TE OGH 1991/1/30 3Ob2/91

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Veröffentlicht am 30.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei W***** Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Wilfried Lefford, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Robert M*****, vertreten durch Dr. Ernst Fasan ua, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wegen S 301.333,- sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 15. November 1990, GZ R 255/90-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 11. Juli 1990, GZ E 2090/90-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Rechtspfleger des Erstgerichtes bewilligte antragsgemäß zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Geldforderung die Exekution (ua) durch Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten als Bürgermeister gegen die Gemeinde angeblich zustehenden Bezüge gemäß § 290 EO (Forderung auf in Geld zahlbares Arbeitseinkommen aus dem Dienstverhältnis) mit der sich aus den Vorschriften des Lohnpfändungsgesetzes ergebenden Beschränkung.

Der Richter gab nach § 11 Abs 3 RpflG dem Rekurs des Verpflichteten Folge und wies (insoweit) den Exekutionsantrag ab. Die Aufwandsentschädigung des Bürgermeisters sei nach § 3 Z 3 LPfG unpfändbar. Der Verpflichtete beziehe nach Auskunft der Gemeinde nur die Mindestaufwandsentschädigung von netto S 8.342,-, was der Verordnung der Landesregierung vom 29. Juni 1988 über die Aufwandsentschädigung der Gemeindemandatare LGBlBgld 1988/30 und den darauf gegründeten Richtlinien des bgld Gemeindevertreterverbandes entspreche.

Das Rekursgericht stellte über den Rekurs der betreibenden Partei den Beschluß des Rechtspflegers wieder her. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in JBl 1956, 450 auch Entschädigungen für eine unentgeltliche ehrenamtliche Tätigkeit wie die eines Bürgermeisters als dem in Geld zahlbaren Einkommen der Beamten, Angestellten und Arbeiter aus Dienst- oder Arbeitsverhältnissen ähnliche Bezüge iSd § 290 EO angesehen, die den Normen des Lohnpfändungsgesetzes unterlägen, und deshalb die Aufwandsentschädigung eines Bürgermeisters der Exekution nach § 3 Z 3 LPfG für entzogen erachtet. Dieser Meinung sei aber nicht zu folgen, weil eine ausdehnende Auslegung der Vorschriften des Lohnpfändungsgesetzes auf andere als die dort bezeichneten Arbeitseinkommen und die diesem gleichgestellte Bezüge nicht in Betracht komme. Die Tätigkeit eines gewählten Bürgermeisters einer Gemeinde begründe kein Arbeits- oder Dienstverhältnis. Es komme dann nur die Einordnung der Bezüge des Bürgermeisters als "sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen", in Frage (§ 1 Abs 2 LPfG). Der Verpflichtete aber sei Kaufmann und beziehe offenkundig den wesentlichen Teil seines Einkommens aus seiner Berufstätigkeit, nicht aber durch die Ausübung des Bürgermeisteramtes. Das Lohnpfändungsgesetz sei auf den Bezug als Bürgermeister nicht anzuwenden. Seine "Aufwandsentschädigung" sei, auch wenn sein Bezug zum Großteil daraus bestehe, der Exekution unterworfen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei.

In seinem Revisionsrekurs macht der Verpflichtete geltend, es handle sich bei seinem Bezug um ein Arbeits- oder Diensteinkommen, welches seine Erwerbstätigkeit vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehme. Die den Rahmen des Üblichen ncht übersteigende Aufwandsentschädigung sei nach § 3 Z 3 LPfG unpfändbar.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel des Verpflichteten ist nicht zulässig (§ 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO).

Nach dem über § 78 EO im Exekutionsverfahren anzuwendenden § 528 Abs 1 ZPO ist gegen den Beschluß des Rekursgerichtes der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses an die Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden (§ 78 EO und § 526 Abs 2 ZPO).

