TE OGH 1991/5/28 4Ob75/91

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Veröffentlicht am 28.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****verband *****, vertreten durch Dr.Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1) "f*****" F.M. Z***** Gesellschaft mbH & Co, *****; 2) F.M. Z***** Geschäftsführungs-Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr.Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert: 110.000 S; Revisionsinteresse: 52.500 S), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 7.März 1991, GZ 4 R 55/91-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 7.Dezember 1990, GZ 8 Cg 99/89-39, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Berufungsurteil wird in seinen Aussprüchen zu lit a und der hiezu erteilten Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung dahin abgeändert, daß die abweisende Entscheidung des Erstgerichtes mit folgendem Kostenausspruch wiederhergestellt wird:

"Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 38.927,53 S bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten 750 S Barauslagen und 6.507,36 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 5.484,70 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 1.000 S Barauslagen und 747,45 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstbeklagte betreibt in einer größeren Anzahl von "f*****-Märkten" in Vorarlberg den Einzelhandel mit Lebensmitteln; die Zweitbeklagte ist ihre persönlich haftende Gesellschafterin.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch eines von ursprünglich drei Unterlassungsbegehren des klagenden Wettbewerbsverbandes (§ 14 UWG), mit welchem er die Verurteilung der beiden Beklagten zur Unterlassung von Ankündigungen in Werbeinseraten beantragt, wonach "der Beklagten" (gemeint wohl: der Erstbeklagten) auf Klage des Klägers verboten wurde, "Happy-day-Apfelsaft 1 l" um 5 S zu verkaufen, wenn tatsächlich "die Beklagte" (richtig: die Erstbeklagte) wegen Verkaufes von "Happy-day-Apfelsaft 1 l" zum oder unter dem Einstandspreis geklagt und ihr nur der Verkauf von "Happy-day-Apfelsaft 1 l" zum oder unter dem Einstandspreis verboten worden ist (Punkt II lit a des Urteilsantrages); damit verbindet der Kläger den Antrag auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in zwei Tageszeitungen.

Hiezu steht folgender Sachverhalt fest:

In den letzten Monaten des Jahres 1988 bzw Anfang 1989 wurden gegen verschiedene Unternehmen der "Z*****-Gruppe" Klagen wegen Verstoßes gegen § 3 a Abs 1 NVG eingebracht, darunter auch zu 8 Cg 362/88 des Erstgerichtes eine solche des Klägers gegen die Erstbeklagte. In diesem Verfahren wurde der Erstbeklagten mit einstweiliger Verfügung vom 5.12.1988 verboten, Waren, nämlich "Happy-day-Apfelsaft", zum oder unter dem Einstandspreis zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten. Der dagegen von der Erstbeklagten erhobene Rekurs blieb erfolglos. Das Sicherungsgebot war übereinstimmend damit begründet worden, daß der von der Erstbeklagten angekündigte und verlangte Verkaufspreis von 5 S pro Packung (1 l) unter ihrem Einstandspreis gelegen war.

In der Ausgabe der "V*****" vom 7.3.1989 erschien daraufhin unter der Überschrift "f***** KONSUMENTENINFORMATION Nr.2" ein Inserat der Erstbeklagten mit (ua) folgendem Text:

"Gemäß einer 'Einstweiligen Verfügung' des LG Feldkirch vom 5.12.1988, 8 Cg 362/88, darf in den f*****-Märkten Happy-day-Apfelsaft 1 l nicht mehr um S 5 verkauft werden (Kläger: S*****verband *****, Beklagter: f***** F.M.Z***** GesmbH & Co)."

Der Kläger erblickt in dieser Werbeankündigung der Erstbeklagten eine Irreführung des angesprochenen Publikums, weil sie den - unzutreffenden - Eindruck vermittle, daß der Erstbeklagten eine besonders konsumentenfreundliche Preiskalkulation, nämlich der Verkauf des genannten Getränkes zu einem bestimmten Preis, verboten worden sei.

Die Beklagten beantragen die Abweisung auch dieses Klagebegehrens. Die beanstandete Werbeankündigung sei nicht irreführend, weil das angesprochene Publikum daraus nur den - zutreffenden - Eindruck gewinnen werde, daß der Kläger den Verkauf der 1-l-Packung "Happy-day-Apfelsaft" um 5 S als wettbewerbswidrig verfolgt habe.

