TE OGH 1991/9/17 5Ob66/91

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Veröffentlicht am 17.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache betreffend die Verbücherung des Bescheides der Agrarbezirksbehörde K***** vom 28. November 1990, Zl 1543/3/90, ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** der KG O***** infolge Revisionsrekurses der Agrarbezirksbehörde K***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 8. Mai 1991, GZ 3 R 149/91, womit deren Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirchen vom 19. Februar 1991, TZ 585/91, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Am 19. Februar 1991 hat die Agrarbezirksbehörde K***** beim BG Feldkirchen die Verbücherung einer nach dem Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 (KFLG 1979) durchgeführten Flurbereinigung "beantragt". Das Grundbuchsgericht wies diesen Antrag aus nicht weiter zu erörternden Gründen ab; der dagegen von der Einschreiterin fristgerecht erhobene Rekurs wurde mangels Antrags- und Rechtmittellegitimation zurückgewiesen.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung damit, daß § 110 Abs 2 KFLG 1979 die amtswegige Berichtigung des Grundbuches nach einer Flurbereinigung vorschreibe. Die Übersendung der hiefür erforderlichen Behelfe durch die Agrarbehörde (§ 110 Abs 1 KFLG 1979) stelle keinen Antrag dar, sondern nur den äußeren Anlaß für das Grundbuchsgericht, von Amts wegen tätig zu werden. Mangels Partei- bzw. Beteiligtenstellung könne daher die Agrarbehörde den Beschluß des Erstgerichtes nicht bekämpfen (SZ 30/41; RPflSlgG 1960/208 und 245; vgl auch RPflSlgG 1990/2267). Dessen ungeachtet werde das Erstgericht von Amts wegen für die Verbücherung der Ergebnisse der Agraroperation zu sorgen haben. Es dürfe die Richtigstellung des Grundbuches wegen eines von ihm wahrgenommenen Mangels der mit einem förmlichen Antrag vorgelegten Verbücherungsbehelfe nicht ablehnen (EvBl 1957/116; RPflSlgG 1960/208 und 245), sondern habe sich kraft ausdrücklicher Anordnung in § 110 Abs 3 KFLG 1979 zwecks Abhilfe bzw. Aufklärung an die Agrarbehörde zu wenden.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs im Hinblick darauf zulässig sei, daß das KFLG 1979 gegenüber dem Stammgesetz aus dem Jahr 1935 teilweise neu gefaßt wurde. Insbesondere die Bestimmung des § 105 Abs 4 KFLG 1979, wonach die Entscheidung des Grundbuchsgerichtes an die Agrarbehörde zuzustellen ist, schließe eine Beteiligtenstellung (und damit Rekurslegitimation) der Agrarbehörde nicht (mehr) gänzlich aus.

Gegen diesen Beschluß hat die Agrarbezirksbehörde K***** fristgerecht Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, die Beschlüsse der Vorinstanzen zu beheben und festzustellen, daß ihr in diesem Verfahren Parteistellung zukommt. Diese Parteistellung ergebe sich aus der Amtspflicht der Agrarbehörde, die grundbücherliche Durchführung der Ergebnisse eines Flurbereinigungsverfahrens (hier eines Flurbereinigungsübereinkommens) zu veranlassen. Es müsse daher möglich sein, die Entscheidung des Grundbuchsgerichtes in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Auch § 110 Abs 3 KFLG 1979, der das Grundbuchsgericht dazu verpflichte, sich um Aufklärung an die Agrarbehörde zu wenden, wenn sich bei der Richtigstellung oder Neuanlegung des Grundbuchs Unstimmigkeiten bezüglich der übermittelten Verbücherungsbehelfe ergeben, spreche für eine Beteiligtenstellung der Agrarbehörde. Versage man ihr die Rechtsmittellegitimation, dann wäre die Abweisung des gegenständlichen Verbücherungsantrages rechtskräftig und es könnte die neuerliche Vorlage der Verbücherungsbehelfe wegen res iudicata zurückgewiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Revisionsrekurs ist unzulässig, weil er keine iS des § 126 Abs 2 GBG iVm § 14 Abs 1 AußerStrG erhebliche Rechtsfrage aufzeigt.

Vorauszuschicken ist, daß es der Revisionsrekurswerberin keineswegs an der Legitimation fehlt, die Zurückweisung ihres Rekurses durch das Gericht zweiter Instanz anzufechten. Wird nämlich ein Rechtsmittel mit der Begründung zurückgewiesen, dem Einschreiter fehle die Parteistellung, dann kommt ihm jedenfalls zur Klärung dieser Frage die Rechtsmittellegitimation zu (EFSlg 39.596; vgl auch SZ 23/7 und SZ 49/17). Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels wird jedoch von § 126 Abs 2 GBG iVm § 14 Abs 1 AußerStrG auch verlangt, daß die Entscheidung von der Lösung einer für die Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung bedeutsamen Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängig ist. Ob dies zutrifft, hat der Oberste Gerichtshof ohne Bindung an einen diesbezüglichen Ausspruch des Rekursgerichtes zu entscheiden (EvBl 1990/137 ua).

