TE OGH 1991/4/24 1Ob561/91

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Veröffentlicht am 24.04.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Kellner, Dr. Schiemer und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Company Ltd., ***** vertreten durch Dr. Georg Kahlig, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Jörg S*****, vertreten durch Dr. Günther Maleczek, Rechtsanwalt in Schwaz, wegen S 251.035,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 30. August 1990, GZ 2 R 136/90-68, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. Februar 1990, GZ 16 Cg 26/86-62, abgeändert wurde und infolge Kostenrekurses der klagenden Partei gegen das genannte Urteil des Erstgerichtes in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 38.195,20 bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten S 4.699,20 Umsatzsteuer und S 10.000,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Dem Kostenrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das klagende ***** Außenhandelsunternehmen verlegt ua Fernmeldekabel; es bestellte beim beklagten ***** Kabelverlegungsmaschinen-Hersteller auf Grund des Anbotes vom 8. Mai 1985 unter Bedachtnahme auf Verkaufsgespräche am 17. April 1986 ua eine Kabelzieh-Spillwinde KW-P 2000 (im folgenden Winde) um - bereits bezahlte - S 251.035,--. Der Beklagte gewährte eine Garantie für Arbeitszeit und Material für die Dauer von 12 Monaten ab der - am 3. Juni 1986 erfolgten - Übergabe an eine Spedition zur Versendung nach Kuwait. Die Winde wurde erstmals Ende August 1986 von der klagenden Partei in Kuwait eingesetzt. Schon nach relativ kurzer Betriebsdauer wurde - jeweils nach längerem Arbeitseinsatz - Ölaustritt durch schadhafte Dichtungen am Druckbegrenzungsventil festgestellt. Bei einer Belastung von über 1.000 kp blieb die Winde durch den Ölverlust stehen. Weshalb es zu diesem Schaden an den Dichtungen kam, ist nicht feststellbar. Der Austausch der Ventildichtungen stellt eine von jedem Mechaniker problemlos zu bewältigende Servicearbeit dar. Die klagende Partei veranlaßte keinen Dichtungsaustausch. Bei den folgenden Arbeitseinsätzen wurde die Batterie beschädigt; sie und das Schutzgitter beim Kühlluftgebläse wurden entfernt. Auch der Starter wurde demontiert, die Drehzahleinstellung des Motors wurde vom Sollwert (3.600 U/min.) auf 4.200 U/min. verändert. Im Dezember 1986 wurde die Winde durch das Produkt einer anderen Firma ersetzt.

Die klagende Partei rügte Mängel erstmals mit Telex vom 17. September 1986. Der Beklagte antwortete mit Telex vom 18. September 1986, in dem er verschiedene Ursachen für die Mängel und deren Behebung bekanntgab. Mit Fernschreiben vom 2. Dezember 1986 teilte die klagende Partei dem Beklagten die Stillegung der Winde wegen Platzens des Schlauches zwischen Hauptölpumpe und Druckregler mit und ersuchte um sofortige Entsendung eines Wartungsingenieurs mit Wartungshandbuch und Ersatzteilen nach Kuwait, weil "... bei allen Maschinen die Dichtungsringe an den Kupplungen und vor allem beim Druckmesser und Antriebswellenmesser undicht sind. Wie wir ferner bereits mit unserem letzten Fernschreiben mitteilten, liefern die Maschinen nicht ihre volle Nennleistung und der Motor kann, wenn er kalt ist, bei ersten täglichen Anlassen nicht gestartet werden. ..."

Der Beklagte reagierte mit Fernschreiben vom selben Tag: "... Es

handelt sich hiebei um einfache Reparaturarbeiten. Sollten die

Auslagen vergütet werden, würden wir erwägen, der Bitte

nachzukommen." Im Antwortschreiben der klagenden Partei vom

3. Dezember 1986 heißt es: "... Diese sowie frühere Defekte sind

auf Konstruktion- bzw. Materialfehler zurückzuführen.

