TE OGH 1991/10/16 3Ob46/91 (3Ob47/91, 3Ob48/91, 3Ob49/91, 3Ob50/91, 3Ob51/91, 3Ob52/91, 3Ob53/91, 3O

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Veröffentlicht am 16.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Schinko als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M*****gesellschaft m.b.H. & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei D*****gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung von Unterlassungen, infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 10. April 1991, GZ 46 R 178-203/91-72, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Hernals zu 12 E 13400/90, und zwar vom 29. November 1990 (ON 4), vom 10.Dezember 1990 (ON 13), vom 19. Dezember 1990 (ON 19, 20, 22 und 23), vom 21.Dezember 1990 (ON 24-26), vom 28.Dezember 1990 (ON 28), vom 7.Jänner 1991 (ON 34-39), vom 9.Jänner 1991 (ON 43-47) und 10.Jänner 1991 (ON 48) zur Gänze, oder teilweise abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.

Den ordentlichen Revisionsrekursen beider Parteien wird nicht Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird insoweit mit der

Maßgabe bestätigt, daß in den Punkten III a (= III/1), IV/1 und

V/1a an die Stelle der Worte "...wird ... wegen

Zuwiderhandelns ... gegen die Exekutionsbewilligung vom

28.11.1990 ..." jeweils die Worte "... wird ... wegen

Zuwiderhandelns ... gegen das Anerkenntnisurteil des

Handelsgerichtes Wien vom 14.9.1990, 37 Cg 306/89, ..." zu treten haben.

Die Streitteile haben die Kosten ihrer erfolglosen Revisionsrekurse selbst zu tragen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Gemäß Anerkenntnisurteil vom 14.9.1990, 37 Cg 306/89 des Handelsgerichtes Wien hat die verpflichtete Partei Veröffentlichungen entgeltlicher Einschaltungen in ihren periodischen Medien, insbesondere in der periodischen Druckschrift "D*****" zu unterlassen, wenn diese nicht als Anzeige, entgeltliche Einschaltung oder Werbung gekennzeichnet sind, es sei denn, daß Zweifel über die Entgeltlichkeit durch die Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können.

In der Rechtssache 37 Cg 345/90 des Handelsgerichtes Wien erließ das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 5.11.1990 unter anderem über Antrag der betreibenden Partei eine einstweilige Verfügung, wonach der verpflichteten Partei geboten wird, ab sofort die Veröffentlichung von Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstigen Beiträgen und Berichten in ihren periodischen Druckschriften zu unterlassen, wenn für die Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung nicht ausgeschlossen werden können und die Kennzeichnung der Veröffentlichung als Anzeige, entgeltliche Einschaltung oder Werbung nicht im Normaldruck, insbesondere nicht in der Größe der für den redaktionellen Text verwendeten Lettern und/oder an anderer Stelle als die Werbeeinschaltung und/oder auf solche Weise erfolgt, daß die Kennzeichnung durch einen anderen angehefteten oder angeklebten Bestandteil der Druckschrift, insbesondere durch einen Werbefolder, abgedeckt wird.

Auf Grund des Anerkenntnisurteiles beantragte die betreibende Partei, ihr wegen des Verstoßes auf Seite 83 der von der verpflichteten Partei herausgegebenen und am 15.11.1990 in einer Trafik verkauften Zeitschrift Nr 46/1990 die Exekution zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte mit dem Beschluß ON 3 in der mit ON 15 berichtigten Fassung die Exekution und verhängte eine Beugestrafe.

In der Folge stellte die betreibende Partei jeweils Vollzugsanträge wegen Verkaufs der Zeitschrift Nr 46/1990 mit der inkriminierten Seite 83 auch am 22.11.1990, wegen Verkaufs der Zeitschrift Nr 48/1990 mit den inkriminierten Seiten 51 und 94 und 95 an den Tagen vom 30.11.1990 bis 5.12.1990, der Zeitschrift Nr 50/1990 mit den inkriminierten Seiten 12, 13 und 47 wegen Verkaufs an den Tagen vom 14. bis 19.12.1990 und der Zeitschrift Nr 51/52/1990 mit den inkriminierten Seiten 45 und 108 (fälschlich oft 105) in der Zeit vom 21.12.1990 bis 2.1.1991.

