TE OGH 1990/9/26 9ObA231/90 (9ObA232/90)

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Veröffentlicht am 26.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Wolfgang Dorner und Gerald Kopecky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Ing. Helmut L***, Angestellter, Wien 12., Erlaaerstraße 179/9, vertreten durch Dr.Paul Bachmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei H*** Elektro-Thermotechnik Installations-Gesellschaft mbH, Wien 12., Perfektastraße 79, vertreten durch Dr.Helmut Hoppel, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 125.665 brutto und S 192.793 netto sA, Unterlassung und Feststellung (Streitwert S 500.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31.Mai 1990, GZ 34 Ra 25/90-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6.November 1989, GZ 10 Cga 559/89-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im Ausspruch über die Abweisung des Begehrens auf Zahlung von S 73.666 brutto und S 82.166 netto je sA (Punkt I des Ersturteils) als Teilurteil bestätigt und im Ausspruch über das Unterlassungsbegehren (Punkt II Abs 1 des Ersturteils) einschließlich der Kostenentscheidung aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger (und Widerbeklagte; im folgenden nur: Kläger) war Geschäftsführer der Ing. Helmut L*** GesmbH, über deren Vermögen im November 1988 der Konkurs eröffnet wurde. Die Beklagte (und Widerklägerin; im folgenden nur: Beklagte) übernahm die Mehrzahl der Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin und die von dieser nicht mehr zu Ende geführten Aufträge; sie stellte den Kläger als Betriebsleiter eines neu zu gründenden Elektroinstallationsunternehmens ein, kündigte ihn jedoch am 29.3.1989 unter sofortiger Dienstfreistellung zum 30.6.1989. Am 5.4.1989 sprach die Beklagte die Entlassung des Klägers aus, weil er nach seiner Kündigung versucht hatte, drei Arbeitnehmer für die Fa B*** abzuwerben. Der Kläger setzte seine Abwerbungstätigkeit auch nach der Entlassung fort; er lud zwei weitere Arbeitnehmer der Beklagten persönlich bzw brieflich ein, sich mit der Firma B***, bei der er die Leitung einer Installationsgruppe übernehmen werde, um eine Stelle zu bewerben (Beilage 3, 4). Auf die Aufforderung der Beklagten vom 5.4.1989, derartige Abwerbungen zu unterlassen, anwortete der Kläger am 14.4.1989 (Beilage A im verbundenen Akt), daß er sich den Kontakt zu (seinen ehemaligen) Monteuren von der Beklagten nicht verbieten lasse und setzte seine Abwerbungstätigkeit durch mehrere Schreiben (Beilagen 5, 6) an (bereits mündlich angesprochene) Arbeitnehmer der Beklagten fort.

Der Kläger begehrt von der Beklagten neben anderen Beträgen Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 6.4. bis 30.6.1989 in Höhe von S 73.666 brutto und S 82.166 netto (diese Teilung beruht darauf, daß sein Einkommen in einem Bruttobetrag und ein Konsulentenhonorar geteilt war).

Die Beklagte begehrt vom Kläger mit der vom Handelsgericht Wien an das Erstgericht überwiesenen und mit der Klage zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Widerklage, den Beklagten schuldig zu erkennen

1. die Abwerbung von Arbeitnehmern der Beklagten - planmäßig oder mit sittenwidrigen Mitteln - zu unterlassen und ( - dies ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens - )

2. festzustellen, daß der Kläger (zur ungeteilten Hand mit der weiterhin beim Handelsgericht Wien belangten Firma B***) für jeden Schaden (einschließlich des entgangenen Gewinnes) aus diesen Abwerbungen hafte.

