TE OGH 1991/1/31 2Ob84/90

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Veröffentlicht am 31.01.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Dr. Josef S*****, Mittelschulprofessor, 2.) Margot S*****, Schülerin, 3.) Rainer S*****, Schüler, sämtliche *****, alle vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei ***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Hansjörg Kaltenbrunner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Leistung und Feststellung (Streitwert hinsichtlich Erstkläger S 316.175,-; hinsichtlich Zweitklägerin S 446.500,-; hinsichtlich Drittkläger

S 437.300,-), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 9. August 1990, GZ 6 R 132/90-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 5. März 1990, GZ 4 Cg 425/89-5, bestätigt wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die vorinstanzlichen Urteile werden dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil insgesamt zu lauten hat:

"1.) Die beklagte Partei ist schuldig

a) der erstklagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von

S 53.235,-- samt 4 % Zinsen seit 16.8.1989 zu bezahlen,

b) der zweitklagenden Partei binnen 14 Tagen S 105.261,30 samt 4 % Zinsen seit 16.8.1989 und ab 1.11.1989 monatlich jeweils am Ersten eines jeden Monats S 3.629,70 zu bezahlen, wobei die bis zur Rechtskraft des Urteils aufgelaufenen Beträge binnen 14 Tagen zu ersetzen sind;

c) dem Drittkläger binnen 14 Tagen S 96.061,30 samt 4 % Zinsen seit 16.8.1989 und ab 1.11.1989 monatlich S 3.629,70 am Ersten eines jeden Monats zu bezahlen, wobei die bis zur Rechtskraft des Urteils aufgelaufenen Beträge binnen 14 Tagen zu ersetzen sind.

2.) Festgestellt wird, daß die beklagte Partei den klagenden Parteien für alle künftig bekannt werdenden oder auftretenden Schäden haftet, welche ihre Ursache im Verkehrsunfall vom 9.5.1987 auf der Rohrbacher-Bundesstraße B 127 bei Straßenkilometer 21,64 im Ortschaftsbereich ***** haben. Die Haftung der beklagten Partei ist auf den zwischen ihr und Hildegard W***** betreffend den PKW Toyota Tercel, ***** im Unfallszeitpunkt abgeschlossenen Versicherungsvertrag beschränkt.

3.) Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig

a) der erstklagenden Partei weitere S 65.520,-- und eine monatliche Rente von S 4.095,-- und

b) der zweit- und drittklagenden Partei je S 71.638,70 und eine weitere monatliche Rente von je S 2.470,30

zu bezahlen, wird abgewiesen.

4.) Der Erstkläger ist schuldig, der beklagten Partei an Verfahrenskosten den Betrag von S 2.975,83 binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Zweitklägerin an Verfahrenskosten den Betrag von S 8.247,50 und dem Drittkläger den Betrag von S 7.863,16 binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Der Erstkläger ist schuldig, der beklagten Partei S 9.947,21 an Kosten des Berufungsverfahrens und S 13.196,44 an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die zweit- und drittklagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei je 27,5 % der mit S 31.841,52 (darin an Umsatzsteuer S 2.806,92, an Barauslagen S 15.000,--) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie der mit S 42.209,04 (darin an Umsatzsteuer S 3.701,51, an Barauslagen S 20.000,--) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 9.5.1987 ereignete sich auf der Rohrbacher Bundesstraße bei Straßenkilometer 21,64 im Ortschaftsbereich ***** ein Verkehrsunfall, bei dem Mag. Helga Christina S*****, die Gattin des Erstklägers und Mutter der Zweitklägerin und des Drittklägers, getötet wurde. Das Alleinverschulden an diesem Verkehrsunfall trifft Hildegard W*****, die Beklagte war Haftpflichtversicherer des von Hildegard W***** gelenkten und gehaltenen PKW. Die Beklagte haftet für das Alleinverschulden von Hildegard W***** gemäß § 63 KFG. Die verstorbene Mag. S***** war als Mittelschullehrerin tätig und hatte ebenso wie der Erstkläger ein monatliches Durchschnittseinkommen von netto 20.500 S.

