TE OGH 1991/9/10 4Ob80/91

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Veröffentlicht am 10.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, Interessenvertretung *****, vertreten durch Dr. Franz Withoff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Erhard L***** Gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Daniel Charim, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 320.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 15. April 1991, 4 R 1/91-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 15. November 1990, 38 Cg 116/90-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 23.706,-- bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens zweiter und dritter Intanz (davon S 3.951,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung:

Die Beklagte betreibt im Gebäude der Wiener Staatsoper den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel, sowie den Handel mit Schallplatten, Videokassetten und Andenken. Das Geschäft ist auf Waren wie Tonträger, Bücher, Noten und Geschenkartikel spezialisiert, die mit klassischer Vokalmusik in Zusammenhang stehen. Die Beklagte hat das Geschäftslokal von der Bundestheaterverwaltung mit der Auflage gemietet, fachspezifische Waren - dh solche, die sich auf die Oper beziehen - zu führen. Außerdem ist die Beklagte verpflichtet, den sogenannten "Pausenshop" zu führen; sie muß im Gobelinsaal der Wiener Oper vor den Aufführungen und während der Pausen Künstlerfotos, Opernkalender etc. verkaufen. Das Geschäftslokal der Beklagten kann sowohl von der Straßenseite (Kärntnerstraße) her als auch von der Oper durch je zwei Türen betreten werden. Die Beklagte hat das Geschäftslokal von Montag bis Samstag regelmäßig von 9 Uhr bis 18 Uhr 30 geöffnet. An den Tagen, an denen die Vorstellung später als 18 Uhr 30 beginnt, schließt die Beklagte das Geschäftslokal in der Regel erst um 19 Uhr oder um 19 Uhr 30. An Sonn- und Feiertagen hat sie das Geschäft von 13 bis 18 Uhr geöffnet, an Feiertagen allerdings nur, wenn Führungen durch das Operngebäude stattfinden.

Die Bundestheaterverwaltung betreibt kein eigenes Souvenirgeschäft in der Oper; sie hat diese Aufgabe der Beklagten übertragen und ist an deren Umsatz in Form einer umsatzabhängigen Miete beteiligt. In der Wiener Staatsoper werden regelmäßig, insbesondere jedoch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen, mehrmals täglich Führungen für Besucher veranstaltet. Im Jahr 1990 haben in der Zeit vom 1.1. bis 31.8. an den 188 Tagen, an denen Führungen stattfanden, 187.272 Personen die Staatsoper besucht. Die Führungen durch die Staatsoper enden bei dem in die Oper hineinführenden Geschäftseingang des Lokals der Beklagten. Die Teilnehmer an der Führung können die Oper entweder durch das Geschäftslokal der Beklagten oder durch eine direkte Tür ins Freie verlassen. Bei den Führungen werden die Teilnehmer darauf hingewiesen, daß sie beim Verlassen der Oper Andenken im Geschäftslokal der Beklagten erwerben können. Die Opernaufführungen beginnen zwischen 17 Uhr und 19 Uhr 30. Das Operngebäude ist dann für die Besucher der Vorstellung jeweils eine Stunde vorher geöffnet.

Die klagende Vereinigung nach § 14 UWG, welche die Interessen der Videothekare und Tonträgerhändler Österreichs vertritt, begehrt zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches, der Beklagten bis zur Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache zu verbieten, ihre Betriebsräumlichkeiten an Sonn- und Feiertagen geöffnet zu halten und an diesen Tagen Videokassetten zu verkaufen. Mit dem Offenhalten ihres Geschäftes an Sonn- und Feiertagen verstoße die Beklagte gegen § 2 des Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetzes (BZG). Ein Ausnahmetatbestand nach § 2 Abs 1 BZG komme ihr nicht zugute. Dieser Verstoß sei auch wettbewerbswidrig (§ 1 UWG), weil alle anderen Videothekare, die ihre Geschäfte an Sonntagen geschlossen halten, durch das Offenhalten der Videothek der Beklagten einen Wettbewerbsnachteil erlitten.