Der Kläger habe bei der Abwerbung der Wahrheit zuwider nachteilige Behauptungen über die Beklagte aufgestellt; er wende sich planmäßig an alle Arbeitnehmer der Beklagten und bezwecke mit der Abwerbung nicht so sehr, den Personalstand der Firma B*** aufzustocken, sondern der Beklagten unter Ausnützung des derzeitigen Facharbeitermangels Schaden zuzufügen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens; sie habe den Kläger wegen seiner Abwerbungsversuche berechtigt entlassen. Der Kläger beantragte die Abweisung der Widerklage. Er habe seinen Mitarbeitern nur empfohlen, sich an die Firma B*** zu wenden, sie aber nicht abgeworben. Er sei bisher nicht Dienstnehmer der Firma B*** geworden.

Das Erstgericht wies das Begehren auf Kündigungsentschädigung mit Teilurteil ab und gab dem Begehren der Widerklage mit "Endurteil" ( - richtig liegt insgesamt ein Teilurteil vor ħ 391 Abs 2 ZPOÜ - ) statt.

Da das Beweisverfahren ergeben habe, daß der Kläger schon vor seiner Entlassung beharrlich versucht habe, Arbeitnehmer der Beklagten zur Firma B*** abzuwerben, sei er zu Recht entlassen worden, so daß ihm keine Kündigungsentschädigung gebühre. Zum Unterlassungsbegehren vertrat das Erstgericht nach ausführlicher Wiedergabe der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur sittenwidrigen Abwerbung die Ansicht, daß eine Abwerbung unter Behauptung irreführender Angaben über die Verhältnisse der Beklagten nicht erwiesen sei. Das Vorgehen des Klägers und seine Abwerbungsversuche könnten aber nur dahin "ausgelegt" werden, daß er die wirtschaftlichen Grundlagen, nämlich die Wettbewerbsfähigkeit der Beklagten, schwächen und beeinträchtigen wollte, um ihr dadurch Schaden zuzufügen. Die Beklagte sei durch das Verhalten des Klägers weiterhin gefährdet, habe er doch am 14.4.1989 angekündigt, sich den Kontakt mit seinen ehemaligen Mitarbeitern nicht verbieten zu lassen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nur teilweise dahin Folge, daß es das Feststellungsbegehren der Widerklage - insoweit unbekämpft - abwies. Im übrigen bestätigte es das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes (der Widerklage) S 50.000 übersteige. Der Kläger habe sich durch das Abwerben von drei Dienstnehmern der Beklagten einer Handlung schuldig gemacht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lasse. Er habe damit seine Treuepflicht verletzt; diese enthalte die Verpflichtung, die Interessen des Dienstgebers und des Betriebes nicht zu schädigen. Das Abwerben fremder Arbeitskräfte verstoße nur dann gegen § 1 UWG, wenn verwerfliche Mittel angewendet werden, so etwa dann, wenn fremde Dienstnehmer planmäßig abgeworben werden, um die Tätigkeit des Mitbewerbers zu beeinträchtigen. Die Unterlassungsklage richte sich gegen den Störer. Sei dieser Dienstnehmer, so sei er passiv legitimiert, wenn er im geschäftlichen Verkehr und zu Zwecken des Wettbewerbes gehandelt habe. Am geschäftlichen Verkehr nehmen Arbeitnehmer nur dann teil, wenn ihre Tätigkeit maßgeblich auf ihrem eigenen Willen beruhe und nicht nur in untergeordneter Stellung ausgeübt werde. In Wettbewerbsabsicht handle auch derjenige, der den (ihm fremden) Wettbewerb seines Arbeitgebers fördern wolle. Die Wettbewerbsabsicht sei bei Handlungen mit typisch wettbewerblichem Charakter zu vermuten. Das Vorgehen des Klägers sei nach den näheren Begleitumständen eine wettbewerbliche Kampfmaßnahme, mit der die Tätigkeit der Beklagten systematisch beeinträchtigt werden sollte. Das Verhalten des Klägers verstoße daher gegen § 1 UWG. Wiederholungsgefahr liege vor.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung; er beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren des Klägers in vollem Umfange stattgegeben und die Widerklage der Beklagten vollinhaltlich abgewiesen werde.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist teilweise berechtigt.

