TE OGH 1991/3/12 5Ob514/91

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Veröffentlicht am 12.03.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1.) Michael D*****, und 2.) Andrea D*****, beide vertreten durch Dr. Hans Bichler und Dr. Wolfgang Spitzy, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Karin K*****, vertreten durch Dr. Johann Gadzinski, Rechtsanwalt in Wien, wegen 205.074 S und Feststellung sA (hinsichtlich des Erstklägers) und 12.400 S, 122,50 DM und Feststellung (hinsichtlich der Zweitklägerin) infolge außerordentlicher Revision der erstklagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Oktober 1990, GZ 18 R 166/90-64, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26. Februar 1990, GZ 20 Cg 31/87-56, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erstklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.264 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 544 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 3. 5. 1986 begab sich der Erstkläger wegen heftiger Zahnschmerzen in Behandlung der Beklagten. Im Zuge der Weiterbehandlung empfahl die Beklagte am 7. 5. 1986 dem Erstkläger die neue Anfertigung von drei Zahnbrücken, worauf dieser ihr diesen Auftrag, und zwar mit dem Beifügen erteilte, erstklassiges Material, und zwar "das beste, das es gäbe" zu verwenden, womit er Edelmetall meinte. Am 13. 5. 1986 nahm die Beklagte an einem Zahn eine Wurzelbehandlung vor, die jedoch wegen mangelhafter endodontischer Versorgung mit einem fraglichen Wurzelfüllmaterial mangelhaft geblieben ist. Am 15. 5. 1986 setzte sie beim Erstkläger die Brücke rechts unten provisorisch ein, unterließ es aber, an den Brückenpfeilern (4-4 und 4-8) bestehende Karies zu entfernen. Am 24. 6. 1986 begann die Beklagte mit dem Beschliff der Brücke links unten, nachdem sie vorher einen Kariesschaden am Brückenpfeiler links unten behoben hatte. Am 3. 7. 1986 wurde die Brücke links unten provisorisch eingegliedert. Da der Erstkläger am 28. und 29. 7. 1986 starke Schmerzen im Unterkiefer verspürte, bohrte die Beklagte am 30. 7. 1986 die Brücke rechts unten auf; da die Schmerzen nicht nachließen, gab sie dem Erstkläger ein starkes schmerzstillendes Präparat und zementierte sie die Brücke links unten fix ein. Am 6. 8. 1986 gab die Beklagte eine Toxaviteinlage in den Zahn rechts unten sieben; die Schmerzen an diesem Zahn ließen jedoch nicht nach. Am selben Tag nahm sie an den Zähnen rechts oben sieben und acht eine nur unzureichende Kariesbehandlung vor und präparierte sie die Brücke rechts oben. Es gelang der Beklagten aber auch am 12. 8. 1986 nicht, die Schmerzen zu beheben, sondern nur zu lindern; an diesem Tag setzte sie auch die Brücke rechts oben provisorisch ein. Die drei von der Beklagten dem Erstkläger eingesetzten Zahnbrücken bestanden nicht aus Edelmetall. In der Nacht vom 14. auf den 15. 8. 1986 setzten beim Erstkläger so starke Schmerzen ein, daß er noch am Morgen des 15. 8. 1986 die Ordination der Beklagten aufsuchte. Die Beklagte trepanierte an dem Zahn rechts unten die Krone, begann daran eine Wurzelbehandlung und legte Toxavit ein. Da der Erstkläger beabsichtigte, noch am selben Tag auf Urlaub zu fahren, gab die Beklagte ihm ein Instrument und Toxavit mit und empfahl sie ihm die Toxavitfüllung von seiner Gattin mit Hilfe des Instruments erneuern zu lassen. Für die Behandlung des Erstklägers stellte die Beklagte diesem mit Rechnung vom 9. 9. 1986 einen Betrag von 89.050 S in Rechnung. Am 8. 10. 1986 erklärte der Erstkläger der Beklagten, das Vertrauen zu ihr verloren zu haben und jede weitere Behandlung abzulehnen. Am selben Tag bezahlte der Erstkläger, der bereits eine Akontozahlung von 40.000 S geleistet hatte, mit Scheck einen weiteren Betrag von 30.000 S, nachdem sich der Erstkläger und die Beklagte - ohne daß der Erstkläger dabei auf Ansprüche gegenüber der Beklagten verzichtet hätte - am 8. 10. 1986 auf einen Honorarbetrag von 70.000 S geeinigt hatten.