Die Beklagte beantragte, den Sicherungsantrag der Klägerin abzuweisen. Die gewerbliche Tätigkeit der Beklagten falle unter einschlägige Ausnahmen nach der Arbeitsruhegesetz-Verordnung (ARG-V); für die Ausübung dieser Tätigkeit dürften an Sonntagen und Feiertagen Betriebsstätten offengehalten werden. Insbesondere komme Abschnitt XVII der Anlage zur ARG-V in Betracht, wonach der Verkauf und alle damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten zur Betreuung der Kunden in Theatern, bei Konzerten und musikalischen Veranstaltungen, in Museen und Ausstellungen und in Andenkenläden im jeweils erforderlichen Ausmaß zulässig seien. Die Ermächtigung zu dieser Verordnung beruhe auf § 12 Abs 1 Z 2 ARG, wonach Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe für Arbeiten zuzulassen sind, wenn diese im Hinblick auf während der Wochenend- und Feiertagsruhe hervortretende Freizeit- und Erholungsbedürfnisse und Erfordernisse des Fremdenverkehrs notwendig sind. Daß derartige Ausnahmevorschriften nicht nur von jenem Kundenkreis, für den sie bestimmt sind, in Anspruch genommen würden, sondern von dieser Möglichkeit auch sonstige Personen Gebrauch machen könnten, habe der Verordnunggeber hingenommen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Ausnahmebestimmung nach Abschnitt XVII Punkt 2. lit k der Anlage zur ARG-V ("in Andenkenläden") sei auf das Geschäftslokal der Beklagten anzuwenden, da diese auf Grund ihrer Verpflichtung, opernspezifische Waren anzubieten, Andenken verkaufe, die mit der Wiener Staatsoper zusammenhingen. Als Verkaufsstelle in einem Theater (Abschnitt XVII Punkt 2. lit a der Anlage zur ARG-V) sei das Geschäft der Beklagten (in seiner Gesamtheit) hingegen nicht zu qualifizieren; diese Ausnahme treffe nur für den von ihr betriebenen "Pausenshop" zu.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Ausnahmebestimmung des Abschnittes XVII ("Handel") Z 2 lit a der Anlage zur ARG-V ("in Theatern") komme nicht zur Anwendung, weil der Verkauf von Videokassetten an Theaterkunden das "erforderliche Ausmaß" im Sinne dieser Ausnahmebestimmung übersteige. Besucher der Wiener Staatsoper erwarteten nicht, auch Videokassetten kaufen zu können. Die Bestimmung sei restriktiv auszulegen. Ob infolge der direkten Zutrittsmöglichkeit in das Geschäftslokal der Beklagten von der Straße aus überhaupt von Verkäufen "in einem Theater" die Rede sein könne, brauche bei dieser Rechtslage nicht geprüft zu werden. Die Anwendung der weiteren Ausnahmebestimmungen des Abschnittes XVII ("Handel") Z 2 lit e und g der Anlage zur ARG-V ("in Museen und Austellungen"; "in Sport- und Freizeiteinrichtungen") scheitere schon daran, daß es sich bei der Wiener Staatsoper weder um ein Museum, noch um eine Ausstellung oder um eine sonstige Freizeiteinrichtung handle.

