TE OGH 1991/8/6 11Os50/91

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Veröffentlicht am 06.08.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.August 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Max L***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Max L*****, Franco B*****, Fausto G*****, die Berufung des Angeklagten Marco R*****, sowie die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 7. März 1991, GZ 20 Vr 2121/90-201, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Bierlein, und der Verteidiger Dr. Bernhard Haid, Dr. Jörg Lindpaintner, Dr. Helmut A. Rainer und Dr. Eckhart Söllner, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Max L*****, Franco B*****, Fausto G***** und Marco R*****, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 27.Mai 1958 geborene Max L*****, der am 14.November 1960 geborene Franco B*****, der am 23.September 1958 geborene Fausto G***** und der am 5. Februar 1968 geborene Marco R***** - der den Schuldspruch unbekämpft ließ - des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143 (zweiter Fall) StGB, Max L***** überdies des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z 1 StGB, Franco B***** des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1, 2 und 3, erster Fall, StGB schuldig erkannt. Max L*****, Fausto G***** und Marco R***** wurden außerdem - unbekämpft - des Vergehens nach dem § 36 Abs 1 Z 1, Max L***** auch Z 4 WaffenG schuldig erkannt. Hinsichtlich Franco B***** erging - ebenfalls unbekämpft - ein Schuldspruch nach dem § 36 Abs 1 und 4 WaffenG, wobei die Tat gemäß dem § 260 Abs 1 Z 1 StPO auch bezeichnet, die Subsumtion nach der Z 2 dieser Gesetzesstelle aber offenbar versehentlich unterblieben ist.

Dem Inhalt des Schuldspruchs zufolge haben

I. Max L*****, Franco B*****, Marco R***** und Fausto G***** in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter am 7. August 1990 im Gemeindegebiet Innsbruck bzw Natters versucht, mit Gewalt gegen Personen und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben den Fahrern eines Geldtransportwagens der Firma P***** Robert P***** und Hans Peter S***** fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld und Valuten im Wert von ca 90 Mio S, unter Verwendung von Waffen wegzunehmen bzw abzunötigen, indem Max L***** und Marco R***** mit einem Geländefahrzeug Marke Range Rover, bewaffnet mit einer Maschinenpistole MP 40 und einer Pistole Marke Beretta 9 mm Para und ausgerüstet mit einer Rohrbombe mit Haftvorrichtung und einem Kreuzschlaghammer, bei der Autobahneinfahrt "Zenzenhof", Franco B***** und Fausto G***** mit einem Geländefahrzeug der Marke Mitsubishi-Pajero, bewaffnet mit einem Maschinengewehr Marke Beretta und einem Revolver Marke Trooper und ausgerüstet mit Sprengstoff und einem Bolzenschneider bei der Ausfahrt der Brennerautobahn Innsbruck Süd Stellung bezogen und auf das Eintreffen des Geldtransportfahrzeuges der Firma P***** warteten;

II. Max L***** fremde bewegliche Sachen in einem 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich

1. in der Nacht zum 14.April 1990 in Kirchbichl-Oberndorf dem Hubert A***** ein Geländefahrzeug, Marke Mitsubishi-Pajero V 6, im Wert von ca 306.000 S nach Öffnen eines Türschlosses mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug, und

2. in der Nacht zum 21.April 1990 in Völs einem Berechtigten der Autofirma M***** ein Geländefahrzeug, Marke Range Rover Vogue im Wert von ca 325.000 S nach Einbruch in ein Firmengebäude durch Aufbrechen der Auslagenscheibe mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen;

III. Max L***** und Franco B***** in der Zeit vom April 1990 bis zum 7.August 1990 an verschiedenen Orten Tirols, wenn auch nur fahrlässig

1. nachangeführte Faustfeuerwaffen unberechtigt besessen und geführt, und zwar

a) eine Selbstladepistole Marke Beretta 92 S, Kaliber 9 mm Para;

b) einen Revoler Marke Trooper, MK II, Kaliber 357 Magnum;

2. a) ein Maschinengewehr Marke Beretta 38 A, Kaliber 9 mm, Nr. 2558,

b) eine Maschinenpistole MP 40, Kaliber 9 mm, Nr. 1689,

indem sie diese Waffen von Italien nach Österreich brachten, in Natters versteckten und in der Folge bei der unter Punkt I. angeführten Tat bei sich führten;

