TE OGH 1991/6/27 7Ob569/91

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Veröffentlicht am 27.06.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Roman B***** und Michaela B*****, wegen Unterhalt infolge Rekurses des Vaters Roman B*****, vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 17. Oktober 1990, GZ 22 a R 145/90-39, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 24.8.1990, GZ P 162/86-33, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht eine neue Entscheidung über den Rekurs des Vaters Roman B***** gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 24.8.1990, ON 33, aufgetragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 24.8.1990 erhöhte das Erstgericht die monatliche Unterhaltspflicht des Vaters ab 1.6.1990 auf monatlich S 2.500,-- je Kind. Dieser Beschluß wurde dem Vater, der in München lebt, am 5.9.1990 durch Hinterlegung zugestellt.

Das Rekursgericht wies den am 21.9.1990 zur Post gegebenen Rekurs des Vaters als verspätet zurück. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig sei, weil keine das vorliegende Verfahren an Bedeutung übersteigende Rechtsfragen zu lösen gewesen seien.

In seinem Rekurs macht der Vater geltend, er sei zur Zeit der Hinterlegung des Beschlusses des Erstgerichtes vorübergehend von der Abgabestelle abwesend gewesen, er habe sich vorübergehend bei Margot B***** in G***** aufgehalten. Noch am Tage der Rückkehr in die angeführte Abgabestelle habe der Vater das hinterlegte Schriftstück behoben, den Rekurs dagegen verfaßt und zur Post gegeben. Das Rechtsmittel sei daher rechtzeitig erhoben worden. Die angefochtene Entscheidung sei mit dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z 4 ZPO behaftet.

Rechtliche Beurteilung

Kann eine Sendung an der Abgabestelle - das ist der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf, wie z.B. seine Wohnung (§ 4 ZustG) - nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, ist das Schriftstück gemäß § 17 Abs. 1 ZustG im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen. Hinterlegte Sendungen gelten gemäß § 17 Abs. 3 ZustG mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt; sie gelten jedoch nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Unterlaufen bei der Zustellung Mängel, gilt sie als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist, tatsächlich zugekommen ist (§ 7 ZustG).

Voraussetzung für eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung ist es demnach, daß die Partei die Möglichkeit hatte, der Hinterlegungsanzeige Folge zu leisten. Eine solche Möglichkeit besteht nicht, wenn der Empfänger längere Zeit ortsabwesend, etwa zu Urlaubszwecken verreist ist; denn ein regelmäßiger Aufenthalt an der Abgabestelle iS des § 17 Abs. 1 ZustG liegt nur vor, wenn der Empfänger, von kurzfristigen (in vielen Fällen auch periodischen) Abwesenheiten abgesehen, immer wieder an die Abgabestelle zurückkehrt (SZ 57/141; SZ 60/74).

Nach den durchgeführten Erhebungen hat sich der Vater am Tag der Zustellung der Entscheidung der ersten Instanz und in dem darauf folgenden Zeitraum bis zum 21.9.1990 nicht in seiner Wohnung, sondern bei Margot B***** in G***** aufgehalten. Ein regelmäßiger Aufenthalt des Vaters an der Abgabestelle im Zustellungszeitpunkt war daher nicht gegeben, so daß die Sendung nicht hätte hinterlegt werden dürfen.

Ein ungesetzlicher Vorgang bei der Zustellung ist von erheblicher Bedeutung für die Rechtssicherheit iS des § 528 Abs. 1 ZPO.

Der Rekurs erweist sich damit als zulässig und berechtigt. Dem Rekursgericht war deshalb eine neue Entscheidung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Anmerkung

E26255

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00569.91.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19910627_OGH0002_0070OB00569_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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