TE OGH 1991/2/28 6Ob560/90

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Veröffentlicht am 28.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Paul B*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der *****gesellschaft mbH mit dem Sitz in ***** und der Geschäftsanschrift *****, wider die beklagte Partei ***** Aktiengesellschaft, p.Adr. *****, vertreten durch Dr. Axel F*****, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Anfechtung und Zahlung von 580.000 S samt Nebenforderungen, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 16. November 1989, AZ 2 R 249/89(ON 18), womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13. April 1989, GZ 14 Cg 246/88-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 17.533,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 2.922,30 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Ein Baumeister bestimmte seine seit Geburt geistig behinderte Stieftochter, eine Strickerin, und deren damaligen Lebensgefährten, einen Bundesbahnbediensteten, zur Gründung einer Wohnbau-Gesellschaft mbH mit dem Mindeststammkapital von 500.000 S, auf das die Strickerin eine Stammeinlage von 300.000 S und der Bundesbahnbedienstete eine solche von 200.000 S übernahmen und jeweils zur Hälfte aus Mitteln des Baumeisters einzahlten. Die mit Vertrag vom 24. Juni 1985 gegründete Gesellschaft wurde im Sinne der Eintragungsverfügung vom 31. Juli 1985 am 1. August 1985 in das Handelsregister eingetragen. Zum Geschäftsführer bestellten die Gründungsgesellschafter den Minderheitsgesellschafter. Im Besitz von Vollmachten vom Tag des Gesellschaftsvertragsabschlusses (vgl AS 47 und 73 der Handelsregisterakten) leitete tatsächlich der eingangs erwähnte Baumeister die Gesellschaft.

Am 1. Dezember 1986 trat der Minderheitsgesellschafter seinen Geschäftsanteil der Mehrheitsgesellschafterin ab, die damit zur Alleingesellschafterin wurde. Mit Gesellschafterbeschluß vom 26. März 1987 wurde anstelle des seinerzeitigen Minderheitsgesellschafters ein Tiroler Kaufmann zum Geschäftsführer bestellt. Dieser Geschäftsführerwechsel wurde am 27. März 1987 im Sinne einer Verfügung vom selben Tag in das Handelsregister eingetragen. Nachdem die durch ihren Stiefvater vertretene Alleingesellschafterin zunächst am 13. Juli 1987 anstelle des Tiroler Kaufmanns einen Diplomingenieur zum Geschäftsführer bestellt hatte, bestellte sie acht Tage später an dessen Stelle einen Wiener Kaufmann zum Geschäftsführer. Der Geschäftsführerwechsel wurde im Sinne der Verfügung vom 24. Juli 1987 am 4. August 1987 in das Handelsregister eingetragen. Auf Grund einer mit 21. September 1987 datierten Eingabe des zum Geschäftsführer bestellten Wiener Kaufmanns, der Schriftverkehrsstücke mit der Behauptung einer Insolvenz der Gesellschaft angeschlossen waren, wurde am 29. September 1987 im Sinne einer Verfügung vom 25. September 1987 in das Handelsregister eingetragen, daß der Wiener Kaufmann nicht mehr Geschäftsführer sei. Gleichzeitig leitete das Registergericht in Ansehung der Gesellschaft gemäß § 2 ALöschG das Amtslöschungsverfahren ein.

Mit konkursgerichtlichem Beschluß vom 22. Oktober 1987 wurde über das Vermögen der Gesellschaft mbH der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

Die Gesellschaft befaßte sich nach ihrer Satzung unter anderem mit der Errichtung von Wohnstätten, der Baubetreuung und der Begründung von Wohnungseigentum. Im Rahmen dieser Geschäftszweige hatte die Gesellschaft gegen Jahresmitte 1985 eine Liegenschaft mit einem 760 m2 großen Grundstück erworben und im Herbst 1986 im Sinne einer Baubewilligung vom August 1986 mit der Errichtung einer aus drei Wohneinheiten samt Garagen bestehenden Anlage begonnen.