IV. Marco R***** am 7.August 1990 in Innsbruck die unter Punkt III.1.a angeführte Pistole, wenn auch nur fahrlässig unberechtigt geführt;

V. Fausto G***** am 7.August 1990 in Natters und Innsbruck die unter Punkt III.1.b angeführte Faustfeuerwaffe, nämlich einen Revolver Marke Trooper, wenn auch nur fahrlässig, unberechtigt geführt;

VI. Franco B***** Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet sind, ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch genommen, indem er sich die Gewalt über die Fahrzeuge durch eine der im § 129 StGB geschilderten Handlungen verschaffte und der Schaden an den Fahrzeugen 25.000 S überstieg, und zwar

1. in der Nacht zum 14.April 1990 in Kirchbichl-Oberndorf dem Hubert A***** ein Geländefahrzeug Marke Mitsubishi-Pajero V 6 nach Öffnen eines Türschlosses mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug und

2. in der Nacht zum 21.April 1990 in Völs einem Berechtigten der Firma M***** ein Geländefahrzeug Marke Range Rover Vogue nach Einbruch in ein Firmengebäude durch Aufbrechen einer Auslagenscheibe.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Schuldspruch beruht auf dem Wahrspruch der Geschwornen, welche die - für jeden Angeklagten gesondert

gestellte - Hauptfrage nach Raub stimmeneinhellig (mit der Einschränkung "nicht als Mitglied einer Bande") bejahten und die Zusatzfrage nach freiwilligem Rücktritt vom Versuch im Stimmenverhältnis 7 : 1 verneinten. Die Hauptfrage 2 (wegen Diebstahls) wurde bei Max L***** im Stimmenverhältnis 7 : 1 - mit einer lediglich den Wert der Diebsbeute betreffenden Einschränkung - bejaht, hingegen bei Franco B***** im Verhältnis von 6 : 2 Stimmen verneint. Insoweit wurde bei Franco B***** die Eventualfrage nach unbefugtem Gebrauch von Fahrzeugen einstimmig bejaht. Schließlich wurden hinsichtlich Max L*****, Franco B*****, Fausto G***** (und Marco R*****) die Hauptfragen nach dem Waffengesetz stimmeneinhellig bejaht. Die weiters gestellten und nicht in das Urteil aufgenommenen (LSK 1981/46) Eventualfragen nach dem Verbrechen des Komplotts bei allen Angeklagten und nach dem Vergehen nach dem § 136 StGB bei Max L***** blieben folgerichtig unbeantwortet.

Gegen den Schuldspruch richten sich die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Max L*****, der die Nichtigkeitsgründe der Z 8, 9, 10 a und 11 lit a, des Franco B*****, der die Nichtigkeitsgründe der Z 8 und 10 a, und des Fausto G*****, der die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 6, 8 und 10 a des § 345 Abs. 1 StPO geltend macht.

Zunächst bekämpft der Angeklagte Fausto G***** das Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofes, womit

sein - unbegründeter - Antrag auf Beiziehung eines weiteren Dolmetschers mit der Begründung abgewiesen worden war, es gebe dafür keine Gründe und die (beigezogene) Dolmetscherin sei gerichtlich beeidet (AS 68 in Bd. IV), gestützt auf § 345 Abs. 1 Z 5 StPO. Diesem Zwischenerkenntnis fehlt zunächst schon in formeller Hinsicht deswegen die Eignung, den angerufenen Nichtigkeitsgrund herzustellen, weil der ihm zugrundeliegende Antrag jede Begründung vermissen läßt. Die Beschwerde ist aber auch inhaltlich unbegründet. Tatsächlich war die Notwendigkeit der Beiziehung eines anderen Dolmetschers wegen der (erst im Rechtsmittel) behaupteten Übermüdung der in der Hauptverhandlung eingesetzten Übersetzerin Mag. J***** (deren Name aus dem HV-Protokoll im übrigen nicht ersichtlich ist) weder nach den Akten, die eine einwandfreie verständliche Verantwortung der Angeklagten ausweisen, noch nach dem Beschwerdevorbringen selbst gegeben. Die vom Beschwerdeführer angeführten angeblichen Unrichtigkeiten und Auslassungen der Dolmetscherin wurden nach seinem eigenen Vorbringen jedenfalls anschließend korrigiert, sodaß daraus keine Benachteiligung des Beschwerdeführers abzuleiten ist. Die von ihm zum Vergleich herangezogene, in ungleich höherem Maß anstrengende (und daher tatsächlich in der Regel einen raschen Austausch der Dolmetscher notwendig machende) Simultanübersetzung ist im gerichtlichen Strafverfahren indes nicht vorgesehen (12 Os 177/86).

