TE OGH 1991/5/13 OKT5/91

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Veröffentlicht am 13.05.1991
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Kopf

Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch den stellvertretenden Vorsitzenden Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden sowie durch seine weiteren Mitglieder Kommerzialräte Dr. Bauer, Dkfm. Dr. Grünwald, Mag. Kinscher, Dr. Placek, Dr. Rauter und Dr. Reindl in der Kartellrechtssache ***** Kartellvertrag A***** infolge Rekurses der Antragstellerin Firma A*****, vertreten durch den Kartellbevollmächtigten Dr. Viktor A. Straberger, Rechtsanwalt in Wels, gegen den Beschluß des Vorsitzenden des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien vom 29.10.1990, Kt 1472/88-12, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Kartellgericht genehmigte mit den Beschlüssen Kt 290/88-36 und Kt 1469 bis 1473/88 vom 29.12.1988 den an die Stelle eines früheren Marktregelungsvertrages ***** getretenen Kartellvertrag (Konsortialvertrag; T***** Förderungsvereinbarung) zwischen den Skierzeugern H*****, F*****, B*****, A***** und K***** und die sogenannten "Säulenverträge" zwischen dem jeweiligen Erzeuger und seinen Vertragshändlern und ordnete die Eintragung dieser Verträge in das Kartellregister an.

Mit dem angefochtenen Beschluß bestimmte der Vorsitzende des Kartellgerichtes die für den "Säulenvertrag" A***** von den Kartellmitgliedern gemäß § 80 Z 1 KartG 1988 (im folgenden auch: KartG) zu entrichtende Rahmengebühr mit S 76.000 und sprach gemäß § 82 Z 1 KartG aus, daß für diese Gebühr die Kartellmitglieder zur ungeteilten Hand zahlungspflichtig sind.

Die erste Instanz war der Ansicht, daß die "Säulenverträge" zwischen dem jeweiligen Skierzeuger und seinen Vertragshändlern - auch wenn sie schon in der (übergeordneten) T*****-Vereinbarung vorgesehen waren - als gesonderte Verträge zu vergebühren seien, da die jeweiligen Vertragshändler nur mit ihrem Skierzeuger, nicht aber mit den übrigen Skierzeugern vertraglich verbunden seien.

Bei Bedachtnahme auf die Bemessungskriterien des § 84 KartG für die Festsetzung der Rahmengebühr innerhalb des Ermessensspielraumes zwischen S 20.000 und S 400.000 sei zunächst zu berücksichtigen, daß die Zahlungspflichtigen durch ihre Anträge (Beitritte) Anlaß zur Amtshandlung gegeben hätten. Der "Säulenvertrag" lege die Preise der kartellierten Waren, nämlich der Markenski eines bedeutenden österreichischen Erzeugers, für ganz Österreich bindend fest. Das Verfahren habe daher erhebliche wirtschaftspolitische Bedeutung, auch wenn die Preisbindung nur mehr bei bestimmten Skimodellen bestehe. Der mit der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen verbundene Aufwand sei zwar nicht übermäßig hoch gewesen, weil das Schwergewicht bei der rechtlichen Prüfung der T*****-Förderungsvereinbarung gelegen sei, der Beitritt einer Vielzahl von Händlern habe jedoch den Verfahrensaufwand erhöht. Bei der Festsetzung der Rahmengebühr habe unberücksichtigt zu bleiben, daß sich der Erzeuger im Innenverhältnis gegenüber den Händlern zur alleinigen Tragung dieser Kosten verpflichtet habe; für die Bemessung sei die Wirtschaftskraft aller Kartellteilnehmer zugrundezulegen. Mit den festgesetzten Beträgen seien die Rahmengebühren auch für alle (weiteren) Beitritte abgegolten.

Gegen diese Entscheidung erhebt die Firma A***** als Kartellteilnehmerin durch den Kartellbevollmächtigten Rekurs an das Kartellobergericht mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Rahmengebühr mit S 20.000 pro Kartellmitglied (gemeint: des übergeordneten Konsortialvertrages), also insgesamt mit S 100.000 bemessen werde.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Rechtsmittels ist nur die Bemessung der Rahmengebühr für den Kartellvertrag zwischen der Firma A***** und ihren Vertragshändlern (Vertriebsbindungspartnern). Nur diese Personen sind im vorliegenden Verfahren Kartellteilnehmer, nicht aber die übrigen Skierzeuger, die mit ihren Vertragshändlern jeweils gesonderte Kartellverträge abgeschlossen haben. Der Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß für jeden einzelnen der fünf - auch gesondert in das Kartellregister

eingetragenen - Kartellverträge ("Säulenverträge") jeweils gesondert Rahmengebühren nach § 80 Z 1 KartG zu entrichten sind, ist daher zuzustimmen.