Nach der Aufhebung des Kaufvertrages über eine der drei geplanten Wohneinheiten hatte die Gesellschaft dem Käufer in Rückabwicklung des Vertrages 900.000 S bezahlt. Dazu fehlten der Gesellschaft die erforderlichen Barmittel. Auch zur Finanzierung der weiteren Bauführung war die Gesellschaft auf Fremdgelder in der Größenordnung von 1,5 Mio S angewiesen.

In dieser Lage war die Gesellschaft, in deren Namen der Stiefvater der Mehrheitsgesellschafterin einschritt, im Spätherbst 1986 wegen einer Kreditgewährung an die nunmehr beklagte Kreditunternehmung herangetreten. Bis dahin hatten zwischen der Gesellschaft und dem Kreditinstitut keine Geschäftsbeziehungen bestanden. Der für die Gesellschaft auftretende Baumeister erläuterte dem Bankangestellten den Kreditwunsch von 1,5 Mio S mit dem Finanzbedarf zur Fortführung des Baues während der Wintermonate, ohne die vollstreckbare Rückabwicklungsforderung des zurückgetretenen Käufers von 900.000 S zu erwähnen.

Im Zuge der Kreditverhandlungen kamen die Bank und die Kreditwerbende Gesellschaft überein, daß die Kreditrückzahlungen im wesentlichen aus dem Verkaufserlös der abzuverkaufenden Wohnungseinheiten, längstens aber bis 30. November 1987 erfolgen sollten. Dazu verpflichteten sich die Gesellschaft gegenüber der Bank, auf deren Verlangen die jeweiligen Käufer vertraglich anzuweisen, die Kaufpreise, jedenfalls Teile davon, auf jenes Konto der Gesellschaft bei der Bank einzuzahlen, über welches diese der Gesellschaft den vereinbarten Kreditbetrag zur Verfügung stellen werde. Damit sollte nach übereinstimmender Absicht der Bank und der kreditwerbenden Gesellschaft der Kredit aus dem Abverkauf der Wohnungseinheiten zur Gänze abgedeckt werden. Dagegen verpflichtete sich die Bank, nach Maßgabe der Einzahlung des einem verkauften Liegenschaftsanteil entsprechenden Anteiles an der Rückzahlungsschuld den betreffenden Liegenschaftsanteil aus der zu begründenden Pfandhaftung zu entlassen.

Zur Besicherung des vereinbarten Barkredits in der Höhe von 1,5 Mio S sollte ein Simultanpfandrecht für den Höchstbetrag von 1,950.000 S auf der Baugrundliegenschaft, ferner einem 11/1039-Anteil der Gesellschaft an einer städtischen Liegenschaft sowie an einer im Eigentum der Mehrheitsgesellschafterin stehenden Liegenschaft begründet werden.

Im Sinne dieser Verhandlungen unterbreitete die Bank der Gesellschaft ein schriftliches, mit 21. November 1986 datiertes Kreditanbot. Eine Ausfertigung dieses Anbotes unterfertigte die Gesellschaft am 24. November 1986 und sandte dieses Schriftstück an die Bank zurück.

Nach dieser Urkunde war der Kredit als ein über ein Konto ordinario zur Verfügung zu stellender Barkredit in der Höhe von 1,5 Mio S mit einer Laufzeit bis 30. November 1987 umschrieben, wobei das Kreditverhältnis für beide Teile jederzeit lösbar sein sollte. Eine Wiederausnützung der Darlehenszusage innerhalb des betraglich ausgewiesenen Rahmens im Falle einer teilweisen Rückzahlung (in der Form eines sogenannten revolvierenden Kredites) war nicht vereinbart (vielmehr ein sogenannter Einmalkredit). Die Kreditgewährung sollte vereinbarungsgemäß der Betriebsmittelfinanzierung der Kreditwerberin dienen.