Die Beklagte bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; sie beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß das Begehren der Klägerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen werde.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Gewerbeausübung an Sonn- und Feiertagen ist gemäß § 2 Abs 1 Z 1 lit a des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes (BZG) BGBl 1984/129 in bezug auf Tätigkeiten zulässig, zu deren Durchführung nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonntagen und Feiertagen erlaubt ist. § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG verweist damit für die Zulässigkeit der Gewerbeausübung an Sonn- und Feiertagen - und zwar ohne Rücksicht darauf, ob im betreffenden Gewerbebetrieb tatsächlich Arbeitnehmer beschäftigt werden (4 Ob 351/85; SZ 60/172 = JBl 1988, 50; 4 Ob 12/88; 4 Ob 16/88; 4 Ob 37/88) - auf die auf Grund des § 12 Abs 1 des Arbeitsruhegesetzes BGBl 1983/144 (ARG) erlassene und zugleich mit diesem am 1.7.1984 in Kraft getretene ARG-V BGBl 1984/149 (inzwischen abgeändert durch die V BGBl 1984/270 und 1985/545). Die ARG-V enthält in der Anlage eine (teils taxative, teils demonstrative) Aufzählung der Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe (sogenannter Ausnahmekatalog), welche als Ausnahmerecht von Arbeitnehmerschutzbestimmungen einschränkend auszulegen ist (Schwarz, Arbeitsruhegesetz 295; SZ 60/172 = JBl 1988, 50; 4 Ob 12/88; 4 Ob 16/88; 4 Ob 37/88).

Gemäß Punkt XVII ("Handel") der Anlage zur ARG-V bestehen unter anderem folgende Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe:

"..... 2. Verkaufstätigkeiten an Sonn- und Feiertagen

Der Verkauf und alle damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten zur Betreuung der Kunden

a)

in Theatern....

e)

in Museen und Ausstellungen

k)

in Andenkenläden...

...

im jeweils erforderlichen Ausmaß."

Die Beklagte beruft sich zu Recht auf diese Ausnahmebestimmungen:

1.) Abschnitt XVII Z 2 lit a

Diese Bestimmung gestattet den Verkauf und alle damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten zur Betreuung der Kunden in Theatern im jeweils erforderlichen Ausmaß. Die Bestimmung stellt auf das "erforderliche" Ausmaß ab und legt damit für die Verkaufstätigkeit in Theatern keinen so strengen Maßstab wie die Ausnahmebestimmung für Veranstaltungen in Abschnitt XIV ("Kunst, Kultur, Wissenschaft, Bildung") an, welche alle Tätigkeiten zur Aufrechterhaltung der Funktion des Betriebes und zur Betreuung der Besucher nur insoweit zulässig erachtet, als sie "unbedingt erforderlich" sind.

Daraus ist zu schließen, daß die Verkaufstätigkeiten in Theatern etc. nicht auf die Versorgung der Besucher von Aufführungen mit Speisen und Getränken beschränkt sind; den Besuchern dürfen vielmehr auch andere Waren angeboten werden, die mit der betreffenden künstlerischen Einrichtung in einem engen Sachbezug stehen. Daraus folgt aber, daß die Beklagte nicht nur den "Pausenshop" betreiben, sondern auch ihr Geschäft, soweit es von der Staatsoper her zu betreten ist, für die Bedürfnisse des Opernpublikums vor der Aufführung und allenfalls während der Pausen offenhalten durfte, um opernspezifische Artikel anzubieten. Warum gerade ein Verkauf von Videos (aus der Opernliteratur) das erforderliche Ausmaß übersteigen sollte, ist nicht zu sehen. Die Worte "im jeweils erforderlichen Ausmaß" sind in erster Linie als zeitliche Beschränkung zu verstehen; eine sachliche Beschränkung bilden sie nur insoweit, als zunächst zu beurteilen ist, ob für die Betreuung der Kunden (Besucher) eine Verkaufstätigkeit an Sonntagen in einem bestimmten Geschäftszweig überhaupt erforderlich ist. Ist das aber für den opernspezifischen Kunst-, Buch- und Musikalienhandel der Beklagten zu bejahen, so ist auch eine Verkaufstätigkeit für einschägige, dem Charakter des Geschäftes entsprechende Videokassetten zulässig.