Betriebsstörungen (wie das Platzen des Druckschlauches, kontinuierliche Ölverluste an allen möglichen Stellen, die tatsächliche Zugleistung der Winde von 800 - 1000 kp etc.) beweisen, daß die Anlage nicht ihrer Spezifikation entspricht.

... Aus den oben genannten Gründen ersuchen wir Sie, uns sofort

Ihren Wartungsingenieur nach Kuwait zu entsenden, um die

Reparaturarbeiten im Rahmen Ihrer Garantie vorzunehmen." Der

Beklagte gab mit Fernschreiben vom 15. Dezember 1986 die Adresse

eines Repräsentanten eines Unternehmens bekannt, von dem die

entsprechenden Servicearbeiten erledigt werden könnten. Die

klagende Partei wies mit Fernschreiben vom 6. Jänner 1987 darauf

hin, daß die Winde nicht in Ordnung sei und nicht eingesetzt

werden könne. "... Da die ... 1-Jahres-Garantie noch nicht

abgelaufen ist, machen wir unseren Anspruch aus der Garantie

geltend. ... Um uns eine optimale und rasche Lösung zu

ermöglichen, ersuchen wir Sie, uns ein Bedienungshandbuch ...

sobald als möglich zu übersenden, welche alle erforderlichen

Verstellungswerte, sowie Informationen über Arten des zu

verwendenden Hydrauliköls etc. enthält. ... Die hiesige

Hydraulikgesellschaft, die Sie uns empfohlen hatten, konnte in Kuwait nicht helfen, ..." Nach Klagseinbringung (2. Juni 1987) teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter mit Schreiben vom 7. Juli 1987 mit:

"... Ich beziehe mich auf das mit Ihnen am 26. Juni 1987 geführte Telefonat und wiederhole das Angebot meines Mandanten wie folgt:

Die F***** (Beklagter) wird die schadhafte Maschine gegen eine komplett neue Maschine austauschen, es wird das gesamte Aggregat mit Ausnahme des Fahrgestells hinuntergeliefert, wobei das Auswechseln des eigentlichen Maschinenteils auf das Fahrgestell problemlos bewerkstelligt werden kann ... Mein Mandant beabsichtigt, mit dem Spediteur die ausgetauschte Maschine zurücktransportieren zu lassen, wobei ich Ihnen gegenüber namens der F***** (beklagte Partei) die verbindliche Erklärung abgebe, daß selbst dann, wenn sich herausstellen sollte, daß der Schaden nicht im Verantwortungsbereich meines Mandanten liegen sollte, sondern durch eine ursachgemäße Bedienung hervorgerufen wurde, mein Mandant keine weiteren Ansprüche geltend machen würde. Es ist also so, daß mit dem Austausch der Maschine alle Ansprüche als erfüllt gelten müssen. Gleichzeitig müßte im Verfahren ... Ruhen eintreten. ... erst dann, wenn die Maschine tatsächlich an Ort und Stelle überprüft werden konnte und zwar durch einen entsprechenden Arbeitseinsatz, wird dieses einfache Ruhen in ewiges Ruhen umgewandelt. Mein Mandant wird allerdings mit dem Versand der Maschine so lange zuwarten, bis Ihre Rückäußerung bzw. Zustimmung vorliegt."

Mit weiteren Schreiben vom 29. Juli 1987 schrieb der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter:

"... bezugnehmend auf mein letztes Schreiben vom 7. Juli 1987 teile ich Ihnen mit, daß die 'Ersatzmaschine' in diesen Tagen fertig wird und mein Mandant beabsichtigt, diese Maschine nach Kuwait zu senden. Ich bitte um Ihre verbindliche Erklärung, daß im Sinne meines Schreibens vom 7. Juli 1987 mit der Ablieferung der Ersatzmaschine im Verfahren ... Ruhen eintritt, wobei dieses zunächst einfache Ruhen dann in ewiges Ruhen übergeht, wenn sich herausstellt, daß die Ersatzmaschine einwandfrei arbeitet. ..."