Nicht berechtigt ist das Rechtsmittel, soweit es sich gegen die Abweisung des Begehrens auf Kündigungsentschädigung richtet. Der zu diesem Teil der Entscheidung geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der im allgemeinen zivilgerichtlichen Verfahren geltende Grundsatz, daß Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht nicht als gegeben erkannt hat (hier: Verletzunge der Prozeßleitungspflicht) nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden können, ist jetzt auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen anzuwenden (9 Ob A 76/89 ua; zuletzt 9 Ob A 330/89). Das Berufungsgericht hätte zwar die Rüge des Klägers, das Erstgericht hätte ihn darüber belehren müssen, einen für eine umstrittene Beweisfrage wesentlichen weiteren Zeugen zu beantragen, als Antrag werten müssen, diesen Zeugen vor dem Berufungsgericht zu vernehmen, weil der Kläger im gesamten Verfahren erster Instanz unvertreten war, so daß er berechtigt war, Neuerungen geltend zu machen (§ 63 Abs 1 ASGG). Da aber dieser Beweisantrag nur eine von drei Abwerbungen vor Beendigung des Dienstverhältnisses betraf, der Kläger also selbst bei Annahme der Richtigkeit seines Standpunktes jedenfalls in zwei weiteren Fällen während seines aufrechten Dienstverhältnisses versucht hat, Arbeitnehmer der Beklagten für ein Konkurrenzunternehmen abzuwerben, hing die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht von der vom Kläger angestrebten Vernehmung dieses weiteren Zeugen ab.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß ein Dienstnehmer, der während seines aufrechten Dienstverhältnisses bewußt und vorsätzlich einen anderen Dienstnehmer zu bewegen versucht, das Dienstverhältnis zu lösen und in ein Konkurrenzunternehmen einzutreten, die Voraussetzungen des Entlassungstatbestandes des § 27 Z 1 AngG erfüllt (Arb. 7.851, 7.901; SozM I A/d 1016; RdW 1987, 60; RdW 1988, 172), ist zutreffend. Auf bloße Gespräche unter Arbeitskollegen über die Möglichkeit eines Dienstgeberwechsels, die - je nach Art und Inhalt der Gespräche - keine so schwere Verletzung der Interessen des Dienstgebers sind, daß sie die Entlassung rechtfertigen (SozM I A/d 1016; RdW 1987, 60; RdW 1988,

172) hat sich das Handeln des Klägers nicht beschränkt, hat er doch als damaliger Vorgesetzter der angesprochenen Dienstnehmer diese unter Hinweis auf eine offene Stelle und höhere Bezahlung ermuntert, sich bei der Firma B*** zu bewerben. Soweit der Kläger ausführt, er habe Dienstnehmer (in allen Fällen) erst nach Beendigung seines Dienstverhältnisses abgeworben, führt er die Revision nicht gesetzmäßig aus.

Im Sinne einer teilweisen Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen berechtigt ist jedoch die Revision, soweit sie sich gegen die Stattgebung des auf § 1 UWG gestützten Unterlassungsbegehrens der Widerklage richtet.

Grundsätzlich ist das Abwerben von Beschäftigten eines Mitbewerbers erlaubt. Oftmals kann ein Unternehmer nur dann tüchtige Mitarbeiter und Arbeitnehmer einstellen, wenn er sie vom Mitbewerber zu sich herüberzieht; die damit verbundene Beeinträchtigung des Mitbewerbers folgt aus dem Wesen des Wettbewerbs. Das Ausspannen fremder Arbeiter oder Angestellter oder sonstiger von einem Mitbewerber Beschäftigter wird auch nicht dadurch unzulässig, daß man ihnen vorteilhaftere Bedingungen anbietet, entspricht doch gerade dies dem Leistungswettbewerb. Jeder Beschäftigte hat das Recht, seine wirtschaftliche Lage zu verbessern; es kann daher niemals sittenwidrig sein, wenn ein Unternehmer diesem Wunsch entgegenkommt, mag er den Arbeitnehmer dabei auch veranlassen, sein bisheriges Beschäftigungsverhältnis zu kündigen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 595 ff § 1 dUWG Rz 583 und 586; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 82; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 213 f; Arb. 8.781 = ÖBl 1970, 72 mwN; ÖBl 1971, 122; ÖBl 1975, 113; 4 Ob 119/88).

