klagende Partei im Juli 1984 ihre Ansprüche aus dem Kredit- und dem Bürgschaftsvertrag an die I*** Inkasso Gesellschaft mbH (im folgenden I***) zum Inkasso, die aber die Forderung nicht eintreiben konnte. Die klagende Partei bevollmächtigte über Vermittlung der I*** einen Rechtsanwalt, gegen den Beklagten Klage zu führen.

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten zuletzt die Zahlung von S 220.594,15 sA mit dem wesentlichen Vorbringen, der Beklagte habe für das Franz S*** zugezählte Darlehen die Haftung als Bürge und Zahler übernommen. Die Forderung sei von der I*** der klagenden Partei rückzediert worden.

Der Beklagte wendete u.a. ein, die Forderung sei der I*** zediert worden, eine Rückzession sei nicht erfolgt. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; es stellte fest, eine Rückzession sei nicht erfolgt. Da auch der Inkassozessionar die prozessuale Verfügungsgewalt über den zedierten Anspruch habe, mangle es der klagenden Partei an der Aktivlegitimation. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge und verhielt den Beklagten zur Zahlung von S 169.118,41 sA. Die Revision erklärte es für zulässig. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen, bejahte aber die Aktivlegitimation der klagenden Partei, die als Inkassozedentin auch ohne Rückzession die volle Verfügungsgewalt über die Forderung behalten habe. Die klagende Partei habe den Rechtsvertreter des Zessionars beauftragt, die Forderung gerichtlich geltend zu machen; darin liege ein schlüssiger Widerruf des Inkassomandats.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil "seinem gesamten Inhalte nach" (erkennbar gemeint: seinem klagsstattgebenden Teil) gerichtete Revision des Beklagten ist berechtigt.

Gemäß § 1392 ABGB entsteht, wenn eine Forderung von einer Person an die andere übertragen, und von dieser angenommen wird, eine Umänderung des Rechtes mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers. Eine solche Umänderung heißt Abtretung (Zession) und kann mit oder ohne Entgelt geschlossen werden. Die klagende Partei zedierte ihre Ansprüche aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Bürgschaftsvertrag zum Inkasso an die I***. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Inkassozession (Abtretung zur Einziehung, Inkassomandat) eine Sonderform der Abtretung, ein in die Form der Abtretung gekleideter, dem Schuldner (Zessus) gegenüber als Abtretung wirkender Auftrag des Zedenten an den Zessionar, die Forderung, die im Vermögen des Zedenten bleiben soll, im Namen des Zessionars, aber auf Rechnung des Zedenten geltend zu machen und die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen. Das Inkassomandat wirkt im Außenverhältnis als Zession, im Innenverhältnis liegt ihm ein Mandatsverhältnis zugrunde, bei dem die Abtretung bloß als Auftrag wirkt, die Forderung im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung geltend zu machen (JBl. 1984, 378; SZ 53/74, SZ 45/82, SZ 44/108; 8 Ob 54/84 ua; Honsell in Schwimann, Rz 10 zu § 1392 ABGB; Strasser in Rummel2, Rz 34 zu § 1002 ABGB; Koziol-Welser, Grundriß8 I 281). Grundsätzlich ist der Zedent nach der Forderungsabtretung nicht mehr zur Klagsführung berechtigt (SZ 57/204, SZ 54/59 ua). Dies gilt auch für die Inkassozession; denn diese ist eine echte wenn auch treuhändische (Koziol-Welser aaO; Roth in Münchener Kommentar2 Rz 31 zu § 398 BGB) Abtretung, die dem Zessionar (hier: I***) in Ansehung der zur Einziehung abgetretenen Forderung die Gläubigerstellung, Rechtszuständigkeit und alleinige prozessuale Verfügungsfähigkeit verschafft (SZ 53/74, SZ 45/82, SZ 42/105 ua; 8 Ob 15/85, 7 Ob 690/84, 7 Ob 146/75; Wolff in Klang2 VI 290; Ertl in Rummel, § 1392 ABGB Rz 5). Nur "wirtschaftlich" bleibt bei der Inkassozession die Forderung beim Zedenten (Koziol-Welser aaO). Die vom Berufungsgericht zur Stützung seiner Ansicht angeführten Entscheidungen SZ 36/46 und EvBl. 1977/20 betreffen nicht die Aktivlegitimation des Inkassozedenten, sondern dessen Passivlegitimation für Klagen des Schuldners auf Feststellung des Nichtbestehens der Forderung und begründen dies damit, daß der Schuldner den Widerruf des Inkassomandates verlangen könne. Die von der klagenden Partei behauptete Rückzession blieb unbewiesen. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, die klagende Partei habe den Rechtsvertreter des Zessionars noch vor Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz beauftragt, die Forderung gerichtlich geltend zu machen, und damit konkludent das Inkassomandat widerrufen, übersieht, daß ein solcher Widerruf nur im Innenverhältnis wirkte, die erforderliche Rückzession aber nicht ersetzte (HS 7095; Strasser aaO Rz 8 e zu §§ 1020 - 1026 ABGB; vgl. Thomas in Palandt49 751; Roth aaO; Seiler in Münchener Kommentar2 Rz 9 zu § 671 BGB).

Der Revision ist Folge zu geben, das angefochtene Urteil ist dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E21601

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00546.9.0912.000

Dokumentnummer

JJT_19900912_OGH0002_0010OB00546_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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