TE OGH 1991/10/9 11Os74/91

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Veröffentlicht am 09.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1991 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard B***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 17.April 1991, GZ 18 Vr 1561/86-65, nach Anhörung der Generalprokuratur in

nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.April 1952 geborene Fernsehtechniker Gerhard B***** (A) des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB, (B) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB und (C, D) mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 FinstrG schuldig erkannt. Als - allein bekämpfter - schwerer Betrug (A) liegt ihm zur Last, in Tulln als alleiniger Geschäftsführer der Firma B***** mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Angestellte anderer Unternehmen durch Täuschung über Tatsachen, indem er seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit vorspiegelte, zur wiederholten Lieferung von Elektrogeräten verleitet und dadurch die nachangeführten Unternehmen um insgesamt mehr als 500.000 S am Vermögen geschädigt zu haben, nämlich

I. vom 1.Oktober 1985 bis 18.Dezember 1985 die Ö*****-GesmbH um 1,592.908,81 S,

II. von September 1985 bis 11.Dezember 1985 die K*****-Aktiengesellschaft um 1,165.356,90 S,

III. vom 28.Oktober 1985 bis 20.Dezember 1985 die H*****-GesmbH & Co KG um 195.144,26 S und

IV. von Anfang Oktober 1985 bis Ende Dezember 1985 die A*****-GesmbH um 322.848,77 S.

Der Angeklagte wurde hiefür und für das Vergehen der fahrlässigen Krida gemäß § 147 Abs. 3 StGB zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, wovon gemäß § 43 a Abs. 4 StGB ein Teil von 20 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Wegen der Finanzvergehen sprach das Erstgericht gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG unter Anwendung des § 21 Abs. 2 FinStrG 800.000 S Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit acht Monate Freiheitsstrafe aus.

Rechtliche Beurteilung

Nur den Schuldspruch wegen schweren Betruges und den Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 3, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch nach § 147 Abs. 3 StGB mit Berufung.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Die zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund aufgestellte Behauptung, die mündliche Verkündung des Strafausspruchs nach dem Finanzstrafgesetz habe sich auf den Ausspruch der Geldstrafe von 800.000 S beschränkt, weshalb die (nach Meinung des Beschwerdeführers allein) der schriftlichen Urteilsausfertigung zu entnehmende Verhängung von acht Monaten Ersatzfreiheitsstrafe im verkündeten Urteilsinhalt keine Deckung finde, erweist sich durch die (dem Verteidiger des Angeklagten eröffneten) Ergebnisse der dazu vom Obersten Gerichtshof veranlaßten tatsächlichen Aufklärungen (§ 285 f StPO), als widerlegt. Nach den übereinstimmenden (auf entsprechenden Aufzeichnungen in der Hauptverhandlung beruhenden) Stellungnahmen der Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde sowie der Schriftführerin besteht (auch) hinsichtlich des Strafausspruchs nach dem Finanzstrafgesetz keine inhaltliche Abweichung zwischen der mündlichen Verkündung des Urteils und seiner schriftlichen Ausfertigung (S 333 bis 339/IV).

Die Beschwerde ist aber auch nicht im Recht, soweit sie sich im übrigen (ausschließlich) gegen den Schuldspruch wegen schweren Betruges (Faktenkomplex A) richtet.

Die Mängelrüge (Z 5) vermißt zunächst eine zureichende Begründung dafür, daß der Angeklagte jeweils bereits im Zeitpunkt der inkriminierten Warenbestellungen mit Schädigungsvorsatz handelte, beschränkt sich dabei allerdings bloß auf den Versuch einer Abwertung der nach tatrichterlicher Überzeugung maßgebenden Belastungskriterien. Danach hatte der Angeklagte bereits im Jahre 1981 zu Lasten der B***** GesmbH (in den Folgejahren noch wachsende) Bankverbindlichkeiten von mehr als 5 Millionen Schilling begründet, weshalb er gegen Ende des Jahres 1985 in der Herauslockung von Warenbeständen die einzige Möglichkeit zur Inanspruchnahme weiterer Fremdmittel erblickte. Nach seinen eigenen sicherheitsbehördlichen Angaben (S 317/I) waren die in Rede stehenden Warenbezüge gezielt darauf ausgerichtet, durch die kontingentweise Weiterveräußerung an die "Tauschstube R*****" kurzfristig Barmittel zur Begleichung alter Verbindlichkeiten zu erlangen und gleichzeitig den Zugriff der Gläubiger auf das Liefergut hintanzuhalten. Mit der Begebung ungedeckter Schecks für die Warenlieferungen, dem Verbergen von Restkontingenten auch im Verwandtenkreis und der Hortung des überwiegenden Teils der Warenerlöse auf anonymen Sparbüchern (S 313, 314/IV) wies das Vorgehen des Angeklagten in mehrfacher Hinsicht Modalitäten auf, die sich im Sinn der Urteilserwägungen als tragfähige Grundlage der solcherart formell mängelfrei begründeten Annahme eines vorgefaßten Betrugskonzeptes erweisen. Dem Beschwerdestandpunkt zuwider steht damit aber auch die tatrichterliche Beurteilung einzelner Teilzahlungen als gezieltes Vortäuschen der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit folgerichtig im Einklang.