Derselbe Angeklagte bekämpft unter Berufung auf die Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO die Ablehnung seines Antrages auf Stellung einer Zusatzfrage zur Eventualfrage 3 (nach Komplott), ob er die Ausführung des verabredeten Raubes freiwillig - durch Beschädigung eines Funkgerätes - im Sinn des § 277 Abs 2 StGB verhindert habe. Der Schwurgerichtshof hatte nämlich diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, eine solche Zusatzfrage sei nicht indiziert (AS 92 in Bd. IV).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen trifft dies auch zu. Die vom Angeklagten G***** in seiner Verantwortung behauptete Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit eines Funkgerätes durch Fallenlassen in eine Pfütze (AS 74 in Bd. IV) konnte - abgesehen von dem gegenteiligen Ergebnis der sachverständigen Begutachtung (siehe ON 22 in Bd I = AS 325 und 327 in Bd III) - die Durchführung des Raubplanes zwar erschweren, aber nicht verhindern, wie sich aus dem anschließenden Verhalten der Angeklagten selbst ergibt. Wie jede Frage muß aber auch eine Zusatzfrage durch die Verfahrensergebnisse - sei es auch nur durch die Verantwortung eines Angeklagten - indiziert sein. Nach eigener Verantwortung hatte der Beschwerdeführer zwar vorsätzlich (offenbar entgegen seinen Angaben gegenüber den Komplizen) das Gerät der Nässe ausgesetzt, weil er Angst vor der Tatausführung hatte, § 277 Abs 2 StGB verlangt jedoch die erfolgreiche Verhinderung der beabsichtigten strafbaren Handlung. Vorliegend ist die Tat nicht verhindert worden und es fehlt daher - auch bei Zugrundelegung des Beschwerdestandpunktes - an der wichtigsten Voraussetzung des in Rede stehenden Strafaufhebungsgrundes.

Der vom Beschwerdeführer in der Ablehnung der Zusatzfrage gesehene Eingriff in die Beweiswürdigung der Geschwornen, denen dadurch von vornherein die Beurteilung der Tat als (bloßes) Komplott statt als Raubversuch abgeschnitten worden wäre, liegt nicht vor. Die Annahme, es habe den Angeklagten insgesamt (und nicht bloß dem Beschwerdeführer) in der Folge, als sie sich in die Angriffspositionen begaben, in denen sie sodann von den Sicherheitskräften angetroffen wurden, der Tatentschluß gefehlt, wäre auch dann denkbar gewesen, wenn klargestellt war, daß (auch) für G***** die Straflosigkeit des dann aktuell werdenden Komplotts nicht in Betracht kam. Die Stellung der begehrten Zusatzfrage war daher zu Recht unterblieben.

Im wesentlichen übereinstimmend bekämpfen die Angeklagten Max L*****, Franco B***** und Fausto G***** die Rechtsbelehrung (§ 345 Abs 1 Z 8 StPO). Sie unterlasse nämlich die Erläuterung des Rechtsbegriffes der straflosen Vorbereitungshandlung, könne daher auch den Beginn strafbaren Versuchs nicht richtig und verständlich darstellen, bringe zu wenig deutlich zum Ausdruck, daß strafbarer Versuch "unbedingten Handlungswillen" erfordere und sei insofern unrichtig, als durch die Verwendung des Wortes "bestätigt" statt "betätigt" der Eindruck erweckt werde, es komme beim Versuch auf die "Bestätigung" des verbrecherischen Willens im Sinn der seinerzeitigen Manifestationstheorie an und nicht auf die Setzung einer objektiv der wirklichen Ausführung der Übeltat unmittelbar, ohne weitere Zwischenakte vorangehenden Handlung. Die Rechtsbelehrung sei auch, wie der Angeklagte Max L***** bemängelt, zu schwierig, um den Geschwornen verständlich zu sein, und unterlasse, was von den Angeklagten B***** und G***** gerügt wird, bei der Belehrung zur Eventualfrage nach Komplott die Klarstellung, daß auch die Vorbereitung der verabredeten Tat noch unter die Strafdrohung des Komplotts falle.