Damit ist aber der Rechtsansicht der Rekurswerberin, das Ertgericht habe "pro Kartellmitglied" eine "Einzelrahmengebühr" von S 76.000 (und damit für einen Kartellvertrag eine Gesamtgebühr von S 380.000 nahe der gesetzlichen Obergrenze des § 80 Z 1 KartG) festgesetzt, der Boden entzogen. Gemäß § 84 KartG ist die Höhe der Rahmengebühr vom Vorsitzenden des Kartellgerichts nach Abschluß des Verfahrens nach freiem Ermessen mit Beschluß festzusetzen; hiebei sind insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit der Zahlugspflichtige Anlaß für die Amtshandlung gegeben hat. Diese bei der Ermessensübung insbesondere zu berücksichtigenden Kriterien sind dieselben wie nach § 119 KartG 1972. Die Rüge der Rekurswerberin, das Erstgericht sei auf diese Kriterien, die im übrigen dem alten Kartellgesetz entstammten, nicht im einzelnen eingegangen, ist verfehlt. Da das vorliegende Verfahren gemäß § 147 KartG nach dem KartG 1988 zu beenden war, richten sich die Ansätze der Rahmengebühr nach § 88 Z 1 KartG 1988 und die (ohnehin gleichgebliebenen) Bemessungskriterien nach § 84 KartG 1988.

In der Festsetzung der Rahmengebühr durch das Erstgericht ist ein diese Kriterien außer Acht lassender Ermessensfehler nicht zu erkennen. Auch wenn man berücksichtigt, daß die Preisbindung nunmehr auf bestimmte Skimodelle eingeschränkt ist, ist die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens groß, wird doch davon praktisch das gesamte österreichische Marktgebiet hinsichtlich der Erzeugnisse der Rekurswerberin erfaßt. Die Festsetzung widerspricht auch nicht den wirtschaftlichen Verhältnissen der Zahlungspflichtigen. Für die Rahmengebühr sind nämlich sämtliche Kartellmitglieder zahlungspflichtig, so daß bei fast 300 Mitgliedern auf ein Kartellmitglied nur ein sehr geringer Betrag entfällt. Daß sich die Rekurswerberin im Innenverhältnis gegenüber den Vertragshändlern zur alleinigen Tragung dieser Gebühr verpflichtet hat, ist bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Zahlungspflichtigen nicht zu berücksichtigen. Bei einer angemessenen Aufteilung der Rahmengebühr auf alle Kartellmitglieder ist die Belastung so gering, daß das Erstgericht die derzeit ungünstige wirtschaftliche Lage der österreichischen Skiindustrie und ihrer Vertriebspartner neben den übrigen Bemessungskriterien mit Recht nicht stärker berücksichtigt hat. Dazu kommt, daß der Verfahrensaufwand allein durch die Evidenzhaltung und Auflistung von fast 300 Kartellmitgliedern in den Beschlüssen des Erstgerichtes und bei der Eintragung im Kartellregister sehr hoch war und mit der festgesetzten Gebühr auch alle weiteren Beitritte (nach dem Vorlagebericht sind bisher mehr als 700 Beitritte zum Kartellvertrag A***** erfolgt) und sonstigen künftigen Verfügungen abgegolten sind.

Der Vergleich der Rekurswerber mit einer mehr als zehn Jahre zurückliegenden, auf den Ansätzen des KartG 1972 (§ 118 Abs 1 Z 2 KartG 1972: S 10.000 bis S 200.000) beruhenden Bestimmung der Rahmengebühr für ein Kartell mit 11 Vertragspartnern ist nicht zielführend. Auch die für Zivilprozesse zu entrichtenden Pauschalgebühren bieten keine brauchbare Vergleichsgrundlage. Der Gesetzgeber hat - anders als nach § 79 KartG für das Verfahren über richterliche Vertragshilfe gegen Sperren - die Festsetzung der Rahmengebühr nicht auf den "Streitwert", sondern ganz allgemein auf die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens abgestellt.

Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E26109

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:000OKT00005.91.0513.000

Dokumentnummer

JJT_19910513_OGH0002_000OKT00005_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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