TE OGH 1991/5/7 4Ob32/91

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Veröffentlicht am 07.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Karl K*****, Facharzt für Innere Medizin, ***** vertreten durch Dr.Johann Fontanesi, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Konvent *****, vertreten durch Dr.Christian Kuhn, Rechtsanwalt in Wien, wegen 125.000 S und Unterlassung (Gesamtstreitwert: 165.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20.Februar 1991, GZ 18 R 9/91-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 9.November 1990, GZ 2 Cg 98/90-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.145 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.359 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betreibt als Facharzt für Innere Medizin in E*****, eine Ordination, die - mit Ausnahme einer zur invasiven Diagnostik erforderlichen Herzkatheter-Anlage - über nahezu alle für dieses Fachgebiet erforderlichen Diagnoseeinrichtungen - wie etwa Sonograph (Echokardiograph), Ergometrie und Labordiagnostik (für Blutbefunde, Hormonbestimmungen etc) - verfügt.

Der beklagte Ordenskonvent betreibt im Rahmen seines Allgemeinen Öffentlichen Krankenhauses in E***** auch eine Ambulanz, in der nicht nur gleichartige Befunde erhoben, sondern auch eine invasive Diagnostik durchgeführt werden kann. In der Ambulanz werden - überwiegend an Herzpatienten - ambulante Untersuchungen und Behandlungen durch Sonograph, Echokardiograph, Ergometrie und Labordiagnostik durchgeführt. Der Ambulanz werden von praktischen Ärzten nicht nur Patienten zugewiesen, bei denen die Notwendigkeit einer Herzkatheter-Untersuchung geprüft werden soll, sondern auch solche zur Prüfung spezieller (anderer) Fragen sowie der Notwendigkeit ihrer Aufnahme in stationäre Behandlung. Außerdem werden im Bedarfsfall Patienten, die in der Ambulanz schon einmal untersucht oder aus der stationären Behandlung des Krankenhauses entlassen wurden, nachbehandelt. Solche Patienten werden aber nach einer Normalisierung ihrer Werte ersucht, weitere Kontrollen durch ihren praktischen Arzt oder einen Internisten vornehmen zu lassen. Selten und zumeist an Wochenenden suchen auch Patienten, die weder zugewiesen noch zur Nachbehandlung bestellt sind, die Ambulanz auf; sie werden dann, wenn sie über Schmerzen klagen, gleichfalls untersucht. Von praktischen Ärzten zugewiesene Patienten, zu deren Untersuchung nach Ansicht der Ärzte der Ambulanz weder ihr Fachwissen noch die vorhandenen Geräte erforderlich sind, wird empfohlen, einen Facharzt aufzusuchen; beharrt der Patient aber auf seiner Zuweisung, so wird er doch behandelt. Der beklagte Ordenskonvent ist allerdings an die Ärztekammer mit dem Ersuchen herangetreten, sie möge die praktischen Ärzte anweisen, die vorhandenen Fachärzte zu beanspruchen. Wenngleich der Beklagte die Ärzte schriftlich über die Einführung neuer Geräte in der Ambulanz, wie etwa der Herzkatheter-Anlage und der Sonographieanlage, informiert hat, hat er doch nie in dem Sinn um Patienten "geworben", daß diese etwa durch Wandaushänge, Inserate etc aufgefordert worden wären, anstelle einer Facharztordination die Ambulanz aufzusuchen.

Der Kläger hat durch die Tätigkeit der Ambulanz des Krankenhauses E***** Umsatzeinbußen erlitten.

Dem beklagten Ordenskonvent entstehen für die Untersuchungen und Behandlungen in der Ambulanz pro Patienten durchschnittliche Kosten zwischen 500 S und 800 S; die Pflichtversicherer leisten aber nur einen Ersatz von 292 S für jeden Patienten.

