TE OGH 1991/6/11 5Ob48/91

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Veröffentlicht am 11.06.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Erika K*****, Pensionistin, ***** G*****, R*****straße 4, vertreten durch Dr. Franz Hufnagl, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Eintragungen in der EZ ***** des Grundbuches ***** G*****, infolge Revisionsrekurses der Hypothekargläubigerin Raiffeisenbank G***** reg.Gen.m.b.H., ***** G*****, S*****, vertreten durch Dr. Michael Schneditz-Bolfras, Rechtsanwalt in G*****, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 13. März 1991, GZ R 214/91, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmunden vom 10. Jänner 1991, GZ TZ 130/91, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrkurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist zu 706/12060 stel Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** G***** mit Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 3 im Haus R*****straße 4. Auf ihrem Anteil war zu CLNR 23 ein Pfandrecht der Republik Österreich für eine Abgabenforderung von S 278.061,97 einverleibt; zu CLNR 25 ist nach wie vor ein Pfandrecht der nunmehrigen Rechtsmittelwerberin eingetragen, die sich in Ansehung des erwähnten Vorpfandrechts keine Löschungsverpflichtung hatte anmerken lassen.

Mit Beschluß vom 10.1.1991 bewilligte das Grundbuchsgericht auf Grund einer Einstellungs- und Löschungserklärung der Republik Österreich (vertreten durch das Finanzamt G*****) vom 30.10.1990 und einer von der Antragstellerin sowie vertretungsbefugten Organen der Sparkasse der Stadt G***** beglaubigt unterfertigten Pfandurkunde vom 28.12.1990 folgende Eintragungen zum Anteil BLNR 3 in dieser EZ:

1.) die Löschung des für die Republik Österreich einverleibten Pfandrechts gemäß § 58 GBG;

2.) die Einverleibung eines Pfandrechtes im Höchstbetrag von

S 427.500,-- für die Sparkasse der Stadt G*****, und zwar

a) hinsichtlich eines Teilbetrages von S 278.061,97 im Rang des gelöschten Pfandrechts der Republik Österreich (TZ 3335/90),

b) hinsichtlich des Restbetrages von S 149.438,03 im laufenden Rang (CLNR 26);

3.) die Anmerkung von Löschungsverpflichtungen (ua zu dem bei CLNR 25 eingetragenen Pfandrecht). Das Grundbuchsgesuch war - namens der Antragstellerin - nur von deren Vertreter unterfertigt, der sich auf eine ihm erteilte Vollmacht berief. In der Pfandurkunde hatte jedoch die Antragstellerin die ausdrückliche Einwilligung erklärt, daß das für Kreditforderungen der Sparkasse der Stadt G***** bestellte Pfandrecht "im Range des löschungsfähigen Pfandrechtes der Republik Österreich, CLNR 23" einverleibt werde.

Das von der jetzigen Rechtsmittelwerberin angerufene Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß; es erklärte allerdings den Revisionsrekurs für zulässig, weil - zumindest seit der Novellierung des § 31 Abs 1 GBG durch das GUG (BGBl 1980/550) - eine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage fehle, ob das Gesuch um Einverleibung der Löschung eines Pfandrechtes unter gleichzeitigem Rangvorbehalt einer beglaubigten Unterfertigung durch den Eigentümer bedarf.

