TE OGH 1991/4/9 14Os30/91

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Veröffentlicht am 09.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.-Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Winge als Schriftführer, in der Strafsache gegen Branko P***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.November 1990, GZ 7 c Vr 7921/90-41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 37-jährige Branko P*****

(1.) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB und (2.) des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 21.Juli 1990 in Wien

(zu 1.) Martina D***** dadurch, daß er sie auf dem Bett festhielt, sohin mit Gewalt, zur Duldung des Beischlafes genötigt, und

(zu 2.) Thomas H***** mit Gewalt, indem er ihm zumindest einen Schlag in das Gesicht versetzte und ihn aus dem Schlafzimmer stieß, zu einer Unterlassung, nämlich die oben unter Punkt 1 angeführte Tathandlung zu verhindern, genötigt.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; weiters hat er (auch) eine Schuldberufung ergriffen.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Mit dem Vorbringen in der Mängelrüge zeigt der Beschwerdeführer keine Begründungsmängel in der Bedeutung der relevierten Verfahrensvorschrift (Z 5) auf. Er wendet sich vielmehr - der Sache nach - unter Behauptung einer unvollständigen bzw. offenbar unzureichenden Begründung des Urteils mit seinen die Beweiskraft von Verfahrensergebnissen, insbesondere der Aussage der Zeugin Martina D*****, umwertenden Formulierungen in Wahrheit nur dagegen, daß das Schöffengericht der Aussage der genannten Zeugin, auf deren Angaben die Tatrichter im wesentlichen den Schuldspruch wegen Vergewaltigung gegründet haben, höhere Beweiskraft zuerkannte als seiner (leugnenden) Verantwortung. Dabei übersieht die Beschwerde, daß das Schöffengericht Abweichungen zwischen den Angaben der Zeugin D***** vor der Polizei und jenen in der Hauptverhandlung ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hat (vgl. insbesondere US 10 f); es gelangte jedoch gemäß § 258 Abs. 2 StPO zur Überzeugung, daß ihre in den wesentlichen Punkten gleichlautenden und widerspruchsfreien Angaben glaubwürdig sind.

Dies gilt gleichermaßen für den unter dem Gesichtspunkt einer offenbar unzureichenden Begründung erhobenen Beschwerdeeinwand, die - gar keinen entscheidungswesentlichen Punkt

betreffende - Urteilsannahme, der Angeklagte habe schon zum Zeitpunkt der Einladung der Martina D***** und ihres Begleiters Thomas H***** vorgehabt, in seiner Wohnung mit D***** einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, finde in den Ergebnissen des Beweisverfahrens keine Deckung; zudem läßt die Beschwerde unberücksichtigt, daß das Erstgericht die bezügliche Feststellung auf die gleichfalls als glaubwürdig beurteilte Aussage der Zeugin D***** stützen konnte (US 5 und 11), wonach der Angeklagte gegenüber Thomas H***** die Äußerung machte, er finde nichts dabei, wenn er (H*****) seine Freundin "jemanden anbiete".

Die behaupteten Begründungsmängel liegen demnach in Wahrheit nicht vor.

Die Rechtsrüge hinwieder läßt zur Gänze eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. Mit ihr behauptet der Beschwerdeführer, daß das Ersturteil "trotz mehrfacher Indikation durch die Verfahrensergebnisse" keine Feststellungen darüber enthalte, ob er für sein Handeln in strafrechtlicher Form überhaupt verantwortlich zu machen sei; es werde nämlich in der gesamten Urteilsbegründung auf den Grad seiner Alkoholisierung nicht näher eingegangen und nur "in den Strafzumessungsgründen" die Alkoholisierung als mildernd gewertet.

Die Beschwerde übergeht dabei die ausdrückliche Urteilsfeststellung (vgl. insbesondere US 6), wonach der Angeklagte zur Tatzeit zwar alkoholisiert war, sich jedoch nicht in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand befunden hat. Diese Feststellung konnte das Schöffengericht nicht nur auf die als glaubwürdig beurteilten Aussagen der Zeugen D***** und H*****, sondern auch auf die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers stützen, der entgegen seinen Angaben vor der Polizei und in der Hauptverhandlung vom 4.Oktober 1990, sich zufolge seiner damaligen Alkoholisierung an nichts mehr erinnern zu können, in der am 27.November 1990 neu durchgeführten Hauptverhandlung schließlich erklärte, er könne sich sehr wohl an die Vorfälle erinnern und habe alles mitgekriegt (vgl. S 210, 212). Solcherart vergleicht die Beschwerde nicht, wie dies zur gesetzmäßigen Ausführung des angezogenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes (Z 9 lit. b) auch bei der Behauptung von Feststellungsmängeln erforderlich wäre, den im Urteil tatsächlich als erwiesen angenommenen vollständigen Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz.

Rechtliche Beurteilung

Soweit aber die Beschwerde in diesem Zusammenhang rügt, das Gericht hätte einen Sachverständigen beiziehen müssen, der gutächtlich zu beurteilen gehabt hätte, ob sich der Angeklagte zur Tatzeit in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand befand, genügt der Hinweis, daß ein darauf abzielender Antrag, dessen Abweisung oder Nichterledigung Voraussetzung für die (mit dem nunmehrigen Einwand der Sache nach unternommene) Geltendmachung eines Verfahrensmangels nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO wäre, in der Hauptverhandlung gar nicht gestellt wurde. Da dem Erstgericht sohin die Unterlassung einer amtswegigen Beweisaufnahme vorgeworfen wird, bringt die Beschwerde auch den der Sache nach angerufenen Nichtigkeitsgrund (Z 4) nicht zur gesetzordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Ebenso war mit der zur Bekämpfung schöffengerichtlicher Urteile im Gesetz nicht vorgesehenen Schuldberufung des Angeklagten zu verfahren (§§ 283 Abs. 1, 296 Abs. 2, 294 Abs. 4 StPO).

Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die (Straf-) Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft der Gerichtshof zweiter Instanz berufen ist (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E25567

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0140OS00030.91.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19910409_OGH0002_0140OS00030_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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