Alle diese Rügen sind unbegründet.

Gemäß dem § 15 Abs 2 StGB ist die Tat versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen, durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Daraus ergeben sich die Elemente des Versuchs:

Einerseits der Entschluß, eine Straftat auszuführen, andererseits eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung. Das erstgenannte, subjektive Element besteht im Vorsatz, den Tatbestand mit allen darin bezeichneten Merkmalen einschließlich des Erfolgs zu verwirklichen. Zum Nachweis hievon ist die Betätigung dieses Vorsatzes durch eine entsprechende Handlung, mit der die Überwindung der entscheidenden Hemmstufe deutlich wird, erforderlich. Diese "Betätigung" dient daher tatsächlich zur "Bestätigung" des Vorliegens der subjektiven Versuchskomponente, sodaß die - wenngleich ersichtlich auf einem Schreibfehler beruhende - Verwendung des letztgenannten Wortes die Rechtsbelehrung nicht unrichtig macht. Der von den Beschwerdeführern hervorgehobene Unterschied zum Versuch im Sinn der Manifestationstheorie, wie sie zu § 8 StG vertreten wurde, liegt nämlich nicht auf der subjektiven Tatseite. Die vom Gesetzgeber angestrebte Beschränkung strafbaren Versuchs - die freilich nicht zur Einengung der Strafbarkeit in einem kriminalpolitisch unerwünschten Ausmaß führen sollte (EBRV 1971, 84 f JA 4) - betrifft nämlich ausschließlich die objektive Tatseite infolge des Erfordernisses einer der Ausführung unmittelbar vorangehenden Handlung. Diese muß in unmittelbar sinnfälliger Beziehung zum tatbildmäßigen Unrecht stehen und ihm zeitlich nahe sein. Für diesen Begriff der Ausführungsnähe kommt es auf den Tatplan des Täters an; nach dessen Vorstellung muß die Handlung (nicht etwa der Erfolg) ausführungsnah sein (vgl Leukauf-Steininger StGB2 RN 8-10 und 16-18 zu § 15; Kienapfel AT4 101, BT II3, RN 73 ff zu § 142). Alle hiefür bedeutsamen gesetzlichen Elemente bringt aber die gemäß dem § 321 StPO erteilte Rechtsbelehrung knapp und in einfacher, den Geschwornen verständlicher Sprache richtig zum Ausdruck. Einer ausdrücklichen Erwähnung des Begriffes der straflosen Vorbereitungshandlung bedurfte es darin umsoweniger, als die bloße juristische Bezeichnung eines - im Sinn der Rechtsbelehrung - noch nicht die Strafbarkeitsgrenze der Ausführungsnähe überschreitenden Verhaltens der Täter, das demzufolge straflos wäre, für die Geschwornen ohne Interesse bliebe.

Auch die Rechtsbelehrung zum Komplott nach dem § 277 Abs 1 StGB ist entgegen den Beschwerdeausführungen der Angeklagten B***** und G***** richtig, bezeichnet übrigens diese Straftat als - ausnahmsweise - strafbare Vorbereitungshandlung und läßt somit erkennen, daß die Verwirklichung des Tatbildes auch der Verabredung folgende, noch nicht ausführungsnahe und daher nicht als Versuch strafbare Handlungen umfaßt. Ein Hinweis auf die Strafbarkeit eines bedingten Komplotts war bei dem den Geschwornen zur Beurteilung vorliegenden Sachverhalt entbehrlich. Zu der irrigen Annahme, bei konkreten Vorbereitungshandlungen oder einem bloß (nämlich durch das Funktionieren der Funkgeräte) bedingten Handlungsentschluß sei ein Komplott nicht gegeben, konnten die Geschwornen durch diese Rechtsbelehrung - entgegen den Darlegungen vor allem des Beschwerdeführers G***** - nicht verleitet werden. Der Angeklagte Max L***** rügt schließlich die Rechtsbelehrung zur Hauptfrage 2 (wegen Diebstahls) und zur Eventualfrage 2 (nach dem § 136 StGB) ganz allgemein als schwer verständlich, ohne konkrete Rechtsirrtümer aufzuzeigen. Damit kann eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung aber ebensowenig dargetan werden, wie sie aus der Niederschrift der Geschwornen nach dem § 331 Abs 3 StPO oder gar aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden darf.

