TE OGH 1991/2/12 10ObS39/91

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Veröffentlicht am 12.02.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Prohaska und Dr.Stephan Seper (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Rudolf N*****, Gemeindebediensteter, ***** vertreten durch Dr.Andrea Wukovits, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Gehgastraße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwerrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. November 1990, GZ 31 Rs 165/90-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 27.April 1990, GZ 32 Cgs 83/89-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 1.811,52 bestimmten Revisionskosten (darin enthalten S 301,92 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Eltern des Klägers sind gemeinsam Eigentümer eines 20 ha großen landwirtschaftlichen Betriebes mit einem Einheitswert von 88.000 S. Der Hof besteht aus einem alten Wirtschafts- und Wohngebäude (Haus M***** Nr 26), einem 1966 erbauten neuen Wirtschafts- und Wohngebäude (Haus M***** Nr 66) und einem Schuppen. Alle Gebäude sind um einen asphaltierten Hof gruppiert. In dem landwirtschaftlichen Betrieb wird Ackerbau und Viehzucht betrieben; der Viehstand beträgt 14 Rinder, 5-10 Schweine, 20 Puten und einige Hühner. Die landwirtschaftlichen Arbeiten werden von den Eltern des Klägers verrichtet. Er selbst ist Gemeindebediensteter und hilft in der Freizeit mit. Auch seine nicht berufstätige Ehefrau, die am 11.3.1959 geborene Margarete N*****, half ohne bestimmtes Arbeitsgebiet bei allen Arbeiten in Haus und Hof mit, soweit ihr die Betreuung des am 21.10.1984 geborenen Sohnes Zeit ließ.

Das Haus M***** Nr 66 besteht aus drei Stockwerken. Im - ebenerdig gelegenen - Keller befinden sich Garagen für 2 Traktoren, eine Werkstätte für landwirtschaftliche Maschinen, eine Werkstätte für Holzbearbeitung, ein Holzraum und ein Holzlager. Im 1.Stock ist die Wohnung des Klägers gelegen, in der auch seine Frau bis zu ihrem Tod wohnte. Weiters befindet sich in dieser Etage ein von der Mutter des Klägers benütztes Zimmer und ein fallweise vermietetes Gästezimmer. Im 2.Stock befinden sich vier Gästezimmer, ein Bad und ein WC. Insgesamt stehen neun Fremdenbetten zur Verfügung. Die vier Zimmer im Obergeschoß sind seit 1970 langfristig an Leute vermietet, welche die Zimmer vorwiegend an den Wochenenden zur Erholung benützen. In diesen Zimmern sind nur Waschmuscheln installiert; für die gründliche Reinigung steht den Gästen das Bad im Obergeschoß zur Verfügung. Einen Teil ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse wie Brot, Milch, Milchprodukte und Fleisch verkaufen die Eltern des Klägers an die Gäste, fallweise verabreichen sie auch fertige Mahlzeiten an diese. Die Zimmervermietung ist bei der Bezirkshauptmannschaft nicht gemeldet. Eine Buchhaltung wird im landwirtschaftlichen Betrieb nicht geführt, weil dieser steuerlich pauschaliert ist. Wie groß der Ertrag aus der Zimmervermietung und wie groß jener aus der eigentlichen Landwirtschaft ist, steht nicht fest.

Am 15.8.1988, einem heißen Sommertag, goß Margarete N***** mit einer Gießkanne die Blumen in den Kistchen, die auf den Fensterbrettern des Hauses Nr 66 aufgestellt waren. Im Bad des Obergeschoßes bestieg sie ein Stockerl, vermutlich um die Vorhänge zu richten, und stürzte aus Ungeschicklichkeit durch das geöffnete Fenster 5,6 m tief in den Hof. Sie erlitt ein schweres Schädelhirntrauma und wurde bewußtlos mit dem Hubschrauber ins Allgemeine Krankenhaus Wien geflogen, wo sie am nächsten Tag starb.

Mit Bescheid vom 22.3.1989 lehnte die beklagte Sozialversicherungsanstalt der Bauern die Gewährung einer Leistung aus der Unfallversicherung für die Folgen des geschilderten Ereignisses ab. Das Feststellungsverfahren habe ergeben, daß dieses Ereignis nicht im Zusammenhang mit einer die Versicherung begründenden Beschäftigung eingetreten sei. Die zum Unfallszeitpunkt verrichtete Tätigkeit habe der Privatzimmervermietung gedient und nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb.

Mit seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Klage begehrte der Kläger, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, das Unfallsereignis vom 15.8.1988 gemäß §§ 175 ff ASVG als Arbeitsunfall anzuerkennen und eine Witwerrente im gesetzlichen Ausmaß zu erbringen. Der Unfall habe sich im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes ereignet, da auch die Tätigkeit für den Bereich "Urlaub am Bauernhof" in diesen Bereich falle.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren dahin statt, daß es die beklagte Partei schuldig erkannte, "den Fenstersturz der Margarete N***** vom 15.8.1988 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen aus der Unfallversicherung zu erbringen". In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von § 176 Abs 1 Z 6 ASVG aus und erklärte als maßgeblich, ob die Ehefrau des Klägers durch das Richten der Vorhänge in dem für die Gäste bestimmten Badezimmer eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt habe. Daß § 5 LAG für einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb fordere, er müsse in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben, dürfe nicht zu eng gesehen werden. Es genüge, wenn zumindest ein nicht unbedeutender wechselweiser Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenbetrieb bestehe. Im gegenständlichen Fall sei dieser Zusammenhang darin gelegen, daß die Gäste durch die einschichtige Lage des Bauernhofes mitten in der Natur und durch die gute Luft zur Miete von Zimmern auf dem Bauerhof veranlaßt würden und daß ein nicht unbedeutender Teil der landwirtschaftlichen Produkte an die Mieter verkauft werde. Die Zimmervermietung sei dem üblichen landwirtschaftlichen Betrieb untergeordnet, auch wenn das Einkommen aus der Zimmervermietung und dem übrigen landwirtschaftlichen Betrieb nicht feststehe und daher auch nicht gegenübergestellt werden könne. Die vor dem Unfall verrichtete Tätigkeit habe dem Instandhalten der zu den Fremdenzimmern gehörigen Einrichtungen und damit der Förderung der Zimmervermietung und dem daraus erzielten Einkommen gedient. Diese Tätigkeit sei demnach unter Unfallversicherungsschutz gestanden.

Das Oberlandesgericht Wien änderte infolge Berufung der beklagten Partei dieses Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb liege vor, wenn dieser in der Hauptsache das Verarbeiten der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand habe und es sich nicht um einen selbständigen, von der Land- und Forstwirtschaft getrennt verwalteten Wirtschaftskörper handle. Entscheidend sei der Zusammenhang der Tätigkeit mit der landwirtschaftlichen Produktion und ihre Unterordnung gegenüber dieser. Eine solche sei dann anzunehmen, wenn sie im Verhältnis zu dieser an Umfang und wirtschaftlicher Bedeutung zurücktrete. Zum landwirtschaftlichen Nebenbetrieb gehöre, daß dieser ohne Landwirtschaft nicht bestehen könne und daß er einen Bestandteil eines einheitlichen Gesamtunternehmens darstelle. Zwischen der landwirtschaftlichen Produktion und der Zimmervermietung bestehe kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Die Vermietung von Privatzimmern im ländlichen Bereich könne auch erfolgen, ohne daß ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb geführt werde. Die Leistungen im Rahmen der Privatzimmervermietung beschränkten sich üblicherweise auf Reinigung und Beheizung der Zimmer und auf Bettenmachen, in manchen Fällen werde auch das Frühstück beigestellt. Zur Erbringung dieser Leistungen bedürfe es keines landwirtschaftlichen Betriebes: Sie würden üblicherweise in diesem Umfang auch von gastgewerblichen Betrieben erbracht. Der Umstand, daß die Eltern des Klägers an Gäste landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Brot, Milch, Milchprodukte und Fleisch verkauften, sei bedeutungslos, weil diese Produkte auch ohne Zimmervermietung verkauft werden könnten. In der Vermietung von Privatzimmern sei daher kein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb zu erblicken. Die Tätigkeit der Ehefrau des Klägers am 15.8.1988 sei daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil vom Kläger erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Gemäß dem für die Ehefrau des Klägers in erster Linie in Betracht kommenden § 3 Abs 1 Z 2 BSVG sind die dort genannten Familienangehörigen einer in der Z 1 bezeichneten Person in der Unfallversicherung pflichtversichert, wenn sie in "diesem" land(forst)wirtschaftlichen Betrieb (das ist der Betrieb der in § 2 Abs 1 Z 1 BSVG erwähnten Personen) tätig sind. Aus dieser Bestimmung ist abzuleiten, daß als die die Versicherung begründende Beschäftigung im Sinn des § 175 Abs 1 ASVG nur eine Tätigkeit angesehen werden kann, die im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes ausgeführt wird. Soweit die Ehefrau des Klägers im landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Schwiegereltern tätig war, war sie daher gemäß § 3 Abs 1 Z 2 BSVG in der Unfallversicherung pflichtversichert. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes (das Berufungsgericht hat diese Frage nicht mehr erörtert) ist daher hier nicht zu prüfen, ob der Unfall der Ehefrau des Klägers gemäß § 176 Abs 1 Z 6 ASVG einem Arbeitsunfall gleichgestellt wäre, weil der Kläger das Klagebegehren nicht auf diesen Rechtsgrund gestützt hat und weil überdies der beklagten Partei für einen aus dieser Bestimmung abgeleiteten Anspruch die Sachlegitimation zufolge § 28 Z 1 ASVG fehlen würde (ebenso 10 Ob S 235/90, teilw veröff JUS 1990/566).

Was ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb ist, richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Z 1 BSVG, der auch für die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach § 3 Abs 1 Z 2 BSVG maßgebend ist, aber auch gemäß § 27 Abs 1 ASVG nach den Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes, BGBl 1984/287. § 5 Abs 1 dieses Gesetzes bezeichnet als Betriebe der Land- und Forstwirtschaft Betriebe der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und ihre Nebenbetriebe, soweit diese in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben und sich nicht als selbständige, von der Land- und Forstwirtschaft getrennt verwaltete Wirtschaftskörper darstellen, ferner die Hilfsbetriebe, die der Herstellung und Instandhaltung der Betriebsmittel für den land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb dienen. In diesem Rahmen zählen zu land- und forstwirtschaftlichen Produktion die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen, das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse sowie die Jagd und Fischerei. Schon mit der Versicherung der Hilfs- und Nebenbetriebe hat der Gesetzgeber gezeigt, daß er den Schutz der Unfallversicherung nicht nur auf die eigentliche Produktion beschränkt wissen will; mit dem Schutz aller Arbeiten zur Errichtung, zum Umbau und zur Reparatur von Betriebsgebäuden sowie der Nachbarschaftshilfe für einen anderen Betrieb (§ 175 Abs 3 Z 4 ASVG) hat er diese Absicht weiter verdeutlicht. Geschützt ist daher jede Verrichtung, die der Erhaltung oder Verbesserung der Organisation des Betriebes dient, sofern eine solche Verrichtung üblicherweise von Landwirten selbst (dh unter ihrer eigenen Leitung und mit von ihnen herangezogenen Hilfskräften) durchgeführt wird. Der Schutz endet, wenn bereits ein Aufgabenkreis eines Betriebes eines anderen Wirtschaftszweiges in den Vordergrund rückt (Tomandl, SV-System,

4. ErgLfg 287 f; derselbe, Das Leistungsrecht der österr Unfallversicherung 32 f).

Der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Vermietung von Privatzimmern nicht als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb anzusehen ist, muß beigepflichtet werden. Gemäß § 2 Abs 1 Z 9 GewO 1973 ist dieses Bundesgesetz auf die nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallenden und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebenen Erwerbszweige nicht anzuwenden. Artikel III der B-VG-Novelle 1974, BGBl 444, bestimmte, daß zu den Angelegenheiten des Gewerbes im Sinne des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG nicht die Privatzimmervermietung gehört, das ist die durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung ausgeübte Vermietung von nicht mehr als 10 Fremdenbetten. Die Vermietung von nicht mehr als 10 Fremdenbetten ist nur dann von der Gewerbeordnung 1973 ausgenommen, wenn auf diese Tätigkeiten die in § 2 Abs 1 Z 9 GewO aufgestellten Merkmale zutreffen (Mache/Kinscher, Gewerbeordnung5 26 Anm 33 zu § 2). Im vorliegenden Fall wäre die von den Eltern des Klägers betriebene Privatzimmervermietung eine solche von der Gewerbeordnung ausgenommene häusliche Nebenbeschäftigung. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, besteht allerdings zwischen dieser Zimmervermietung und der landwirtschaftlichen Produktion kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Wie bereits oben dargelegt, verlangt § 5 Abs 1 LAG, daß ein Nebenbetrieb in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand hat und sich nicht als selbständiger, von der Land- und Forstwirtschaft getrennt verwalteter Wirtschaftskörper darstellen darf. Die Vermietung von Privatzimmern in ländlichen Gegenden kann unabhängig davon erfolgen, ob ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb geführt wird, beschränken sich doch die Leistungen im Rahmen der Privatzimmervermietung üblicherweise auf das Reinigen und Beheizen dieser Zimmer und allenfalls auf das Bettenmachen. Selbst wenn das Frühstück oder einzelne Mahlzeiten beigestellt werden, so setzen auch solche Leistungen keinesfalls einen landwirtschaftlichen Betrieb voraus, sondern sie werden üblicherweise von gastgewerblichen Betrieben erbracht. Weiters ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, daß auch der Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen an die Mieter bedeutungslos ist, weil der Verkauf von solchen Produkten nicht auf Hausgäste beschränkt ist. Zu den Ausführungen des Revisionswerbers, wonach der wirtschaftliche Zusammenhang und vor allem die Abhängigkeit der Zimmervermietung vom landwirtschaftlichen Betrieb darin liege daß ein "Urlaub am Bauernhof" angeboten werde braucht nicht Stellung genommen zu werden, weil diese Ausführungen nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehen. Danach bieten nämlich die Eltern des Klägers nicht den Urlaub am Bauernhof an, sondern haben sämtliche vier Zimmer im obersten Stockwerk seit 1970 langfristig an Personen vermietet, bei denen es sich sozusagen um Dauermieter handelt. Warum die langfristige Vermietung von Zimmern im ländlichen Raum ohne landwirtschaftlichen Betrieb undenkbar sein solle, ist nicht einzusehen. Am Land besteht aber auch in der Regel die Möglichkeit, landwirtschaftliche Produkte direkt beim Erzeuger einzukaufen; dies kann auch bei einem in der Nachbarschaft befindlichen landwirtschaftlichen Betrieb erfolgen. Auch bei einer nicht engen Auslegung des im § 5 LAG enthaltenen Erfordernisses der "Verarbeitung eigener Erzeugnisse" ist die Privatzimmervermietung einerseits und der Verkauf landwirtschaftlicher Produkte andererseits zu wenig miteinander verbunden, um den vom Gesetz geforderten wechselweisen Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenbetrieb zwingend zu begründen.

Es liegt auch kein Unfall vor, der nach § 175 Abs 3 ASVG als Arbeitsunfall in einem landwirtschaftlichen Betrieb gelten könnte, weil die Ehefrau des Klägers keine Arbeit "im Haushalt" des Betriebsinhabers oder des Klägers verrichtete, sondern in einem den Mietern der Privatzimmer zur Verfügung stehenden Badezimmer. Schließlich ist auch die Frage nicht entscheidend, ob die Ehefrau des Klägers im Auftrag ihrer Schwiegereltern tätig war, weil es nur auf den Inhalt der Tätigkeit ankommt. Die Erteilung eines Auftrages könnte nur dafür von Bedeutung sein, ob der Unfall gemäß § 175 Abs 2 Z 3 ASVG ein Arbeitsunfall ist. Nach dieser Bestimmung sind Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich bei häuslichen oder anderen Tätigkeiten ereignen, zu denen der Versicherte durch den Dienstgeber oder dessen Beauftragten herangezogen wird. Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, bestimmt § 28 ASVG, welcher Versicherungsträger zur Durchführung der Unfallversicherung sachlich zuständig ist; ein Anspruch kann nur gegen denjenigen Versicherungsträger geltend gemacht werden, dem in § 28 ASVG für diesen Anspruch die Durchführung der Unfallversicherung übertragen ist. Wird der Anspruch gegen einen anderen nicht zuständigen Versicherungsträger erhoben, fehlt diesem die passive Klagslegitimation (10 Ob S 235/90). Für den aus § 175 Abs 2 Z 3 ASVG abgeleiteten Anspruch wäre ein Dienstverhältnis zwischen dem Versicherten und dem Dienstgeber, der ihn zu der zum Unfall führenden Tätigkeit heranzog, Voraussetzung. In einem solchen Fall wäre aber gemäß § 28 Z 1 ASVG (wie auch bei dem bereits oben genannten Fall des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG) die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt zur Durchführung der Unfallversicherung zuständig und damit zur Leistung verpflichtet. Auch in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb sind Unfälle, die sich nicht bei Arbeiten für den Betrieb selbst oder für den dem Betrieb wesentlich dienenden Haushalt des Betriebsinhabers, sondern bei anderen Arbeiten ereignen, nur dann Arbeitsunfälle, wenn zwischen dem Versicherten und demjenigen, der ihn zu der zum Unfall führenden Tätigkeit heranzieht, ein Dienstverhältnis besteht (10 Ob S 235/90). § 175 Abs 2 Z 3 ASVG ist auf den vorliegenden Unfall weder unmittelbar noch sinngemäß anwendbar, sodaß dem Kläger auch auf Grund dieser (übrigens gar nicht geltend gemachten) Bestimmung ein Anspruch gegen die beklagte Partei nicht zusteht.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 ASGG abhing, entspricht es der Billigkeit, dem unterlegenen Kläger die Hälfte der Kosten seines Vertreters zuzusprechen (SSV-NF 3/116, 4/19, 4/84 uva).

Anmerkung

E25334

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:010OBS00039.91.0212.000

Dokumentnummer

JJT_19910212_OGH0002_010OBS00039_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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