TE OGH 1991/11/12 5Ob1079/91

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Veröffentlicht am 12.11.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Anton S***** Graz, B*****gasse 13-15, vertreten durch Dr. Hans Paar, Rechtsanwalt in Graz, wider die Antragsgegner 1. STADTGEMEINDE G*****, und

2. G***** AG, ***** Graz, A*****-Platz 15, beide vertreten durch Dr. Thomas Stampfer, Rechtsanwalt in Graz, wegen

§ 37 Abs.1 Z 2 MRG infolge außerordentlichen Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 9. September 1991, GZ 3 R 271/91-13, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Rekurs des Antragstellers wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528 a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Vorauszuschicken ist, daß der außerordentliche Revisionsrekurs jedenfalls rechtzeitig erhoben wurde, weil gemäß § 37 Abs.3 Z 16 MRG iVm §§ 521 Abs.1, 521 a Abs.1 Z 3 ZPO die Rekursfrist vier Wochen beträgt. Die Zurückweisung eines Sachantrages mit der Begründung, er betreffe keine in das außerstreitige Verfahren verwiesene Angelegenheit, ist nämlich der Verweigerung des Rechtsschutzes im Prozeß gleichzuhalten (vgl. MietSlg. 38.823; idS bereits LG Linz in MietSlg. 36.513). Folglich war auch der Rekurs des Antragstellers gegen den erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß rechtzeitig.

Ob der Zweitantragsgegnerin in diesem Verfahren Parteistellung zukommt, kann auf sich beruhen, wenn sich der Revisionsrekurs ohnehin als unzulässig herausstellt.

Bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für das vorliegende Rechtsmittel ist zunächst auf die ständige Judikatur hinzuweisen, wonach sich für die Abgrenzung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht keine festen, allgemein anwendbaren Regeln aufstellen lassen, sondern jeweil die Umstände des Einzelfalls in ihrer Gesamtheit den Ausschlag geben (SZ 58/8 und MietSlg. 40.110, jeweils mwN; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 23 zu § 1 MRG). Da sich der Oberste Gerichtshof mit den Besonderheiten des Einzelfalls nicht zu befassen hat (vgl. WoBl. 1991, 143 uva) und dies insbesondere für die Auslegung von Verträgen gilt (vgl. MietSlg. 38/32 ua), ist die Entscheidung des Rekursgerichtes nur daraufhin zu untersuchen, ob sie auf einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage beruht (ÖA 1986, 50 ua).

Im konkreten Fall hat das Rekursgericht zahlreiche Indizien für das Vorliegen eines Pachtvertrags angeführt, so zB. die Überlassung eines bestehenden Unternehmens, die ausdrücklich vereinbarte Betriebspflicht des Anragstellers, seine Investitionspflicht in Relation zum Umsatz und die Bereitstellung von Betriebsmitteln (siehe S 9 der rekursgerichtlichen Entscheidung ON 13). Von besonderer Bedeutung erscheint dabei die Betriebspflicht, die von der Judikatur immer wieder als charakteristisches Merkmal eines Pachtvertrages genannt wird, wenn ein eminentes Interesse des Bestandgebers an der Weiterführung des Betriebes besteht (MietSlg. 32/23 uva; Würth in Rummel I2 Rz 2 zu § 1091 ABGB). Ein solches Interesse liegt auf der Hand, wenn Gegenstand des Vertrages ein auch den Schulen zur Verfügung stehendes Bad ist und als Bestandgeber eine dem allgemeinen Wohl verpflichtete Gemeinde aufscheint. Besonderen Ausdruck hat dieses Interesse darin gefunden, daß die Erstantragsgegnerin die Haftung für einen zur Errichtung eines neuen Hallenbades aufzunehmenden Kredit und auch beträchtliche Instandhaltungspflichten übernommen hat.