Mit der Behauptung, daß sich der beklagte Ordenskonvent im Rahmen der Ambulanz seines Krankenhauses nicht auf die gemäß § 41 Abs 1 des Burgenländischen Krankenanstaltengesetzes 1976 LGBl 1977/9 (Bgld KAG 1976) erlaubten Befundaufnahmen beschränke, sondern es darauf anlege, zur Erhöhung des Ertrages seines Krankenhauses Patienten an sich zu ziehen und Befunde aufzunehmen, die ohne weiteres auch in der Ordination des Klägers aufgenommen werden könnten, wodurch diesem in den letzten drei Jahren ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei, begehrt der Kläger die Zahlung von 125.000 S sowie die Verurteilung des beklagten Ordenskonventes zur Unterlassung der Erhebung internistischer Befunde in seiner Ambulanz, wenn deren zureichende Erhebung auch in der Ordination des Klägers möglich ist und sie nicht im Sinne der Bestimmungen des § 41 Abs 1 lit a, b, d oder e Bgld KAG 1976 erhoben werden. Dadurch, daß der beklagte Krankenhausträger entgegen der Vorschrift des § 41 Abs 1 lit c Bgld KAG 1976 in seiner Spitalsambulanz auch Befunde aufnehme, die ebenso beim Kläger möglich wären, verletze er ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB und sei deshalb nicht nur schadenersatzpflichtig, sondern auch zur Unterlassung weiterer Gesetzesübertretungen gehalten. Da der beklagte Ordenskonvent auch in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe, liege ebenso ein Verstoß gegen § 1 UWG vor.

Der beklagte Krankenhausträger beantragt die Abweisung der Klagebegehren und macht - soweit diese auf Wettbewerbsverstöße gestützt sind - Verjährung geltend. Er habe weder gegen § 41 Abs 1 Bgld KAG 1976 verstoßen noch in Wettbewerbsabsicht gehandelt; überdies stehe sein Krankenhaus zum Kläger in keinem Wettbewerbsverhältnis. Die genannte Gesetzesbestimmung enthalte keine Eingrenzung des Tätigkeitsbereiches von Spitalsambulatorien; sie setze nur jene Tätigkeiten fest, zu denen eine Ambulanz verpflichtet ist, schließe aber darüber hinausgehende Untersuchungen oder Behandlungen keineswegs aus.

Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ab. Es traf - wenngleich im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung - auch noch die Feststellung, daß der beklagte Ordenskonvent beim Betrieb seines Anstaltsambulatoriums subjektiv nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe; schon deshalb sei ein Unterlassungsanspruch nach §§ 1, 14 UWG ausgeschlossen. Aus § 41 Bgld KAG 1976 allein könne aber jedenfalls kein Unterlassungsanspruch abgeleitet werden; diese Bestimmung sei auch keine geeignete Grundlage für den Schadenersatzanspruch des Klägers, weil sie nicht den Zweck verfolge, den freiberuflich tätigen Ärzten gegen den Willen der Krankenanstaltenträger Umsätze zu sichern. Die Norm ziele vielmehr auf eine bestmögliche Ausnützung der Mittel von Krankenanstalten ab; sie wolle lediglich eine zu große Belastung durch die Ambulanz zum Nachteil der Behandlung stationär aufgenommener Patienten verhindern. § 41 Bgld KAG 1976 regle zwar die Rechte und Pflichten der Krankenanstalten bei der ambulanten Behandlung von Patienten abschließend; sein Regelungszweck erschöpfe sich aber im Schutz des reibungslosen Funktionierens der Krankenanstalten. Von diesem Schutzzweck sei die Sicherung des Einkommens freiberuflich tätiger Ärzte nicht umfaßt, so daß auch kein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB zugunsten des Klägers vorliege.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Weder § 26 KAG als Grundsatzbestimmung des Bundes noch die korrespondierende landesgesetzliche Ausführungsbestimmung des § 41 Bgld KAG 1976 bezweckten den Schutz des Vermögens niedergelassener Fachärzte; sie seien daher keine Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB zugunsten des Klägers. § 26 Abs 1 lit c KAG (§ 41 Abs 1 lit c Bgld KAG 1976) sei vielmehr unter dem Gesichtspunkt der freien Arztwahl zu sehen, welcher jeglichen Gebietsschutz für Fachärzte ausschließe. Unter dem Aspekt des allgemeinen Schadenersatzrechtes seien die Klagebegehren daher nicht berechtigt. Das UWG scheide als Anspruchsgrundlage schon deshalb aus, weil dem Kläger der Nachweis einer subjektiven Wettbewerbsabsicht des beklagten Ordenskonventes nicht gelungen sei.