2.) Abschnitt XVII Z 2 lit e

Das Geschäft der Beklagten dient aber nicht nur zur Betreuung der Theaterkunden im engeren Sinn, also der Opernbesucher, sondern auch der zahlreichen Besucher, die das Operngebäude - auch an Sonn- und Feiertagen - nur besichtigen, ohne einer (abendlichen) Opernaufführung beizuwohnen. Dieser Kundenkreis entspricht eher den Besuchern eines "Museums" oder einer "Ausstellung". Die reine Wortauslegung durch die zweite Instanz, daß die Wiener Staatsoper weder ein "Museum" noch eine "Ausstellung" sei - was ohnehin evident ist -, wird den Erfordernissen einer zweckbezogenen Interpretation nicht gerecht. Abschnitt XVII Z 2 der Anlage zur ARG-V enthält zwar eine taxative Aufzählung (Schwarz aaO, 283); auch eine solche Aufzählung schließt aber das Vorliegen einer teleologischen oder unechten Lücke, bei welcher der Normzweck in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgenanordnung einer gesetzlichen Norm auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall fordert, nicht unter allen Umständen aus (Bydlinski in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 7; EvBl 1987/9; SZ 60/172 = JBl 1988, 50). Analogie ist vielmehr auch bei einer taxativen Aufzählung möglich und geboten, wenn der nicht besonders angeführte Fall alle motivierenden Merkmale der geregelten Fälle enthält und das Prinzip der Norm auch in einem ihrem Tatbestand ähnlichen Fall Beachtung fordert (Wolff in Klang2 I/1, 97 f; Arb 9738 mwN; EvBl 1987/9; SZ 60/172 = JBl 1988, 50).

Da die Wiener Staatsoper wegen ihrer Berühmtheit nicht nur vom eigentlichen Opernpublikum aufgesucht, sondern auch von zahlreichen Tagesgästen besichtigt wird, die an einer Führung durch die Räume teilnehmen, ist bei der Beurteilung der Frage, welche Verkaufstätigkeiten zur Betreuung der Kunden "in Theatern" erforderlich sind, auch auf jene Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, wie sie typischerweise (eher) in Museen und Ausstellungen bestehen. In solchen Einrichtungen ist es aber heute durchaus üblich, daß während der Besichtigungszeiten nicht nur kleine "Andenken" (wie Dias, Ansichtskarten, Künstlerkarten etc.) verkauft, sondern auch wertvolle Bücher (Kunstbildbände), Musikalien, Reproduktionen von Werken der bildenden Kunst, Schallplatten udgl angeboten werden. Im Gegensatz zur Ansicht des Rekursgerichtes erwartet das gehobene Publikum beim Besuch von Museen, Ausstellungen und sonstiger, berühmter Gebäuden etc durchaus, daß es derartige Gegenstände anläßlich des Besuches dieser Kultureinrichtung erwerben kann; daher ist bei der Beurteilung des erforderlichen Ausmaßes der Betreuung der Kunden in Theatern auf diese besonderen Bedürfnisse entsprechend Bedacht zu nehmen. Welcher Unterschied aber dann zwischen dem Verkauf eines wertvollen Bildbandes und einer Opernvideokassette in bezug auf die an Sonntagen zulässige Kundenbetreuung in den in Abschnitt XVII Z 2 der Anlage zur ARG-V genannten Kultureinrichtungen bestehen soll, ist nicht erkennbar; die lit e dieser Bestimmung ist daher jedenfalls sinngemäß anzuwenden.

3.) Abschnitt XVII Z 2 lit k

Die oben behandelten Ausnahmebestimmungen (1. und 2.) rechtfertigen die Verkaufstätigkeit an Sonn- und Feiertagen nur in Theatern (bzw. in Museen und Ausstellungen), so daß die Beklagte jedenfalls die straßenseitigen Eingänge ihres Geschäftes nicht offenhalten und dieses damit uneingeschränkten Bedürfnissen des allgemeinen Verkehrs zur Verfügung stellen dürfte, wen es sich nicht auch um einen "Andenkenladen" im Sinne der zitierten Ausnahmebestimmung handelte.