Die gegenläufige Argumentation des Antragstellers von der bloßen Anmietung eines Grundstücks zur Errichtung eines Hallenbads übergeht den Umstand, daß ein lebendes Unternehmen mit der Pflicht zum Weiterbetrieb (daneben allerdings auch noch mit der Pflicht zum Ausbau) übernommen wurde. Das Objekt bestand nämlich schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 14. 3. 1972 aus Freibad, Hallenbad, Sauna, Dampfbad, Wannenbädern und Nebenbetrieben. Die Umsätze betrugen in den Jahren 1971 und 1972 (also vor dem Bau des neuen Hallenbades) jeweils mehr als S 3,5 Mio, weshalb die Behauptung des Antragstellers, Kernstück der Anlage sollte von Anfang an das neu zu schaffende Hallenbad sein, an der wahren Sachlage vorbeigeht. Von einer Unternehmenspacht könnte nur dann keine Rede mehr sein, wenn der Badebetrieb bei Vertragsabschluß praktisch nicht mehr bestanden hätte (vgl. 7 Ob 67/78). Dagegen spricht neben dem bereits erwähnten Umsatz, daß bereits das vorausgegangene Bestandverhältnis eindeutig als Pacht einzustufen war (vgl. Binder in Schwimann, Rz 14 zu § 1091). Durch die zugegebenermaßen beträchtlichen Investitionen des Antragstellers (zu denen er teils durch den Vertrag, teils durch die faktischen Verhältnisse gezwungen war) hat sich daran nichts geändert. Die Erneuerung des Inventars ist nämlich ein Vorgang, den das Gesetz (§ 1109 ABGB) bei der Verpachtung eines Unternehmens als normal voraussetzt (MietSlg. 24.131; MietSlg. 25.113 ua). Gleiches gilt für die Ersetzung einzelner Unternehmensbestandteile durch andere, weil dadurch das verpachtete Unternehmen nicht vernichtet, sondern erhalten oder verbessert wird (MietSlg. 31.389). Selbst wenn sich das Unternehmen bei Vertragsabschluß in sehr schlechtem Zustand befand und deshalb von Anfang an hohe Investitionen des Bestandnehmers notwendig waren, würde - bei entsprechender Vertragsgestaltung - eine Unternehmenspacht vorliegen (6 Ob 596/89; 1 Ob 508/91).

Die vom Antragsteller zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (hervorzuheben sind SZ 3/57, SZ 13/175 und 223; MietSlg. 3.482, 3.489, 15.063, 21.135, 28.121 und 30.174) unterstützen nur scheinbar seinen Standpunkt. Daß er nur Grundstücke zur Bebauung in Bestand genommen hätte, trifft eben nicht zu (siehe dazu § 1 des Vertrages vom 14. 3. 1972, indem alle zum bestehenden Bad gehörigen Gebäude und Grundstücke genannt sind). Auch die eigene Gewerbeberechtigung und die Verpflichtung, die Investitionen bei Auflösung des Bestandverhältnisses dem Bestandgeber zu überlassen, schließen nach den vom Antragsteller selbst zitierten Entscheidungen (siehe etwa MietSlg. 21.135 und MietSlg. 15.063) eine Unternehmenspacht nicht aus (vgl. dazu noch Binder in Schwimann, Rz 16 zu § 1091 ABGB; zuletzt 8 Ob 659/89).

Schließlich bleibt anzumerken, daß sich auch aus dem Vertragswortlaut kein zwingender Schluß auf das Vorliegen des behaupteten Mietverhältnisses ergibt. Das Wort "Pacht" wurde zwar weitgehend vermieden, scheint aber doch in § 5 bei Festsetzung des Entgelts ("Pachtzins") auf. Insgesamt verstößt die Interpretation des Rekursgerichtes nicht gegen zwingende Regeln der Vertragsauslegung, weshalb sie auch keine für die Zulässigkeit der Revision sprechende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.

Anmerkung

E27468

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB01079.91.1112.000

Dokumentnummer

JJT_19911112_OGH0002_0050OB01079_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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