Die klagende Partei reagierte auf beide Briefe mit Schreiben vom 11. August 1987:

"... daß meine Mandantschaft den von Ihrer Mandantschaft beabsichtigten Austausch des Gerätes begrüßt und sicherlich bemüht ist, einer streitigen Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen. Meine Mandantschaft wirbt jedoch um Verständnis dafür, daß sie nicht a priori für den Fall des erfolgreichen Austausches der Winde auf alle Ansprüche zu verzichten vermag. Hierbei wird in Betracht zu ziehen sein, daß die Mängel am Gerät bereits Mitte September 1986 aufgetreten sind und nunmehr, Mitte August 1987, gar nicht abzusehen ist, wann das Austauschgerät voll einsatzfähig sein wird. In der Zwischenzeit hatte meine Mandantschaft beträchtlichen Aufwand für Personalstehzeiten einerseits und Mieten für ein einsatzfähiges Gerät andererseits. Zweifellos wären die Gewährleistungsansprüche meiner Mandantschaft durch den erfolgreichen Austausch befriedigt, so daß allenfalls noch die bisherigen Prozeßkosten zur Diskussion stünden ... Der Vorschlag Ihrer Mandantschaft, das Gerät ohne Rücksicht auf den Grund der mangelhaften Funktion kostenlos austauschen zu wollen, birgt eine Vergleichskomponente in sich. Meine Mandantschaft vermeint jedoch, einen Bedienungsfehler ausschließen zu können. Da meine Mandantschaft tatsächlich jeder streitigen Auseinandersetzung tunlichst aus dem Weg gehen möchte, gestatte ich mir daher die Anfrage, ob es nicht die ökonomischste Vorgangsweise wäre, das Gerät unpräjudiziell auszutauschen und .... um das Gerät nach der Ankunft in Österreich von einem Sachverständigen im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens überprüfen zu lassen. ..."

Vereinbart wurde in der Folge Ruhen des Verfahrens. Der Beklagtenvertreter schrieb am 19. August 1987 an den Klagevertreter:

"... Bezugnehmend auf das am 18. August 1987 mit Ihnen geführte Telefonat halte ich folgendes fest:

Die Verhandlung am 14. September 1987 beim Landesgericht ... bleibt unbesucht, so daß Ruhen eintritt. Es handelt sich nur um ein einfaches Ruhen, ... Ich habe die F***** (Beklagte) angewiesen, die Ersatzmaschine nach Kuwait zu verschicken, der Auftrag an den Spediteur wird sofort erteilt werden."

Im Antwortschreiben des Klagevertreters vom 7. September 1987 heißt es:

"... Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 19. August 1987 hat meine Mandantschaft bestätigt, daß das beanstandete Gerät zur Abholung bereit stehen wird. ..."

Einen Austausch der Winde nahm der Beklagte dann nicht vor, weil auf Grund der zollrechtlichen Bestimmungen damit sehr hohe Kosten verbunden gewesen wären; eine neue Winde wurde bis heute nicht nach Kuwait zurückgesandt. Im März 1988 wurde die Winde aus Kuwait von einem Transportunternehmen nach Österreich befördert. Sie befindet sich bei der beklagten Partei.

Die klagende Partei begehrte nach Klagsänderung mit Schriftsatz vom 27. Jänner 1988 die Rückzahlung des Kaufpreises von S 251.035,-- samt Anhang gegen Rückstellung der Winde samt Sonderzubehör und Ersatzteilen in eventu Verbesserung oder Nachtrag des Fehlenden durch Herstellung des bestimmt angegebenen bedungenen Zustandes. Der Beklagte habe seine Zusage, die Winde auszutauschen, nicht eingehalten; im übrigen erreiche die Winde nicht die ausdrücklich bedungene maximale Zugkraft von 20 kN.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren; er brachte zunächst vor, die Ersatzmaschine sei vereinbarungsgemäß angefertigt worden und stehe versandbereit in Schwaz. Später widerrief er die Zusage auf Austausch der Maschine wegen Irrtums; es läge auch Dissens vor. Daß es nicht zum Austausch der Maschine gekommen sei, liege an zolltechnischen Schwierigkeiten sowie an den damit verbundenen Kosten die von keinem Teil getragen werden wollten; im übrigen sei die Winde mängelfrei.