Der Beklagten kommt jedoch auch die Ausnahmebestimmung der lit k ("in Andenkenläden") zugute; sie betreibt auch den Handel mit "Andenken". Da die Bundestheaterverwaltung selbst kein eigenes Souvenirgeschäft in der Oper führt, läßt sie diese Aufgabe durch die Beklagte besorgen. Die Beklagte ist wegen der Lage des Geschäftslokals verpflichtet, fachspezifische Waren, die sich auf die Oper beziehen, zu führen. Sie ist auf Waren, die mit klassischer Vokalmusik im Zusammenhang stehen, spezialisiert, woraus folgt, daß das Warensortiment in einem engen Sachbezug zur Oper steht; das Geschäft ist also kein allgemeines Buch- und Musikaliengeschäft, das nur nebenher auch "Andenken" verkauft, sondern ein durch den Standort bedingtes Fachgeschäft.

Der Begriff "Andenken" (als Teil des Ausnahmetatbestandes "in Andenkenläden") ist mit Rücksicht darauf, daß die Verkaufstätigkeit an Sonn- und Feiertagen zur Betreuung der Kunden im jeweils im erforderlichen Ausmaß erlaubt ist, funktionell zu sehen. Die Ausnahmebestimmung beruht vor allem auf der Verordnungsermächtigung des § 12 Abs 1 Z 2 ARG, wonach durch Verordnung Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe für Tätigkeiten zugelassen sind, wenn diese im Hinblick auf Erfordernisse des Fremdenverkehrs notwendig sind. Entscheidend für die Beurteilung eines Geschäftes als Andenkenladen ist daher das Bedürfnis des reisenden Publikums, beim Besuch einer bestimmten Sehenswürdigkeit etwas zur Erinnerung zu kaufen, was sich auf den besuchten Ort bezieht. Die Warenstruktur eines Andenkenladens an einem Bergsee oder in einem Wallfahrtsort wird ganz anders sein als die Warenstruktur eines Geschäftes in der Wiener Staatsoper, das als Souvenirgeschäft opernspezifische Artikel anbietet. Angesichts der Funktion und der Lage dieses Geschäftes kann kein Zweifel daran bestehen, daß sein Warensortiment vor allem auf die Bedürfnisse des musikinteressierten in- und ausländischen Publikums abgestellt ist, das eine Reise nach Wien auch zum Anlaß nimmt, um das Wiener Staatsoperngebäude als kulturelle "Sehenswürdigkeit" ersten Ranges zu besichtigen. Für ein derartiges Publikum sind aber die im Geschäft der Beklagten angebotenen opernspezifischen Waren jedenfalls - soweit sie in irgendeinem musikalischen Zusammenhang mit der Wiener Staatsoper stehen - kulturorientierte "Andenken". In diesem Sinn ist das Geschäft nach dem vom Erstgericht festgestellten Warensortiment jedenfalls weit überwiegend ein (gehobener) "Andenkenladen" im Sinne des Abschnittes XVII Z 2 lit k der Anlage zur ARG-V, dessen Offenhalten an Sonn- und Feiertagen vor allem im Interesse des Fremdenverkehrs zulässig ist. Auch opernspezifische Videos können in diesem Sinn "Andenken" sein.

Auf die weiteren Ausführungen der Revisionsrekurswerberin braucht im Hinblick auf dieses Auslegungsergebnis nicht mehr eingegangen zu werden. Ihr Vorbringen zur Klagelegitimation enthält unzulässige Neuerungen. Ob die gesetzliche Koppelung der Ausnahmebestimmungen des Betriebszeitengesetzes über die Zulässigkeit der Gewerbeausübung an Sonn- und Feiertagen mit den Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes und der dazu erlassenen Verordnung (insbesondere ohne Rücksicht darauf, ob im betreffenden Gewerbebetrieb tatsächlich Arbeitnehmer beschäftigt werden) die verfassungsrechtlich gewährleistete Erwerbsfreiheit in einem nicht gebotenen Ausmaß beeinträchtigt, bedarf im vorliegenden Fall keiner Prüfung.

Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E26584

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00080.91.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19910910_OGH0002_0040OB00080_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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