TE OGH 1990/12/18 10ObS391/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.1990
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Müller (Arbeitgeber) und Norbert Kunc (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz S***, 4484 Kronstorf, Schledornstraße 106, vertreten durch Dr.Josef Lechner und Dr.Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, wider die beklagte Partei P*** DER A*** (L*** L***), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.Juli 1990, GZ 13 Rs 92/90- 22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 29.Jänner 1990, GZ 8 Cgs 47/89-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies das auf Gewährung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.10.1988 gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger kann auf Grund der näher beschriebenen krankhaften Veränderungen noch leichte und fallweise mittelschwere Arbeiten in allen Körperhaltungen verrichten. Auf Grund der Arthrosen ist auf Witterungs- und Umwelteinflüsse Bedacht zu nehmen. Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit können nicht verrichtet werden. Das Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg ist möglich. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sind nur in geringer Höhe möglich, Arbeiten in gebückter Stellung bei längeren Fixationen der Haltung sind nicht möglich. Im maßgeblichen Zeitraum vor dem Stichtag war der Kläger bei der Fa. S*** & S*** (S*** E*** Ö*** Gesellschaft mbH) in Linz beschäftigt. Er führte dort Teiltätigkeiten des Elektromechanikers und Elektromaschinenbauers durch. Er montierte Masttrennschalter und Überspannungsableiter zu fertigen Endprodukten zusammen. Es war dies ein Zusammenbau nach der Art eines "Baukastensystems". Diese Arbeit entsprach lediglich einer Teiltätigkeit des Lehrberufes Elektromechaniker und -maschinenbauer. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kann der Kläger die Tätigkeit eines Bürohausportiers, eines Bürodieners im Verwaltungsdienst, eines Warensortierers, Etikettierers, Verpackers in der Schuhindustrie, eines Kontrollors in verschiedenen Branchen udgl. ausüben. Rechtlich war das Erstgericht der Auffassung, der nicht berufsgeschützte Kläger sei nicht invalid, weil er noch Tätigkeiten, die auf dem Arbeitsmarkt bewertet werden und die ihm unter billiger Berücksichtigung der von ihm bisher ausgeübten Tätigkeiten auch zumutbar seien, verrichten könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm mit ausführlicher Erledigung der Tatsachen- und Beweisrüge die erstgerichtlichen Feststellungen und trat auch der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei. Selbst wenn die Behauptung des Klägers zuträfe, daß er in den letzten 15 Jahren dieselben Tätigkeiten verrichtet hätte, die heute nur mehr Facharbeiter ausüben würden, wäre für den Kläger nichts gewonnen. Voraussetzung für die Qualifikation als angelernter Arbeiter sei es nämlich, daß der Versicherte hinsichtlich seiner Fähigkeiten und Kenntnisse den Anforderungen entspreche, die üblicherweise an einen Absolventen eines Lehrberufes gestellt werden. Dazu genüge es nicht, daß er die Kenntnisse und Fähigkeiten für einen angelernten Beruf besitze, diese müßten vielmehr für die von ihm ausgeübte Berufstätigkeit erforderlich sein (SSV-NF 2/98, 3/122). Der Kläger habe immer nur Teiltätigkeiten eines Lehrberufes ausgeübt, folglich auch nur Teilkenntnisse eines Lehrberufes durch praktische Arbeit erworben; er würde auch für die weitere Ausübung seines Berufes nur Teilkenntnisse eines Lehrberufes brauchen. Möglicherweise wäre er in anderen Teilen des fraglichen Lehrberufes einsetzbar, jedoch nicht in allen. Dadurch unterscheide er sich von jenem Facharbeiter, der sich umfassendes Wissen angeeignet habe und dementsprechend universeller eingesetzt werden könne, auch wenn er aus Gründen der innerbetrieblichen Rationalisierung vorübergehend oder auch auf Dauer für eine bestimmte Tätigkeit eingesetzt werde. Zu Recht habe daher das Erstgericht dem Kläger Berufsschutz versagt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Kläger erhobene Revision ist nicht berechtigt. Die geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Zu Unrecht rügt der Revisionswerber, daß die Feststellung, wonach er immer nur Teiltätigkeiten eines Lehrberufes ("Elektromechaniker und - maschinenbauer") ausgeübt habe, durch Beweisergebnisse nicht gedeckt sei; er übersieht die beiden Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen Dr.S*** ON 6 und 13, auf die sich schon das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung ausdrücklich bezogen hat (S 4 und 5 des Ersturteils). Das Berufungsgericht hat ausführlich begründet, warum es die erstgerichtlichen Feststellungen übernimmt. Die Revisionsausführungen, die nunmehr auch eine Verfahrensergänzung durch Parteienvernehmung anstreben, stellen sich daher als unzulässiger Versuch dar, beim Revisionsgericht die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen zu bekämpfen. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß sich der noch nicht 55 Jahre alte Kläger mangels Berufsschutzes (§ 255 Abs 2 ASVG) auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen muß (§ 255 Abs 3 ASVG), ist zutreffend (§ 48 ASGG; vgl auch SSV-NF 1/48, 2/66, 2/98, 3/70 ua).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E22665

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00391.9.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19901218_OGH0002_010OBS00391_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten