TE OGH 1990/10/24 2Ob64/90

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Veröffentlicht am 24.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth T***, Landesnervenkrankenhaus, 6060 Hall in Tirol, vertreten durch Dr.Hans-Peter Ullmann, Dr.Stefan Geiler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei A*** E*** Versicherungs-AG, Landesdirektion für Tirol, Sillgasse 12, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr.Günter Kolar, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen restlicher S 792.029,59 sA und Zahlung einer Rente infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 20.April 1990, GZ 4 R 397/89-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 23.August 1989, GZ 10 Cg 57/88-33, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes, dessen Punkte 1 und 3 a als unbekämpft unberührt bleiben, wird in seinen Punkten 2 und 3 b dahin abgeändert, daß die Punkte 2 und 3 b des Ersturteiles wiederhergestellt werden und die Kostenentscheidung zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters die mit S 146.480,95 (darin enthalten S 550 Barauslagen und S 24.321,82 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.285,20 (darin enthalten S 1.714,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 16.172,20 (darin enthalten S 10.000 Barauslagen und S 1.028,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 16.12.1936 geborene Klägerin erlitt am 27.2.1985 bei einem Verkehrsunfall schwere Verletzungen. Es ist unbestritten, daß die beklagte Partei der Klägerin für die dadurch entstandenen Schäden haftet. Die Klägerin war vor dem Unfall bei der Firma K*** beschäftigt, außerdem führte sie in dem in ihrem und ihres Ehemannes Miteigentum stehenden Haus den Haushalt, in welchem außer den beiden Ehegatten deren selbsterhaltungsfähiger Sohn und deren noch nicht selbsterhaltungsfähige Tochter lebten. Die Kinder und der Ehemann halfen bei der täglichen Hausarbeit kaum mit. Seit dem Unfall ist die Klägerin wegen der erlittenen schweren Schädelverletzungen ein Pflegefall, sie befindet sich im Landessonderkrankenhaus Hall (Pflegeabteilung). Eine Besserung ihres Zustandes ist nicht mehr zu erwarten. Der Ehemann der Klägerin starb im September 1987. Die Tochter beendete ihr Lehrverhältnis am 15.8.1988 und ist seither selbsterhaltungsfähig. Die beiden Kinder der Klägerin wohnen weiterhin in dem nunmehr im Alleineigentum der Klägerin stehenden Haus.

Die durch einen Sachwalter vertretene Klägerin stellte ein Feststellungsbegehren (über dieses ist bereits rechtskräftig mit Teilurteil entschieden) und machte außerdem mit Leistungsklage verschiedene auf § 1325 ABGB gestützte Ansprüche geltend. Unter anderem begehrte sie Verdienstentgang mit der Begründung, sie habe ihr Arbeitseinkommen verloren, sie könne außerdem die Hausarbeiten nicht mehr verrichten. Für die Zeit bis einschließlich Februar 1988 kapitalisierte die Klägerin ihr Verdienstentgangsbegehren, ab 1.3.1988 begehrte sie eine monatliche Rente von S 7.800 (Entgang des Arbeitseinkommens zuzüglich S 1.600 wöchentlich für die Haushaltsführung, abzüglich der Invaliditätspension). Das Erstgericht erkannte hinsichtlich des Rentenbegehrens dahin, daß es der Klägerin für die Zeit vom 1.3.1988 bis 31.8.1988 eine monatliche Rente von S 7.768,97 und für die Zeit vom 1.9.1988 bis 31.12.1996 eine solche von S 1.162,71 zuerkannte. Das Rentenmehrbegehren wurde abgewiesen.

Nur das Rentenbegehren ab 1.9.1988 ist Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Das Erstgericht führte zur Begründung der Entscheidung über dieses Begehren aus, seit dem Tod des Ehemannes und der Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter habe weder aufgrund elterlicher Sorge noch ehelicher Beistandspflicht eine Haushaltsführung stattfinden müssen. Ersatz für fiktive Haushaltsführung könne aber nur dann zugesprochen werden, wenn ein Haushalt mit mehreren Personen und nicht nur der der Haushaltsführerin allein zu besorgen sei. Ab 1.9.1988 vermindere sich daher der Rentenanspruch der Klägerin gegenüber der davor liegenden Zeit um das fiktive Entgelt für die Haushaltsarbeit, so daß ab diesem Zeitpunkt nur noch der Verdienstentgang zu bezahlen sei, der sich aus der Differenz der fiktiven Tätigkeit bei der Firma K*** und den tatsächlich bezahlten Sozialversicherungsleistungen errechne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und änderte das Ersturteil in seinem Ausspruch über das Rentenbegehren (die Abänderung hinsichtlich der Zinsen ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens) dahin ab, daß die vom 1.9.1988 bis 31.12.1996 zu leistende Rente S 4.629,37 beträgt. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.