Das Rekursgericht verneinte dies mit dem Argument, daß ja die von der Antragstellerin beglaubigt unterfertigte Aufsandungserklärung in der Pfandurkunde eine entsprechende Verfügung über den Pfandrang enthalte. Zur Frage, wie das Grundbuchsgesuch zu unterfertigen sei, liege eine uneinheitliche ältere Judikatur (gemeint ist wohl Literatur) vor (JBl 1917, 196; NZ 1933, 78; JBl 1933, 48), die wegen der neuen Fassung des § 31 GBG nicht mehr verwertet werden könne. Jetzt werde für Einverleibungen schlechthin die beglaubigte Unterschrift "der Parteien" verlangt, gemäß § 8 Z 1 GBG also auch für die Löschung von Pfandrechten. Diesem Erfordernis sei im gegenständlichen Fall durch die Aufsandungserklärung in der Pfandurkunde entsprochen worden, sodaß alle Verfügungen der Eigentümerin - auch die Einverleibung der neuen Hypothek im freigewordenen Pfandrang - durch ihre formgültige Unterschrift gedeckt seien. Es bestünden auch keine Bedenken, den Rangvorbehalt in der Form in Anspruch zu nehmen, daß er nicht gesondert angemerkt, sondern sogleich durch ein neues Pfandrecht ausgenützt wird (Feil, GBG, Rz 1 zu § 58). Der Eigentümer einer mit einem Zwangspfandrecht belasteten Liegenschaft könne im übrigen selbst dessen Löschung auf Grund eines Einstellungsantrages des betreibenden Gläubigers verlangen (Feil, GBG, Rz 3 vor § 58).

Den inhaltlichen Bemängelungen der Eintragungsurkunden hielt das Rekursgericht entgegen, daß der Wortlaut der vom Finanzamt G***** ausgestellten Einstellungs- und Löschungserklärung völlig eindeutig sei. Sie bestätige die Tilgung der besicherten Forderung und enthalte die ausdrückliche Einwilligung in die Löschung des Pfandrechts. Sollte dieses zufolge einer Bürgschaftserklärung begründet worden sein, obwohl in der Urkunde von einer zwangsweisen Pfandrechtsbegründung und von der Einstellung dieser Exekution die Rede sei, dann sei gemäß § 1363 ABGB jedenfalls von einem Erlöschen der Bürgschaft mit dem Erlöschen der Hauptverbindlichkeit auszugehen. Was die Pfandurkunde betreffe, decke die Einwilligung zur Einverleibung des Pfandrechtes im besseren Rang jedenfalls auch die Einverleibung im laufenden Rang. Es sei auch nicht zu erkennen, worin hier ein Nachteil für die Rechtsmittelwerberin liegen soll.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der vorliegende Revisionsrekurs mit dem Antrag, ihn so abzuändern, daß mit Ausnahme der Pfandrechtseinverleibung für die Sparkasse der Stadt G***** im laufenden Rang alle übrigen begehrten Grundbuchseintragungen abgelehnt werden. Insoweit bleibt das Begehren hinter der einleitend erwähnten "vollinhaltlichen" Anfechtung des rekursgerichtlichen Beschlusses zurück. Das Argument des Rekursgerichtes, die Rechtsmittelwerberin sei durch die ihrem Grundbuchsrang nachfolgende Eintragung eines Pfandrechtes für S 149.438,03 gar nicht beschwert, wird nicht weiter in Frage gestellt.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, daß das Rekursgericht in seinem Beschluß gemäß § 126 Abs 1 GBG iVm § 13 Abs 1 Z 1 AußStrG hätte aussprechen müssen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteigt, weil er - wie gewöhnlich im Grundbuchsverfahren - rein vermögensrechtlicher Natur ist (vgl Petrasch, Der Weg zum OGH nach der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1989, ÖJZ 1989, 753). Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses erübrigt jedoch einen diesbezüglichen Ergänzungsauftrag, weil es unnötiger Formalismus wäre, einen allfälligen Rechtsmittelausschluß nach § 126 Abs 2 GBG iVm § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG zu klären, wenn ohnehin keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (vgl EvBl 1990/137 u. 4 Ob 1511/91).

Gemäß § 126 GBG iVm § 14 Abs 1 AußStrG ist nämlich der Revisionsrekurs in Grundbuchssachen nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Im gegenständlichen Fall wurde diese Zulässigkeitsvoraussetzung im Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung über die Formalerfordernisse eines Rangvorbehaltsgesuches erblickt, doch ist darauf vom Obersten Gerichtshof gar nicht einzugehen. Eine Lösung der angesprochenen Rechtsfrage ist sogar ausgeschlossen, weil die Rechtsmittelwerberin zum Rekurs gegen die von ihr beanstandeten Eintragungsbewilligungen nicht legitimiert ist.