Mit Pfandbestellungsurkunde vom 1. Dezember 1986 bestellten die Gesellschaft und deren Mehrheitsgesellschafterin die im Kreditanbot bezeichneten drei Liegenschaften im Sinne der im Zuge der Kreditverhandlungen getroffenen Absprache zum Pfand. Das Simultanpfandrecht wurde noch 1986 auf den drei Liegenschaften einverleibt.

Die Gesellschaft verwendete im Jahr 1987 mit Zustimmung der Bank einen Teilbetrag des Kredites von 900.000 S zur Tilgung der vollstreckbaren Rückabwicklungsforderung des zurückgetretenen Käufers. Das für dessen Forderung einverleibte Zwangspfandrecht auf den Liegenschaften der Gesellschaft und der Gesellschafterin wurde hierauf zur Löschung gebracht.

Ein Sohn des die Gesellschaft beherrschenden Baumeisters und Halbbruder der Gründungsgesellschafterin kaufte im Sinne eines am 20. September 1986 geschlossenen Vorvertrages mit Kaufvertrag nach der Urkunde vom 23. Januar 1987 eine der drei Wohneinheiten (mit 161/487-Anteilen der Liegenschaft) samt Garage (mit 5/487-Anteilen der Liegenschaft) um 1,450.000 S. Dabei war festgelegt, daß die gekauften Liegenschaftsanteile ohne Belastung mit dem Höchstbetragspfandrecht zugunsten der Bank auf den Käufer übereignet werden sollten. Im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses waren noch erhebliche Arbeiten zur Fertigstellung der gekauften Wohneinheit erforderlich. Der vereinbarte Kaufpreis war angemessen. Der Kaufvertrag enthielt keine Anweisung der Gesellschaft an den Käufer, den Kaufpreis oder einen Teil davon auf das Bankkonto zu überweisen, über das der mit dem Höchstbetrag pfandbesicherte Bankkredit abgewickelt wurde. Vielmehr wurde der Käufer nach der Kaufvertragsurkunde darauf hingewiesen, Zahlungen, solange sein Eigentumsrecht noch nicht bücherlich einverleibt war, an einen namentlich genannten Notar mit dem unwiderruflichen Auftrag zu zahlen, daß dieser nach Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers den Betrag an die Gesellschaft weiterleitete.

Die Bank wäre im Sinne der mit der Gesellschaft getroffenen Abrede jederzeit bereit gewesen, die verkauften Liegenschaftsanteile gegen Zahlung eines dem Miteigentumsanteil entsprechenden Teiles der aushaftenden Rückzahlungsschuld auf das Kreditkonto aus der Pfandhaftung freizulassen.

Der Sohn des die Gesellschaft beherrschenden Baumeisters konnte den Kaufpreis von 1,450.000 S nicht aus Eigenmitteln aufbringen. In Anrechnung auf den Kaufpreis übernahm er eine auf dem Kaufgegenstand hypothekarisch sichergestellte Schuld der Gesellschaft gegenüber einer Bausparkasse in der Höhe von 455.000 S.

Als Käufer von Liegenschaftsanteile trat der Baumeistersohn an die Bank wegen Freilassung der vom Kaufvertrag erfaßten Liegenschaftsanteile vom Höchstbetragspfandrecht (1,950.000 S) heran. Die Bank erklärte sich unter der Voraussetzung einer Zahlung von 580.000 S auf das Kreditkonto der Gesellschaft bei ihr mit der begehrten Löschung des Höchstbetragspfandrechtes an den vom Baumeistersohn gekauften Anteilen einverstanden.

Der Käufer nahm hierauf bei der Hypothekargläubigerin einen auf dem gekauften Wohnungseigentums-Anteil durch ein Höchstbetragspfandrecht (780.000 S) zu besichernden Barkredit von 600.000 S auf.