Nichtig nach dem § 345 Abs 1 Z 9 StPO wegen Widersprüchlichkeit sei der Wahrspruch der Geschwornen nach Meinung des Beschwerdeführers Max L*****, weil die Geschwornen zur selben Tat bei ihm die Hauptfrage wegen Diebstahls, bei B***** aber die Eventualfrage nach dem § 136 Abs 1 bis 3 StPO bejahten. Eine solche Widersprüchlichkeit liegt indes nicht vor, weswegen auch zur Einleitung eines Moniturverfahrens (§ 332 Abs 4 StPO) kein Anlaß war. Daran ändert auch nichts, daß in beiden Fragen vom "bewußten und gewollten" Zusammenwirken mit dem jeweiligen Mittäter die Rede ist. Die Tatbestände nach den §§ 127 und 136 StGB unterscheiden sich nämlich ausschließlich auf der inneren Tatseite, und zwar durch den dem Diebstahl eigentümlichen Vorsatz auf unrechtmäßige Bereicherung (siehe Leukauf-Steininger, StGB2, RN 16 zu § 136 uva). Wie die Rechtsbelehrung deutlich zum Ausdruck brachte, ist Voraussetzung für den Diebstahl der Wille, die Sache (hier: die Kraftfahrzeuge) für dauernd zu behalten und gleich einem Eigentümer darüber zu verfügen, während das Tatbild nach dem § 136 Abs 1 StGB einen nach dem Vorsatz des Täters bloß vorübergehenden Gebrauch des zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichteten Fahrzeugs erfaßt. Eine verschiedene Beurteilung der Täter zweier das äußere Tatbild durch Sachentziehung und anschließenden Gebrauch in gleicher Weise verwirklichenden Taten wegen unterschiedlichen Vorsatzes ist aber denkmöglich und kann durchaus sachgerecht sein. Daß sich dabei das Zusammenwirken der Täter nicht auf die subjektive Tatseite, sondern nur auf die objektiven Tatbestandsmerkmale bezieht, liegt auf der Hand und ist nicht geeignet, eine logische Unvereinbarkeit der beiden Wahrsprüche darzutun. Es versagt daher diese Rüge des Angeklagten L***** in gleicher Weise wie die auf denselben Nichtigkeitsgrund gestützte, wegen Bejahung der Eventualfrage nach dem § 136 StGB im Fall des Angeklagten Franco B***** ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde der Anklagebehörde. Nach den Gesetzen logischen Denkens können beide Wahrsprüche nebeneinander bestehen (vgl dazu Mayerhofer-Rieder StPO3, E 26, 30 zu § 332), sodaß der behauptete Nichtigkeitsgrund nicht verwirklicht ist.

Schließlich bekämpfen die Angeklagten Max L*****, Franco B***** und Fausto G***** den Wahrspruch auch aus dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10 a StPO. Nach eingehender Prüfung der in diesem Zusammenhang vorgebrachten - großteils auf die eigene Verantwortung der Angeklagten zurückgreifenden und insoweit von den Geschwornen in freier unbekämpfbarer Beweiswürdigung verworfenen - Einwände und des gesamten Akteninhalts gelangte der Oberste Gerichtshof zur Auffassung, daß sich gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten entscheidenden Tatsachen keine erheblichen Bedenken ergeben.

