TE OGH 1991/4/24 3Ob37/91

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Veröffentlicht am 24.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Walter E*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der verpflichteten Partei, wider die verpflichtete Partei Ingrid SCH*****, wegen Versteigerung nach § 119 KO, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Ersteher Lieselotte SZ***** und Werner P*****, beide vertreten durch Dr. Hans-Jörg Schachner, Rechtsanwalt in Melk, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 20. Februar 1991, GZ R 85/91-106, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Ybbs vom 18. Jänner 1991, E 6/89-99, ersatzlos aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Am 17. Dezember 1990 fand in dem auf Antrag des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der Verpflichteten gemäß § 119 KO eingeleiteten Verfahren zur gerichtlichen Veräußerung von Liegenschaften der Gemeinschuldnerin die Versteigerung einer Liegenschaft der Verpflichteten, deren Schätzwert mit S 1,327.000,-- bestimmt worden war, statt. Am Bieten beteiligten sich unter anderem die nunmehrigen Revisionsrekurswerber Lieselotte Sz***** und Werner P***** (gemeinsam) sowie Dr. Wolfgang H***** als mit schriftlicher Vollmacht ausgewiesener Vertreter der Helene D*****. Der Masseverwalter und der Vertreter einer Pfandgläubigerin brachten vor, Dr. Wolfgang H***** sei vom Bieten ausgeschlossen, weil er die Verpflichtete sowohl im Exekutions-, als auch im Konkursverfahren vertrete. Ein Anbot des Dr. Wolfgang H***** für Helene D***** wurde zurückgewiesen, die Liegenschaft wurde Lieselotte Sz***** und Werner P***** um das Meistbot von S 720.000,-- zugeschlagen. Dr. Wolfgang H***** erklärte im Versteigerungstermin, Rekurs gegen die Zurückweisung seines Anbotes und Widerspruch gegen die Erteilung des Zuschlages gemäß § 184 Abs 1 Z 5 EO zu erheben. Das Erstgericht wies den Widerspruch zurück. Die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses über die Zurückweisung des Anbotes der durch Dr. Wolfgang H***** vertretenen Helene D***** und des Widerspruches des Dr. Wolfgang H***** wurde diesem am 20. Dezember 1990 zugestellt. Der Beschluß ist unangefochten geblieben.

Mit einem am 2. Jänner 1991 zur Post gegebenen Schriftsatz brachte Helene D***** selbst, also nicht vertreten durch Dr. Wolfgang H*****, ein Überbot im Betrag von

S 1,340.000,-- beim Erstgericht an und wies gleichzeitig die Überweisung von S 335.000,-- als den vierten Teil des von ihr angebotenen Kaufpreises nach.

Das Erstgericht wies das Überbot zurück. Helene D***** sei weiterhin gemäß § 180 Abs 3 EO iVm § 180 Abs 1 EO vom Bieten ausgeschlossen. Überdies sei das Überbot verspätet. Die Verlautbarung der Zuschlagserteilung sei am 18. Dezember 1990 angeschlagen worden; die 14-tägige Frist für die Anbringung des Überbotes habe daher am 31. Dezember 1990 geendet.

Die zweiter Instanz gab dem Rekurs der Überbieterin Folge. Es hob den Beschluß ersatzlos auf, trug dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens nach § 197 f EO auf und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Gemäß § 180 Abs 1 EO sei der Verpflichtete vom Bieten im eigenen und im fremden Namen (ebenso wie der den Termin leitende Richter, der Schriftführer und der Ausrufer) ausgeschlossen. Nach § 180 Abs 3 EO seien Vertreter des Verpflichteten zum Bieten nicht zuzulassen, und zwar nach der Rechtsprechung weder im eigenen Namen, noch im Namen dritter Personen. Nach § 195 Abs 2 EO sei ein Überbot zu berücksichtigen, wenn dem Überbieter kein ihn vom Bieten im Versteigerungstermin ausschließendes Hindernis entgegenstehe. Helene D***** sei vom Bieten im Versteigerungstermin nicht ausgeschlossen gewesen. Ihr Anbot sei nur deshalb unzulässig gewesen, weil es der Vertreter der Verpflichteten in ihrem Namen abgegeben habe. Dieser Ausschließungsgrund habe aber nicht Helene D***** selbst betroffen, sondern sei in der Person ihres damaligen Vertreters gelegen gewesen. Das Überbot sei auch nicht verspätet. Gemäß § 196 Abs 1 EO sei das Überbot innerhalb von 14 Tagen nach Verlautbarung der Zuschlagserteilung beim Exekutionsgericht anzubringen. Die 14-tägige Frist laufe ab dem Anschlag des Zuschlages an der Gerichtstafel; die Tage des Postenlaufes seien nicht einzurechnen. Nach § 125 Abs 1 ZPO, § 78 EO sei bei Berechnung einer Frist, die nach Tagen bestimmt sei, der Tag nicht mitzurechnen, in welchen die Ereignung falle, nach der sich der Anfang der Frist richten soll. Die Überbotsfrist hätte daher am 1. Jänner 1991, einem gesetzlichen Feiertag geendet, so daß gemäß § 78 EO, § 126 Abs 2 ZPO der nächste Werktag als letzter Tag der Frist anzusehen sei. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zuzulassen gewesen, weil die gesetzliche Regelung klar und eindeutig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Ersteher ist entgegen dieser Ansicht zulässig, weil die gesetzliche Regelung Zweifel an der Berechtigung der Helene D*****, ein zulässiges Überbot anzubringen, nicht völlig ausschließt, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den bezeichneten Fragen aber fehlt. Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof teilt die Ansicht des Rekursgerichtes, daß zwar nach § 180 Abs 1 EO der Verpflichtete (im eigenen und fremden Namen), der den Versteigerungstermin leitende Richter, der Schriftführer und der Ausrufer vom Bieten ausgeschlossen sind und daß nach § 180 Abs 3 EO auch der Vertreter des Verpflichteten zum Bieten nicht zuzulassen ist, daß aber die genannten Bestimmungen einen vom Vertreter des Verpflichteten vertretenen Dritten selbst von der Ausschließung nicht umfassen. Der vom Vertreter des Verpflichteten vertretene Dritte wäre keineswegs gehindert, noch im Versteigerungstermin persönlich und im eigenen Namen mitzubieten, und er ist ebensowenig durch die Bestimmung des § 195 Abs 2 EO daran gehindert, ein zu berücksichtigendes Überbot anzubringen, da kein ihn persönlich vom Bieten im Versteigerungstermin auschließendes Hindernis entgegensteht. Die Bestimmungen des § 180 Abs 1 und 3 EO bezwecken in ihrem Zusammenhang nur die Verhinderung allfälliger Machinationen des Verpflichteten und einer Interessenkollision seines Vertreters; dieser Zweck entfällt, wenn nicht mehr der Vertreter, sondern ein Dritter in eigener Person bietet.

Die Ausführungen des Rekursgerichtes über die Rechtzeitigkeit des Überbotes entsprechen den Bestimmungen des § 126 Abs 2 und § 125 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO und der ständigen Rechtsprechung (EvBl. 1969/104, EvBl. 1973/56). § 2 Abs 1 KO und § 7 Abs 1 AO sind auch nicht analog anwendbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E26478

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00037.91.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19910424_OGH0002_0030OB00037_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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