Im Sinne des Grundbuchsbeschlusses vom 29. Juni 1987 wurde an den vom Baumeistersohn gekauften Wohnungseigentumsanteilen einerseits das Eigentumsrecht des Käufers sowie andererseits das Höchstbetragspfandrecht zugunsten der Bank (780.000 S) einverleibt.

Am 9. Oktober 1987 hafteten auf die durch Simultanhöchstbetragspfandrecht (1,950.000 S) sichergestellte Forderung der Bank aus dem der Gesellschaft gewährten Einmalkredit von 1,5 Mio S noch rund 1,160.000 S aus. Die Kreditnehmerin war zu diesem Zeitpunkt schon lange hoch überschuldet und zahlungsunfähig. Sie blieb bis zur nachfolgenden Konkurseröffnung insolvent. Bereits im Frühjahr 1987 war die Baugesellschaft zur Erfüllung ihrer laufenden Verbindlichkeiten nicht mehr imstande. Die Bank hatte ab Februar oder März 1987 nur noch negative Mitteilungen über die Baugesellschaft erhalten. Im Frühjahr 1987 erkannte die Bank, daß die Baugesellschaft konkursreif sei. Einzelne Geschäftsführer der Baugesellschaft teilten der Bank auch mit, daß der Baumeister Geldmittel der Gesellschaft zweckwidrig für seine persönlichen Zwecke verwendet habe. Die Bank ließ deshalb keine weitere Ausnützung des Kreditrahmens durch die Gesellschaft zu und forderte die Kreditrückzahlung aus dem Erlös der abverkauften Wohnungseinheiten.

Der Baumeistersohn zahlte - aus der ihm von der Bank gewährten Darlehen - 580.000 S auf das Kreditkonto der Gesellschaft bei der Bank. Diese brachte den Betrag am 12. Oktober 1987 buchhalterisch ihrem Konto gut; dadurch verminderte sich der Debetsaldo der kreditschuldenden Gesellschaft auf rund 580.000 S.

Die Bank hätte ohne die Zahlung des Baumeistersohnes mit hoher Wahrscheinlichkeit im Rahmen ihres Simultanhöchstbetragspfandrechtes aus den ihr noch verhafteten Anteilen an der Baugrundliegenschaft Befriedigung im Ausmaß der Leistungen des Baumeistersohnes erlangt. Die mitverpfändeten Wohnungseigentumsanteile der Gesellschaft an einer städtischen Liegenschaft wären als wertlos und unverkäuflich zu veranschlagen gewesen. Die Pfandgläubigerin hätte aber ohne Zahlung des Baumeistersohnes mit hoher Wahrscheinlichkeit im Rahmen des Simultanhöchstbetragspfandrechtes Befriedigung im Ausmaß der Zahlung aus der mitverpfändeten Liegenschaft der Alleingesellschafterin finden können.

Nach der am 21. Oktober 1987 erfolgten Konkurseröffnung wurde im November mit Einwilligung der Bank die Löschung ihres Höchstbetragspfandrechtes auf den vom Baumeistersohn gekauften Liegenschaftsanteilen einverleibt.

Mit Schreiben vom 28. März 1988 erklärte der Masseverwalter gegenüber der Bank, er fechte die Hereinnahme der Kaufpreisteilzahlung des Baumeistersohnes von 580.000 S auf das Kreditkonto der nunmehrigen Gemeinschuldnerin nach den Bestimmungen der Konkursordnung an und fordere die Zahlung des Betrages der als anfechtbar erklärten Verrechnung.

Die Beklagte lehnte dieses Zahlungsbegehren ab.

Am 26. September 1988 brachte der Masseverwalter im Konkurs der Baugesellschaft gegen die kreditgewährende Bank die Klage an, mit der er "die von der beklagten Partei vorgenommene Verrechnung bzw Kompensation mit der am 9. Oktober 1987 von Herrn ...."

(Baumeistersohn) ..." auf das Konto der Gemeinschuldnerin ... erfolgten Teilkaufpreiszahlung in der Höhe von S 580.000 ..." als den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen der Baugesellschaft unwirksam anfocht und die Zahlung des Betrages von 580.000 S samt 4 % Zinsen seit 11. April 1988 begehrte.