Im Zuge des Rechtsstreites stellte die klagende Partei am 23. März 1988 einen Beweissicherungsantrag, das Erstgericht möge unverzüglich einen Sachverständigen bestellen und diesen mit der Begutachtung der beim Beklagten befindlichen Kabelzugwinde zum Beweis dafür beauftragen, daß diese Maschine nicht in der Lage sei, eine maximale Zugkraft von 2.000 kp zu erbringen.

Diesem Beweissicherungsantrag gab das Erstgericht ohne Anhörung des Beklagten statt. Es bestellte einen Sachverständigen und beauftragte ihn, Befund und Gutachten darüber zu erstatten, ob die beim Beklagten befindliche Kabelzugwinde eine maximale Zugkraft von 2.000 kp zu erbringen in der Lage sei.

Nach Einholung dieses Gutachtens beantragte die klagende Partei die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zum selben Beweisthema. Mit Beschluß vom 29. Juni 1988 gab das Erstgericht auch diesem Antrag statt. Nach Vorliegen dieses weiteren Sachverständigengutachtens erhob die klagende Partei mit Schriftsatz ON 24 (vom 28. November bzw. 7. Dezember 1988) Einwände gegen dieses Gutachten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines Teiles des Zinsenbegehrens statt. Zwar liege ein die Wandlung rechtfertigender wesentlicher Mangel nicht vor. Bei Anbot einer maximalen Zugkraft von 20 kN habe die klagende Partei nicht davon ausgehen dürfen, daß die Winde eine Leistung in diesem Ausmaß erbringen könne. Hinsichtlich des Ölaustritts sei tatsächlich ein Defekt vorgelegen; dementsprechend habe sich der Beklagte zur Reparatur auf seine Kosten bereiterklärt. Eine solche Reparatur sei nicht erfolgt. Der Beklagte habe mit Schreiben vom 7. Juli 1987 den Austausch der schadhaften Winde gegen eine neue Winde zugesagt, selbst dann, wenn sich herausstellen sollte, daß der Schaden nicht in seinem Verantwortungsbereich liegen sollte, sondern durch unsachgemäße Bedienung entstanden sei. Diese verbindliche Erklärung beinhalte den Austausch der Winde gegen eine neue. Obwohl im Antwortschreiben der klagenden Partei darauf hingewiesen worden sei, daß auf die sich aus der Mangelhaftigkeit der Winde ergebenden Ansprüche nicht verzichtet werde, habe der Beklagte den Austausch der Winde mit Schreiben vom 29. Juli 1987 zugesagt. Auf Irrtum könne sich der Beklagte nicht berufen, weil er sich zu einem Austausch bereit erklärt habe, selbst wenn der Schaden nicht in seinem Verantwortungsbereich liege. Er habe daher die Ungewißheit über die Schadensursache in seinen Verantwortungsbereich übernommen, so daß nicht zu erkennen sei, inwieweit und worüber er geirrt habe. Auch Dissens liege diesbezüglich nicht vor: Der Austausch sei noch zugesagt worden, nachdem die klagende Partei zu erkennen gegeben habe, daß sie auf allfällige, ihr aus dem Mangel zustehenden Ansprüche nicht verzichten werde. An Kosten sprach das Erstgericht dem Kläger den Betrag von S 172.544,20 zu. Die Kosten des Beweissicherungsverfahrens seien allerdings nicht ersetzungsfähig. Gemäß § 388 Abs 2 ZPO seien die Kosten der Beweisaufnahme von der antragstellenden Partei unbeschadet eines ihr zustehenden Ersatzanspruches zu bestreiten. Es sei daher darauf abzustellen, ob der klagenden Partei in materieller Hinsicht ein Ersatzanspruch zustünde. Nach den Feststellungen habe die Kabelziehwinde dem Angebot und somit den Kaufvereinbarungen entsprochen. Die erbrachte Minderleistung sei auf nicht durchgeführte Servicearbeiten zurückzuführen, die ungeachtet der Zusage des Beklagten keine Garantieleistungs- oder Gewährleistungsansprüche beträfen. Die klagende Partei könnte daher materiellrechtlich diese Kosten des Beweissicherungsverfahrens nicht ersetzt begehren. Für den Schriftsatz ON 24 sprach das Erstgericht der klagenden Partei nur Kosten nach TP 2 (statt der verzeichneten TP 3) zu.