Am 22. 10. 1986 begab sich der Erstkläger zur zahnärztlichen Behandlung zu Dr. Ingeborg E***** und trug ihr auf, die begonnene Wurzelbehandlung am Zahn rechts, unten acht zu begutachten und zu vervollständigen. Dr. E***** führte darauf die Wurzelbehandlung zu Ende. Weiters wurde Dr. E***** vom Erstkläger beauftragt, die provisorisch einzementierte Brücke rechts oben abzunehmen und sie allenfalls definitiv zu zementieren. Dabei stellte sich heraus, daß die beschliffenen Pfeiler noch Karies enthielten. Ein angefertigtes Panoramaröntgenbild ließ hinsichtlich Randschluß und Konturierung der Brückenanker Ungenauigkeiten erkennen. Dr. E***** fertigte darauf eine neue Brücke an. Vom 15. 11. 1986 an bekam der Erstkläger starke Schmerzen am Zahn links unten sieben. Dr. E***** mußte daraufhin die eingesetzte Brücke abschneiden und den Zahn 3-7 extrahieren. Es wurde sodann eine neue Brücke eingesetzt. Wegen Bedenken gegen den Zustand der unteren Brücke rechts trug der Erstkläger Dr. E***** auf, diese Brücke abzunehmen, wobei festgestellt wurde, daß die Pfeiler dieser Brücke von Karies befallen waren. Dr. E***** entfernte die Karies, fertigte eine neue Brücke an und zementierte diese endgültig am 16. 12. 1986 ein. Die ursprüngliche Brücke konnte nicht eingesetzt werden, da sie nicht mehr paßte.

Die von der Beklagten dem Erstkläger erbrachten Leistungen wiesen folgende Mängel auf: Verwendung einer Nicht-Edelmetallegierung, Paßungenauigkeit, Randschluß an den Brückenankern rechts oben, Belassen kariös erweichter Zahnhartsubstanz unter den Brückenankern, Anwendung einer unsicheren Mortalmethode bei der endodontischen Versorgung von 4-8, mangelhafte endodontische Versorgung des Zahnes 3-7 und Verwendung dieses Zahnes als Brückenpfeiler.

Unter Berücksichtigung dieser Mängel ist ein Entgelt von lediglich 25.000 S für die erbrachten zahnärztlichen Leistungen der Beklagten angemessen. Die von Dr. E***** dem Erstbeklagten für die Mängelbehebung verrechneten Kosten von 134.574 S sind als "gerade noch angemessen" anzusehen.

Der Erstkläger hatte als Folge der mangelhaften Leistungen der Beklagten zwei Tage starke Schmerzen, fünf Tage mittelstarke Schmerzen und sieben Tage leichte Schmerzen zu erdulden. Als Folge mangelhaft durchgeführter Versorgung des Zahnes 4-8 muß beim Kläger mit dem Verlust dieses Zahnes gerechnet werden.

Mit der am 2. 2. 1987 beim Erstgericht erhobenen Klage begehrte der Erstkläger von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes die Bezahlung des Betrages von 195.074 S sA sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle zukünftigen Aufwendungen und Nachteile des Klägers aus deren zahnärztlicher Behandlung. Das im Zuge des Verfahrens um 10.000 S sA ausgedehnte Klagebegehren setzt sich aus den nach Ansicht des Klägers von der Beklagten wegen deren unsachgemäßer Behandlung zu vertretenden Kosten der zahnärztlichen Weiterbehandlung Dris. E***** im Betrag von 134.574 S, dem Betrag von 45.000 S aus dem Titel der Preisminderung - der Kläger habe der Beklagten für deren gesamte Behandlung ein Entgelt von 70.000 S bezahlt, wegen der von der Beklagten zu vertretenden Mängel hätten die erbrachten Leistungen jedoch nur einen Wert von 25.000 S - sowie dem Betrag von 25.000 S für Schmerzengeld zusammen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil sie ihre Leistungen mängelfrei erbracht habe und ein Kausalzusammenhang mit den zusätzlichen Arztkosten nicht gegeben sei. Unter Berücksichtigung der Krankenkassenleistungen ergebe sich noch eine Restforderung von 10.740 S, welchen Betrag die Beklagte dem Klagebegehren aufrechnungsweise entgegensetzte.