Nachdem der Kläger in der Streitverhandlung vom 30.10.1990 (ON 36) infolge zwischenweiliger Aufhebung des § 3 a NVG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15.6.1990, G 56/89-16, kundgemacht in BGBl 1990/590 a vom 19.9.1990, das zu Punkt I lit a und b gestellte Haupt- und Eventualbegehren auf Kosten eingeschränkt, die Unterlassungsbegehren zu Punkt II lit a und b sowie die zum Hauptbegehren lit b erhobenen Eventualbegehren (lit c und d) aber aufrecht erhalten hatte, machten die Beklagten auch gegen das noch in Rede stehende Unterlassungsbegehren (Punkt II lit a) den Wegfall der Wiederholungsgefahr geltend, weil die vom Kläger beanstandete "Konsumenteninformation Nr.2" ausschießlich im Zusammenhang mit einem behaupteten Verstoß gegen § 3 a NVG ergangen sei; eine derartige Reaktion der Erstbeklagten sei aber nunmehr nach Wegfall dieser Gesetzesbestimmung ausgeschlossen. Der Kläger berief sich demgegenüber darauf, daß das Verhalten der Erstbeklagten bis zur Aufhebung des § 3 a NVG jedenfalls rechtswidrig gewesen sei und die Wiederholungsgefahr schon deshalb weiterhin aufrecht bleibe, weil ein Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis nach wie vor bei Hinzutreten von (anderen) sittenwidrigen Umständen gegen § 1 UWG verstoßen könne (ON 37 S 257 f).

Das Erstgericht wies das noch in Rede stehende Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren ab. Durch die Aufhebung des § 3 a NVG seien die Umstände, die zur beanstandeten "Kundeninformation Nr.2" geführt hätten, nunmehr vollständig beseitigt. Damit sei aber auch die Wiederholungsgefahr hinsichtlich des mit dem Begehren zu lit a geltend gemachten Wettbewerbsverstoßes weggefallen.

Das Berufungsgericht erkannte im Sinne des zu lit a erhobenen Klagebegehrens und ermächtigte den Kläger zur Urteilsveröffentlichung in einer der beiden Tageszeitungen; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die "Konsumenteninformation Nr.2" der Erstbeklagten sei deshalb irreführend, weil sie nur eine unvollständige Information gebe; sie verschweige nämlich, daß der Verkauf von "Happy-day-Apfelsaft 1 l" um 5 S nur deshalb verboten wurde, weil dabei ein Verkauf unter dem Einstandspreis vorlag. Mit der beanstandeten Ankündigung habe die Erstbeklagte überdies für ihr eigenes wettbewerbswidriges Verhalten Werbung betrieben und damit auch gegen § 1 UWG verstoßen. Den Beklagten sei der ihnen obliegende Beweis für den Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht gelungen. Trotz Aufhebung des § 3 a NVG sei der Verkauf unter dem Einstandspreis unter bestimmten Umständen weiterhin wettbewerbswidrig. Die Beklagten hätten aber gar nicht behauptet, daß sie künftig auch von derartigen gegen § 1 UWG verstoßenden Verkäufen unter dem Einstandspreis Abstand nehmen würden.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils zu Pkt II lit a des Klagebegehrens.

Der Kläger stellt den Antrag, das Rechtsmittel der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen der Meinung des Klägers schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht im Hinblick auf die enge Fassung des in Rede stehenden Klagebegehrens das Bestehen der Wiederholungsgefahr entgegen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bejaht hat; sie ist auch berechtigt.

Seit der Schaffung des § 3 a NVG durch die Novelle 1980 BGBl Nr 121, geändert durch BGBl 1988/424, bedeutete der Verkauf von Waren zum oder unter dem Einstandpreis schon wegen der damit verbundenen Verletzung eines gesetzlichen Verbotes zu Lasten der gesetzestreuen Mitbewerber stets auch einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG (ÖBl 1989, 122 und 167 ua). Ein derartiger Verstoß der Erstbeklagten lag auch der einstweiligen Verfügung vom 5.12.1988 zugrunde, auf welche sie mit der beanstandeten "Konsumenteninformation Nr.2" nach Auffassung des Klägers in irreführender Weise reagiert hat, weil sie mit ihr nur ein gerichtliches Verbot des Verkaufes von "Happy-day-Apfelsaft 1 l" um 5 S bekanntgegeben, aber verschwiegen habe, daß es sich hiebei um den Verkauf des Getränkes zum oder unter dem Einstandspreis handelte, der ihr in Wahrheit verboten worden war. Auf diesen konkreten Wettbewerbsverstoß ist auch das Unterlassungsbegehren des Klägers in der denkbar engsten Fassung zugeschnitten; von ihm werden nur Werbeankündigungen der Erstbeklagten erfaßt, in denen sie auf ein gerichtliches Verbot des Verkaufes von "Happy-day-Apfelsaft 1 l" um 5 S Bezug nimmt, wenn ihr demgegenüber in Wahrheit nur ein derartiger Verkauf des Getränkes zum oder unter dem Einstandspreis verboten worden ist. Ein solches Verbot des Verkaufes einer bestimmten Ware zum oder unter dem Einstandspreis schlechthin konnte nur unter der Geltung des § 3 a NVG erlassen werden. Seit der am 19.9.1990 wirksam gewordenen Aufhebung dieser Bestimmung als verfassungswidrig kommt aber ein Verstoß gegen sie begrifflich nicht mehr in Frage. Es kann daher seither gegen die Erstbeklagte auch wegen des Verkaufes von "Happy-day-Apfelsaft 1 l" um 5 S kein gerichtliches Verbot mehr allein deshalb erwirkt werden, weil es sich hiebei um einen Verkauf zum oder unter dem Einstandspreis handelt. Damit erscheint es aber äußerst unwahrscheinlich, daß die Erstbeklagte in der durch die enge Fassung des Klagebegehrens umschriebenen Form weiter tätig wird, weshalb die Wiederholungsgefahr ausgeschlossen ist (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rz 507.4 und 8; ÖBl 1975, 36; ÖBl 1984, 161 ua).