Das Erstgericht verhängte mit den Beschlüssen ON 4 und ON 13 jeweils weitere steigende Geldstrafen und dann ab dem Antrag ON 19 jeweils die beantragten Geldstrafen von 80.000 S pro Antrag, wobei öfters mehrere Anträge mittels Stampiglie am selben Tag erledigt wurden.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Exekutionsbewilligungsbeschluß ON 3 dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde, dies mit der Begründung, daß in der Zeitschrift Nr 46 Seite 83 kein Verstoß gegen den Exekutionstitel liege, weil die strittige Einschaltung klar als Inserat erkennbar sei (= Punkt I des Beschlusses zweiter Instanz).

Dieser Beschlußteil wird von der betreibenden Partei nicht angefochten.

Damit liegt auf der Hand, daß auch der von der zweiten Instanz abgewiesene Vollzugsantrag wegen Verkaufs derselben Zeitschrift Nr 46 auch am 22.11.1990 (= Beschluß des Erstgerichtes ON 4 und Punkt II des Beschlusses zweiter Instanz) unberechtigt ist. Es ist dabei nicht erforderlich, zur Begründung der zweiten Instanz Stellung zu nehmen, ob der Verstoß vom 22.11.1990 schon deshalb ungeahndet bleiben müsse, weil er noch vor Erlassung der Exekutionsbewilligung erfolgte. Der nur zu diesem Problem Stellung nehmende außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist daher zurückzuweisen, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs. 1 ZPO dargestellt wird.

Für die Erledigung der weiteren Vollzugsanträge (Beschlüsse des Erstgerichtes ON 13 und ab ON 19 = Beschlußteil III bis IX der zweiten Instanz) entsteht damit aber das Rechtsproblem, ob nach Wegfall der Exekutionsbewilligung auch den auf andersartigen Verstößen beruhenden Vollzugsbeschlüssen der Boden entzogen ist.

Das Gesetz enthält dazu keine Regelung. § 70 Abs. 2 EO bestimmt nur, daß das Exekutionsgericht im Falle der Benachrichtigung von einer Aufhebung des die Exekution bewilligenden Beschlusses alle zur Fortsetzung oder zur Einstellung, Einschränkung oder Aufschiebung des Exekutionsvollzuges "erforderlichen" Anordnungen zu erlassen hat, sagt aber nicht, welche Entscheidung zu treffen ist, wenn der vorliegende Fall gegeben ist.

Die Bestrebungen des Gesetzgebers, die exekutionsrechtliche Erwirkung von Duldungen und Unterlassungen zu erleichtern, führten zwar dazu, daß jetzt gemäß § 355 Abs. 1 EO schon wegen des ersten geltend gemachten Verstoßes gegen den Exekutionstitel "anläßlich der Bewilligung der Exekution" eine Geldstrafe zu verhängen ist, während nach der früheren Fassung von § 355 Abs. 1 EO die Strafen erst "nach Bewilligung der Exekution wegen eines jeden Zuwiderhandelns" zu verhängen waren. Trotzdem besteht immer noch die Trennung zwischen der Bewilligung der Exekution und der Verhängung der ersten Geldstrafe anläßlich der Bewilligung der Exekution einerseits und der Verhängung weiterer Beugestrafen wegen eines jeden weiteren Zuwiderhandelns andererseits, sodaß auch aus § 355 EO nicht zwingend abzuleiten ist, was nach Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Exekution nach § 355 EO durch das Rechtsmittelgericht mit inzwischen auf Grund andersartiger Verstöße zustandegekommenen Strafbeschlüssen zu geschehen hat.