Das Familieneinkommen wurde gemeinsam verwendet und die Ehegatten S***** haben zu gleichen Teilen der Zweitklägerin und dem Drittkläger Geld- und Naturalunterhalt geleistet. Mag. Helga Christina S***** war 90 Stunden pro Monat im Haushalt bzw. bei der Pflege und Erziehung der Kinder tätig, die Kosten einer Ersatzkraft würden 7.500 S betragen. Die Ehegatten S***** haben zur Errichtung eines Hauses Darlehen aufgenommen, die monatliche Kreditbelastung beträgt S 3.190; die Rückzahlung erfolgte zu gleichen Teilen.

Mit Bescheid vom 1.7.1987 wurde festgestellt, daß der Zweitklägerin und dem Drittkläger ab 1.6.1987 bis Ende des Monats, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden, ein Waisenversorgungsgenuß von je monatlich brutto S 2.117,40 zustehe, dem Erstkläger ein Witwerversorgungsgenuß von monatlich brutto S 3.529.

Der Erstkläger begehrte von der Beklagten den Ersatz der halben Rückzahlungsraten aus den Darlehensverträgen in der Höhe von S 1.595 pro Monat und den Anteil am Entgang der Haushaltsleistung in der Höhe von S 2.500 pro Monat.

Die Zweitklägerin begehrte monatlich S 3.600 an entgangenem Geldunterhalt und monatlich S 2.500 an Entgang von Pflege- und Erziehungskosten. Der Drittkläger begehrte für die Zeit von Juni 1987 bis April 1989 einen monatlichen Geldunterhaltsentgang von S 3.200, in der Folge in der Höhe von S 3.600 sowie einen monatlichen Entgang an Erziehungs- und Pflegeleistungen in der Höhe von S 2.500. Für den Rückstand für die Zeit vom Juni 1987 bis Oktober 1989 wurde ein Zahlungsbegehren gestellt, für die Zukunft ein Rentenbegehren. Weiters wurde für die Zukunft ein Feststellungsbegehren erhoben.

Das Feststellungsbegehren wurde von der Beklagten anerkannt, im übrigen wurden die einzelnen Forderungen der Höhe nach außer Streit gestellt, jedoch eingewendet, daß die von den Klägern bezogenen Witwer- und Waisenrenten auf den Unterhaltsentgang anzurechnen seien. Betreffend die Darlehensrückzahlung wurde ausgeführt, daß das Ende der diesbezüglichen Verpflichtung vorhersehbar sei; es könne nicht eine Rente für unbestimmte Zeit begehrt werden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt.

Ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt führte es in rechtlicher Hinsicht aus, daß eine Berücksichtigung der Pensionsleistungen unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsanrechnung zu unterbleiben habe. Bei den Ansprüchen nach § 1327 ABGB handle es sich um originäre Ansprüche der Berechtigten, die Aufhebung des § 40 a PG führe nicht notwendig zur Verneinung des sozialen Charakters des Witwerversorgungsgenusses. Daß der Waisenbezug sozialen Charakter habe, sei von der beklagten zugegeben worden. Das Ende der Verpflichtung zur Rückzahlung von Darlehensraten sei nicht abzusehen, weil damit gerechnet werden müsse, daß sich der Zinssatz in Hinkunft erhöhen werde.