Im konkreten Fall wurde der Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses damit begründet, daß sich durch die im Jahr 1979 beschlossene Neufassung des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes die Antrags- und Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörden bei der Verbücherung der Ergebnisse agrarischer Operationen geändert haben könnte. Nach wie vor ist jedoch die Richtigstellung des Grundbuchs nach Abschluß eines Flurbereinigungsverfahrens eine von Amts wegen wahrzunehmende Aufgabe des Grundbuchsgerichtes (§ 110 Abs 2 KFLG 1979; vgl § 47 Abs 2 Flurverfassungs-GrundsatzG und § 182 GV). Die vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, wonach den Agrarbehörden im Verfahren zur Herstellung der Grundbuchsordnung keine Parteistellung und demnach auch keine Rechtsmittellegitimation zukommt (EvBl 1957/116; SZ 30/41; RPflSlgG 1960/208 und 245), sind daher keineswegs überholt (vgl 5 Ob 1052/90). Es liegt sogar schon eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Rechtslage nach dem Kärntner FLG 1979 vor, in der an den Grundsätzen der Leitentscheidung EvBl 1957/116 festgehalten wurde (5 Ob 19/83). Auch die jüngst in diesem Sinn ergangene Entscheidung zu § 99 des oö Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 (5 Ob 1052/90) läßt sich als Beleg für eine das Antrags- und Rekursrecht der nunmehrigen Rechtsmittelwerberin verneinende Judikatur anführen, entspricht doch § 99 des oö FLG 1979 fast wortwörtlich dem § 110 des Kärntner FLG 1979.

Das vom Rekursgericht gegen seine eigene Entscheidung ins Treffen geführte Argument, § 105 Abs 4 KFLG 1979 deute auf eine Rechtsmittellegtimation der Agrarbehörden hin, weil ihnen nach dieser Gesetzesvorschrift - mit Ausnahme der Rangordnungsbeschlüsse - alle Entscheidungen des Grundbuchsgerichtes zuzustellen seien, stellt die soeben dargelegte Judikatur keineswegs in Frage, weil § 105 KFLG 1979 nur die bücherlichen Eintragungen während des Verfahrens vor der Agrarbehörde behandelt. Die diesbezüglichen Vorschriften sind auch nicht neu, sondern waren (mit hier nicht wesentlichen Abweichungen) bereits in §§ 178, 181 Abs 1 GV enthalten (vgl auch § 43 Flurverfassungs-GrundsatzG).

Auch die im Revisionsrekurs vorgebrachten Argumente geben keinen Anlaß, von der ständigen Judikatur zur Antrags- und Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörden in Angelegenheiten der Grundbuchsberichtigung nach agrarischen Operationen abzugehen, weil aus der Amtspflicht zur Vorbereitung und Unterstützung von Verbücherungsmaßnahmen noch keine Beteiligtenstellung im Grundbuchsverfahren folgt. Die Anerkennung einer Rechtsmittellegitimation der Revisionsrekurswerberin ließe sich auch nicht mit dem im Grundbuchsverfahren geltenden Grundsatz vereinbaren, daß - außer dem abgewiesenen Antragsteller - nur demjenigen ein Rekursrecht zukommt, der in seinen bücherlichen Rechten beeinträchtigt werden könnte (vgl ÖBA 1989/152 mwN; zuletzt 5 Ob 1005/91 und 5 Ob 48/91). Derartiges behauptet die Revisionsrekurswerberin selbst nicht. Sie nimmt aber auch kein Antragsrecht für sich in Anspruch, sondern sagt selbst, die im Zuge einer Flurbereinigung notwendigen Grundbuchseintragungen lediglich "veranlassen" zu können. Was sie offensichtlich zur Erhebung von Rechtsmitteln bewogen hat, ist die Befürchtung, der Beschluß des Erstgerichtes könnte in Rechtskraft erwachsen und der grundbücherlichen Durchführung der erzielten Flurbereinigung im Wege stehen. Die Richtigstellung des Grundbuches setzt jedoch keinen (neuerlichen) Antrag voraus. Das Grundbuchsgericht wird vielmehr die hiefür notwendigen Maßnahmen gemäß § 110 Abs 2 KFLG 1979 von Amts wegen setzen müssen. Der diesbezügliche Auftrag des Rekursgerichtes (Seite 3 unten des angefochtenen Beschlusses) nimmt der Einschreiterin jegliche Beschwer.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Anmerkung

E27489

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00066.91.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19910917_OGH0002_0050OB00066_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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