Das Gericht zweiter Instanz führte aus, seit die Tochter die Selbsterhaltungsfähigkeit erlangt habe, bestehe aus dem Familienrecht heraus keine Verpflichtung der Klägerin mehr, einen Haushalt zu führen. Anstelle der Notwendigkeit der Führung eines Haushaltes für die Klägerin selbst durch diese, sei die umfassende Betreuung im Landesnervenkrankenhaus Hall (deren Kosten vom Schädiger zu tragen seien) getreten. Seit 1.1.1988 gebe es also keine tatsächlichen Aufwendungen für eine Haushaltsführung, die durch Einsatz von Hilfskräften anstelle der Klägerin entstünden. Ein Schaden im Sinne einer Vermehrung der Bedürfnisse liege also nicht vor. Eine Hausfrauenrente könne daher nur unter dem Titel des Verdienstentganges zugesprochen werden. Nach der Rechtsprechung sei die Hausfrauenrente tatsächlicher Ersatz für konkreten Verdienstentgang, die Grundsätze für die Gewährung einer abstrakten Rente seien nicht heranzuziehen. Das Berufungsgericht gelangte nach eingehenden Ausführungen zur Hausfrauenrente zusammenfassend zu dem Ergebnis, Ersatz für Verdienstentgang stehe einer Hausfrau bei Führung des Haushaltes für ihre selbsterhaltungsfähigen Kinder zu. Entscheidend sei daher, ob tatsächlich eine solche Haushaltsführung weiter erfolgt wäre. Darüber sei nichts festgestell worden, eine Klärung dieser Frage sei auch unmöglich, da eine Vernehmung der Klägerin nicht möglich sei. Es erhebe sich also die Frage nach der Beweislastverteilung. Grundsätzlich treffe den Geschädigten in bezug auf den Schadenseintritt die Beweislast; auch in bezug auf den Verdienstentgang treffe dies generell zu (so daß etwa, wer nicht im Erwerbsleben stehe, aber behaupte, künftig einen Beruf ausgeübt zu haben, den Beweis hiefür zu erbringen habe). Bezüglich des Ausmaßes des Ersatzes künftigen Verdienstentganges sei dabei aber für den Geschädigten insoweit eine Erleichterung der Beweislast gegeben, als auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge abzustellen sei. Allgemein treffe die Beweislast für Änderungen einer einmal festgelegten Verdienstentgangsrente nach unten überhaupt den Ersatzpflichtigen.