Die Beklagte bekämpfte das Urteil betreffend den Zuspruch an den Erstkläger zur Gänze, betreffend die Zweitklägerin und den Drittkläger insoweit, als ihnen ein Kapitalbetrag von je S 71.638,70 und eine Rente in einem monatlich je S 3.629,70 übersteigenden Ausmaß zuerkannt wurde. Hinsichtlich des Zuspruches eines Kapitalbetrages von S 105.261,30 und einer Rente von monatlich S 3.629,70 an die Zweitklägerin sowie hinsichtlich des Zuspruches eines Kapitalbetrages von S 96.061,30 und einer Rente von monatlich S 3.629,70 an den Drittkläger sowie hinsichtlich des feststellenden Teiles der Entscheidung des Erstgerichtes erwuchs das Urteil in Teilrechtskraft.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß der Witwerversorgungsgenuß des Klägers gemäß § 40 a PG 1965 bis zur Wirksamkeit der Aufhebung dieser Bestimmung mit Ablauf des 30.6.1988 geruht habe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Erstkläger keine Versorgungsbezüge erhalten, es fehle daher jede Grundlage für eine Vorteilsausgleichung. Hinsichtlich des Betrages von S 53.235 müsse daher der Berufung der Erfolg jedenfalls versagt bleiben. Im übrigen führte das Berufungsgericht aus, daß der Geschädigte nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt sein solle, als er es ohne das schädigende Ereignis wäre. Beruhten Leistungen Dritter auf Gesetz oder Vertrag, dann müsse geprüft werden, wem nach dem Sinn der Gesetze oder des Vertrages der Vorteil zukommen solle, es seien teleologische Überlegungen anzustellen. Es komme immer auf die ganz bestimmte Art des Vorteils und den Zweck der Leistung an. Der Witwen- und Witwerversorgungsgenuß und auch der Waisenversorgungsgenuß von Kindern unter 18 Jahren stünden kraft Gesetzes zu, sie seien aber vom verstorbenen Beamten abgeleitet. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres sei der Waisenversorgungsgenuß von eigenen Einküften des Kindes völlig unabhängig. Auch der Versorgungsgenuß des hinterbliebenen Ehegatten sei gemäß § 14 PG unabhängig davon, ob dieser bedürftig sei. Eine Legalzession für den Fall einer Tötung eines Beamten aus dem Verschulden eines Dritten sei im Pensionsgesetz nicht vorgesehen. Die Ruhensbestimmung des § 40 a PG sei ein starkes Argument dafür gewesen, den Witwen- und Witwerversorgungsgenuß als eine aus sozialen Gründen an Bedürftige gewährte Leistung zu qualifizieren, was zur Versagung der Vorteilsausgleichung führen würde. Diese Bestimmung sei allerdings durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden, woraus sich aber noch nicht zwingend ergebe, daß der soziale Charakter dieser Ansprüche zu verneinen sei. Immerhin würden sich die Ansprüche nach dem Pensionsgesetz von sonstigen sozial-versicherungsrechtlichen Bezügen dadurch unterscheiden, daß es sich um Ansprüche gegen den Dienstgeber des Beamten handle, die in der Treue- und Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten wurzeln. Aus dem Umstand, daß die Höhe der Versorgungsgenüsse von der Dauer der zurückgelegten ruhegenußfähigen Gesamtdienstzeit abhänge, ergebe sich, daß die treuen Dienste des Beamten über eine längere Zeit abgegolten werden sollen. Das Berufungsgericht vertrat die Meinung, daß die Witwen- bzw. Witwerrente und die Waisenrente sozialen Zwecken dienten, auch wenn nicht auf die Bedürftigkeit abgestellt werde; eine Anrechnung dieser Bezüge habe daher nicht stattzufinden. Selbst wenn man aber den sozialen Zweck doch verneinen sollte, könne nicht gesagt werden, daß die Versorgungsgenüsse essentiell der Deckung des laufenden Unterhaltes dienen sollten, weil der reine Versorgungsgenuß der Höhe nach an die ruhegenußfähige Gesamtdienstzeit geknüpft sei und auf den tatsächlichen Unterhaltsbedarf in keiner Weise Rücksicht nehme. Gerade der Umstand daß das Pensionsrecht der Bundesbediensteten keine Regreßmöglichkeit gegenüber dem Schädiger vorsehe, lasse eine Entlastung des Schädigers im Ausmaß der Versorgungsgenüsse als unbillig erscheinen. Im übrigen bestehe im vorliegenden Fall eine gewisse Parallele zu den Fällen der Entgeltfortzahlung, da Dienstgeber und die Pensionszahlung gewährender Rechtsträger ident seien. Letztlich hänge die Entscheidung davon ab, ob nach dem Zweck des Pensionsgesetzes eher die Geschädigten bereichert oder der Schädiger entlastet werden solle. Im Zweifel erscheine es billiger, die Hinterbliebenen zu begünstigen; zu ihnen stehe der Bund aufgrund des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Getöteten in einer gewissen Nahebeziehung, aus der heraus auch Witwer- und Waisenrente erbracht werden. Demgemäß habe das Erstgericht zu Recht die Vorteilsausgleichung im Ausmaß der Hinterbliebenenversorgungsgenüsse versagt.