Werden bei der Unterlassungsexekution Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung gemäß § 36 EO erhoben, so kann die betreibende Partei bei Bestreitung des der Exekutionsbewilligung zugrundegelegten Verstoßes andere Verstöße nachschießen und die Impugnationsklage ist auch dann abzuweisen, wenn für dieselbe zeitliche Vollzugsstufe ursprünglich nicht geltend gemachte andere Verstöße erwiesen sind (Heller-Berger-Stix 2596). Damit ist freilich gerade noch nicht der Fall gegeben, daß die Exekutionsbewilligung selbst in Wegfall gerät; aber immerhin zeigt diese Auffassung, daß der Exekutionsbewilligung nicht ein zu enger, formalistisch ermittelter Wert beigemessen werden darf. Die betreibende Partei soll ihres Exekutionsrechtes nicht schon dadurch teilweise verlustig gehen, daß sie im Exekutionsantrag nur einen widerlegbaren Verstoß geltend machte, wenn andere beweisbare Verstöße stattfanden.

Wenn man die in der Entscheidung ZBl 1934/418 vertretene Ansicht mißbilligt, daß eine Aufschiebung des Exekutionsverfahrens nach § 355 EO in seiner Gesamtheit möglich ist und bei neuerlichem Zuwiderhandeln trotz des noch aufrechten, aber von der Aufschiebung erfaßten Exekutionsbewilligungsbeschlusses ein neuer Exekutionsantrag gestellt werden kann, sondern statt dessen nur eine Aufschiebung des Vollzuges einer schon verhängten Strafe, aber nicht die Aufschiebung des gesamten Exekutionsverfahrens für richtig erachtet, können trotz eingebrachter Impugnationsklage gegen die Exekutionsbewilligung neue Vollzugsanträge eingebracht und bewilligt werden. Hier wurde zur früheren Rechtslage gelehrt, daß bei Obsiegen des Verpflichteten in dem nur gegen die Exekutionsbewilligung wegen Nicht-Zuwiderhandelns geführten Impugnationsprozeß gemäß § 36 Abs. 3 EO nicht die gesamte Exekution einzustellen sei, sondern nur die im ersten nach der Exekutionsbewilligung erlassenen Strafvollzugsbeschluß (der nach der früheren Rechtslage erst wegen des zweiten Verstoßes ergehen konnte) verhängte Strafe und ein allfälliger Kostenzuspruch für den Exekutionsantrag aufgehoben werden müßten (Heller-Berger-Stix 2595). Auf die heutige Rechtslage übertragen würde dies bedeuten, daß in einem solchen Fall nur die schon anläßlich der Exekutionsbewilligung (also wegen des ersten Verstoßes) verhängte Strafe aufzuheben ist, nicht aber die weiteren Strafen.

Diese letztgenannte Auffassung läßt sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen:

Wenn die Exekutionsbewilligung in zweiter Instanz nur deshalb versagt wird, weil die im Exekutionsantrag behauptete Handlung nicht als Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel gewertet wird, dann wäre es nicht sachgerecht, auch alle in der Zwischenzeit wegen anders gearteter Verstöße ergangenen Strafbeschlüsse aufzuheben. Wenn also im Zeitpunkt der Erledigung des Rekurses gegen die Exekutionsbewilligung schon mehrere nachfolgende in Rechtskraft erwachsene Strafbeschlüsse (nicht der vorliegenden Fall!) ergangen sind, sind diese nicht wegen nachträglichen Wegfalls der Exekutionsbewilligung aufzuheben. Wenn die nachfolgenden Strafbeschlüsse (der hier gegebene Fall) Gegenstand einer gleichzeitigen Überprüfung durch die Rechtsmittelinstanz sind und dabei, wie noch zu zeigen ist, Bestand erlangen, dann sind die noch nicht rechtskräftig erledigten weiteren Vollzugsanträge nicht ohne Prüfung der sonstigen Voraussetzungen schon allein wegen der Abweisung des Exekutionsbewilligungsantrages abzuweisen.

Sachgerecht erscheint eine solche Vorgangsweise deshalb, weil sonst bei einer laufenden Wiederholung des Zuwiderhandelns viele Verstöße der verpflichteten Partei ungeahndet bleiben müßten. Die betreibende Partei könnte zwar nach der rechtskräftigen Abweisung des ersten Exekutionsantrages einen neuen Exekutionsantrag stellen und in diesem alle bisherigen Verstöße geltend machen. Für diese vielen Verstöße könnte aber insgesamt nur einmal die Höchststrafe von 80.000 S verhängt werden, was den Druck auf die verpflichtete Partei ungebührlich mildern würde. Eine verpflichtete Partei soll nicht zB durch formale Fehler der betreibenden Partei (auch solche können zur Abweisung eines Exekutionsantrages führen) oder durch die Berufung der betreibenden Partei auf einen sodann widerlegbaren Verstoß einen Freibrief für die ganze Zeit des Rechtsmittelverfahrens über die Exekutionsbewilligung erlangen.