Das Erstgericht verband diese Rechtssache mit der von der Ehefrau des Erstklägers gegen die Beklagte erhobenen Schadenersatzklage zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und erkannte ua die Forderung des Erstklägers mit 198.074 S als zu Recht bestehend, die Gegenforderung der Beklagten aber als nicht zu Recht bestehend, sodaß es ua dem Erstkläger den Betrag von 198.074 S sA unter Abweisung des Mehrbegehrens des Erstklägers in der Höhe von 7.000 S (weiteres Schmerzengeld) zusprach. Außerdem gab es dem Feststellungsbegehren zur Gänze Folge.

Rechtlich beurteilte es den bereits wiedergegebenen Sachverhalt dahin, daß die mangelhafte Erbringung der Leistungen an den Erstkläger durch die Beklagte im Sinne der Bestimmungen der §§ 1167 und 932 ABGB nicht nur eine Minderung des Entgelts der Beklagten zur Folge hätte, die Beklagte vielmehr darüber hinaus auch zum Ersatz des durch die mangelhafte Leistung entstandenen Schadens verpflichtet sei. Es sei daher anstatt des vom Erstkläger bereits geleisteten Entgelts von 70.000 S nur ein solches von 25.000 S gerechtfertigt. Der Erstkläger habe somit Anspruch auf Rückzahlung von 45.000 S. Überdies stünde ihm Ersatz jener Kosten zu, die er für die Mängelbehebung habe bezahlen müssen, nämlich 134.574 S. Gemäß § 1325 ABGB gebühre ihm auch für die durch die unsachgemäße Leistung der Beklagten verursachten Schmerzen ein angemessenes Schmerzengeld, das mit 18.500 S zu bemessen gewesen sei. Das Schmerzengeldbegehren von 7.000 S wies das Erstgericht daher ab.

Das Gericht zweiter Instanz gab der von der Beklagten erhobenen Berufung teilweise nicht Folge und bestätigte das den Erstkläger betreffende Urteil des Erstgerichtes, das hinsichtlich der Abweisung von 7.000 S unangefochten geblieben war, insoweit als Teilurteil, als die Forderung des Erstklägers mit 63.500 S (Schmerzengeld von 18.500 S und Preisminderung von 45.000 S) als zu Recht bestehend, die Gegenforderung in der Höhe von 10.740 S als nicht zu Recht bestehend erkannt und dem Erstkläger der Betrag von 63.500 S sA zuerkannt wurde, sowie hinsichtlich der Feststellung der Haftung für zukünftige Aufwendungen aus der zahnärztlichen Behandlung. Im übrigen gab es der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte es das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es ein Begehren des Erstklägers von 80.740 S sA abwies; schließlich hob es das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich des Betrages von 53.834 S sowie im Kostenpunkt auf und verwies es die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Berufungsgericht sprach dabei aus, daß der Wert des (den Erstkläger betreffenden) Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und die Revision unzulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und erachtete davon ausgehend ua die Rechtsrüge der Beklagten als teilweise berechtigt.

In Erledigung dieser Rechtsrüge ging das Berufungsgericht davon aus, daß es sich bei dem ärztlichen Behandlungsvertrag um keinen reinen Werkvertrag, sondern einen gemischten Vertrag handle, der Elemente des Werkvertrages enthielte, eine Weiterbehandlung vom Erstkläger abgelehnt und die Ablehnung der Weiterbehandlung von ihm mit dem Verlust des Vertrauens zur Beklagten begründet worden sei. § 1168 ABGB regle den Fall, daß die Vollendung eines Werkes unterblieben sei. Die Abbestellung eines Werkes sei immer zulässig, doch setze der Entgeltanspruch nach § 1168 ABGB voraus, daß der Unternehmer nicht rechtswidrig oder schuldhaft gehandelt habe. Mit Rücksicht auf die Mangelhaftigkeit der erbrachten Leistungen und die nicht lege artis durchgeführte Behandlung sowie im Hinblick darauf, daß die Beklagte nicht nur objektiv sorgfaltswidrig, sondern auch subjektiv vorwerfbar die mangelhafte Behandlung vorgenommen habe, habe das Erstgericht frei von Rechtsirrtum den Entgeltanspruch der Beklagten auf 25.000 S reduziert. Grundsätzlich stünden dem Erstkläger auch aus dem Titel des Schadenersatzes Behebungskosten zu. Für die von der Berufung angenommene Verwirkung jeglichen Schadenersatzanspruches fehle jede gesetzliche Grundlage. Die von der Beklagten vertretene Rechtsansicht, daß hier ein unwesentlicher Mangel vorliege, könne nicht geteilt werden. Wesentlich sei ein Mangel dann, wenn er das Werk unbrauchbar mache oder der ausdrücklichen Bedingung zuwider laufe. Dies sei hier gegeben. Verfehlt sei es aber, wenn das Erstgericht einerseits den Entgeltanspruch auf 25.000 S mindere und anderseits die gesamten Kosten der Mängelbehebung durch Dr. E***** zuspreche. Hier sei nämlich davon auszugehen, daß bei der vom Erstgericht vorgenommenen Betrachtungsweise im Ergebnis der Erstkläger um 25.000 S auch eine Sanierung seines Gebisses erreicht hätte, weil alle übersteigenden Kosten die Beklagte zu tragen hätte. Wie in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 10. 10. 1990 außer Streit gestellt worden sei, stelle der Betrag von 80.740 S das angemessene Honorar der Beklagten für den Fall einer mängelfreien Leistung dar. Aus dem Titel des Schadenersatzes könne daher dem Erstkläger nur der Betrag zuerkannt werden, der über diesem angemessenen Honorar der Beklagten liege. Hätte nämlich die Beklagte die ihr übertragenen Arbeiten mängelfrei vorgenommen, dann hätte der Erstkläger um den Betrag von 80.740 S ein saniertes Gebiß. Der Erstkläger hätte bei Dr. E***** einen höheren Betrag bezahlen müssen und stelle dieser höhere Betrag einen ersatzfähigen Schaden des Klägers dar, weil der Mehraufwand durch die Beklagte verschuldet worden sei. Der Zuspruch von 80.740 S aus dem Honorar Dr. E***** erweise sich daher als verfehlt, weil dies zu einer Bereicherung des Erstklägers führen würde. Diesbezüglich sei daher das Urteil im klagsabweisenden Sinne abzuändern gewesen. Hinsichtlich des weiteren Betrages von 53.834 S sei das Urteil jedoch aufzuheben, weil der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt sei.

Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der (ordentlichen) Revision hinsichtlich des Erstklägers begründete das Berufungsgericht damit, daß keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung vorläge (§ 502 Abs.1 ZPO).

Gegen dieses den Erstkläger betreffende berufungsgerichtliche Teilurteil richtet sich die außerordentliche Revision des Erstklägers mit dem Antrag, das Teilurteil im Sinne des Zuspruches eines weiteren Betrages von 25.000 S abzuändern.

Die Beklagte machte von der ihr eingeräumten Möglichkeit, eine Revisionsbeantwortung zu erstatten, Gebrauch. Sie beantragte, die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes zulässig, weil der berufungsgerichtlichen Entscheidung eine Verkennung der Rechtslage zugrunde liegt. Anders als nach der Rechtslage nach der Zivilverfahrens-Novelle 1983 hängt die Zulässigkeit der Revision nicht mehr vom Wert des Beschwerdegegenstandes ab, es kommt vielmehr auf den Wert des Streitgegenstandes an, über den das Berufungsgericht entschieden hat (§ 502 Abs 2 ZPO idF der WGN 1989). Dieser übersteigt hier aber 50.000 S. Die Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht ist vorerst mit Recht davon ausgegangen, daß es sich bei dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrag um einen gemischten Vertrag handelt, der Elemente des Werkvertrages enthält. Nach der Art der in Anspruch genommenen ärztlichen Leistung kann ein Behandlungsvertrag allerdings auch Elemente des freien Dienstvertrages enthalten. Heilung schuldet ein Arzt grundsätzlich nicht, zumal auch eine korrekte fachgemäße Behandlung den Heilungserfolg nicht garantieren kann (vgl. Krejci in Rummel, ABGB2, Rz 15 zu §§ 1165, 1166). Die Frage, welche Rechtsfolgen Leistungsstörungen im Rahmen gemischter Verträge auslösen, ist iS der hier anzuwendenden Kombinationstheorie nach der sachlich am meisten befriedigenden Vorschrift jenes Vertragstypus zu beurteilen, dem die verletzte Leistungspflicht entstammt (vgl. Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 22 zu § 859; Apathy in Schwimann, ABGB IV/1, Rz 4 zu § 859; Koziol-Welser8 I 193).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger mit der Beklagten vorerst einen Zahnbehandlungsvertrag geschlossen und im Zuge dieser Behandlung weiters den Auftrag erteilt, sein Gebiß mit 3 Zahnbrücken zu versorgen. Nach Abschluß der vorerst in Auftrag gegebenen Zahnbehandlung (Zahn links unten 7) erklärte der Kläger der Beklagten am 8. 10. 1986 im Hinblick darauf, daß es dieser nicht gelungen war, ihn von Zahnschmerzen zu bewahren, das Vertrauen zu ihr verloren zu haben und jede weitere Behandlung durch sie abzulehnen. Da die zahnärztliche Behandlung (Zahn links unten 7) bereits abgeschlossen war, als der Erstkläger dies der Beklagten mitteilte, bezieht sich diese Erklärung auf die Vereinbarung zur Versorgung des Gebisses des Klägers mit 3 Zahnbrücken. Damit erscheint es wohl vertretbar, auf die aus der dieser Arbeit zugrunde liegenden Vereinbarung sich ergebenden Leistungspflichten die für Werkverträge geltenden gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden, zumal bei der Herstellung und dem Einsetzen von Zahnprothesen - von besonderen hier nicht behaupteten physiologischen Problemen des Patienten abgesehen - im allgemeinen doch die technischen Fähigkeiten und handwerklichen Fertigkeiten den Ausschlag geben. Entscheidend für die vorliegende Rechtssache ist weiters der Umstand, daß die Beklagte dem Erstkläger bereits mit Rechnung vom 9. 