TE OGH 1991/9/4 7Ob562/91

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Veröffentlicht am 04.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Werner L*****, vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger und Dr. Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Stadt V*****, vertreten durch den Bürgermeister *****, dieser vertreten durch Dr. Wilfried Piesch u.a. Rechtsanwälte in Villach, wegen S 65.000, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 26. Februar 1991, GZ 5 R 265/90-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5. Juli 1990, GZ 20 Cg 283/89-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.077 (darin S 679,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Stadt V***** schrieb im September 1988 einen von der zuständigen Ingenieurkammer überprüften Architektenwettbewerb für ein Feuerwehrzentrum auf dem Gelände des früheren Schlachthofes in der ***** Straße 59 aus. Rechtsgrundlage hiefür waren die Ausschreibungsunterlagen, die Fragebeantwortung und die Wettbewerbsordnung für Architekten. Die Aufgabe des von der beklagten Partei bestellten Preisgerichtes bestand in der Beurteilung und Reihung der Wettbewerbsarbeiten für eine Zuerkennung von Preisen und Anerkennungspreisen (Ankäufen). Neben den ersten drei Preisen (S 150.000; S 120.000 und S 85.000) sollten auch drei Anerkennungspreise zu je S 40.000 vergeben werden. Nach den Unterlagen hatte das Preisgericht in allen Beurteilungsfragen endgültig zu entscheiden und übernahm damit die Verantwortung gegenüber dem Auslober und den Wettbewerbungsteilnehmern. Außer den in der Ausschreibung geforderten Plänen und Beilagen durften keine weiteren Unterlagen und keine Schaubilder dem Projekt beigelegt werden; sollten dennoch solche nicht verlangte Arbeiten eingereicht werden, so sollten diese bereits bei der Vorprüfung ausgeschieden und nicht bewertet werden. Ebenso sollten auch Arbeiten, die in wesentlichen Punkten der Wettbewerbsausschreibung widersprachen oder eine unzureichende und unvollständige Bearbeitung der Wettbewerbsaufgabe darstellten, ausgeschlossen werden. Unter anderem war die größtmögliche Verwendung bestehender Anlagenteile, soweit dies technisch und wirtschaftlich vertretbar ist, als Aufgabenstellung vorgeschrieben. Bindend war auch, das Veterinäramt im Bereich bzw im Gebäude des derzeitigen sanitären Schlachthofes unterzubringen. Von der zu verbauenden Fläche von ca. 7.500 m2 fielen aber nur 140 m2 auf das Veterinäramt. Laut § 44 der Wettbewerbsordnung für Architekten (WOA) nimmt jeder Wettbewerbsteilnehmer durch seine Teilnahme ausdrücklich zur Kenntnis, daß das Preisgericht in allen Fach- und Ermessensfragen endgültig und unanfechtbar entscheidet.