Dieses Urteil bekämpfte der Beklagte mit Berufung, die klagende Partei mit Kostenrekurs insoweit, als ihr Kosten für das Beweissicherungsverfahren nicht zuerkannt wurden und für den Schriftsatz ON 24 Kosten nur nach TP 2 statt nach TP 3 bestimmt worden seien.

Das Berufungsgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Die ordentliche Revision ließ es nicht zu. Das Wandlungsbegehren scheitere daran, daß die Winde mängelfrei sei. Das Verbesserungsbegehren sei nur darauf gestützt, daß die Winde die vereinbarte Zugkraft nicht erbringe und nicht darauf, daß andere Mängel (beschädigte Dichtungen, Ölaustritt) vorlägen. Weder aus dem Schreiben des Beklagten vom 19. August 1987 noch aus der späteren Korrespondenz ergebe sich eine Parteieneinigung über die Bedingungen eines Austausches der Winde. Ein Anerkenntnis der behaupteten Klagsansprüche stelle das Schreiben vom 19. August 1987 nicht dar. Selbst wenn man in beiden Willenserklärungen der Parteien einen Anerkenntnisvertrag erblicken wolle, so bestünde der Inhalt nur in der Verpflichtung des Beklagten, die alte Winde durch eine neue zu ersetzen. Weder Wandlung noch Verbesserung sei anerkannt worden. Der Beklagte habe ein allfälliges Anerkenntnis wegen eines von der klagenden Partei verursachten Irrtums über das Vorhandensein wesentlicher Mängel angefochten. Ein Anerkenntnis könne wegen Irrtums an sich nur angefochten werden, wenn der Gegner diesen Irrtum listig hervorgerufen habe, was der Beklagte nicht einmal behauptet habe. Haben jedoch die Parteien bei Abgabe eines Anerkenntnisses gewisse Umstände als unzweifelhaft und unstrittig angenommen und wollten sie diese daher nicht der Streitbereinigung unterwerfen, so berechtigte auch ein Irrtum darüber bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Anfechtung. Beide Parteien seien zunächst vom Vorhandensein wesentlicher Mängel ausgegangen; die Zusage des Beklagten habe nur offen gelassen, ob die

(Gewährleistungs) Mängel von ihm oder - wegen unrichtiger Bedienung - von der klagenden Partei zu vertreten seien. Der Beklagte habe daher ein Anerkenntnis erfolgreich wegen des von der klagenden Partei verursachten Irrtums anfechten können.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Unbestritten und zutreffend sind die Vorinstanzen zum Ergebnis gelangt, daß nach § 36 IPRG auf das hier zu beurteilende Vertragsverhältnis österr. Sachrecht anzuwenden ist.

Die Wirksamkeit der Zusage des - an seine Garantie im Kaufvertrag gebundenen - beklagten Verkäufers gegenüber der klagenden Käuferin auf Austausch der Winde als konstitutives (6 Ob 744/80 insoweit nicht veröffentlicht in RZ 1981/48 = HS 10.979) und damit der Annahme bedürftiges (JBl 1978, 254; 1 Ob 509/90 insoweit nicht veröffentlicht in ecolex 1990, 543; Ertl in Rummel, § 1380 ABGB Rz 6) Anerkenntnis hat der Beklagte vorerst nicht mit dem Hinweis auf die fehlende Annahme durch die klagende Partei bestritten, sondern im Gegenteil aus seiner Zusage der klagenden Partei das Rechtsschutzinteresse an dem

- damaligen - Hauptbegehren auf Verbesserung abgesprochen und dann vorgetragen, es sei richtig, daß ursprünglich von ihm die Neulieferung einer Winde nach Kuwait zugesagt worden, diese allerdings an zolltechnischen Schwierigkeiten sowie an den damit verbundenen Kosten, die kein Teil tragen wolle, gescheitert sei.