Dies gelte aber darüber hinaus allgemein: Im Fall der Feststellung eines Zustandes, der sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht von selbst ändere, habe derjenige, der eine Änderung behaupte, hiefür den Beweis zu erbringen. Im gegenständlichen Fall sei der Klägerin der Beweis aller Sachverhaltsgrundlagen für die Hausfrauenrente bis einschließlich August 1988 gelungen. Sie habe damit einen bis zu diesem Zeitpunkt gegebenen Zustand bewiesen, der sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge nicht von selbst ändere. Es hätte daher der Beklagten oblegen, zu beweisen, daß ab September 1988 keine Haushaltsführung der Klägerin für ihre Kinder mehr erfolgt wäre. Diesen Beweis habe die Beklagte nicht erbringen können. Allein deshalb, weil Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter eingetreten sei, liege noch kein Umstand vor, der eine Änderung der zum Zeitpunkt des Unfalles tatsächlich gegebenen, bis zum Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit fiktiv anzunehmenden, Haushaltsführung mit sich brächte. Damit sei für die rechtliche Beurteilung davon auszugehen, daß die Klägerin auch nach Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit ihrer Tochter den Haushalt für die beiden nach wie vor weiter in ihrem Haus lebenden Kinder geführt hätte. Zum gleichen Ergebnis führe die Anwendung des Anscheinsbeweises, der hier auf seiten der Klägerin zulässig erscheine. Der Anscheinsbeweis solle eine Beweiserleichterung dort schaffen, wo naturgemäß für den Beweispflichtigen die eigentliche beweispflichtige Tatsache nicht oder kaum beweisbar sei. Er solle also verhindern, daß in solchen Fällen die Rechtsdurchsetzung an Beweisschwierigkeiten scheitere. Beim Anscheinsbeweis handle es sich nicht um einen Beweis im technischen Sinn, sondern um die Anwendung allgemein gültiger Erfahrungssätze, mit deren Hilfe von einer leicht erweislichen Tatsache auf das Vorhandensein der typischerweise damit verbundenen Tatsache des gesetzlichen Tatbestandes geschlossen werde. Selbst wenn der Klägerin als der Geschädigten nach den allgemeinen Beweislastregeln obläge, zu beweisen, daß ihr ein Verdienstentgang, der durch Hausfrauenrente abzugelten sei, auch nach dem 31.8.1988 verletzungsbedingt entstanden sei, müßte ihr zugute gehalten werden, daß ihr ein strenger Beweis in dieser Richtung nicht möglich sei. Es müßte daher die Beweisführung hinsichtlich leichter erweislicher Tatsachen zugestanden und für ausreichend erachtet werden, wenn aus diesen nach allgemeinen Erfahrungssätzen typischerweise auf eine Weiterführung des Haushaltes für die Kinder auch nach Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter geschlossen werden könne. Eben dies sei der Klägerin gelungen. Es stehe fest, daß sie vor dem Unfall den Haushalt im wesentlichen allein geführt habe; dies, obwohl damals ihr Sohn bereits selbsterhaltungsfähig gewesen sei. Feststehe weiters, daß beide Kinder sich auch weiterhin im Haushalt befinden, den früher die Klägerin geführt habe. Keines der Kinder habe noch einen eigenen Hausstand gegründet. Aus diesen bewiesenen Tatsachen sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluß zu ziehen, daß das bloße Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter keine Änderung in der Haushaltsführung ergeben hätte. Weshalb sollte eine Mutter, die auch die Selbsterhaltungsfähigkeit ihres Sohnes nicht zum Anlaß genommen habe, die Haushaltsführung für diesen nicht mehr weiterzuführen, bei Erreichung der Selbsterhaltungsfähigkeit ihrer Tochter angesichts deren noch jugendlichen Alters (sie ist am 9.3.1970 geboren) und deren erwiesenen Willens, im Haushalt zu bleiben, den Kindern die stets vorgenommene Haushaltsführung verweigern? Denkbar ist lediglich, daß sie von den beiden selbsterhaltungsfähigen Kindern ein Entgelt für die Haushaltsführung gefordert hätte. Diesem Umstand könne aber hier keinerlei rechtliche Bedeutung zukommen. Wenn die Klägerin durch Haushaltsführung für ihre Kinder auch eine Bezahlung erreicht hätte, läge ja nicht nur ein fiktiver, sondern ein tatsächlicher Verdienstentgang vor, den der Schädiger der Klägerin erst recht zu ersetzen hätte. Selbst wenn also davon ausgegangen würde, daß die Klägerin die Beweislast dafür treffe, daß sie auch nach dem 31.8.1988 den Haushalt für die Kinder weitergeführt hätte, müßte von einem Gelingen des in dieser Richtung ausreichenden Anscheinsbeweises ausgegangen werden. Die Klägerin habe daher weiterhin Anspruch auf eine Hausfrauenrente, die gemäß § 273 ZPO auf der Basis von 10 Wochenstunden a S 80 zu errechnen sei. Die beklagten Parteien bekämpfen den Zuspruch der Rente ab 1.9.1988 mit Revision, machen den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragen, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die über das Ersturteil hinausgehenden zusätzlichen Beträge abgewiesen werden.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil den Ausführungen des Berufungsgerichtes über die Hausfrauenrente grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 502 Abs 1 ZPO), sie ist auch berechtigt. Die grundsätzliche Frage, ob die Unmöglichkeit, den Haushalt für zwei selbsterhaltungsfähige Kinder zu führen, einen Anspruch auf Ersatz eines Verdienstentganges begründen kann, braucht hier nicht erörtert zu werden, weil nicht feststeht, daß die Klägerin nach dem Tod ihres Ehemannes und dem Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter den Haushalt für die Kinder weiter geführt hätte. Die Ansicht des Berufungsgerichtes über die Beweispflicht und den Anscheinsbeweis kann nicht geteilt werden.

