TE OGH 1991/11/20 1Ob37/91

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Veröffentlicht am 20.11.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Werner O*****, vertreten durch Dr. Helga Neuberger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei REPUBLIK ÖSTERREICH, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 12.August 1991, GZ 12 R 51/91-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 27.Juni 1991, 4 Cg 63/91-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im wiederaufzunehmenden Verfahren hatte der Kläger den Zuspruch des Betrages von S 170.000 (S 70.000 für Rufschädigung und S 100.000 Verdienstentgang) und die Feststellung begehrt, daß die beklagte Partei für sämtliche künftige Schäden hafte, die sich aus der rechtswidrigen Anhaltung des Klägers vom 6.11.1980 bis 24.6.1982 ergeben.

Der Oberste Gerichtshof hat mit Urteil vom 24.6.1987, 1 Ob 9/87, auf dessen nähere Begründung verwiesen wird, festgestellt, daß die beklagte Partei dem Kläger für alle Vermögensnachteile, die ihm aus der Anhaltung im Landesnervenkrankenhaus Hall i.T. in der Zeit vom 20.5.1981 bis 24.9.1981 künftig entstehen, hafte; den nur für den Zeitraum vom 20.5.1981 bis 24.9.1981 für Rufschädigung geltend gemachten, auf Art. 5 Abs. 5 MRK gestützten Betrag von S 70.000 sprach der Oberste Gerichtshof zur Gänze zu. Das auf die Bestimmungen des strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes gestützte Begehren auf Bezahlung des Betrages von S 100.000 an Verdienstentgang und das Feststellungsmehrbegehren blieben abgewiesen. Für den Zeitraum der Anhaltung vom 20.5.1981 bis 24.9.1981 habe die beklagte Partei den Betrag von S 30.000 an Verdienstentgang überwiesen. Für die restlichen Haftzeiten sei das Zivilgericht an den rechtskräftig eine Entschädigung ablehnenden Beschluß des Strafgerichtes gebunden.

Mit Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes Innsbruck vom 25.10.1989, 20 Ba Ns 1/89 (= 34 Vr 3493/81-103 des LG Innsbruck), bestätigt mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 23.1.1990, 7 Bs 486/89, wurde nunmehr festgestellt, daß dem Kläger für die strafgerichtliche Anhaltung vom 24.9.1981 bis 24.6.1982 11,45 Uhr allfällig erlittene vermögensrechtliche Nachteile gemäß § 2 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 StEG ein Anspruch auf Ersatz gegen den Bund zustehe. Wie der Oberste Gerichtshof erhob, wurde dieser Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck dem Kläger am 29.1.1990 eigenhändig zugestellt. Mit an die Finanzprokuratur gerichtetem Schreiben vom 15.1.1991 ("Aufforderung gemäß § 2 Abs. 1 lit. d Abs. 3 StEG sowie gemäß § 8 AHG) forderte der Kläger die beklagte Republik auf, für den Zeitraum vom 6.11.1980 bis 20.5.1981 einen (weiteren) Verdienstentgang von S 27.000 und für die Zeit vom 24.9.1981 bis 24.6.1982 einen solchen von S 43.000 S insgesamt also von S 70.000 zu leisten. Dieser Anspruch wurde von der Finanzprokuratur mit Schreiben vom 18.4.1991 abgelehnt.

Mit der am 14.5.1991 eingebrachten Wiederaufnahmsklage begehrt der Kläger, ihm die Wiederaufnahme des Verfahrens 8 Cg 348/85 des Landesgerichtes Salzburg zu bewilligen und die in diesem Verfahren ergangenen Urteile, soweit sein Klagebegehren abgewiesen wurde, aufzuheben. Im wiederaufgenommenen Verfahren sei dem Leistungs- und dem Feststellungsbegehren zur Gänze stattzugeben. Gestützt wird das Wiederaufnahmebegehren auf die "analoge Anwendung des § 530 Abs. 1 Z 5 ZPO". Durch den Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes Innsbruck vom 25.10.1989, 20 Ba Ns 1/89, sei die für die Zivilgerichte im § 6 Abs. 7 StEG normierte Bindung nunmehr weggefallen. Da § 268 ZPO als verfassungswidrig aufgehoben worden sei, sei analog dazu auch die Bindung des Zivilgerichtes an Entscheidungen nach dem strafrechtlichen Entschädigungsgesetz nicht mehr gegeben, so daß auch für die Zeit vom 6.11.1980 bis 20.5.1981 der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund gegeben sei.

Das Erstgericht wies diese Wiederaufnahmsklage vor Streitanhängigkeit zurück.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge. Den (ordentlichen) Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers beginne die Frist des § 534 ZPO nicht erst mit Ablehnung der Zahlungsaufforderung an die Finanzprokuratur zu laufen. Für die Wiederaufnahmsklage bedürfe es keines neuerlichen Aufforderungsverfahrens, da sie dasselbe Urteilsbegehren enthalte wie es Gegenstand des Vorprozesses gewesen sei. Der Wiederaufnahmsanspruch sei als Anspruch öffentlich-rechtlicher Natur der Parteiendisposition entzogen. Die Frist zur Geltendmachung dieses Anspruches laufe daher auch bei Wiederaufnahme eines Amtshaftungsverfahrens ab Rechtskraft des neuen strafgerichtlichen Erkenntnisses. Soweit sich der Rekurswerber auf die Aufhebung des § 268 ZPO durch den Verfassungsgerichtshof berufe, könne dies einen Wiederaufnahmsgrund nicht darstellen. Rechtskräftige Entscheidungen, die auf einer früheren Rechtslage basierten, könnten nicht infolge einer späteren Gesetzesänderung wieder aufgerollt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Klägers ist nicht berechtigt. Nach § 534 Abs. 2 Z 3 ZPO beginnt die vierwöchige Notfrist zur Erhebung einer auf § 530 Abs. 1 Z 5 ZPO gestützten Wiederaufnahmsklage mit dem Tag, an dem das strafgerichtliche Urteil in Rechtskraft erwachsen ist. Diese Frist war bereits zum Zeitpunkt des Aufforderungsschreibens vom 15.1.1991 längst abgelaufen.

Der Rechtsbestand des § 6 Abs. 7 StEG wurde durch die Aufhebung des § 268 ZPO als verfassungswidrig durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12.10.1990, G 73/89 = JBl. 1991, 104, nicht berührt. Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen (SZ 60/1; SZ 58/142), daß keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 7 StEG bestehen. Die Verfahrensgarantien des Art. 6 Abs. 1 MRK sind eingehalten. Er hat daher auch in dieser Sache selbst keine Veranlassung gehabt, einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund liegt daher schon deshalb nicht vor.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E27680

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00037.91.1120.000

Dokumentnummer

JJT_19911120_OGH0002_0010OB00037_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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