Zur Stützung dieses Begehrens brachte der Kläger in tatsächlicher Hinsicht vor, die Bank habe ihre Darlehensforderung gegen die Baugesellschaft durch den angefochtenen Verrechnungsvorgang um 580.000 S verringert, dadurch sei dieser Betrag dem Zugriff der übrigen Konkursgläubiger entzogen worden. Die Baugesellschaft habe ihre Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Bank verringern wollen, in diesem Bestreben den Verrechnungsvorgang geduldet und damit im Bewußtsein ihrer Zahlungsunfähigkeit in Begünstigungsabsicht gehandelt. Die Bank habe (zur Zeit des angefochtenen Verrechnungsvorganges) die Zahlungsunfähigkeit der Baugesellschaft gekannt, zumindest wäre ihr diesbezüglich fahrlässige Unkenntnis anzulasten.

Der Masseverwalter qualifizierte seine Anfechtung ausdrücklich als eine solche im Sinne der §§ 30 und 31 KO.

Die Bank wendete vor allem ein, durch den angefochtenen Verrechnungsvorgang nicht mehr erhalten zu haben, als sie bei Verwertung ihres anfechtungsfesten Pfandrechtes aus der Pfandsache für ihre bereits fällige Darlehensrückzahlungsforderung erlöst haben würde.

Aufrechnungsweise machte die Bank einen Bereicherungsanspruch in Höhe des vom Masseverwalter erhobenen Leistungsbegehrens geltend, weil die Masse durch die Schuldtilgung rechtsgrundlos bereichert wäre.

Das Prozeßgericht erster Instanz gab dem Anfechtungsbegehren unter dem Ausspruch, daß die eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, statt.

Es erachtete zwar keinen Anfechtungsgrund nach § 30 KO als erfüllt, wohl aber jenen nach § 31 Abs 1 Z 2 KO, weil die Beklagte ungeachtet des zu ihren Gunsten einverleibten Pfandrechtes nicht als Absonderungsgläubigerin zu behandeln gewesen wäre. Die Bank habe nicht aus den dem Baumeistersohn verkauften Liegenschaftsanteilen, die zur Zeit dessen Zahlung auch nicht mehr im Eigentum der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gestanden seien, sondern aus einer der Bank nicht verpfändeten Kaufpreisforderung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gegen den Baumeistersohn Befriedigung erlangt. Die Baugesellschaft sei zur Zeit des angefochtenen Verrechnungsvorganges schon lange Zeit überschuldet gewesen, eine Unkenntnis von dieser Zahlungsfähigkeit wäre der Bank als Fahrlässigkeit anzulasten.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht wies dagegen in Stattgebung der von der Anfechtungsgegnerin erhobenen Berufung das Anfechtungsbegehren ab.

Dazu folgerte das Berufungsgericht in rechtlicher Beurteilung:

