TE OGH 1990/9/26 2Ob76/90 (2Ob1085/90)

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Veröffentlicht am 26.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert R***, Pensionist, Hangweg 23, 9740 Zeltweg, vertreten durch Dr. Johannes Schriefl und Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei I*** - R*** I*** U***- UND

S*** AG, Ghegastraße 3, 1030 Wien, vertreten durch

Dr. Johann Subarsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 293.200 sA und Feststellung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 13. Juni 1990, GZ 18 R 95/90-132, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 2. Juli 1987, GZ 33 Cg 740/86-40, ersatzlos behoben wurde, sowie infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 13. Juni 1990, GZ 18 R 93/90-130, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 25. Jänner 1990, GZ 33 Cg 740/86-118, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.) Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

2.) Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung zu Punkt 1.):

Mit der am 14. Mai 1986 erhobenen Klage begehrte Herbert R*** aus dem Titel des Schadenersatzes (Verkehrsunfall vom 30. Juni 1984) von der Beklagten als Haftpflichtversicherer seines Unfallsgegners - vorbehaltlich der Ausdehnung des Klagebegehrens - den Ersatz eines Drittels des ihm entstandenen Schadens und stellte - ausgehend vom Alleinverschulden des bei der Beklagten versicherten KFZ-Lenkers - ein entsprechendes Feststellungsbegehren. Mit dem am 30. Juni 1987 beim Erstgericht überreichten Schriftsatz (ON 36 dA) dehnte er sein Klagebegehren dahingehend aus, daß er nunmehr 100 % seiner Ansprüche geltend machte.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 11. Februar 1988 "berief" sich der Klagevertreter auf diesen Schriftsatz, worauf der Verhandlungsrichter bekannt gab, daß dieser Schriftsatz mit Beschluß vom 2. Juli 1987, ON 40 dA, zurückgewiesen worden sei. Daß dieser Beschluß ausgefertigt und zugestellt worden wäre, ist der Aktenlage nicht zu entnehmen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem mit der gegen das Urteil erhobenen Berufung verbundenen Rekurs der Beklagten Folge und hob den Beschluß des Erstgerichtes (ON 40 dA), mit dem der "vorbereitende" Schriftsatz ON 36 zurückgewiesen wurde, ersatzlos auf, wobei es aussprach, daß der ordentliche Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Es vertrat unter Hinweis auf die in JBl 1989, 516 f veröffentlichte Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 20. April 1989 (7 Ob 707, 708/88) die Ansicht, daß das Erstgericht den Schriftsatz nicht hätte zurückweisen dürfen. Er habe nämlich nicht nur der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gedient und sei ein auch nach Beginn der Streitverhandlung zulässiger bestimmender Schriftsatz gewesen, der innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist bei Gericht eingelangt und in der mündlichen Streitverhandlung auch vorgetragen worden sei. Damit seien aber alle in der richtungweisenden oberstgerichtlichen Entscheidung geforderten Voraussetzungen erfüllt. Da die hier maßgebenden Rechtsfragen in dieser Entscheidung geklärt worden seien, sei der Revisionsrekurs nicht zuzulassen gewesen. Der von der Beklagten gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes zulässig, weil in der Entscheidung des verstärkten Senates zur Frage der Bekämpfbarkeit eines einen solchen bestimmenden Schriftsatz zurückweisenden Beschlusses - wie die Rechtsmittelwerberin zutreffend erkannte - nicht Stellung genommen wurde und dazu eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes noch fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß es sich bei dem vom Erstgericht zurückgewiesenen Schriftsatz nicht um einen bloß vorbereitenden Schriftsatz handelte, auf den allein sich die Bestimmung des § 258 ZPO bezieht. Ist in einem Schriftsatz, mit dem etwa eine Ausdehnung des Klagebegehrens angestrebt wird, nicht bloß ein vorbereitender Schriftsatz zu erblicken (JBl 1989, 516 = EvBl 1989/136; 6 Ob 724/88), dann kann der allein für die Zurückweisung vorbereitender Schriftsätze geltende Rechtsmittelausschluß des § 257 Abs 2, 1. Halbsatz des 2. Satzes iVm § 258 Schlußsatz ZPO auf die Zurückweisung von - § 258 ZPO nicht zu unterstellenden - Schriftsätzen mit bestimmendem Charakter nicht angewendet werden. Fehlt aber ein gesetzlicher Rechtsmittelausschluß, so ist das Rekursgericht mit Recht von der Zulässigkeit des von der Beklagten gegen den erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß erhobenen Rekurses ausgegangen. Insoweit die Revisionsrekurswerberin in ihrem Rechtsmittel davon ausgeht, der Schriftsatz sei in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen worden, und sie daraus das Fehlen der in der Entscheidung des verstärkten Senates geforderten Voraussetzungen ableiten möchte, geht sie nicht von der Aktenlage aus, weshalb sie ihre diesbezügliche Rüge nicht dem Gesetz entsprechend zur Darstellung bringt. Der Oberste Gerichtshof hat keine Bedenken gegen die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung des diesbezüglichen Inhaltes des vom Erstgericht über den Gang der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 11. Februar 1988 (ON 50 dA) aufgenommenen Protokolles, zumal die Wortwahl des Erstgerichtes keine andere sinnvolle Auslegung zuläßt.

Da sich das Rekursgericht im Rahmen der genannten, auch vom erkennenden Senat gebilligten Entscheidung des verstärkten Senates gehalten hat, konnte dem Revisionsrekurs kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E22111

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00076.9.0926.000

Dokumentnummer

JJT_19900926_OGH0002_0020OB00076_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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