Auch eine zeitliche Begrenzung der Teilrente des Erstklägers im Ausmaß der halben Tilgungsraten der Darlehen habe nicht zu erfolgen. Es sei zwar richtig, daß der Erstkläger einen Anspruch auf die Rente nur bis zur vollständigen Tilgung der Darlehen habe, es sei jedoch eine datumsmäßig exakte Abgrenzung derzeit nicht möglich, weil künftige Zinssatzänderungen nicht abzuschätzen seien; die Dauer der Rückzahlungen sei aber von der Höhe des Zinsfußes abhängig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß

hinsichtlich des Zuspruches an den Erstkläger das gesamte Klagebegehren,

hinsichtlich des Zuspruches an die Zweitklägerin das Klagebegehren mit einem den Betrag von S 105.261,30 übersteigenden Mehrbetrag von S 71.638,70 an Leistung und mit einem den Betrag von S 3.629,70 übersteigenden Mehrbetrag von S 2.470,30 an monatlicher Rente und

hinsichtlich des Zuspruches an den Drittkläger das Klagebegehren mit einem den Betrag von S 96.061,30 übersteigenden Mehrbetrag von S 71.638,70 an Leistung und mit einem den Betrag von S 3.629,70 übersteigenden Mehrbetrag von S 2.470,30 an monatlicher Rente

abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagenden Parteien haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.

Die Revision ist im Hinblick darauf, daß das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, zulässig und auch berechtigt.

Der Revisionsgrund nach § 503 Z 3 ZPO liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Die beklagte Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, daß den Klägern in dem Umfang, in welchem sie Witwer- bzw. Waisenversorgungsgenüsse erhielten, ein Schaden nicht entstanden sei. Oberstes Prinzip des Schadenersatzrechtes sei es aber, daß nur ein tatsächlich eingetretener Schaden zu ersetzen sei. In der Entscheidung SZ 53/58 habe sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage der Anrechnung von Pensionen in einem vergleichbaren Fall grundlegend auseinandergesetzt und die Anrechnung der Firmenpension auf die Rente gemäß § 1327 ABGB für zulässig erklärt. Ähnlich wie im Fall der Entscheidung SZ 53/58 hätte es der Bund als Dienstgeber der Getöteten in der Hand gehabt, die Pensionsleistungen von der Abtretung der Schadenersatzansprüche der Pensionsberechtigten abhängig zu machen. Der Bund als Gesetzgeber hätte eine derartige Regelung auch im Wege der Legalzession treffen können. Da er hinsichtlich der Witwer- und Waisenpension eine solche Regelung nicht getroffen habe, könne nicht von einer unbilligen Entlastung der Beklagten gesprochen werden.

Hinsichtlich der Tilgungsraten machte die Beklagte geltend, daß diese nur bis zur endgültigen und schon feststehenden Tilgung des Darlehens zuzusprechen gewesen wären.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen kommt teilweise Berechtigung zu. Insoweit - unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit - geltend gemacht wird, die Witwerrente des Erstklägers habe nicht geruht, ist der Beklagten die Bestimmung des § 40 a PG entgegenzuhalten, die eine entsprechende Ruhensbestimmung enthielt. Diese Regelung war bis zu ihrer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof mit Ablauf des 30.6.1988 (siehe BGBl. 1988/194) in Kraft. Daraus folgt, daß - wie sich auch aus Beilage J ergibt - der Witwerversorgungsgenuß des Klägers bis zum 30.6.1988 geruht hat, sodaß insoweit eine Anrechnung nicht stattzufinden hat. Hinsichtlich des Zuspruches eines Kapitalsbetrages von S 53.235 (S 4.95 pro Monat für die Zeit von Juni 1987 bis 30.6.1988) war der Revision daher ein Erfolg zu versagen.