Das Abwerben fremder Beschäftigter verstößt aber dann gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG, wenn verwerfliche Mittel angewendet oder verwerfliche Ziele verfolgt werden (Baumbach-Hefermehl aaO 595 ff, Rz 583 bis 585, 587 bis 589; Koppensteiner aaO 214; SZ 34/86; ÖBl 1975, 113 mwN; 4 Ob 119/88). Daß der Beklagte verwerfliche Mittel angewendet hat, wurde von den Vorinstanzen nicht als erwiesen angenommen. Aus der Beilage 5 und 6 geht allerdings hervor, daß der Kläger zwei Arbeitnehmern der Beklagten am 17.5.1989 mitgeteilt hat, einige seiner Kollegen hätten sich bereits für die Firma B*** entschieden; ob aber diese Behauptung irreführend war, wurde nicht festgestellt; in der Widerklage hatte die Beklagte vorgebracht, der Kläger habe wahrheitswidrig behauptet, daß bereits einige Mitarbeiter der Beklagten gekündigt hätten und zur Firma B*** gegangen seien. Verwerfliche Ziele werden mit der Abwerbung verfolgt, wenn Dienstnehmer oder sonstige Mitarbeiter eines Konkurrenten planmäßig "ausgespannt" werden. Der unbestimmte Begriff der "Planmäßigkeit" ist jedoch als solcher wertfrei und kann daher für sich allein Unlauterkeit nicht begründen (dazu allgemein Baumbach-Hefermehl aaO 144 f EinlUWG Rz 121). Die die "Planmäßigkeit" begründenden Unlauterkeitskriterien bedürfen daher einer entsprechenden konkretisierung. Es muß ein subjektives Unrechtselement dazutreten, das in der Regel in der Absicht des Abwerbenden bestehen wird, den Geschäftsbetrieb seiner Mitbewerber durch - allenfalls auch "systematisch" - Abwerbungen zu beeinträchtigen und jene dadurch zu schädigen (vgl ÖBl 1965, 116; ÖBl 1966, 13; ÖBl 1971, 122; 4 Ob 119/88). Das Vorgehen muß eine wettbewerbliche Kampfmaßnahme sein, die erkennen läßt, daß der Abwerbende den Mitbewerber durch planmäßiges Ausspannen von (eingearbeiteten) Arbeitskräften schädigen will. Für ein gezieltes Vorgehen spricht es, daß ohne Rücksicht auf andere Möglichkeiten, die der Arbeitsmarkt bietet, gerade Beschäftigte eines bestimmten Unternehmens abgeworben werden. Auch spricht es für eine gezielte Aktion, wenn zahlreiche Beschäftigte eines Mitbewerbers abgeworben werden; andererseits ist aber die Zahl der Abgeworbenen für sich allein nicht entscheidend. Die Umstände des Einzelfalles sind maßgebend und hiebei insbesondere die Größe der Unternehmen der Mitbewerber, die Lage des Arbeitsmarktes und der Grad des Wettbewerbes maßgebend (Baumbach-Hefermehl aaO 597 f, Rz 588). Im übrigen gelten aber für die Beurteilung der Unlauterkeit einer Abwerbung die schon vom Erstgericht zutreffend aufgezeigten allgemeinen Grenzen zwischen zulässigem Leistungswettbewerb und unlauterem Behinderungswettbewerb (vgl ÖBl 1977, 93; ÖBl 1981, 47; ÖBl 1987, 67). Entscheidend für diese Abgrenzung ist, daß die Behinderung keine bloße Folge zulässigen Leistungswettbewerbs, sondern eine Folge unlauterer Abwerbungsmittel oder unlauterer Zielsetzungen des Abwerbenden ist.

