TE OGH 1991/10/3 12Os109/91

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Veröffentlicht am 03.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Oktober 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Loub als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manfred T***** und Walter S***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Walter S***** und über die Berufungen des Manfred T***** sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 1.März 1991, GZ 31 Vr 292/90-46, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Jerabek, der Angeklagten Manfred T***** und Walter S***** und des Verteidigers Dr. Jürgen Zwerger zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise dahin Folge gegeben, daß die über Walter S***** verhängte einjährige Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 43 a Abs. 3 StGB nur zu einem Teil im Ausmaß von 8 (acht) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen wird. Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der ***** 1965 geborene Manfred T***** und der ***** 1963 geborene Walter S***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie am 3.Februar 1990 in Salzburg im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit Gewalt gegen eine Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, dadurch weggenommen, daß sie Johann Z***** mehrere wuchtige Schläge gegen Gesicht und Oberkörper versetzten, ihn von einer Bank hochrissen und wieder niederdrückten und ihm einen Bargeldbetrag von 120 S sowie einen Schlüsselbund unbekannten Wertes abnahmen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch ficht nur der Angeklagte S***** mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, während den Strafausspruch die beiden Angeklagten und die Staatsanwaltschaft mit Berufungen bekämpfen.

Einen Verfahrensmangel (Z 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines Antrages auf Vornahme eines Augenscheins am Tatort zur Nachtzeit, den er zum Beweis dafür gestellt hatte, daß der Zeuge Rudolf M***** "die Entfernung und Beleuchtungsverhältnisse unrichtig wiedergegeben hat und im übrigen auf Grund der Beleuchtungsverhältnisse und Geländebeschaffenheit die von ihm bereits auch im Vorverfahren wiedergegebenen Wahrnehmungen nicht mehr stimmen" (S 201).

Diese Beweisaufnahme konnte ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben, zumal dieser Zeuge nur als jene Person, welche die Hilferufe des Tatopfers hörte und die Polizei verständigte, in der Urteilsbegründung Erwähnung fand, während im übrigen seine (die Angeklagten in Übereinstimmung mit dem Tatopfer) belastenden Depositionen in der Urteilsbegründung gar nicht verwertet wurden (S 215, 229). Wie durch die Überprüfung der Beleuchtungsverhältnisse die Angaben des Raubopfers selbst, auf die sich die Tatrichter primär stützten, tangiert werden, ist dem Beweisantrag nicht zu entnehmen. Es geht daher auch der gegen das diesbezügliche Zwischenerkenntnis (S 202 iVm S 229) erhobene Vorwurf der unzulässigen vorgreifenden Beweiswürdigung fehl: Die Tatrichter ließen sich nämlich bei der Ablehnung, einen nächtlichen Augenschein durchzuführen, nicht von einer vorwegnehmenden Einschätzung der Beweiskraft leiten, sondern unterzogen allein, wozu sie nicht nur berechtigt, vielmehr im Interesse der Verfahrenskonzentration sogar verpflichtet waren, die Tauglichkeit des angebotenen Beweismittels und des Beweisthemas, die Wahrheitsfindung zu fördern, der gebotenen Überprüfung.

In der Mängelrüge (Z 5) wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht zunächst vor, ihm unter Bezugnahme auf das polizeiliche Vernehmungsprotokoll vom 4.Februar 1990 aktenwidrig das Eingeständnis unterstellt zu haben, daß im Zuge des inkriminierten Angriffs tatsächlich vom Tatopfer Geld gefordert worden sei.

Auch diese Rüge geht fehl: Die in den Entscheidungsgründen zitierte Aussage des Beschwerdeführers, Z***** habe während der Attacke des Mitangeklagten T***** angeboten: "Mein Geld könnt's haben" (S 46), indiziert sehr wohl, wenngleich in im Verhältnis zur diesbezüglich eindeutigen Aussage des Mitangeklagten T***** ("gibs Geld her" S 40) abgeschwächter, nach der Urteilsdiktion eben nur "in gewisser Weise" (US 225) die bekämpfte Urteilsannahme. Damit steht auch die in der Beschwerde hervorgehobene Verantwortung des Beschwerdeführers, Z***** nur scherzhaft gefragt zu haben, was er für sexuelle Kontakte zu zahlen bereit sei, durchaus im Einklang, bezog sich diese Passage der in Rede stehenden Aussage doch unmißverständlich auf den dem urteilsgegenständlichen Tatgeschehen vorangegangenen Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit dem Tatopfer (S 44).

Der weitere Vorwurf der "nicht ausreichenden" Auseinandersetzung mit der Aussage des Zeugen Johann Z***** in der Hauptverhandlung erweist sich gleichermaßen als nicht stichhältig. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer in seinem keine entscheidenden Umstände aufgreifenden Vorbringen mit der Urteilsannahme seiner Mittäterschaft unvereinbare und deswegen einer gesonderten Erörterung bedürftige Aussagedetails in Wahrheit gar nicht aufzuzeigen imstande ist, entspricht die diverse Ungereimtheiten ohnedies berücksichtigende beweiswürdigende Erörterung der Aussage des genannten Belastungszeugen im Urteil (S 227) durchaus der im § 270 Abs. 2 Z 5 StPO normierten Verpflichtung zur gedrängten Entscheidungsbegründung.