Es trifft aber auch nicht zu, daß sich die Begründung der Feststellungen über die tataktuelle Zahlungsunfähigkeit der B***** GesmbH und die entsprechende Kenntnis des Angeklagten in der Bezugnahme auf das - nach Auffassung des Beschwerdeführers - nur allgemeine Erfahrungswerte, nicht aber die Umstände des konkreten Falles berücksichtigende Gutachten der Buchsachverständigen Mag. Susanne Geyer erschöpft. Abgesehen davon, daß das Gutachten in diesem Zusammenhang sehr wohl auf einer detailliert fallbezogenen Befundaufnahme und nicht auf bloß abstrakten Vermutungen aufbaut (Blätter 19 bis 25 in ON 24/II), stützt sich das angefochtene Urteil in diesem Punkt zusätzlich auf die sicherheitsbehördlichen Angaben des Angeklagten (S 312/IV iVm S 317/I). Dazu kommt, daß der zeitlichen Zuordnung der Zahlungsunfähigkeit der B***** GesmbH bei der Beurteilung des Betrugskomplexes gar nicht jene wesentliche Bedeutung zukommt, die ihr die Beschwerde beimißt, weil dem Angeklagten unabhängig von der Liquiditätssituation des von ihm geführten Unternehmens - wie dargelegt - mit formell mängelfreiem Hinweis auf seine gezielten Initiativen zur anonymen Hortung von Barmitteln auch fehlender Zahlungswille angelastet wird.

Der als Indiz für das betrügerische Schädigungskonzept des Angeklagten gewertete Umstand hinwieder, daß die Warenbestellungen bei den tatbetroffenen Lieferfirmen im letzten Quartal des Jahres 1985 eine signifikante Steigerung erfuhren, findet in dem (insoweit im Beschwerdevorbringen nur unvollständig wiedergegebenen) Gutachten des Sachverständigen Mag. Pfanner volle Deckung (S 181/IV).

Da sich die tatrichterliche Begründungspflicht auf eine bloß gedrängte Darstellung der entscheidungswesentlichen Tatsachen und der für deren Annahme oder Nichtannahme maßgebenden Erwägungen beschränkt (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO), war das Erstgericht auch nicht verhalten, sämtliche Einzelheiten der in ihrer Gesamtheit mit formell mängelfreier Begründung widerlegten leugnenden Verantwortung des Angeklagten (wie etwa die Erklärung der zuletzt gehäuften Warenbestellungen als angebliche Reaktion auf ein schlechtes "Weihnachts"-Geschäft bzw die Begründung des behaupteten gutgläubigen Vertrauens auf die Zahlungsfähigkeit mit dem Hinweis auf fehlende Exekutionsverfahren) zu erörtern.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) macht Feststellungsmängel zu den subjektiven Betrugsvoraussetzungen, insbesondere zur Bereicherungskomponente des Betrugsvorsatzes geltend, setzt sich dabei jedoch über die gerade die innere Tatseite betreffenden Urteilsausführungen auf den S 309, 310, 313 und 314/IV, die mit der Spruchfassung als Einheit zu verstehen sind, hinweg und erweist sich mangels Orientierung am gesamten Urteilssachverhalt als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Nicht anders verhält es sich schließlich mit dem im Rahmen der Rechtsrüge wiederholten Versuch, die Beweiskraft der leugnenden Verantwortung des Angeklagten unter Hervorhebung angeblich enttäuschter Geschäftserwartungen zum Jahresausklang 1985 und der Fälligstellung von Bankkrediten aufzuwerten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO), teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufung wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E26703

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00074.91.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19911009_OGH0002_0110OS00074_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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