In Ermanglung einer besonderen Regelung im GBG ist nach § 9 AußStrG zu beurteilen, wer zur Erhebung des Rekurses gegen Beschlüsse des Grundbuchsgerichtes berechtigt ist (SZ 42/17 uva). Es sind dies Personen, die durch die gerichtliche Verfügung beschwert sind, in Grundbuchssachen außer dem mit seinem Eintragungsgesuch abgewiesenen Antragsteller also noch diejenigen, deren grundbücherliche Rechte durch die bekämpfte Eintragung belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (ÖBA 1989/152 mwN). Daran hat sich durch den in § 31 Abs 1 GBG idF des GUG eingefügten Begriff von "Parteien" des Grundbuchsverfahrens nichts geändert, weil eine Erweiterung der Rekurslegitimation nicht beabsichtigt war. Das rechtlich geschützte Interesse muß nach wie vor auf einem bücherlichen Recht beruhen (vgl Rechberger, Der neue § 31 Abs 1 GBG, NZ 1981, 52 f).

Nach dieser Definition hätte die Rechtsmittelwerberin keine der bewilligten Eintragungen anfechten können. Durch die Anmerkung von Löschungsverpflichtungen zugunsten der Sparkasse der Stadt G***** war sie überhaupt nicht beschwert, weil derartige Eintragungen gemäß § 469a ABGB lediglich das Recht des Liegenschaftseigentümers beschneiden, über freiwerdende Pfandränge zu verfügen (§ 469 ABGB, §§ 58, 59 GBG), nicht jedoch in dingliche Rechtspositionen anderer Hypothekargläubiger eingreifen. Ähnliches gilt - worauf bereits das Rekursgericht hingewiesen hat - für die Einverleibung eines Pfandrechtes zugunsten der Sparkasse der Stadt G***** im laufenden Rang (CLNR 26). Sie löst den Zusammenhang zwischen den angemerkten Löschungsverpflichtungen und jener Pfandrechtseinverleibung im Rang 3335/90 des gelöschten Pfandrechts der Republik Österreich, aus der die Rechtsmittelwerberin Nachteile befürchtet, sodaß die zu Punkt 2 lit b und Punkt 3 bewilligten Eintragungen jedenfalls bestehen bleiben müßten. Auch aus der Löschung des Pfandrechts der Republik Österreich (Punkt 1) wäre keinerlei Beeinträchtigung der im Pfandrang nachfolgenden Rechtsmittelwerberin entstanden.

In Wahrheit ließe sich eine Beschwer der Rechtsmittelwerberin nur damit begründen, daß sie mit ihrer Hypothek nicht in den freigewordenen Pfandrang vorrücken konnte, weil die Eigentümerin der Pfandliegenschaft zugleich mit der Löschung des zu CLNR 23 eingetragenen Pfandrechts zugunsten eines neuen Kreditgebers über die Pfandstelle verfügte. Diese Verfügung war durch § 469 ABGB gedeckt. Sie beseitigte die an sich bestehende, wenn auch mehr theoretische Möglichkeit der Rangverbesserung (vgl Klang in Klang II2, 504), griff aber keineswegs in grundbücherliche Rechte der Rechtsmittelwerberin ein, weil diese ihr Vorrückungsrecht nicht durch eine Anmerkung der Löschungsverpflichtung iS des § 469a ABGB gesichert hatte. Ein solcher Hypothkargläubiger ist nach dem vorhin Gesagten nicht zum Rekurs gegen die Löschung eines vorrangigen Pfandrechtes oder gegen dessen Übertragung an einen anderen Gläubiger legitimiert (Rsp 1933/115; Bartsch, GBG7, 603; vgl auch ÖBA 1989/152).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Anmerkung

E27083

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00048.91.0611.000

Dokumentnummer

JJT_19910611_OGH0002_0050OB00048_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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