Der Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider gibt auch der Umstand, daß die lediglich in einer Meldung der erhebenden Polizeibeamten wiedergegebenen und sohin nicht durch eigenhändige Unterschrift bekräftigten Angaben des Beschwerdeführers unmittelbar nach dessen Festnahme zur Widerlegung seiner in der Hauptverhandlung kategorisch leugnenden Verantwortung herangezogen wurden, keinen Anlaß zu (geschweige denn: erheblichen) Bedenken; abgesehen davon, daß die Tatrichter ihre Überzeugung von der Schuld des Beschwerdeführers primär auf andere Beweisergebnisse stützen konnten.

Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) strebt der Beschwerdeführer die Beurteilung des dem Schuldspruch zugrundeliegenden Tatverhaltens als sogenannten minderschweren Raub nach § 142 Abs. 2 StGB an. Voraussetzung dafür wäre, daß die Tat ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde und nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Diesen Prämissen, die kumulativ gegeben sein müssen (Mayerhofer-Rieder3 ENr 39 zu § 142 StGB), wird vorliegend nur die Geringwertigkeit der Raubbeute gerecht; denn zum einen überschreitet schon das Versetzen wuchtiger Schläge gegen Gesicht und Oberkörper des Opfers, welches sodann durch Drücken über eine Banklehne in einen praktisch wehrlosen Zustand versetzt wurde (S 213), nach Lage des Falles als vehementer Einsatz erheblicher physischer Kraft die von der Rechtsprechung als Privilegierungsvoraussetzung gezogene Geringfügigkeitsschwelle, zum anderen lassen die durch die angewandte Gewalt verursachten, mit einer Gesundheitsschädigung von zweifelsfrei über drei Tagen verbundenen mehrfachen Verletzungen des Opfers (S 213, 215 iVm S 81) eine Qualifikation als unbedeutende Tatfolgen nicht mehr zu (siehe zu all dem zuletzt 12 Os 66,67/91 und die dort zitierte Judikatur und Literatur).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über beide Angeklagten gemäß § 142 Abs. 1 StGB je eine einjährige, gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung waren die leichte Verletzung des Opfers, beim Angeklagten S***** auch seine einschlägigen Vorstrafen erschwerend, während bei T***** seine Unbescholtenheit und bei S***** die untergeordnete Beteiligung am Raub als mildernd gewertet wurden.

Während die beiden Angeklagten mit ihren Berufungen die Herabsetzung der Strafen begehren (T***** beantragte im Rahmen der Gegenausführung allerdings die Bestätigung des Strafausspruches) beantragt die Staatsanwaltschaft, daß die Strafen bei beiden Angeklagten erhöht und unbedingt ausgesprochen werden.

Das Hauptargument der Staatsanwaltschaft, die Zunahme der Gewaltverbrechen und das aggressive und brutale Vorgehen der beiden Angeklagten erfordern eine strengere Bestrafung, ist insoweit zu relativieren, als nach den das Berufungsgericht bindenden Feststellungen des Schöffengerichtes (§ 295 Abs. 1 StPO) die Angeklagten zunächst nicht die Absicht hatten, Homosexuelle zu berauben, sondern nur zu "pflanzen" (S 211) und daß sich der Raub demnach erst aus der Situation ergab, zumal die beiden Männer durch Alkoholgenuß enthemmt waren. Wenn die Beute auch gering war, so müssen sich die Täter jedenfalls als erschwerend anrechnen lassen, daß sie ihr Opfer auch verletzten. Dieser Umstand verbietet die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes (§ 41 StGB), sodaß dem Berufungsbegehren der beiden Angeklagten auf Reduzierung des Strafmaßes ebensowenig nähergetreten werden konnte, wie dem Antrag der Anklagebehörde, die Strafen zu erhöhen. Im Hinblick auf seine Unbescholtenheit kann bei Manfred T*****, wenn er auch der Hauptangreifer war, die Freiheitsstrafe noch bedingt nachgesehen werden, während bei Walter S***** nicht übersehen werden kann, daß er - wie sich aus den Vorstrafakten ergibt - immer wieder zu Tätlichkeiten aus nichtigen Anlässen heraus neigt und die bisher verhängten Geldstrafen keine nachhaltige Wirkung zeigten, sodaß die nunmehr vorliegende kriminelle Eskalation in teilweiser Stattgebung der staatsanwaltschaftlichen Berufung zufolge § 43 a Abs. 3 StGB zum Vollzug zumindest eines Teiles der Freiheitsstrafe führen mußte.

Der Oberste Gerichtshof schloß sich daher nur in dem zuletzt genannten Punkt der Argumentation der Anklagebehörde an, während den beiderseitigen Berufungen in allen anderen Punkten der Erfolg zu versagen war.

Anmerkung

E26722

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0120OS00109.91.1003.000

Dokumentnummer

JJT_19911003_OGH0002_0120OS00109_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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