Ob ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, ist durch Auslegung

des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln; dabei sind vor

allem die mit dem Anerkenntnis verfolgten Zwecke, die

beiderseitige Interessenlage und die allgemeine

Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen

Anerkenntnisses maßgebend. Auch hier kommt es nicht auf die wahre

Absicht des Erklärenden, sondern darauf an, welchen Eindruck der

Vertragspartner aus dem Verhalten des Erklärenden redlicherweise

haben mußte (ÖBA 1989, 537; EvBl 1981/122; EvBl 1979/45 ua). Im

vorliegenden Fall war nun durch den, vom Klagevertreter mit

Schreiben vom 7. September 1987 bestätigten, Brief des

Beklagtenvertreters vom 19. August 1987, daß er den Beklagten

angewiesen habe, die Ersatzmaschine nach Kuwait zu verschicken,

der Auftrag an den Spediteur werde sofort erteilt werden, nach

der auch beim Anerkenntnis geltenden Vertrauenstheorie

(SZ 61/215 = JBl 1989, 181; EvBl 1981/122; Arb 10.448 ua)

klargestellt, daß der Beklagte in Kenntnis des Umstands, daß die

klagende Partei auf Mangelfolgeschäden nicht verzichten wollte,

die neue Winde (ohne Fahrgestell) nach Kuwait senden werde. Von

einem Dissens kann dann aber keine Rede sein. Der erkennende

Senat geht demnach von einer bindenden Zusage des Beklagten zur

Lieferung einer neuen Winde nach Kuwait aus. Vom Inhalt der

festgestellten Schreiben abweichende Vereinbarungen der Parteien wurden nicht behauptet.

Durch die bindende Umtauschzusage des Beklagten trat die

Rechtslage in das Stadium vor Ablieferung zurück (Reischauer in

Rummel2, Rz 12 zu § 932 und Rz 5 zu § 933); die klagende Partei

hatte damit bis zur neuen, aber nicht erfolgten vorbehaltlosen

Übernahme alle Rechte einschließlich des Rechtes auf

außergerichtlichen Rücktritt nach § 918 ABGB (MietSlg 29.113;

SZ 43/152; 2 Ob 553, 554/82 (gleichfalls ein konstitutives

Anerkenntnis betreffend) Binder in Schwimann, Rz 42 zu

§ 932 ABGB; Reischauer aaO Rz 12 zu § 932 mwN). Mit der Erfüllung

diese Anspruches der klagenden Partei auf Erhalt einer neuen

Winde geriet der Beklagte in Verzug, und lehnte den Umtausch

endgültig ab, so daß die klagende Partei vom Vertrag zurücktreten

und im Rahmen der Rückabwicklung ihre Leistung Zug um Zug

zurückfordern kann. Die fehlerhafte rechtliche Qualifikation

("Wandlung") kann der klagenden Partei wegen der in beiden Fällen

nach Bereicherungsrecht vorzunehmenden Rückabwicklung nicht

schaden (vgl 1 Ob 618/86; Koziol-Welser8 I 233, 244; Reischauer

in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1435).