Im Meinunsstreit um die sogenannte Vorteilsausgleichung bei Zuwendungen von dritter Seite hat sich in letzter Zeit als herrschende Auffassung eine teleologische Betrachtungsweise durchgesetzt. Die Anrechung eines Vorteils muß dem Zweck des Schadenersatzes entsprechen und soll nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen. Es ist also nicht schlechthin jeder Vorteil anzurechnen, der dem Geschädigten aus dem vom Schädiger verursachten Ereignis zufließt, sondern es kommt immer auf die ganz besondere Art des erlangten Vorteiles und den Zweck der Leistung des Dritten an. In diesem Sinne sind daher zB freiwillige Zuwendungen von dritter Seite, die zu dem Zweck gemacht werden, dem Geschädigten eine erste Hilfe zuteil werden zu lassen, das Unglück, das ihn getroffen hat, zu mildern oder ihm - etwa im Fall einer Sammlung unter

Arbeitskollegen - Solidarität zu bezeugen, nicht anzurechnen (ZVR 1967/161 bezüglich Spenden von Berufskollegen und des Dienstgebers; ZVR 1965/283 bezüglich freiwilliger Leistungen der Ärztekammer; ZVR 1975/199 bezüglich freiwilliger Hilfeleistungen von Angehörigen). In all diesen Fällen ist davon auszugehen, daß der Dritte seine Leistungen dem Geschädigten unabhängig vom Ausmaß seines Schadenersatzanspruches und zusätzlich zu diesem zuwenden will, weshalb die Anrechnung unbillig wäre.

Ähnlich verhält es sich mit gewissen Sozialleistungen, die im Hinblick auf eine ganz bestimmte durch das schädigende Ereignis ausgelöste soziale Situation gewährt werden (SZ 42/161 bezüglich der Zusatzrente zur Grundrente aus der Kriegsopferversorgung oder ZVR 1966/124 bezüglich einer Blindenhilfe).

Wiederholt wurde ausgesprochen, daß sich ein ersatzpflichtiger Schädiger gegenüber dem Geschädigten nicht auf die Unterhalts- bzw. Sorgepflicht eines Dritten berufen kann; schließlich ist auch auf Leistungen nicht Bedacht zu nehmen, die wohl aus Anlaß des vorzeitigen Todes angefallen sind, aber nicht die Beseitigung von Folgen des schädigenden Ereignisses, sondern die Abgeltung anderer Umstände betreffen (SZ 53/58). Grundsätzlich ist eine Leistung dann im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen, wenn diese Leistung durch das schädigende Ereignis automatisch ausgelöst wird, sei es, daß der Dritte durch das Gesetz oder einen Vertrag dem Geschädigten zu einer Leistung verpflichtet ist (vgl. ZVR 1959/210 ua). Im vorliegenden Fall sieht das Pensionsgesetz eine Legalzession nicht vor. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, erhalten der Witwer und die Waisen nicht eine Leistung, die ihnen nur wegen der durch das schädigende Ereignis ausgelösten Notlage, Hilfsbedürftigkeit und dgl. gewährt wird, sondern sie haben auf diesen Versorgungsgenuß aufgrund des Pensionsgesetzes (§§ 14, 17) einen gesetzlichen Anspruch. Die Leistung hat den Zweck, ihnen unabhängig von den Ursachen des Todes der Gattin bzw. Mutter entsprechende Versorgung zu sichern. Der Zweck der Witwer- bzw. Waisenrente steht daher einer Anrechnung im Wege der Vorteilsausgleichung nicht entgegen (vgl. SZ 26/123; SZ 53/58 ua). Die Leistungen nach den §§ 14 und 17 PG stellen vielmehr einen aus Anlaß des Unfalles der Gattin bzw. Mutter erwachsenden Vorteil dar, der bei Ermittlung des Schadenersatzanspruches zu berücksichtigen ist (2 Ob 150/89).

Daraus ergeben sich folgende Ersatzansprüche der klagenden Parteien:

Dem Erstkläger stehen monatlich S 4.095,-- zu, davon sind (ab 1.7.1988) monatlich S 4.117,17 - gemäß § 28 PG gelangt die monatliche Witwerpension von S 3.529,- 14x jährlich zur Auszahlung - abzuziehen. Es verbleiben sohin keine weiteren Ansprüche des Erstklägers, sodaß auch auf die Frage, ob die Rente für die Darlehen auf unbestimmte Zeit zuzusprechen ist, nicht einzugehen ist.

Vom Anspruch der Zweitklägerin auf S 6.100 monatlich sind S 2.470,30 pro Monat - auch die Waisenrente von S 2.117,40 monatlich gelangt 14x jährlich zur Auszahlung - abzuziehen, sodaß sich ein monatlicher Anspruch von S 3.629,70 ergibt. Der Rückstand für die Zeit von Juni 1987 bis Oktober 1989 beträgt S 105.261,30.