Das Rekursgericht hat wohl der Rechtsfrage, ob und inwieweit für die Bezüge (Aufwandsentschädigungen) eines öffentlichen Mandatars die Exekutionsbeschränkungen nach dem Lohnpfändungsgesetz gelten, zu Recht die im § 528 Abs 1 ZPO umschriebene erhebliche Bedeutung beigemessen. Die in JBl 1956, 450 auch unter Hinweis auf die deutsche Lehre zu der dem § 3 Z 3 LPfG gleichlautende Vorschrift des § 850 a Z 3 dZPO geäußerte Ansicht, die Aufwandsentschädigung des Bürgermeisters einer Gemeinde bilde einen nach § 3 Z 3 LPfG unpfändbaren Bezug, wurde in EvBl 1967/320 nicht aufrecht gehalten und die Frage dort dahin beantwortet, daß auf die Aufwandsentschädigung eines Landtagsabgeordneten das Lohnpfändungsgesetz nicht anzuwenden sei, weil es sich um kein Arbeitseinkommen iSd § 1 LPfG handle. Die Lehre pflichtete der späteren Entscheidung bei (Heller-Berger-Stix 1960 f).

Der Revisionsrekurs ist aber nur unter der weiteren Voraussetzung zulässig, daß die Entscheidung auch tatsächlich von der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, daß es also der Beantwortung der Frage bedarf, um die anstehende Entscheidung richtig treffen zu können. Dies ist hier deshalb nicht der Fall, weil die betreibende Partei nicht etwa die Forderungen des Verpflichteten aus seinem Arbeitsverhältnis zur Gemeinde ohne Bedachtnahme auf den Pfändungsschutz nach dem Lohnpfändungsgesetz in Exekution zog, (wozu sie den die Pfändungsfreiheit begründenden Sachverhalt schon im Antrag zu behaupten und zu bescheinigen, also etwa darzutun gehabt hätte, daß der Verpflichtete als Bürgermeister Vergütungen nur zu einem unwesentlichen Teil seiner Erwerbstätigkeit beziehe,) sondern sich selbst den Beschränkungen nach dem Lohnpfändungsgesetz unterworfen hat. Der Rechtspfleger hatte von den Angaben im Antrag auszugehen, wonach der Verpflichtete angeblich eine Forderung auf Bezüge als Bürgermeister gegen die Gemeinde besitzt, und durfte den Antrag auch nicht in weiterem Umfang als beantragt bewilligen. Dies geschah auch nicht. Die Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis (iSd § 1 Abs 2 LPfG) wurden mit dem vom Rekursgericht wieder hergestellten Exekutionsbewilligungsbeschluß antragsgemäß nur mit den sich aus dem Lohnpfändungsgesetz ergebenden Beschränkungen, also etwa auch der des § 3 Z 3 LPfG, daß (echte) Aufwandsentschädigungen davon nicht erfaßt sind, gepfändet und überwiesen.

Auf alle erst nach der Beschlußfassung am 22. Juni 1990 erhobenen Umstände (Höhe der Aufwandsentschädigung, Zurücklegung der Funktion als Bürgermeister, Auszahlung der bis dahin gebührenden Aufwandsentschädigung an den Verpflichteten am 15. August 1990 nach Zustellung des den Exekutionsantrag abweisenden Beschlusses des Erstrichters) durfte wegen des im Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbotes bei der Beurteilung, ob die beantragte Exekution zu bewilligen war oder nicht, keine Rücksicht genommen werden.

Die Entscheidung hängt dann aber nicht davon ab, ob auch eine bloße "Aufwandsentschädigung" eines Bürgermeisters unbeschränkt der Pfändung unterliegt, oder unter welchen Voraussetzungen dabei der Pfändungsschutz des LPfG eingreift. Denn die betreibende Partei griff nur auf dem LPfG pfändbare Teile der Bezüge. Wäre der gesamte Bezug unpfändbar, so ginge die Exekution ins Leere.

Damit kann der Oberste Gerichtshof über die vom Rekursgericht zur Zulässigkeitsbegründung herangezogene Rechtsfrage hier nicht entscheiden. Eine andere Rechtsfrage von der im § 528 Abs 1 ZPO beschriebenen Bedeutung zeigt der Revisionsrekurswerber nicht auf.

Anmerkung

E25152

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00002.91.0130.000

Dokumentnummer

JJT_19910130_OGH0002_0030OB00002_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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