TE OGH 1991/4/4 7Ob529/91

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Veröffentlicht am 04.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christa *****, vertreten durch Dr. Paul Cammerlander und Dr. Harald Vill, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Helmut *****, vertreten durch Dr. Martin Nagiller, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen Löschung eines Fruchtgenußrechtes und eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes (Streitwert S 100.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 4. Dezember 1990, GZ 1 R 198/90-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. März 1990, GZ 13 Cg 213/89-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß List im Sinne des § 870 ABGB bewußte Täuschung ist und diese auch durch Unterlassung der gebotenen Aufklärung erfolgen kann, entspricht der Lehre und Rechtsprechung (Rummel in Rummel2 Rz 2 bis 4 zu § 870; Schwimann-Apathy ABGB § 870 Rz 2 und 3; SZ 53/108; SZ 52/22; MietSlg 32.097 uva). In Übereinstimmung damit steht auch die Auffassung, daß generelle Aussagen darüber, wann eine Aufklärungspflicht besteht, kaum möglich sind, und es vor allem auf die Übung des redlichen Verkehrs ankommt (Rummel aaO; Schwimann-Apathy aaO), eine Aufklärungspflicht aber über einen Umstand anzunehmen ist, von dem der Verschweigende annehmen mußte, daß er für die Willensbildung seines Vertragspartners von ausschlaggebender Bedeutung ist (SZ 55/22 mwN). Richtig ist auch, daß in den Fällen des § 870 ABGB ein Motivirrtum zur Anfechtbarkeit des Vertrages ausreicht (EvBl 1967/437 ua). Das alles wird von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen. Soweit die Revision von wirtschaftlichen Beweggründen für die Vermögensdispositionen der Klägerin ausgeht, übersieht sie die Feststellungen der Vorinstanzen, daß maßgeblicher Grund für die Einräumung des Fruchtgenußrechtes und die Begründung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes die Sicherung eines harmonischen Ehelebens, und die Unkenntnis des ehebrecherischen Verhältnisses des Beklagten zu ihrer Tochter aus erster Ehe für den Willensentschluß der Klägerin von ausschlaggebender Bedeutung war. Die Annahme der Vorinstanzen, daß der Beklagte bewußt den Irrtum der Klägerin ausnützte, gehört dem Tatsachenbereich an. Hat das Berufungsgericht die grundsätzlichen Rechtsfragen in Übereinstimmung mit der Lehre und Judikatur gelöst, wird diese Lösung gar nicht bekämpft und richtet sich die Anfechtung nur gegen die zur der richtigen Lösung der grundsätzlichen Rechtsfragen nicht in einem unlösbaren Widerspruch stehende Anwendung auf den konkreten Einzelfall, liegt eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor (7 Ob 30/87; 7 Ob 701/86 ua).

Die Revision der beklagten Partei ist daher unbeschadet des Ausspruchs des Berufungsgerichtes nicht zulässig. Demgemäß ist sie zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Da auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde, konnte die Revisionsbeantwortung einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht dienlich sein und ist daher auch nicht zu honorieren.

Anmerkung

E25475

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00529.91.0404.000

Dokumentnummer

JJT_19910404_OGH0002_0070OB00529_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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