Der Wegfall der Exekutionsbewilligung aus dem hier gegebenen Grund führt allerdings zu einer neuen Reihenfolge der einzelnen Strafbeschlüsse: Eine bisher wegen des vermeintlich zweiten Verstoßes verhängte "zweite" Strafe rückt jetzt zur "ersten" Strafe auf, so wie wenn sie anläßlich einer erst jetzt beantragten Bewilligung der Exekution verhängt worden wäre, darf also zB nicht in der Verhängung der Haft bestehen oder nur wegen der "Wiederholung" des Zuwiderhandelns entsprechend höher bemessen werden.

Im vorliegenden Fall begehrt die verpflichtete Partei nicht, aus dem Grund der Aufhebung der Exekutionsbewilligung die Bemessung der einzelnen Geldstrafen zu ändern. Davon abgesehen erscheinen die vom Gericht zweiter Instanz verhängten Strafen auch nach Wegfall der von der Abweisung des Exekutionsantrages betroffenen Geldstrafe angemessen, worauf noch zurückzukommen ist.

Infolge Wegfalls der Exekutionsbewilligung paßt aber für die nachfolgenden Strafvollzugsbeschlüsse nicht mehr die von der zweiten Instanz gewählte Formulierung, daß wegen eines Zuwiderhandelns "gegen die Exekutionsbewilligung" neue Strafen zu verhängen seien. Die Unterlassungsverpflichtung kann sich jetzt vielmehr nur am Exekutionstitel orientieren. Die in der Lehre vor allem zur früheren Rechtslage vertretene Ansicht, die jetzt im Gesetz kaum mehr Deckung findet, es komme bei den auf die Exekutionsbewilligung nachfolgenden Strafvollzugsanträgen nicht darauf an, was der Verpflichtete nach dem Exekutionstitel zu unterlassen habe, sondern es sei nur darauf abzustellen, was er nach der Exekutionsbewilligung unterlassen müsse (Heller-Berger-Stix 2588; vgl auch EvBl 1975/94), ist im vorliegenden Fall schon deshalb ohne Belang, weil die Unterlassungsverpflichtung in der früheren Exekutionsbewilligung und in den Strafvollzugsanträgen nicht anders beschrieben ist als im Exekutionstitel. Dem Spruch der zweiten Instanz ist daher in den entsprechenden Punkten eine dem angepaßte neue Fassung zu geben.

Die Rekursentscheidung des Gerichtes zweiter Instanz zu den weiteren Vollzugsanträgen läßt sich kurz wie folgt zusammenfassen:

Während das Erstgericht in einem gemeinsamen Beschluß auf Grund dreier am 3.12.1990 eingelangter Anträge Geldstrafen von je 50.000 S, auf Grund eines am 4.12.1990 eingelangten Antrages eine weitere Strafe von 60.000 S, für einen am 5.12.1990 eingelangten Antrag eine weitere Strafe von 70.000 S und für einen am 6.12.1990 eingelangten Antrag eine weitere Strafe von 80.000 S verhängte, verhängte das Gericht zweiter Instanz eine Geldstrafe von 50.000 S je Antrag, insgesamt also Geldstrafen von 300.000 S statt der vom Erstgericht insgesamt verhängten 360.000 S (Beschlußteil III/1 bzw III/a der zweiten Instanz).