Der allein angefochtene Verrechnungsvorgang habe sich auf der - anfechtungsfesten - Grundlage des Kreditvertrages, der pfandrechtlichen Sicherstellung des Kaufvertrages der nunmehrigen Gemeinschuldnerin mit dem Baumeistersohn über Anteile an der belasteten Liegenschaft und der Einigung zwischen dem Anteilserwerber und der Bank über die Entlassung der vom Käufer erworbenen Anteile aus der Pfandhaftung gegen Zahlung eines Teilbetrages abgespielt. Durch die Zahlung des Baumeistersohnes habe die Bank eine ihr Kraft anfechtungsfester Vereinbarung gebührende Leistung und daher keine inkongruente Deckung erhalten. Die Zustimmung der späteren Gemeinschuldnerin zu der zwischen dem Baumeistersohn als Käufer des belasteten Anteiles und der Bank als Pfandgläubigerin getroffenen Abreden sei nicht angefochten worden. Entgegen der erstrichterlichen Ansicht scheide nicht nur eine Anfechtung nach § 30 KO, sondern auch eine solche nach § 31 Abs 1 Z 2 KO aus. Voraussetzung des ersten in der letztgenannten Gesetzesstelle betroffenen Falles sei, daß sich die angefochtene Rechtshandlung auf eine bereits bestehende Gläubigerstellung des Anfechtungsgegners auswirke; eine Anfechtung käme grundsätzlich nicht in Betracht, wenn sie gleichzeitig oder später begründete Gläubigerrechte beträfe. Die die Gläubigerstellung der Anfechtungsgegnerin begründenden Rechtshandlungen seien von der Anfechtung nicht erfaßt. Damit gebreche es auch am Anfechtungserfordernis der Nachteiligkeit des Rechtsgeschäftes in seiner Gesamtheit gemäß dem zweiten im § 31 Abs 1 Z 2 KO geregelten Fall. Dem angefochtenen Verrechnungsvorgang liege eine der Anfechtungsgegnerin erbrachte Leistung des Anteilskäufers zugrunde, die dieser aufgrund der Sachhaftung in einem Ausmaß erbracht habe, in dem die Hypothekargläubigerin mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Zuge einer Zwangsvollstreckung Befriedigung erlangt haben würde.

Der Masseverwalter ficht das abändernde Berufungsurteil aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache mit einem auf Wiederherstellung des klagsstattgebenden erstinstanzlichen Urteiles zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Die Anfechtungsgegnerin strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber baut seine Argumentation auf der These auf, daß die Anfechtungsgegnerin ihre - hypothekarisch besicherte - Darlehensrückzahlungsforderung im angefochtenen Teilbetrag nicht aus der Pfanddeckung, sondern aus einer Kaufpreisforderung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gegen ihren Anteilserwerber befriedigt habe. Die vom Berufungsgericht als entscheidend hervorgehobene Stellung der Anfechtungsgegnerin als einer pfandgesicherten Gläubigerin darf entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers nicht einfach vernachlässigt werden. Dabei ist es im Gegensatz zu dem vom Revisionswerber vertretenen Standpunkt für die Frage nach einer anfechtungsfesten Rechtsgrundlage für die Vereinnahmung der Zahlung unerheblich, ob die ausreichende Sicherheit bietende Pfandsache im Eigentum der nunmehrigen Gemeinschuldnerin oder im Eigentum eines Dritten stand. Das Fremdpfand ist umso mehr anfechtungsfeste Rechtsgrundlage für eine Zahlung auf die besicherte Schuld, als die im Eigentum eines Dritten stehende Pfandsache nie in die Konkursmasse hätte fallen können und deshalb umso weniger eine Benachteiligung der Konkursgläubiger denkbar wäre.

Als Pfandgläubiger mit hinreichender Deckung der Pfandforderung im (Rest-)Wert der Pfandsache ist die Gläubigerin nicht Konkursgläubigerin. Zur Tilgung der (Darlehensrückzahlungs-)Schuld der nunmehrigen Gemeinschuldnerin durch eine Leistung des (Dritt-)Pfandeigentümers im Rahmen der Pfanddeckung bestand für die Anfechtungsgegnerin eine anfechtungsfeste dingliche Rechtslage.

Das Berufungsgericht hat aus diesem Grund das gegen die Bank erhobene Anfechtungsbegehren ohne Rechtsirrtum abgewiesen. Fragen der Aufrechnung, bankinterner Buchungsvorgänge, aber auch der Aufrechnung der Kaufpreisforderung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gegen Ausgleichsansprüche des Pfandeigentümers sind für die Entscheidung der anhängigen Rechtssache ohne Belang.

Der Revision konnte aus diesen Erwägungen kein Erfolg beschieden sein.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E25246

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0060OB00560.9.0228.000

Dokumentnummer

JJT_19910228_OGH0002_0060OB00560_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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