TE OGH 1991/10/30 1Ob584/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Brigitte Ingrid T*****, vertreten durch Dr.F.Müller-Strobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider den Antragsgegner Klaus T*****, beteiligte Partei K***** Sp*****, wegen §§ 81 ff EheG infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 2.August 1991, GZ 1 R 360/91-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 7.Juni 1991, GZ 4 F 8/91-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens aufgetragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die am 9.6.1990 geschlossene zweite Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 8.5.1991, 4 C 13/91-3, einvernehmlich rechtskräftig geschieden. Dieser Entscheidung lag eine schriftliche Vereinbarung in Form eines gerichtlichen Vergleiches vom selben Tage zugrunde, die unter anderem folgenden Wortlaut hat:

".... 2.Die Antragsteller sind nach Maßgabe des Mietvertrages vom 15. Juni 1989 Mieter der im Haus ***** K*****, gelegenen, im

4. Stock befindlichen Maisonettewohnung, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Vorraum, Klosett, Bad. Das Mietverhältnis begann am 1.Juni 1989 und endet am 31.Mai 1994.

Der Zweitantragsteller tritt die ihm mit dem Bestandvertrag vom 15. Juni 1989 eingeräumten Bestandrechte der Erstantragstellerin mit sofortiger Wirkung ab, so daß diese in die Bestandrechte des Zweitantragstellers eintritt und diese allein fortsetzt. Mit sofortiger Wirkung übernimmt die Erstantragstellerin gegenüber der Bestandnehmerin die Verpflichtung, Miete und Betriebskosten zu bezahlen.....

4. Der Zweitantragsteller verpflichtet sich ferner, die unter Punkt 2. näher beschriebene Mietwohnung bis spätestens 11.5.1991 zu räumen und der Erstantragstellerin geräumt von seinen Fahrnissen zu übergeben.....

11. Mit diesem Vergleich sind alle wie immer gearteten gegenseitigen Ansprüche, daher auch solche gemäß §§ 81 ff EheG und §§ 98 ff ABGB erledigt und verglichen. Die Parteien bzw die Antragsteller verzichten auf eine weitere Antragstellung gemäß §§ 81 ff EheG bzw §§ 98 ff ABGB. Die Erstantragstellerin behält sich allerdings mit ausdrücklicher Zustimmung des Zweitantragstellers vor, bezüglich der ehelichen Wohnung bei dem zuständigen Familiengericht einen Antrag gemäß § 88 EheG zu stellen...."

Am 23.5.1991 stellte die Antragstellerin "vorsichtshalber" einen auf §§ 81 ff EheG gestützten Antrag, eine Verhandlung anzuberaumen, zu der die Streitteile und die Vermieterin als beteiligte Partei zu laden seien und sodann auszusprechen, daß der Antragsgegner aus dem Bestandverhältnis, begründet mit dem Mietvertrag vom 15.6.1989 ausscheidet und die Antragstellerin allein dieses Rechtsverhältnis fortsetzt.

Das Erstgericht wies diesen Antrag sofort zurück. Die vergleichsweise Abtretung der Bestandrechte an die Antragstellerin sei rechtlich als Abtretung der Mietrechte nach § 12 Abs 2 MRG zu qualifizieren und als rechtswirksam auch gegenüber der Vermieterin anzusehen, zumal das auf die Wohnung anzuwendende Startwohnungsgesetzt 1982 BGBl Nr 264 keine Bestimmung enthalte, wonach die Gültigkeit des § 12 MRG ausgeschlossen würde und eine Mietrechtsabtretung der Zustimmung des Bestandgebers bedürfte. Es mangle dem Antrag somit an jeglichem Rechtsschutzbedürfnis.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteigt, den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für zulässig. Ansprüche auf Zuhaltung zulässigerweise geschlossener Vereinbarungen über eheliches Gebrauchsvermögen seien nicht im außerstreitigen Verfahren, sondern im Rechtsweg geltend zu machen. Der Antragstellerin gehe es gar nicht um die Durchsetzung ihres Anspruches gegen den Antragsgegner, sondern gegen die Vermieterin der Ehewohnung. Auch die vor Gericht geschlossene Vereinbarung nach § 55 a Abs 2 EheG sei als gerichtlicher Vergleich gemäß § 1 Z 5 EO Exekutionstitel. Einer Zustimmung des Vermieters, dem grundsätzlich eine Einflußnahme auf eine innerhalb der Grenzen des § 87 EheG getroffenen Entscheidung oder Vereinbarung nicht zustehe, bedürfe es nicht. Nur gegen unzulässige, weil über den Rahmen des § 87 Abs 2 EheG hinausgehende Anordnungen des Gerichtes könnte sich der Vermieter als Beteiligter nach § 229 AußStrG zur Wehr setzen. Es sei aber nicht zu prüfen, ob ihm der frühere Ehegatte seines Mieters als nunmehriger alleiniger Vertragspartner genehm ist. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes EvBl 1984/92 betreffe einen anders gelagerten Fall. Sollte die Vermieterin, die der alleinigen Fortsetzung des Mietverhältnisses durch die Antragstellerin offenkundig keinen Widerstand entgegensetze, sich gegen die alleinige Fortsetzung des Mietverhältnisses durch die Antragstellerin zur Wehr setzen, dann müßte die Antragstellerin ihren Anspruch der Vermieterin gegenüber im streitigen Rechtsweg durchsetzen.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nur die Streitteile waren Parteien des Scheidungsverfahrens. Sie vereinbarten in dem gemäß § 55 a EheG geschlossenen Vergleich, daß der Antragsgegner seine Mitbestandsrechte an der Wohnung K*****, an die Antragstellerin, die bereits gleichfalls Mitbestandnehmerin war, abtritt. Der Vermieter, in dessen Rechte durch diese Vereinbarung eingegriffen werden sollte, war an diesem Verfahren nicht beteiligt. Die Antragstellerin hat auch nicht behauptet, daß die Abtretung des Mietrechtes vom Vermieter bereits anerkannt worden sei, noch daß überhaupt alle Voraussetzungen nach § 12 MRG, etwa das Verlassen der Wohnung durch den hiezu allerdings verpflichteten Antragsgegner (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 7 zu § 12 MRG), gegeben seien. Eine Bindung der Vermieterin an diese Vereinbarung der geschiedenen Ehegatten kann nur durch ein auf Grund der Vorschriften der §§ 81 ff EheG eingeleitetes Verfahren erreicht werden. In einem solchen Verfahren ist auch der Vermieter rechtsmittelbefugter Beteiligter (§ 229 Abs 2 AußStrG; SZ 53/48 ua). Eine in diesem Verfahren ergangene Entscheidung des Gerichtes nach § 87 Abs 2 EheG bindet daher auch ihn. Der Anspruch eines Mieters gegen den Vermieter, von diesem auf Grund einer nach § 55 a EheG getroffenen Vereinbarung der geschiedenen Eheleute als Alleinmieter Anerkannten behandelt zu werden, kann daher entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes innerhalb der Jahresfrist des § 95 EheG nur im außerstreitigen Verfahren nach den §§ 229 ff AußStrG geltend gemacht werden (EvBl 1984/92). Das Rekursgericht erkannte selbst zutreffend, daß es der Antragstellerin um die Durchsetzung dieses Anspruches gegen die Vermieterin geht. Dann kann ihr aber ein Rechtsschutzinteresse an der Herbeiführung der Entscheidung des Außerstreitrichters nicht abgesprochen werden.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen sind aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf § 234 AußStrG, §§ 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E26801

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00584.91.1030.000

Dokumentnummer

JJT_19911030_OGH0002_0010OB00584_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten