TE OGH 1991/2/26 14Os124/90

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Veröffentlicht am 26.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Feber 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Winge als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rudolf H***** wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 28.August 1990, GZ 10 Vr 1082/89-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in

nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der italienische Staatsangehörige Rudolf H***** wurde vom Landesgericht Klagenfurt wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, mit der am 28.Juni 1976 geborenen unmündigen Margot L***** im Spätsommer 1988 den außerehelichen Beischlaf unternommen (I/) und sie im Frühjahr 1989 auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht zu haben, indem er sie aufforderte, ihren Unterleib zu entkleiden und ihre Beine zu spreizen, hierauf an ihrem Geschlechtsteil leckte und sich dabei selbst befriedigte (II/).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Sie stützt sich im wesentlichen darauf, daß Margot L***** im vorliegenden Verfahren zunächst stets angegeben hat, zu keinem Mann außer dem Angeklagten, der die Taten leugnet, geschlechtliche Beziehungen unterhalten zu haben. Demgegenüber hat sie jedoch in weiterer Folge im Verfahren 18 Vr 550/90 des Landesgerichtes Klagenfurt gegen Hubert O***** ausgesagt, mit diesem geschlechtliche Beziehungen (einschließlich Geschlechtsverkehr) unterhalten zu haben. Hubert O***** hat aber auch im vorliegenden Verfahren zunächst solche Kontakte zu Margot L***** geleugnet, während er in dem gegen ihn geführten Verfahren in weiterer Folge geständig war. Das Schöffengericht sei seiner Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung nicht nachgekommen, weil es im Lichte dieser Entwicklung verabsäumte, das Gutachten des kinderneuropsychiatrischen Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Franz WURST diesbezüglich ergänzen zu lassen und Margot L***** sowie Hubert O***** ergänzend zu vernehmen.

Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO liegt nur dann vor, wenn gegen die Richtigkeit der wesentlichen Tatsachenfeststellungen erhebliche Bedenken bestehen, die entweder aus schwerwiegenden, die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung (§§ 3, 232 Abs. 2, 254 StPO) ignorierenden Verfahrensmängel resultieren oder auf das Außerachtlassen aktenkundiger Beweisergebnisse zurückzuführen sind, die sich bei einer lebensnahen, an den allgemeinen menschlichen Erfahrungen orientierten Beurteilung mit dem festgestellten Sachverhalt nicht oder nur schwer in Einklang bringen lassen. Eine Bekämpfung der Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen in Form einer Schuldberufung ist aber nach wie vor unzulässig (EvBl 188/108, 109, 116; RZ 1990/94 uva).

Der kinderneuropsychiatrische Sachverständige hat jedoch bereits in seinem Gutachten (AS 137) eingeräumt, es wäre denkbar, daß das Mädchen das, was es bezüglich des Angeklagten aussagte, mit O***** erlebt habe, wobei in Betracht zu ziehen wäre, daß es diesen decken würde, um dessen Rückkehr in die Familie (als Lebensgefährte ihrer Mutter) nicht abzuschneiden. Die Tatrichter haben dieses Gutachten bei Beurteilung des Sachverhaltes erwogen (US 4), daraus jedoch beweiswürdigend unter Berücksichtigung späterer Angaben des Mädchens im Verfahren 18 Vr 550/90 (sowohl zum Angeklagten als auch zu Hubert O***** geschlechtliche Beziehungen gehabt zu haben) andere Schlüsse gezogen, als sie der Beschwerdeführer erreichen möchte (US 5).

Damit ist dem Schöffengericht mit der Unterlassung der Einholung einer Gutachtensergänzung ebensowenig ein schwerwiegender Verstoß gegen die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung unterlaufen wie durch den Umstand, daß es keine weitere (ergänzende) Vernehmung der Zeugen Margot L***** und Hubert O***** durchführte. Hat es doch in der Hauptverhandlung durch Verlesung der Akten 18 Vr 550/90 des Landesgerichtes Klagenfurt (AS 263) die geänderten Aussagen beider in das vorliegende Verfahren und des weiteren bei der Urteilsfindung in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen (US 5).

Der Umstand, daß aus den von den Tatrichtern angeführten Prämissen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen hätten gezogen werden können, ist jedoch für sich alleine noch nicht geeignet, jene erheblichen Bedenken darzutun, auf die der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO abstellt (16 Os 26/90, 13 Os 126/90).

Die reklamierte Urteilsnichtigkeit kann somit in den im Rahmen der freien Beweiswürdigung angestellten Erwägungen des Schöffengerichtes nicht erblickt werden, weswegen die Nichtigkeitsbeschwerde als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war.

Demgemäß wird über die Berufungen das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden haben.

Anmerkung

E25375

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0140OS00124.9.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19910226_OGH0002_0140OS00124_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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