Die Anwendung des § 1 UWG setzt ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Beteiligten voraus, doch genügt es, falls der Störer (hier: der Abwerbende) nicht selbst Mitbewerber ist, daß er in der Absicht handelt, einen fremden Wettbewerber zum Nachteil von dessen Mitbewerbern zu fördern. Auf diese Weise können auch Personen in die wettbewerbsrechtliche Beurteilung einbezogen werden, die miteinander nicht konkurrieren; schalten sie sich in den Wettbewerb anderer ein, steht ihr Verhalten dem des Wettbewerbers gleich, den sie zu fördern beabsichtigen (Baumbach-Hefermehl aaO 187, EinlUWG Rz 233). Die Handlungen von Betriebsangehörigen sind Wettbewerbshandlungen, wenn sie der Förderung des Wettbewerbs des Unternehmens dienen. Während bei Handlungen mit typisch wettbewerblichem Charakter oder bei Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses die Wettbewerbsabsicht schon nach der Lebenserfahrung zu vermuten ist, bleibt im Falle der Förderung fremden Wettbewerbs für eine solche tatsächliche Vermutung kein Raum. Der Kläger muß hier die Absicht des Beklagten nachweisen, daß dieser zu Gunsten des einen und zum Nachteil des anderen Mitbewerbers in den Wettbewerb eingreifen wollte (Kuderna, Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen durch eine Konkurrenzklausel gebundene Arbeitnehmer in FS

Weißenberg 287 ff Ä290Ü; ÖBl 1977, 117; ÖBl 1983, 13; WBl 1988, 99 uva).

Für die Beurteilung der Frage, ob der Förderer fremden Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr im Sinne des § 1 UWG gehandelt hat, sind die Verhältnisse desjenigen maßgebend, dessen Wettbewerb gefördert wird. Zum Bereich des geschäftlichen Verkehrs zählt jede Tätigkeit, die irgendwie der Förderung eines beliebigen Geschäftszwecks dient, der auch ein fremder sein kann (Baumbach-Hefermehl aaO 176 EinlUWG Rz 208). Mit anderen Worten:

Handeln "im geschäftlichen Verkehr" setzt nicht voraus, daß der Handelnde das eigene "Geschäft" fördern will. Auch wer zu Gunsten dritter "Wirtschaftstreibender" in den Marktablauf eingreift, handelt im geschäftlichen Verkehr (Koppensteiner aaO 26). Ob für Arbeitnehmer die Einschränkung zu machen ist, daß ihre Tätigkeit insofern selbständig sein muß, als diese auf einem zumindest mitbestimmenden, für die Störung maßgeblichen Willen beruht und nicht etwa nur in untergeordneter Stellung ausgeübt wird (so Kuderna aaO 289), kann diesmal auf sich beruhen, da der Kläger als Betriebsleiter der Beklagten und außerdem unter Behauptung einer künftigen leitenden Stellung bei dem geförderten Unternehmen gehandelt hat.