Auf Grund von vier weiteren Anträgen verhängte das Erstgericht am gleichen Tag in vier getrennten Beschlüssen Geldstrafen von je 80.000 S, das Gericht zweiter Instanz verhängte hingegen je Antrag nur 60.000 S. Diese Anträge bezogen sich alle auf die Zeitschrift Nr 50/1990 mit den beanständeten Seiten 12, 13 und 47 und deren Vertrieb am 14., 15., 16. und 17.12.1990. Der Vertrieb der selben Zeitschrift nur wegen des Inhalts auf Seite 47 am 14., 15. und 17.12.1990 war schon Gegenstand von Vollzugsanträgen der betreibenden Partei auf Grund der eingangs erwähnten einstweiligen Verfügung im Parallelverfahren 12 E 14120/90 des Erstgerichtes, wobei darauf hinzuweisen ist, daß der erste Doppelantrag in beiden Exekutionsverfahren am selben Tag einlangte (17.12.1990), aber im Parallelverfahren um einen Tag früher erledigt wurde (Beschluß ON 9 vom 18.12.1990 in 12 E 14120/90 gegenüber Beschluß ON 19 vom 19.12.1990 in 12 E 13400/90). Das Gericht zweiter Instanz wies daher die Vollzugsanträge in diesem Umfange hinsichtlich Seite 47 mit der Begründung zurück, es fehle ein Rechtsschutzinteresse an der Verhängung einer weiteren Beugestrafe. Der Vertrieb derselben Zeitschrift am 16.12.1990 war zwar nicht Gegenstand eines Strafantrages der betreibenden Partei im Parallelverfahren, wohl aber Gegenstand eines Strafantrages anderer betreibender Parteien desselben, weshalb nicht neuerlich eine Beugestrafe zu verhängen sei. Das Gericht zweiter Instanz verwies daher den Strafantrag wegen des Vertriebs am 16.12.1990 auf die Entscheidung im Parallelakt (= Beschlußteil IV der zweiten Instanz).

Für zwei weitere Anträge setzte das Gericht zweiter Instanz die Strafen von je 80.000 S auf je 70.000 S herab und wies wieder wegen der schon im Parallelakt gestellten Strafanträge die neuen Strafanträge auch wegen Seite 47 der Nr 50/1990 zurück (= Beschlußteil V Z 1 a und b der zweiten Instanz).

Ein weiterer vom Erstgericht bewilligter Antrag der betreibenden Partei bezog sich auf den Vertrieb der Nr 51, 52/1990 mit den Seiten 45 und 105 (gemeint 108) am 20.12.1990. Diesen Antrag wies das Gericht zweiter Instanz zu Seite 45 unter Hinweis auf den Parallelantrag zu 12 E 14120/90 zurück und zu Seite 108 mit dem Hinweis auf das Nichtvorliegen eines Verstoßes ab

(= Beschlußteil V Z 2 a und b).

Eben dies beschloß die zweite Instanz zum Vertrieb der Zeitschrift Nr 51,52/1990 am 21.12.1990 (= Beschlußteil VI) und am 22., 24. und 27.12.1990 (= Beschlußteil VII Z 1 a und b).

Die Anträge wegen des Vertriebs der Zeitschrift Nr 51,52/1990 am 23., 25., 26. und 30.13.1990 und am 1.1.1991 wurden hinsichtlich der Seite 108 wiederum wegen fehlenden Verstoßes abgewiesen, hinsichtlich der Seite 45 wurde die betreibende Partei unter Hinweis auf die bewilligten Anträge anderer betreibender Parteien im Parallelverfahren auf dieses Verfahren verwiesen (= Beschlußteil VII Z 2 a und b und VIII Z 2 a und b).

Die Anträge wegen Vertriebes der Zeitschrift Nr 51,52/1990 am 28., 29. und 31.12.1990 und am 2.1.1991 wurden vom Gericht zweiter Instanz aus denselben Gründen teils zurückgewiesen, teils abgewiesen (= Beschlußteil VIII Z 1 a und b und IX).

Das Gericht zweiter Instanz sprach zu den Beschlußteilen III 1 bzw III/a und IV bis IX aus, daß der Revisionsrekurs (gemeint: der ordentliche Revisionsrekurs) zulässig sei.

Die Revisionsrekurse beider Parteien zu diesen Beschlußteilen sind nicht berechtigt, wobei den Ausführungen der Rechtsmittelwerber zu den einzelnen Problemkreisen folgendes entgegenzuhalten ist:

Auch der täglich fortgesetzte Vertrieb der Wochenzeitung der verpflichteten Partei stellt einen Verstoß gegen den Exekutionstitel dar.