Auch beim Drittkläger ist vom monatlichen Anspruch auf S 6.100 die Waisenrente in der Höhe von S 2.470,30 pro Monat abzuziehen, sodaß ein Anspruch auf S 3.629,70 pro Monat bleibt. Für die Zeit von Juni 1987 bis April 1989 hat der Drittkläger Geldunterhalt in der Höhe von monatlich S 3.200 und Ersatz von Pflegekosten in der Höhe von monatlich S 2.500 geltend gemacht. Von der Summe von S 5.700 ist die Waisenrente von S 2.470,30 abzuziehen, sodaß ein monatlicher Anspruch von S 3.229,70 verbleibt. Daraus folgt ein Kapitalanspruch des Drittklägers für diesen Zeitraum in der Höhe von S 74.283,10. Für die Folgezeit (Mai 1989 bis Oktober 1989) beträgt der monatliche Anspruch S 3.629,70, woraus sich ein Anspruch des Drittklägers auf Zahlung von S 96.061,30 errechnet.

Aus den angeführten Gründen war daher der Revision teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 41, 43, 46 und 50 ZPO. Die Ansprüche der klagenden Parteien sind nicht zusammenzurechnen, weil es sich um formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO handelt (SZ 57/17, 2 Ob 162/89 ua). Im Verfahren erster Instanz begehrte der Erstkläger S 316.175, es wurden ihm S 103.235 zugesprochen, er hat gemäß § 43 Abs. 1 ZPO der Beklagten ein Drittel der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nötigen Kosten zu ersetzen. Von der für die Bestimmung der Kosten maßgeblichen Gesamtsumme (§ 12 Abs. 1 RATG) von S 1,199.975,-- entfallen auf den Erstkläger S 316.175, d.s. 26 %. Die Kosten der Beklagten für das Verfahren erster Instanz betragen S 34.336,47 (darin enthalten S 5.722,74 an 20 %iger USt, keine Barauslagen). Auf den Erstkläger entfallen davon S 8.927,48, er hat 1/3 davon, d.s. S 2.975,83 der Beklagten zu ersetzen.

Die Zweitklägerin begehrte S 446.500, sie obsiegte mit S 285.930,50, sohin mit 64 %, sodaß sie einen Anspruch auf Ersatz von 28 % ihrer Kosten (ohne Barauslagen) und 64 % der Barauslagen (§ 43 Abs 1 letzter Satz ZPO) hat. Da die klagenden Parteien durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten sind, ist der Beklagten gegenüber anzunehmen, daß die Zweitklägerin ihrem Vertreter 1/3 der Kosten zu bezahlen hat. Die Kosten der klagenden Parteien im Verfahren erster Instanz betragen insgesamt S 66.252,10 (darin enthalten S 8.175,35 USt und S 17.200,-- Barauslagen), davon entfallen auf die Zweitklägerin S 22.084,-- (darin enthalten S 5.733,30 Barauslagen), sie hat daher einen Kostenersatzanspruch in der Höhe von S 8.247,50.

Der Drittkläger begehrte S 437.300,--, er obsiegte mit S 276.730,50, sohin mit 63 %, sodaß er einen Anspruch auf Ersatz von 26 % der auf ihn entfallenden Kosten ohne Barauslagen und 63 % der Barauslagen hat. Sein Kostenersatzanspruch beträgt sohin S 7.863,16.

Im Verfahren zweiter und dritter Instanz ist der Erstkläger mit 20 % unterlegen, er hat der beklagten Partei 60 % ihrer Kosten ohne Barauslagen und 80 % der Barauslagen zu ersetzen, jedoch nur im Ausmaß seiner Beteiligung von 45 %. Da der Erstkläger einerseits und die Zweitklägerin und der Drittkläger anderseits am Rechtsmittelverfahren erheblich verschieden beteiligt waren, waren gemäß § 46 Abs. 1 ZPO die Ersatzteile nach dem Verhältnis dieser Beteiligungen zu bestimmen.

Anmerkung

E25140

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00084.9.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19910131_OGH0002_0020OB00084_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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