Grundsätzlich muß jede Partei die rechtsbegründenden Tatsachen beweisen (Fasching, Zivilprozeßrecht2 882). Daher hat auch im Bereich des Schadenersatzrechtes der Kläger den Eintritt eines Schadens und den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Eintritt des Schadens zu beweisen (Koziol I2 327; SZ 56/181 uva). Der Unfall wäre für das Unterbleiben der Haushaltsarbeiten durch die Klägerin ab 1.9.1988 nur kausal, wenn die Klägerin ohne den Unfall diese Arbeiten verrichtet hätte. Dies steht aber nicht fest. Es kann wohl angenommen werden, daß die Klägerin für sich selbst Hausarbeiten verrichtet hätte, doch sind derartige Ansprüche nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens, zumal sich die Klägerin als Pflegefall in einem Sonderkrankenhaus befindet und der Schädiger ohnedies verpflichtet ist, die Pflegekosten zu ersetzen. Es geht also nur darum, ob die Klägerin ihren beiden Kindern über den 31.8.1988 hinaus den Haushalt geführt hätte. Zur Zeit des Unfalles tat sie dies, doch lebte damals ihr Ehemann noch und ihre Tochter stand noch in Berufsausbildung. Es handelte sich also um eine Haushaltsführung im Rahmen der Pflichten von Ehegatten und Eltern im Sinne der §§ 90 f, 144 ABGB. Nach dem Tod des Ehemannes und dem Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter bestand für die Klägerin aber keinerlei Verpflichtung zur Haushaltsführung mehr. Daraus, daß die Klägerin früher auch den bereits selbsterhaltungsfähigen Sohn im Haushalt mitbetreut hatte, folgt nicht, daß sie nach Wegfall ihrer Hausfrauenpflichten für die selbsterhaltungsfähigen Kinder weiterhin Hausarbeiten verrichtet hätte.

Nicht zielführend ist der Hinweis des Berufungsgerichtes auf Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 27 zu § 1325 mwN, wonach die Beweislast für Änderungen einer einmal festgelegten Verdienstentgangsrente nach unten den Ersatzpflichtigen träfe. Es geht hier nämlich nicht um eine Herabsetzung einer Rente, sondern darum, ob das Unterbleiben der Haushaltsarbeiten ab 1.9.1988 auf den Unfall zurückzuführen ist, ob also überhaupt noch aus diesem Grunde ein Anspruch auf Gewährung einer Rente besteht. Auch die Ausführungen, nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ZVR 1976/206 mwN) habe im Fall der Feststellung eines Zustandes, der sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht ändere, derjenige, der eine Änderung behaupte, hiefür den Beweis zu erbringen, sind nicht stichhältig. Es entspricht nämlich nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, daß eine Frau, die zu einer Zeit, als ihr Ehemann noch lebte und ihre Tochter noch in Berufsausbildung stand, den Haushalt führte, dies nach dem Tod des Mannes und dem Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter weiter tut. Die Klägerin hätte daher den Beweis dafür erbringen müssen, daß sie auch über den 31.8.1988 hinaus den Haushalt für die beiden Kinder geführt hätte.

Verfehlt sind die Ausführungen des Berufungsgerichtes zum Anscheinsbeweis. Ein derartiger Beweis beruht darauf, daß bestimmte Geschehensabläufe typisch sind und es daher wahrscheinlich ist, daß auch im konkreten Fall ein derartiger gewöhnlicher Ablauf und nicht ein atypischer gegeben ist (SZ 57/20; SZ 61/61; RZ 1990/57 uva). Der Anscheinsbeweis ist nur zulässig, wenn eine typische formelhafte Verknüpfung zwischen der tatsächlich bewiesenen Tatsache und dem gesetzlich geforderten Tatbestandselement besteht. Er darf nicht dazu dienen, Lücken der Beweisführung durch bloße Vermutungen zu füllen (3 Ob 45/88; 2 Ob 119/88). Diese Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Anscheinsbeweises liegen hier nicht vor. Es ist kein typischer Geschehensablauf, daß eine Frau, die einen Haushalt führte, zu dem ihr Ehemann und eine in Berufsausbildung stehende Tochter gehörten, die Hausarbeiten nach dem Tod des Ehemannes und dem Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter weiter führen wird.

Somit ist davon auszugehen, daß die beweispflichtige Klägerin den erforderlichen Beweis nicht erbracht hat, weshalb ihre auf die Unfallsfolgen zurückzuführende Unfähigkeit, Hausarbeiten zu verrichten, für die Zeit ab 1.9.1988 keinen Ersatzanspruch für Verdienstentgang begründet.

Aus diesen Gründen war der Revision Folge zu geben und das Urteil des Berufungsgerichtes im Umfang der Anfechtung dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf dem § 43 Abs 1 und 2 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens überdies auf § 50 ZPO.

Anmerkung

E22110

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00064.9.1024.000

Dokumentnummer

JJT_19901024_OGH0002_0020OB00064_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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