Die Rechtsrüge des Erstangeklagten Max L***** (Z 11 lit a), es fehle an der Feststellung seines Raubvorsatzes, aus dem Wahrspruch ergebe sich nur, daß er und seine Komplizen Stellung bezogen und auf das Eintreffen des Geldtransportfahrzeuges der Firma P***** gewartet hätten, ist schließlich nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Im Wahrspruch ist nämlich eindeutig und für die rechtliche Beurteilung bindend ausgesagt, daß die Angeklagten durch die Einnahme der erwähnten Warteposition versucht haben, mit Gewalt und durch Drohung (unter Verwendung von Waffen) einen hohen Geldbetrag wegzunehmen oder abzunötigen. Das vom Beschwerdeführer vermißte subjektive Tatelement ist somit davon - seinem Vorbringen zuwider - erfaßt.

Aus diesen Erwägungen waren sämtliche Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.

Aber auch den Berufungen der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Das Geschwornengericht hat als erschwerend bei Max L***** und Franco B***** die lange Planung der Tat - wobei Max L***** zweifelsfrei den größten Tatbeitrag geleistet habe -, weiters bei Max L***** das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen und die mehrfache Qualifikation beim Verbrechen des Diebstahls, bei Franco B***** das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und die mehrfache Qualifikation beim Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen, bei Marco R***** das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Vorstrafenbelastung, wobei zwei Vorstrafen gegen fremdes Vermögen und eine gegen die körperliche Integrität gerichtet sind, bei Fausto G***** das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und seine beiden Vorstrafen wegen Vermögensdelikten gewertet. Als mildernd nahm es - bei allen Angeklagten - an, daß es beim Verbrechen des Raubes beim Versuch blieb, bei Max L***** und Franco B***** ihre bisherige Unbescholtenheit, bei Fausto G***** die teilweise Schadensgutmachung und bei Marco R***** die herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit. Ausgehend davon hielt es beim Angeklagten Max L***** eine zwölfjährige, beim Angeklagten Franco B***** eine zehnjährige, beim Angeklagten Fausto G***** eine siebenjährige und beim Angeklagten Marco R***** eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren für tatschuldangemessen.

Die Strafzumessungsgründe wurden vom Erstgericht zutreffend dargestellt und auch ihrem Gewicht und Inhalt entsprechend gewürdigt. Insgesamt ist es den Berufungen der Angeklagen nicht gelungen, unberücksichtigt gebliebene, für die Strafzumessung maßgebende mildernde Umstände vorzutragen. So vermögen das vom Angeklagten Max L***** ins Treffen geführte effiziente Eingreifen der österreichischen Sicherheitsorgane und die von ihm ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund herbeigeführte eigene Verletzung ebensowenig einen Milderungsgrund darzustellen wie die - unbewiesene - und tatferne Einflußnahme des angeblichen Bestimmungstäters namens "Davide". Von einem reumütigen Geständnis kann entgegen dem Beschwerdevorbringen des Erstangeklagten keine Rede sein.

Auch dem Angeklagten Marco R***** kann das vom Gesetz geforderte reumütige Geständnis nicht zugebilligt werden, seine Täterpersönlichkeit wurde vom Geschwornengericht in die Strafbemessung ausdrücklich miteinbezogen. Schließlich ist es angesichts der detaillierten und professionellen Tatplanung und der eingesetzten kriminellen Energie unvertretbar, im Sinn der Ausführungen des Angeklagten Franco B***** von einer "verlockenden Gelegenheit" sprechen zu wollen. Auch ist nicht zu ersehen, inwieweit das Angestelltenverhältnis zwischen Max L***** und Franco B***** in strafrechtlicher Hinsicht relevant geworden sein soll. Schließlich besteht für die Annahme einer schuldmildernden Labilität des Angeklagten Franco B***** ebensowenig Anlaß wie für die Zubilligung eines reumütigen Geständnisses.

Auch unter Berücksichtigung aller Argumente der Berufungen erweisen sich die vom Geschwornengericht verhängten Freiheitsstrafen als dem Unrecht der Taten und dem Verschulden der Täter adäquat; sie sind in diesem Umfang auch aus spezial-, vor allem aber aus generalpräventiven Erwägungen gesetzlich geboten, will man grenzüberschreitender Schwerstkriminalität wirksam entgegentreten.

Aus all diesen Erwägungen konnte auch den Berufungen kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.

Anmerkung

E26374

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00050.91.0806.000

Dokumentnummer

JJT_19910806_OGH0002_0110OS00050_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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