Gegen das bestätigende Berufungsurteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagestattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der beklagte Krankenhausträger stellt den Antrag, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben zunächst zutreffend erkannt, daß § 41 Bgld KAG 1976 für sich allein keinesfalls als Grundlage für den von ihm erhobenen Unterlassungsanspruch in Betracht kommen kann. Außerhalb von - hier nicht vorliegenden - rechtsgeschäftlichen Beziehungen können sich nämlich Unterlassungspflichten stets nur aus besonderen Verhaltens-(Verbots)Normen (zB § 97 ABGB) oder allgemein aus absoluten Rechten anderer - wozu nicht nur das Eigentum und sonstige dingliche Rechte, sondern auch Persönlichkeitsrechte sowie die gewerblichen Schutzrechte zählen - ergeben (Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 859; ÖBl 1983, 9). Daß aber § 41 Bgld KAG 1976 dem Rechtsträger eines Anstaltsambulatoriums bestimmte Unterlassungspflichten in bezug auf die ambulante Untersuchung und Behandlung von Patienten auferlege oder gar Fachärzten in einem gewissen Bereich ein absolutes Recht auf eine konkurrenzfreie Erwerbstätigkeit einräume, kann nicht einmal der Kläger behaupten. Sein Unterlassungsanspruch könnte daher mit Erfolg nur auf das Wettbewerbsrecht gestützt werden, also darauf, daß sich der beklagte Krankenhausträger beim Betrieb seines Anstaltsambulatoriums schuldhaft über ein Gesetz hinwegsetze, um im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, und so durch Rechtsbruch gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verstoße (MR 1988, 102; ÖBl 1989, 122; EvBl 1989/100; ÖBl 1990, 7 uva; zuletzt etwa eco 1991, 261). Nun kann zwar auch ein Krankenhausträger beim Betrieb seines Anstaltsambulatoriums im geschäftlichen Verkehr handeln und mit einem frei praktizierenden Facharzt im Wettbewerb stehen (ÖBl 1983, 9), doch erfordert ein Handeln "zu Zwecken des Wettbewerbs" im Sinne des § 1 UWG nicht nur das Bestehen eines objektiven Wettbewerbsverhältnisses; es setzt vielmehr noch darüber hinaus voraus, daß die beanstandete Handlung auch subjektiv von der entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen ist (ÖBl 1978, 3 uva; ÖBl 1987, 23; SZ 61/194). Die Frage des Bestehens einer solchen (subjektiven) Wettbewerbsabsicht ist immer eine Tat- und keine Rechtsfrage (ÖBl 1987, 23; MR 1988, 194; MR 1989, 61; ÖBl 1990, 18 uva).

Im vorliegenden Fall hat nun schon das Erstgericht die vom Berufungsgericht gebilligte Feststellung getroffen, daß der beklagte Ordenskonvent beim beanstandeten Betrieb seines Anstaltsambulatoriums subjektiv nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt hat. Damit fehlt es aber schon in tatsächlicher Hinsicht am Erfordernis einer "zu Zwecken des Wettbewerbs" vorgenommenen Handlung, weshalb nicht nur dem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch des Klägers nach §§ 1, 14 UWG der Boden entzogen ist, sondern auch einem Schadenersatzanspruch nach §§ 1, 16 UWG.

Das Schadenersatzbegehren des Klägers ist daher nur noch nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen der §§ 1293 ff ABGB zu prüfen. Da der Kläger eine Vermögensschädigung durch Erwerbseinbußen in seiner Ordination als frei praktizierender Facharzt geltend macht, könnte ein solcher Schadenersatzanspruch nur dann bestehen, wenn der beklagte Krankenhausträger beim Betrieb seines Anstaltsambulatoriums schuldhaft gegen ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB verstoßen hätte, das auch die Vermeidung bloßer Vermögensschäden der frei praktizierenden Fachärzte zumindest mitbezweckt (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 21 und 102), oder wenn der Krankenhausträger dem Kläger durch sein Verhalten in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zugefügt hätte (§ 1295 Abs 2 ABGB; Koziol aaO 21); letzteres ist aber schon durch die Feststellung über die fehlende subjektive Wettbewerbsabsicht des beklagten Krankenhausträgers ausgeschlossen.