§ 38 MedienG unterscheidet wohl zwischen der "Verbreitung" eines beschlagnahmten Medienstückes und deren neuerlicher "Veröffentlichung", sodaß unter der Veröffentlichung eines Mediums im engeren Sinn nur die Handlungen verstanden werden können, die zum Erscheinen des Mediums führen. Nach dem Exekutionstitel wird aber nicht etwa die Veröffentlichung einer periodischen Druckschrift mit einem bestimmten Inhalt untersagt, sondern es wird verboten, in der Druckschrift der verpflichteten Partei einen bestimmten Inhalt zu veröffentlichen. Bei einer solchen Wortstellung ist das Wort "veröffentlichen" schon nach dem für die Auslegung des Exekutionstitels in erster Linie maßgebenden normalen Sprachgebrauch in einem weiteren Sinn zu verstehen. Veröffentlichen heißt, etwas in gedruckter oder ähnlicher Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Duden, Bedeutungswörterbuch2, 711). So wie das Ankündigen und Gewähren einer Zugabe nicht nur dadurch geschieht, daß eine Zeitung mit entsprechendem Inhalt hergestellt und dem Vertrieb übergeben wird, sondern auch durch die Fortsetzung des Verkaufes einer solchen Zeitung geschehen kann (WBl 1989, 343), gilt dies auch für das Veröffentlichen eines nach § 26 MedienG inkriminierten Inhalts eines Mediums. Der Sinn der Vorschrift liegt darin, die Täuschung des Leserpublikums zu verhindern, das einem vermeintlich redaktionellen Beitrag größeres Vertrauen entgegenbringt als Werbeeinschaltungen (RV 39 bei Foregger-Litzka, MedienG2, 92). In der Regel wird aber eine Zeitung erst nach dem Kauf gelesen. Auch dieser Gesetzeszweck spricht für die Auslegung des Gerichtes zweiter Instanz, sodaß an der vom erkennenden Senat schon zu 3 Ob 72/91 ausgesprochenen Ansicht festzuhalten ist.

In Anwendung der Grundsätze der Entscheidung WBl 1989,343 trifft es daher auch zu, für jeden Tag des fortgesetzten Vertriebs eine neue Beugestrafe zu verhängen.

Wenn durch ein und denselben wettbewerblichen Verstoß mehrere Konkurrenten betroffen sind, steht grundsätzlich jedem dieser Mitbewerber das Klagerecht zu. Nur ausnahmsweise, wenn zwischen den mehreren Klageberechtigten eine so enge tatsächliche oder rechtliche Bindung besteht, daß es zur Wahrung ihrer gleichgelagerten Interessen genügt, wenn einer von ihnen einen Exekutionstitel erwirbt, wird die Schaffung eines zusätzlichen Exekutionstitels zugunsten solcher Mitbewerber wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt. Ist aber einmal ein Exekutionstitel zugunsten mehrerer Konkurrenten ergangen, ohne daß in diesem zum Ausdruck kommt, daß die mehreren klagenden oder gefährdeten Parteien den Exekutionstitel nur als Gemeinschaft benützen können, dann muß das Exekutionsgericht davon ausgehen, daß jedem der aus dem Exekutionstitel Berechtigten ein selbständiges Exekutionsrecht zusteht. Wenn mehrere dieser Berechtigten gemeinsam oder in getrennten Anträgen wegen ein und desselben Verstoßes (Verkauf derselben Zeitungsnummer an einem bestimmten Tag) Strafanträge stellen, ist jedoch insgesamt nur eine Strafe zu verhängen. Allen Berechtigten steht aber gemäß § 74 EO Kostenersatz zu. Der erkennende Senat hat dies schon in der kürzlich ergangenen Entscheidung 3 Ob 22,1032/91 ausgesprochen und sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung wieder abzugehen.

