TE OGH 1991/7/9 4Ob45/91

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Veröffentlicht am 09.07.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kommerzialrat Kurt M*****, Inhaber der registrierten Firma B***** Mineralölvertrieb *****, vertreten durch Dr.Helmut Valenta, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei B.V. B***** Fabrieken, *****, vertreten durch Dr.Alexander Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert 300.000 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 3.April 1990, GZ 4 R 252/89-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 28.Mai 1989, GZ 1 Cg 302/88-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 12.247,20 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 2.041,20 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gegen sein bestätigendes Urteil liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hier nicht vor:

Daß auch ein Vertragshändlervertrag als Dauerschuldverhältnis - auch in analoger Anwendung der §§ 21 ff HVG - aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden kann, wenn die Fortsetzung des Schuldverhältnisse dem anderen Teil billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann, steht mit Lehre und ständiger Rechtsprechung im Einklang (Koziol-Welser8 I 270; Rummel, Reischauer und Würth in Rummel, ABGB2, Rz 27 lit cc zu § 859, Rz 7 vor §§ 918 bis 933 und Rz 1 bis 4 zu § 1118; SZ 46/109; RZ 1982/53; WBl 1987, 188; SZ 60/218; SZ 61/281 uva). Entgegen der Meinung des Revisionswerbers setzt eine solche außerordentliche Aufkündigung durchaus nicht immer ein Verschulden des anderen Vertragsteiles voraus (Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht 451; SZ 60/218 mwH); ebensowenig ist entscheidend, ob ein solcher wichtiger Grund in der Person eines der beiden Vertragsteile liegt oder von ihr (nur) zu vertreten ist (SZ 60/218 mwH). Welche schwerwiegenden Gründe im Einzelfall die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bewirken und zu seiner Auflösung berechtigen, ist aber in aller Regel eine Frage der Abwägung im Anlaßfall, der zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt und die zur Wahrung der Rechtssicherheit nur dann aufgegriffen werden könnte, wenn eine auffallende Fehlbeurteilung des Gewichtes der Auflösungsgründe erkennbar wäre (4 Ob 501/88). Eine solche Fehlbeurteilung und damit eine wesentliche Verkennung der Rechtslage liegt aber hier nicht vor.

Soweit der Kläger weiterhin auf seinem Standpunkt beharrt, daß ein wesentlicher Auflösungsgrund nicht in seinem vertraglich an die Beklagte gebundenen Vertriebsunternehmen, sondern in seinem Erzeugungsbetrieb verwirklicht worden sei, ist er mit dem Berufungsgericht darauf zu verweisen, daß er zwar seit dem Jahre 1975 Inhaber zweier protokollierter Einzelfirmen ist (vgl zur Zulässigkeit: Schuhmacher in Straube, HGB Rz 19 vor § 17; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht4 I 255; Avancini in GesRZ 1982, 79 ff; EvBl 1975/48), dies aber nichts daran zu ändern vermag, daß die beiden Einzelhandelsfirmen keine selbständigen Rechtssubjekte, sondern nur Handelsnamen des Klägers sind. Alleiniger Träger von Rechten und Pflichten auch aus dem Vertragshändlervertrag ist daher der Kläger als physische Person (Hämmerle-Wünsch aaO 244 f; HS 9024, 9026, 10.053 ff, 12.043 uva), so daß selbst eine Verletzung dieses Vertrages im Bereich seiner zweiten Einzelfirma nur ihm zugerechnet werden kann.

Von der Frage, ob der Beklagten etwa deshalb kein Recht auf die vorzeitige Vertragsauflösung zuzubilligen ist, weil sie selbst schon vorher wichtige Auflösungsgründe verwirklicht hatte, hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht mehr ab; dem Kläger ist ja schon an Hand der festgestellten Sachverhaltsgrundlage der Beweis für die von ihm in erster Instanz behaupteten schwerwiegenden Verstöße der Beklagten mißlungen. Sein Rechtsmittel ist in diesem Bereich zum einen nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil es von den Feststellungen der Vorinstanzen abweicht; zum anderen baut es ausschließlich auf unzulässigen und daher unbeachtlichen Neuerungen auf.

Die somit insgesamt wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) unzulässige Revision war daher zurückzuweisen (§ 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung der Beklagten, in welcher auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund hingewiesen wurde, gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E26205

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00045.91.0709.000

Dokumentnummer

JJT_19910709_OGH0002_0040OB00045_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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