Das Preisgericht trat am 25. Jänner 1989 zusammen. Preisrichter waren Bürgermeister Helmut M*****, der Landesfeuerwehrkommandant Adolf O*****, Baudirektor SR Dipl.Ing. Karl P*****, Prof.Architekt Dipl.Ing.Werner H***** und Architekt Dipl.Ing. Ernst H*****. Ersatzpreisrichter für Helmut M***** war Vizebürgermeister Dietmar K*****, für Adolf O***** Oskar P***** und für Dipl.Ing.P*****, Dipl.Ing.T*****. Zum Vorsitzenden des Preisgerichtes wurde Prof.H***** und zu dessen Stellvertreter Bürgermeister M***** gewählt. Um 9.00 Uhr rückten Dietmar K***** anstelle des verhinderten Bürgermeisters M***** und um 10.15 Uhr Oskar P***** anstelle O***** beide mit Zustimmung des Preisgerichtes als Ersatzpreisrichter (endgültig) nach. Da die eigentliche Bewertung erst nach der Endbegehung um 15.00 Uhr begann, hatten beide Ersatzpreisrichter ausreichend Zeit, sich zu informieren. Bei den Projekten, denen unzulässigerweise Schaubilder angeschlossen waren, wurden diese vor der Begutachtung durch die Preisrichter überdeckt. Das Projekt des Klägers wurde mit 8 weiteren Arbeiten bereits bei der zweiten Beurteilung ausgeschieden und kam daher nicht in die Preisgruppe. Der erste Preis wurde dem Projekt 111, der zweite dem Projekt 114 und der dritte dem Projekt 106 zuerkannt, die Projekte 117, 121 und 119 wurden in dieser Reihenfolge für den Ankauf vorgeschlagen, als Nachfolger wurde das Projekt 116 bestimmt.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bezahlung von vorläufig S 65.000. Während er sich mit seinem Projekt an die Ausschreibungsrichtlinien gehalten habe, habe das Preisgericht die Preise Projekten verliehen, die den Richtlinien nicht entsprochen hätten. So hätten Projekte mit Schaubildern ausgeschieden werden müssen, es seien Projekte mit Preisen bedacht worden, die den vorgeschriebenen Standort des Veterinäramts und die größtmögliche Erhaltung der bestehenden Bausubstanz überhaupt nicht berücksichtigt hätten, es seien Preisrichter während des Auswahlvorganges willkürlich ausgetauscht worden. Der Kläger habe durch den von ihm für das Projekt aufgewendeten Zeitaufwand einen Schaden von S 198.792 erlitten, von dem vorsichtshalber nur der Klagsbetrag geltend gemacht werde. Die beklagte Partei sei Erfüllungsgehilfe des Preisgerichtes gewesen, es sei von allem Anfang an beabsichtigt gewesen, die Preise nur an Kärntner Architekten zu verleihen.

Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung. Sie wendete ein, auf die Vorgangsweise der unabhängigen Preisrichter keinerlei Einfluß gehabt zu haben. Der Kläger erhebe auch gegen sie selbst keinen Schuldensvorwurf. Sie sei daher passiv nicht klagslegitimiert. Ein Ersatz von Arbeitsleistungen für ein nicht prämiertes Objekt sei in der Auslobung nie versprochen worden. Die Vorgangsweise der Jury sei im übrigen korrekt gewesen. Selbst bei Ausscheidung von Projekten, denen unzulässigerweise Schaubilder angeschlossen gewesen seien, hätte der Kläger mit seinem Projekt keinen Preis erlangt.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren mit der Begründung ab, das Preisgericht sei nicht Erfüllungsgehilfin der beklagten Partei gewesen. Der Kläger habe sich mit seiner Teilnahme der Bestimmung des § 44 WOA unterworfen und damit akzeptiert, daß die Entscheidung der Jury in allen Fach- und Ermessensfragen endgültig und unanfechtbar sei. Das Vorgehen der Jury habe den Ausschreibungsbedingungen und der WOA entsprochen. Die vom Kläger behaupteten Verfahrensverstöße lägen nicht vor. Der Kläger habe mit seiner Teilnahme am Wettbewerb in Kauf genommen, daß er bei Verfehlung eines Preisranges das Projekt unentgeltlich erstellt habe.

Grundvoraussetzung für jeden Anspruch des Klägers sei, daß er bei Einhaltung der Regeln durch das Preisgericht einen Preis erhalten hätte. Im übrigen habe sowohl die Zulassung von verspätet eingereichten und mit Schaubildern versehenen Projekten als auch die Auswechslung von zwei Preisrichtern durch Ersatzpreisrichter den Ausschreibungsunterlagen und der WOA entsprochen. Die Frage, inwieweit ein Projekt, das dem Wortlaut der Ausschreibung widerspricht, dennoch preiswürdig ist, weil es einen Lösungsansatz biete, der das Wettbewerbsziel erreiche, sei eine Fachfrage, die vom Preisgericht unanfechtbar allein zu lösen sei. Eine Willkür der Preisrichter sei nicht feststellbar gewesen.