Die Irrtumsanfechtung versagt. Ein konstitutives Anerkenntnis

kann bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen wegen eines

Irrtums dann angefochten werden, wenn die Parteien Umstände vor Abgabe des Anerkenntnisses als feststehend, sicher, unzweifelhaft und unstrittig angenommen und daher nicht der Streitbereinigung unterworfen haben (SZ 62/102; EvBl 1982/144; ua; Wolff in Klang2 VI 280; Harrer aaO, § 1375 ABGB Rz 10). Hier war aber gerade die Frage, welche Ursache die von der klagenden Partei behaupteten Mängel haben und in wessen Verantwortungsbereich sie fallen, Gegenstand des bereits anhängigen Rechtsstreites und der Zusage des Beklagten zum Austausch. Der Beklagte erklärte sich zwar nicht im Schreiben vom 19. August 1987, wohl aber in seinem Schreiben vom 7. Juli 1987 bereit, selbst dann, wenn der Schaden nicht in seinem Verantwortungsbereich liegen sollte, sondern durch eine unsachgemäße Bedienung hervorgerufen worden sei, keine Ansprüche aus seiner Austauschzusage geltend zu machen. Durch das Schreiben vom 19. August 1987 (Beilage D) wurde die im Schreiben vom 7. Juli 1987 (Beilage A) abgegebene Austauschzusage nicht eingeschränkt, so daß sie nach Treu und Glauben auch dann gilt, wenn der Schaden in den Verantwortungsbereich der klagenden Partei (unsachgemäße Bedienung, mögliche Schadensbehebung durch den Austausch einer Dichtung) fiele. Die Frage des Vorhandenseins wesentlicher Mängel der Winde war nicht "Vergeichsgrundlage", diese war vielmehr nur das Vorliegen verbesserungsfähiger Mängel; solche lagen aber vor.

Auf den Revisionsvortrag, das Berufungsgericht habe die Tatsachenrüge der klagenden Partei in der Berufungsbeantwortung nicht erledigt, kommt es nicht mehr an. Der außerordentlichen Revision ist Folge zu geben und das Ersturteil in der Hauptsache wieder herzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Wegen Wiederherstellung des Ersturteiles in der Hauptsache ist auf die damit wieder aktuell gewordene Bekämpfung desselben im Kostenpunkt durch die klagende Partei Bedacht zu nehmen (JBl 1978, 433; 1 Ob 661/84, 1 Ob 844/82 ua; Fasching,

Kommentar II 354; IV 459).

Dieser Rekurs ist aber nicht berechtigt. Entgegen der dort vertretenen Ansicht handelt es sich nicht um Kosten des Hauptverfahrens, sondern um Kosten, die in einem Verfahren nach den §§ 384 ff ZPO entstanden sind. Nun kann zwar der Antragsteller im Beweissicherungsverfahren seine eigenen Kosten vom Gegner im Rahmen der Kostenentscheidung des Hauptprozesses ersetzt begehren (ZBl 1916/384; Fasching aaO III 542 und I 320). Voraussetzung für den Zuspruch von Kosten des Beweissicherungsverfahrens im Rahmen des Hauptverfahrens ist aber, daß der im Beweisssicherungsverfahren aufgenommene Sachverständigenbeweis im Prozeß erheblich gewesen ist; ein Anspruch auf Ersatz von Kosten einer unnötigen Beweissicherung besteht nicht (ZBl 1913/74; GlUNF 2168). Der von der klagenden Partei gestellte Beweissicherungsantrag bezog sich ausschließlich auf das Eventualbegehren, das aber schon deshalb nicht zum Zuge kam, weil sich das auf Nichteinhaltung einer Umtauschzusage gestützte Hauptbegehren als berechtigt erwies. Im übrigen schlug das Beweissicherungsverfahren nach den Feststellungen des Erstgerichtes, die allerdings für die rechtliche Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof nicht von Relevanz sind, fehl (die Annahme des Berufungsgerichtes, diese Feststellung sei unbekämpft geblieben, ist aktenwidrig). Wurde aber dem Hauptbegehren rechtskräftig stattgegeben; so war für dieses Ergebnis der im Beweissicherungsverfahren sich nur auf das Eventualbegehren beziehende Beweis unerheblich, so daß dafür Kosten nicht zuerkannt werden können. Zu den im Beweissicherungsverfahren entstandenen Kosten zählen aber auch die Kosten für den Schriftsatz ON 24, so daß sich die klagende Partei nicht dadurch beschwert erachten kann, daß ihr dafür Kosten nur nach TP 2 zuerkannt wurden.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E26444

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00561.91.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19910424_OGH0002_0010OB00561_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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