TE OGH 1991/1/16 9ObA324/90

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Veröffentlicht am 16.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Walter Bacher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** N*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. W***** M***** und Dr. H***** M*****, Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei G***** R***** Gesellschaft mbH, vertreten durch Dr. H***** Z*****, wegen S 196.218,25 sA und Feststellung (Streitwert S 150.000,--, Gesamtstreitwert im Revisionsverfahren S 306.375,95 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. September 1990, GZ 12 Ra 59/90-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. März 1990, GZ 15 Cga 152/89-6, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.929,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.154,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Nach den Feststellungen wurde über die Frage, ob bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Inbetriebnahme der geplanten Werkstätte eine Kündigung des Klägers zulässig sei, zwischen den Streitteilen nicht gesprochen. Auf eine ausdrückliche Verpflichtungserklärung der beklagten Partei, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf das Kündigungsrecht zu verzichten, hat sich der Kläger auch nicht berufen. Er gründet die Behauptung des Kündigungsverzichtes, die die Grundlage für das im Revisionsverfahren noch strittige Begehren bildet, auf die Zusage der beklagten Partei, ihn mit der Leitung der geplanten Werkstätte zu betrauen, deren Fertigstellung nach den damaligen Plänen zu einem rund eineinhalb Jahre späteren Zeitpunkt in Aussicht genommen war; ferner auf die Zusage, ihn im Fall einer Firmenänderung der beklagten Partei mit allen Rechten und Pflichten zu übernehmen. Damit habe die beklagte Partei auch (schlüssig) zugesagt, sein Dienstverhältnis bis zum Zeitpunkt der Übernahme der neuen Werkstätte durch ihn nicht zu beenden. Die beklagte Partei habe durch die Zusage der künftigen dienstlichen Verwendung des Klägers bis zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Verwendung aktuell werden sollte, auf ihr Kündigungsrecht verzichtet; bei objektiver Betrachtung des Verhaltens der beklagten Partei habe der Kläger deren Verhalten so verstehen dürfen.

Rechtliche Beurteilung

Wohl trifft es zu, daß für die Maßgeblichkeit einer nach § 863 ABGB zu beurteilenden Willenserklärung der Eindruck entscheidend ist, den der Erklärungsempfänger von der Erklärung haben mußte (JBl 1989, 649 ua). Im vorliegenden Fall bestanden aber keine objektiven Anhaltspunkte, die den Kläger zu dem Schluß berechtigt hätten, die beklagte Partei wolle auf ihr Kündigungsrecht verzichten. Im Vordergrund stand hier die künftige organisatorische Gestaltung des Unternehmens im Hinblick auf die angestrebte weitgehende Kooperation mit einem anderen Unternehmen. Im Zusammenhang damit wurde dem Kläger, der bisher die Werkstätte der beklagten Partei führte, zugesichert, daß er auch die für die Zukunft geplante gemeinsame Werkstätte leiten werde und im Fall einer Firmenänderung übernommen werde. Weitergehende Erklärungen hat die beklagte Partei nicht abgegeben.

Bei Beurteilung einer Handlung auf ihre konkludente Aussage ist größte Vorsicht geboten, weil die Gefahr besteht, daß dem Erklärenden Äußerungen unterstellt werden, die nicht in seinem Sinn waren. Eine konkludente Erklärung kann nur angenommen werden, wenn kein vernünftiger Grund übrig bleibt, daran zu zweifeln, daß der Wille, eine Rechtsfolge in einer bestimmten Richtung herbeizuführen, vorliegt. Ausgehend von diesen Grundsätzen kann aber die von der beklagten Partei dem Kläger gegenüber abgegebene Erklärung nicht dahin verstanden werden, daß sie damit auf ihr Kündigungsrecht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verzichtet habe. Es handelte sich nur um die Zusage einer bestimmten Verwendung nach einer geplanten Organisationsänderung, wobei mangels jeglichen gegenteiligen Anhaltspunktes die selbstverständliche Voraussetzung zu unterstellen ist, daß das Dienstverhältnis in diesem Zeitpunkt noch aufrecht besteht und die geplante Änderung auch vorgenommen wird. Ein Kündigungsverzicht kann hieraus nicht abgeleitet werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00324.9.0116.000

Dokumentnummer

JJT_19910116_OGH0002_009OBA00324_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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