Es war daher in Stattgebung der Revision die abweisende Entscheidung des Erstgerichtes zu Punkt II lit a des Klagebegehrens und des damit verbundenen Antrages auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung wiederherzustellen. Das hat aber auch eine Abänderung der Kostenentscheidungen erster und zweiter Instanz zur Folge:

Die Beklagten haben im erstinstanzlichen Verfahren bis zur Einschränkung des Klagebegehrens am Beginn der Streitverhandlung vom 30.10.1990 in Ansehung des Gesamtstreitwertes von 330.000 S mit 275.000 S, also 5/6, obsiegt und sind mit 55.000 S (einem Sechstel) unterlegen. Gemäß § 43 Abs 1 ZPO hat ihnen daher der Kläger bis dahin 2/3 der mit 36.402,96 S bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten 6.067,16 S Umsatzsteuer), das sind 24.268,64 S (darin enthalten 4.044,77 S Umsatzsteuer), zu ersetzen. Dazu kommen - unabhängig vom Prozeßausgang - die Kosten des Provisorialverfahrens laut zutreffender Berechnung des Berufungsgerichtes in Höhe von insgesamt 14.775,55 S (darin enthalten 2.462,59 S Umsatzsteuer). Von der sich so ergebenden Summe von 39.044,19 S ist 1/6 der Pauschalgebühr des Klägers, welche ihm die Beklagten gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 ZPO zu ersetzen haben, sohin der Betrag von 866,66 S, abzuziehen, so daß die vom Kläger den Beklagten zu ersetzenden Prozeßkosten des ersten Verfahrensabschnittes insgesamt 38.177,53 S betragen. Ab der Verhandlung vom 30.10.1990 haben die Parteien in Ansehung des Streitwertes von 110.000 S je zur Hälfte obsiegt und sind auch je zur Hälfte unterlegen. Gemäß § 43 Abs 1 ZPO sind die Kosten dieses zweiten Verfahrensabschnittes gegeneinander aufzuheben, doch hat der Kläger gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 ZPO den Beklagten die Hälfte der von ihnen ausgelegten Zeugengebühr in Höhe von

1.500 S, sohin den Betrag von 750 S, zu ersetzen.

Im Berufungsverfahren haben die Parteien in Ansehung des Streitwertes von 110.000 S je mit annähernd der Hälfte (57.500 S zu 52.500 S) obsiegt und sind im gleichen Verhältnis unterlegen. Die Kosten waren daher gemäß §§ 43 Abs 1, 50 ZPO gegeneinander aufzuheben, doch haben die Beklagten dem Kläger gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 ZPO die Hälfte der Pauschalgebühr von 8.000 S, sohin den Betrag von 4.000 S, zu ersetzen.

Die Kostenentscheidung in dritter Instanz beruht auf §§ 41, 50 ZPO; den Beklagten konnten allerdings Kosten nur auf der Basis des Revisionsstreitwert von 52.500 S zugesprochen werden. Das ergibt den Betrag von 9.484,70 S (darin enthalten 5.000 S Barauslagen und 747,45 S Umsatzsteuer). Der Kläger hat daher den Beklagten an Kosten des Rechtsmittelverfahrens zweiter und dritter Instanz insgesamt den Betrag von 5.484 S zu ersetzen.

Anmerkung

E26529

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00075.91.0528.000

Dokumentnummer

JJT_19910528_OGH0002_0040OB00075_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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