Schutzgesetze sind nach der Formulierung des § 1311 ABGB Gesetze, die den zufälligen Schädigungen vorzubeugen suchen (Koziol aaO 102); es muß sich daher um abstrakte Gefährdungsverbote handeln, die bestimmte Personen oder Personengruppen vor einer Verletzung ihrer Rechtsgüter schützen sollen (Schwimann-Harrer, ABGB V § 1311 Rz 7; ZVR 1984/214; ZVR 1985/9 ua). Die Frage, ob § 41 Bgld KAG 1976 in diesem Sinne ein Schutzgesetz ist, weil durch ihn auch die Erwerbsposition und damit das Vermögen frei praktizierender Fachärzte zumindest mitgeschützt werden sollen, oder ob dies nicht zutrifft, weil die Norm nur eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit anordnet, durch sie also nur das öffentliche Interesse gesichert werden soll und nicht die Güter des einzelnen (Koziol aaO 102; Schwimann-Harrer aaO Rz 15), muß hier nicht entschieden werden. Selbst wenn man nämlich mit dem Kläger annehmen wollte, § 41 Bgld KAG 1976 sei zumindest auch ein Schutzgesetz zugunsten seiner Interessen als frei praktizierender Facharzt, wäre damit für sein Schadenersatzbegehren noch nichts gewonnen, greift doch eine Haftung nach § 1311 ABGB jedenfalls erst dann ein, wenn der Täter schuldhaft gehandelt hat. Der Schädiger haftet nur unter der Voraussetzung, daß er das Schutzgesetz schuldhaft übertreten hat (Koziol aaO 110 und die dort unter FN 89 angeführte Rechtsprechung; Schwimann-Harrer aaO Rz 26 und 30). Ein derartiges schuldhaftes Verhalten des beklagten Ordenskonventes ist aber im vorliegenden Fall schon deshalb ausgeschlossen, weil die von ihm vertretene Auffassung über den Umfang seiner Befugnisse in bezug auf die ambulante Untersuchung und Behandlung von Patienten in seinem öffentlichen Krankenhaus in E***** durch das Gesetz jedenfalls so weit gedeckt ist, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann (SZ 56/2; ÖBl 1987, 71; ÖBl 1988, 72;

ÖBl 1990, 108 uva; zuletzt etwa 4 Ob 119/90):