9. 1986 für dessen Behandlung den Betrag von 89.050 S in Rechnung gestellt hatte und es am 8. 10. 1986 zwischen dem Erstkläger und der Beklagten - ohne daß der Kläger dabei auf Ansprüche ihr gegenüber verzichtet hätte - zu einer Einigung über ein Honorar von 70.000 S gekommen ist; da der Erstkläger vorher schon eine Akontozahlung von 40.000 S geleistet hatte, bezahlte er an diesem Tag noch mit Scheck weitere 30.000 S. Bedenkt man, daß der Erstkläger den Eintritt des Vertrauensverlustes und seine Weigerung, die vereinbarte prothetische Versorgung zu Ende führen zu lassen, erst nach Erhalt der Honorarnote erklärt und sich mit der Beklagten über deren Honoraranspruch geeinigt hat, so können die vom Erstkläger am 8. 10. 1986 der Beklagten gegenüber abgegebenen Erklärungen nicht als einseitiger Rücktritt vom Vertrag iS der §§ 918 ff (1168) ABGB etwa wegen einer schweren - in der Sphäre der Beklagten liegenden von ihr verschuldeten - Erschütterung des Vertrauens in deren ärztliche Fähigkeiten (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 7 zu Vor §§ 918 - 933; Binder in Schwimann, ABGB IV/1, Rz 2 zu § 918; SZ 57/186 ua) angesehen werden, weil die Annahme einer derart schweren, zum Rücktritt berechtigenden Vertrauenserschütterung wohl jenen Wissensstand hätte zur Voraussetzung haben müssen, über den der Kläger erst nach der Information durch die ab 22. 10. 1986 beigezogene Zahnärztin verfügen konnte. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß es am 8. 10. 1986 zwischen den Streitteilen zu einer einvernehmlichen Auflösung des die prothetische Versorgung des Gebisses des Klägers betreffenden Vertrages gekommen ist. Bei einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung kommt die Bestimmung des § 921 Satz 1 ABGB jedoch nur dann zum Tragen, wenn sich der Vertragsteil, der die Vertragsauflösung anstrebte, die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen vorbehalten hat (vgl. Binder in Schwimann, ABGB IV/1, Rz 2 zu § 921; EvBl 1988/93; WBl 1989, 99). Der Umstand, daß der Erstkläger im Zuge der Gespräche über die Vertragsauflösung auf (allfällige) Ansprüche gegenüber der Beklagten nicht verzichtet hat, reicht somit nicht aus, dem Erstkläger Schadenersatzansprüche iS des § 921 ABGB zu sichern. Da in Ansehung der am 8. 10. 1986 getroffenen Vereinbarung eine Anfechtung wegen Irrtums nicht erklärt wurde, der Erstkläger vielmehr bei Geltendmachung seines Preisminderungsanspruches von der Wirksamkeit der Vereinbarung ausgegangen ist, sind die Vorinstanzen zu Unrecht zur Annahme eines Anspruches des Erstklägers gegen die Beklagte auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens aus dem Vertrag über die prothetische Versorgung des Gebisses des Erstklägers durch die Beklagte gelangt.

Der allein auf Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen im Sinne des Zuspruches eines weiteren Betrages von 25.000 S sA als Teil seines Anspruches auf Leistung des positiven Vertragsinteresses gegen die Beklagte gerichteten Revision konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E25219

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00514.91.0312.000

Dokumentnummer

JJT_19910312_OGH0002_0050OB00514_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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