Die sogenannten Vollzugsstufen laufen seit der Neufassung des § 359 EO durch die WGN 1989 von Antrag zu Antrag, und es kann wegen eines jeden weiteren Zuwiderhandelns (§ 355 Abs. 1 EO) unabhängig vom Zeitpunkt des Einlangens der Anträge oder ihrer Erledigung durch das Exekutionsgericht "je Antrag" eine den Betrag von 80.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt werden (§ 359 Abs. 1 EO). Dabei kann entweder eine Erledigung mehrerer Anträge in einem einzigen Beschluß mit Verhängung eines Vielfachen des Höchstbetrages von 80.000 S, oder auch die Erledigung in Einzelbeschlüssen erfolgen (3 Ob 72/91). Es ist also zutreffend, für jeden Tag der Fortsetzung des Vertriebs der Zeitschrift der verpflichteten Partei nur insgesamt eine Geldstrafe zu verhängen, aber jedem der mehreren betreibenden Parteien das Antragsrecht zuzubilligen, was im vorliegenden Fall bedeutet, daß die betreibende Partei in den Fällen in denen wegen eines behaupteten Verstoßes dieser Art schon andere betreibenden Parteien in einem anderen Exekutionsverfahren für denselben Tag die Bestrafung erwirkt haben, auf dieses Parallelverfahren verwiesen wird.

Wenn der betreibenden Partei für ein und dieselbe Handlung der verpflichteten Partei zwei Unterlassungstitel zur Verfügung stehen, kann trotzdem für jeden Verstoß nur einmal eine Strafe verhängt werden. Die betreibende Partei hat dann die Wahl, von welchem Exekutionstitel sie Gebrauch machen will. Wenn sie in Mißbrauch ihres Exekutionsrechtes für ein und dieselbe Handlung in verschiedenen Exekutionsverfahren, das eine mal auf den einen, das andere mal auf den anderen Exekutionstitel gestützt, einen doppelten Strafantrag stellt, dann ist es sachgerecht, bei gleichzeitiger Überreichung der Strafanträge die Strafe dort aufrecht zu erhalten, wo der Strafantrag früher gestellt wurde oder wo bei am gleichen Tag überreichten Anträgen das Gericht früher entschieden hat.

Dies ist hier das auf der einstweiligen Verfügung beruhende Exekutionsverfahren 12 E 14120/90.

Dazu kommt, daß die einstweilige Verfügung der für die betreibende Partei vom Umfang der Unterlassungsverpflichtung her gesehen weiterreichende und daher günstigere Exekutionstitel ist.

Richtig ist zwar das Argument der verpflichteten Partei, daß ein Anerkenntnisurteil an sich ein stärkerer Exekutionstitel ist als eine einstweilige Verfügung. Wenn aber ein Verstoß gegeben ist, der auch von dem weniger weitreichenden, wenn auch an sich stärkeren Exekutionstitel umfaßt wird, so kann die betreibende Partei nicht gezwungen werden, sich auf den weniger umfassenden, wenn auch an sich stärkeren Exekutionstitel zu stützen, was besonders in Grenzfällen von Bedeutung ist, wo der Verstoß zwar jedenfalls vom umfassenderen Exekutionstitel nicht ohne weiteres aber auch vom weniger weitreichenden Exekutionstitel erfaßt wird. In 4 Ob 93/90 ging es nur darum, ob trotz Vorliegens einer einstweiligen Verfügung noch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Einbringung einer Unterlassungsklage bestehe, was mit dem vorliegenden Problem nichts zu tun hat.

Zur Beanständung der Strafhöhe kann auf die zutreffenden Ausführungen der zweiten Instanz verwiesen werden. Wenn auch der Zwang in der Regel stufenweise zu verschärfen ist, so bedeutet das nicht, daß die höchstmögliche Geldstrafe nicht schon relativ früh verhängt werden kann. Auch nach Wegfall der gemäß Pkt I und II der zweitinstanzlichen Entscheidung (siehe oben) sind die vom Gericht zweiter Instanz verhängte Strafen angemessen. Daß bei einer entsprechend großen Zahl von behaupteten Verstößen in der Summe recht ansehnliche Geldstrafenbeträge entstehen können, ist nicht zu beklagen, weil es die verpflichtete Partei ja selbst in der Hand hat durch eine exakte Beachtung der Verbote solchen Exekutionsführungen zu entgehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E27406

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00046.91.1016.000

Dokumentnummer

JJT_19911016_OGH0002_0030OB00046_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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