Das Erstgericht hat die Unlauterkeit des Vorgehens des Klägers damit begründet, daß sein Vorgehen und seine Abwerbungsversuche nur in der Richtung "ausgelegt" werden könnten, die Wettbewerbsfähigkeit seiner (ehemaligen) Arbeitgeberin zu schwächen und ihr dadurch Schaden zuzufügen. Diese - in den Rahmen der rechtlichen Beurteilung aufgenommene - Begründung läßt nicht erkennen, ob das Erstgericht in tatsächlicher Hinsicht eine Schädigungsabsicht des Klägers aus seinem Verhalten (mehrere Abwerbungsversuche; einige unmittelbar nach der Kündigung) erschlossen und festgestellt oder nur den objektiven Sachverhalt rechtlich beurteilt hat. Der Kläger hat diese Unklarheit in der Berufung ausdrücklich gerügt und vorsichtshalber sowohl den Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung (der gegen die Festster xag einer solchen Schädigungsabsicht gerichtet war) als auch der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat die Beweisrüge zur Widerklage nicht erledigt, ohne daß dies der Kläger in der Revision bemängelt hat. Diese Unterlassung kann ihm jedoch hier nicht schaden, da nicht feststeht, ob das Erstgericht eine Tatsachenfeststellung (die unbekämpft geblieben wäre) getroffen hat oder (wegen der typischen - auch mit lauteren Abwerbungen verbundenen - Folgen) nur im Rahmen der rechtlichen Beurteilung eine Schädigungsabsicht angenommen hat. Auch wurde nicht festgestellt, ob der Kläger bei seinem Vorgehen in der Absicht gehandelt hat, den Wettbewerb der Firma B*** zu fördern. Die Feststellung der Wettbewerbsabsicht ist aber ebenso wie die Feststellung einer Schädigungsabsicht Tatfrage (ÖBl 1983, 13; ÖBl 1984, 102; ÖBl 1987, 23; ÖBl 1990, 18). Der rechtlichen Beurteilung durch das Berufungsgericht ist nur zu entnehmen, daß die Vorgangsweise des Klägers eine wettbewerbliche Kampfmaßnahme war, mit der die Beklagte "systematisch" beeinträchtigt werden sollte. Das setzt aber wiederum die Feststellung voraus, daß der Kläger die Beklagte ( - zugleich in Förderung des Wettbewerbs seiner künftigen neuen Arbeitgeberin handelnd - ) durch die Abwerbung schädigen wollte. Die Zahl der Abwerbungen und das spontane Vorgehen des Klägers unmittelbar nach seiner Kündigung sind zwar ein Indiz für eine solche Absicht, sie machen aber eine - in zweiter Instanz noch

überprüfbare - Tatsachenfeststellung des Erstgerichtes über die - Unlauterkeit begründenden - Absichten des Klägers nicht entbehrlich, zumal eine wegen entsprechender wirtschaftlicher Bedürfnisse der Firma B*** nach Arbeitskräften allenfalls zulässige Abwerbung objektiv dieselben Folgen hätte und daher ein bloßer rechtlicher Schluß aus der Schadenszufügung auf eine Schädigungsabsicht nicht statthaft ist.

Auf den Wegfall der Wiederholungsgefahr hat sich der Kläger bisher nicht berufen. Er hat zur Widerklage lediglich auf seine Äußerung im Sicherungsverfahren (AS 11 des verbundenen Aktes) verwiesen; dort brachte er nur vor, daß es über einen konkreten Posten bei der Firma B*** nur Gespräche gegeben habe, die keinen Abschluß gefunden hätten. Im übrigen behauptet der Kläger nach wie vor, zur beanstandeten Vorgangsweise berechtigt gewesen zu sein, hat er doch der Beklagten mitgeteilt, er lasse sich den Kontakt zu (seinen ehemaligen) Monteuren nicht verbieten. Im Zweifel ist daher vom Fortbestehen der Wiederholungsgefahr auszugehen. Entgegen der Annahme des Erstgerichtes können zur Sicherung der im UWG bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung einstweilige Verfügungen erlassen werden, auch wenn die im § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen (§ 24 UWG). Die Gefährdung des Anspruchs muß also nicht bescheinigt sein.

Da die bisherigen Feststellungen nicht ausreichen, die Unlauterkeit der Abwerbungsversuche des Klägers abschließend zu beurteilen, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen im Umfange des Unterlassungsbegehrens (Punkt II Abs 1 des Ersturteils) einschließlich der Kostenentscheidung aufzuheben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E21748

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00231.9.0926.000

Dokumentnummer

JJT_19900926_OGH0002_009OBA00231_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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