Die durch die 2.KAG-Novelle 1974 BGBl 281 offenbar versehentlich belassene Überschrift des § 26 ("Anstaltsambulatorien") ist insofern irreführend, als ja nach der neuen Rechtslage nur noch die ambulanten Untersuchungen und Behandlungen in öffentlichen allgemeinen Krankenanstalten und in öffentlichen Sonderkrankenanstalten Norminhalt sind (vgl Radner-Haslinger-Reinberg, Krankenanstaltenrecht, Anm 1 zu § 26 KAG). Einige Landesausführungsgesetze, darunter auch das Bgld KAG 1976, sind dem gefolgt. "Anstaltsambulatorien" im Sinne des § 26 KAG (§ 41 Bgld KAG 1976) sind aber nicht zu verwechseln mit den "Selbständigen Ambulatorien" gemäß § 2 Abs 1 Z 1 KAG (§ 1 Abs 2 Z 7 Bgld KAG 1976), welche vielmehr eigene Krankenanstalten sind. Nur bei der Bewilligung der Errichtung eines "selbständigen Ambulatoriums" ist auch die zuständige Ärztekammer zu hören (§ 3 Abs 3 KAG; ebenso § 4 Abs 5 Bgld KAG 1976); nur hier ist der Bedarf überdies unter Bedachtnahme auf die Behandlungsmöglichkeiten durch die in der Umgebung niedergelassenen praktischen Ärzte oder Fachärzte der einschlägigen Fachgebiete zu beurteilen (§ 4 Abs 3 Bgld KAG 1976). Nur in behördlichen Verfahren wegen Genehmigung der Errichtung und der Inbetriebnahme von (selbständigen) Ambulatorien eines Krankenversicherungsträgers hat die zuständige Ärztekammer überdies unter gewissen Voraussetzungen Parteistellung im Sinn des § 8 AVG 1950 und das Recht der Beschwerde gemäß Art 131 Abs 2 B-VG (§ 3 Abs 6 KAG; ebenso § 4 Abs 7 Bgld KAG 1976). Demgegenüber haben sowohl der Grundsatzgesetzgeber und (§ 26 KAG) als auch der burgenländische Landesgesetzgeber (§ 41 Bgld KAG 1976) die ambulante Untersuchung und Behandlung von Patienten in den fünf in Abs 1 lit a bis e genannten Fällen nunmehr als "Pflichtaufgabe" der öffentlichen Krankenanstalten festgeschrieben. Dem Gesetzeswortlaut ist aber nicht zu entnehmen, ob über die Verpflichtung der öffentlichen Krankenanstalten zur ambulanten Untersuchung und Behandlung in den Fällen des § 41 Abs 1 lit a bis e Bgld KAG 1976 hinaus weitere über Abs 2 (Recht auf die Durchführung ambulanter Vorsorgeuntersuchungen, deren Aufnahme aber der Landesregierung anzuzeigen ist) hinausgehende Leistungen erbracht werden dürfen, ob also der Ambulanzbetrieb in einer öffentlichen Krankenanstalt keiner gesetzlichen Einschränkung unterliegt (Radner-Haslinger-Reinberg aaO 198 zum insoweit gleichlautenden § 32 Abs 1 und 2 OÖ KAG). Das trifft auch auf den hier in Rede stehenden Fall des § 26 Abs 1 lit c KAG (§ 41 Abs 1 lit c Bgld KAG 1976) zu, womit den öffentlichen Krankenanstalten eine ambulante Untersuchungs- und Behandlungspflicht auferlegt wird, "wenn es zur Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit solchen Behelfen, die außerhalb der Anstalt in angemessener Entfernung vom Wohnort des Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur in unzureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen, notwendig ist". Abgesehen davon, daß hier auf den Wohnort des Patienten abgestellt ist und nicht auf den Standort der öffentlichen Krankenanstalt - weshalb Überschreitungen dieser Vorschrift im vorliegenden Fall überhaupt nur in Ansehung von Patienten mit dem Wohnort E***** in Betracht kommen könnten, wozu der Kläger aber keinerlei Behauptungen aufgestellt hat -, läßt sich dem Wortlaut dieser Bestimmungen jedenfalls kein an die öffentliche Krankenanstalt gerichtetes Verbot der ambulanten Untersuchung und Behandlung von Patienten entnehmen, an deren Wohnort die anzuwendenden Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in ebenso geeigneter Weise und in zureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen; dies umso mehr, als auch eine solche Tätigkeit ihrer Art nach zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages der Krankenanstalten zur Feststellung des Gesundheitszustandes durch Untersuchung sowie zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung (§ 1 Abs 1 lit a und c KAG; ebenso § 1 Abs 1 lit a und c Bgld KAG 1976) gehört. Die Rechtsauffassung des beklagten Ordenskonventes, daß er im Rahmen seiner öffentlichen Krankenanstalt zur ambulanten Untersuchung und Behandlung von Patienten über die in § 41 Abs 1 Bgld KAG 1976 genannten Fälle einer ambulanten Untersuchungs- und Behandlungspflicht hinaus berechtigt sei, steht somit weder im Gegensatz zu einem klaren Gesetzeswortlaut (vgl ÖBl 1986, 18; ÖBl 1987, 71) noch zu einer dazu ergangenen Rechtsprechung (vgl SZ 57/169). Selbst wenn daher diese Bestimmung dennoch ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt sein sollte, wäre ihre Übertretung demnach dem beklagten Krankenhausträger subjektiv nicht als Verschulden vorwerfbar. Hat er aber nicht schuldhaft gehandelt, so ist auch dem auf das allgemeine Schadenersatzrecht gestützten Zahlungsbegehren des Klägers der Boden entzogen.

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25672

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00032.91.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19910507_OGH0002_0040OB00032_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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