Die vom Kläger gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision - das Berufungsgericht hat sie für zulässig erklärt - ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen beruhen auf dem einseitigen Rechtsgeschäft der Auslobung in der Sonderform eines Preisausschreibens (vgl. Koziol-Welser8 I, 194 f, Rummel in Rummel ABGB2 § 860 Rz 10; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 44). Sie erfahren ihre Regelung durch die Wettbewerbsausschreibung, die Fragebeantwortung und die Wettbewerbsordnung der Architekten, der der gegenständliche Wettbewerb nach Punkt 1.5 der Wettbewerbsausschreibung unterliegt. Nach der Wettbewerbsausschreibung, der sich die Teilnehmer durch ihre Teilnahme am Wettbewerb dem Urteilsspruch des Preisgerichtes unterwerfen (siehe Punkt 10.1) ist die Beschreitung des Rechtsweges gegen dessen Entscheidung ausgeschlossen. Dies kann allerdings nicht dahin verstanden werden, daß allen Ansprüchen die Klagbarkeit genommen wird, vielmehr sollte bloß die Beurteilung der Preiswürdigkeit der eingereichten Entwürfe und deren Reihung durch das Preisgericht der gerichtlichen Überprüfung entzogen werden. Ob das Gericht wegen Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften durch das Preisgericht, wegen zu Unrecht erfolgter Ausscheidung eines Entwurfes mangels Erfüllung der formellen Erfordernisse oder wegen schwerer Willkür bei der Bewertung und Reihung der wettbewerbsfähigen Entwürfe angerufen werden kann (so bejahend SZ 54/130 mwN, zuletzt 8 Ob 545/84 ebenso Koziol-Welser8 I, 195; Rummel in Rummel ABGB2 § 860, Rz 10; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 48 f; zu § 661 BGB, wonach die Entscheidung darüber, ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspricht oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient, für die Beteiligten verbindlich ist, vgl. Soergel-Siebert, BGB11 und Staudinger BGB11 je § 661 BGB Rz 3), braucht hier nicht näher erörtert zu werden, weil das Klagebegehren verfehlt ist. Der Kläger begehrt von der beklagten Partei Schadenersatz, ohne konkret zu behaupten und zu beweisen, daß dieser bei der Ausscheidung seines Projektes ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten anzulasten ist. Er betrachtet das Schiedsgericht offenbar als Erfüllungsgehilfen der beklagten Partei. Die Haftung für den Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 1313 a ABGB setzt aber voraus, daß die Verpflichtung zu einer Leistung besteht, die der Verpflichtete, statt selbst zu erfüllen, durch einen Dritten erbringen läßt. Ist der Verpflichtete zu dieser Leistung nicht verpflichtet, sondern nur verpflichtet, einen Dritten etwas leisten zu lassen, so ist § 1313 a ABGB unanwendbar (vgl. 8 Ob 545/84 mwN). Entscheidend für die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 1313 a ABGB ist, daß der Gehilfe für den Schuldner tätig wird und dieser die Befugnis hat, dem Gehilfen Weisungen zu geben (vgl. Koziol-Haftpflichtrecht2 II, 341; 8 Ob 545/84 mwN). Das Klagebegehren war daher allein aus diesem Grunde abzuweisen.

Der Kläger stützt sein Schadenersatzbegehren allein auf, wie er vermeint, gravierende Verfahrensverstöße des Preisgerichtes bei der Preisverleihung. Da das Preisgericht nicht Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei war, hat die beklagte Ausloberin für ein allfällig schuldhaftes Fehlverhalten von Mitgliedern des Preisgerichtes nicht einzustehen.

Bemerkt sei, daß die Nachbesetzung des Preisgerichtes durch den Ersatzrichter im vorliegenden Fall der WOA entsprach (vgl. § 18 Abs 10 f WOA) und daß es sich bei der Beurteilung, inwieweit die Ausschreibungskriterien vom Preisgericht mißachtet worden sind oder nicht um irrevisible Tatfragen handelt.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenbestimmung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E26632

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00562.91.0904.000

Dokumentnummer

JJT_19910904_OGH0002_0070OB00562_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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