TE OGH 1991/12/12 8Ob575/90

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Veröffentlicht am 12.12.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johannes E*****, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach und Dr. Eckart Söllner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Fritz S*****, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 6. September 1989, GZ 2 a R 317/89-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Zell am Ziller vom 11. April 1988, GZ 1 C 1408/87d-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.966,40 (einschließlich S 494,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Annemarie E***** und Johann E***** die Eltern des Klägers, waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** II KG Fügenberg. Auf dieser Liegenschaft ist ein Ferienhaus errichtet, das in über 1500 m Seehöhe im Feriendorf "Pfaffenboden" liegt; die Zufahrt ist nur über Gemeindewege möglich, die für Kraftfahrzeuge befahrbar sind. Das Ferienhaus ist ein auf Betonfundamenten errichtetes Holzhaus ohne Stromzuleitung; die Beheizung und Beleuchtung erfolgten mit Gas; ein Durchlauferhitzer zur Warmwasseraufbereitung und eine Trinkwasserzuleitung sind vorhanden. Mit dem als Pachtvertrag bezeichneten Mietvertrag vom 5./24. 9. 1982 vermietete Annemarie E***** das Ferienhaus an ihren Bruder, den Beklagten, auf Dauer von 30 Jahren (bis zum 31. 8. 2012), gegen einen jährlichen Bestandzins von S 24.000,-, mit dem Recht, das Ferienhaus "weiterzuverpachten" und als Mieter den Vertrag jederzeit auflösen zu können, sowie mit der Auflage, daß für Reparaturen und die Instandhaltung die Vermieterin (Eigentümerin) aufzukommen habe. Im Vertragszeitpunkt lag der Gebäudewert bei rund S 450.000,-, eine Monatsmiete von S 3.000,- war nachhaltig (jedenfalls) erzielbar. Johann E***** hatte Annemarie E***** seit seiner Trennung von ihr im Jahr 1975 das Ferienhaus zur Gänze zur Nutzung überlassen; es kann nicht "erfaßt" (festgestellt) werden, daß er ihre Mieteinnahmen kontrollierte. Jedenfalls hatte sie sich vereinbarungsgemäß die Mieteinnahmen auf ihren Unterhalt anrechnen zu lassen.

Am 11. 3. 1983 wurde die Ehe der Eltern des Klägers rechtskräftig geschieden. Am 15. 3. 1983 brachte seine Mutter beim Erstgericht einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81 ff EheG ein; darin strebte sie insbesondere auch die Übertragung des Hälfteanteils des Ehegatten am Ferienhaus in Fügen an. Am 11. 6. 1985 starb Annemarie E*****. Ihre Verlassenschaft wurde dem Kläger als unbedingt erbserklärtem Testamentserben mit Einantwortungsurkunde des Erstgerichtes vom 21. 12. 1987 eingeantwortet. Im Aufteilungsverfahren, das nach dem Tod seiner Mutter der Kläger durch einen Rechtsvertreter fortführte, erging am 14. 6. 1985 die Entscheidung erster Instanz, mit der unter anderem der ideelle Hälfteanteil des Johann E***** an der Liegenschaft EZ ***** II KG Fügenberg an Annemarie E***** übertragen wurde. In diesem Ausspruch erwuchs die Aufteilungsentscheidung zufolge Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom 26. 3. 1987, AZ 8 Ob 653/86, in Rechskraft. Nach dem Ergebnis der Verlassenschaftsabhandlung (und des Aufteilungsverfahrens) wurde unter anderem ob der EZ ***** II KG Fügenberg das Alleineigentum des Klägers einverleibt.

Der Beklagte benützt das Ferienhaus nicht selbst. Er hat es an einen Steuerberater aus München untervermietet.

Mit der am 12. 10. 1987 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger, den Beklagten wegen titelloser Benützung der Liegenschaft zur Räumung zu verpflichten, weil der mit der Mutter des Klägers abgeschlossene Pachtvertrag mangels Zustimmung des anderen Hälfteeigentümers, nämlich des Vaters des Klägers, nicht rechtswirksam zustandegekommen sei. Der Kläger habe zunächst keine Kenntnis davon gehabt, daß sein Vater dem Pachtvertrag nicht zugestimmt habe. Im Laufe des Verfahrens vor dem Erstgericht erhob der Kläger in der Verhandlungstagsatzung vom 18. 3. 1988 das Eventualklagebegehren, den zwischen seiner Mutter und dem Beklagten abgeschlossenen Pachtvertrag mit Wirkung zum 5. 8. 1982 (gemeint wohl 5. 9. 1982) aufzuheben und den Beklagten schuldig zu erkennen, die Liegenschaft zu räumen. Dieses Eventualbegehren stützte der Kläger auf folgendes Vorbringen: Bei dem Bestandvertrag zwischen seiner Mutter und dem Beklagten habe es sich um einen Scheinvertrag gehandelt, der nur dazu gedient habe, im nachehelichen Aufteilungsverfahren den Wert des Objektes zu vermindern, um die Position der Mutter, die die Zuweisung der dem Vater gehörigen Liegenschaftshälfte anstrebte, zu verbessern. Der Pachtvertrag sei sittenwidrig und damit nichtig und er werde auch wegen listiger Irreführung der Mutter durch den Beklagten angefochten; dieser habe sich damit auf Kosten seiner Schwester bzw. ihrer Erben bereichern wollen und die Unerfahrenheit und Krankheit seiner Schwester dadurch ausgebeutet, daß er sich für eine Leistung von S 2.000,- monatlich eine Gegenleistung gewähren habe lassen, deren Vermögenswert zu dem der Leistung in einem auffallenden Mißverhältnis stehe. Überdies habe der Beklagte seiner Schwester vorgetäuscht, der Abschluß eines derartigen Vertrages sei erforderlich, um nur einen einzigen (Dauer-)Mieter zu bekommen. Er habe sie darüber nicht aufgeklärt, daß sie selbstverständlich auch selbst mit einem einzigen Mieter hätte abschließen können.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Haupt- und des Eventualbegehrens und wendete ein:

Im Zeitpunkt der Errichtung des Bestandvertrages sei seine Schwester über die Liegenschaft allein verfügungsberechtigt gewesen. Spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem sie im Zuge des Aufteilungsverfahrens das Alleineigentum an der Liegenschaft erhalten habe, sei ihre alleinige Verfügungsberechtigung und damit der Vertrag mit ihm gerechtfertigt worden. Die Irrtumsanfechtung sei verfristet. Darüber hinaus habe er, der Beklagte, zu Lebzeiten seiner Schwester aus dem Pachtvertrag keinen Nutzen gezogen. Die behaupteten Willensmängel beim Vertragsabschluß seien nicht vorgelegen. Im übrigen habe der Kläger im Zuge des vorliegenden Verfahrens zu erkennen gegeben, daß er an einer Fortsetzung des "Pachvertrages" mit dem Beklagten festhalte, weil er mehrfach die Zinszahlungen eingefordert und erhalten, wenngleich zuletzt wieder zurückgewiesen habe; derzeit behänge zwischen den Streitteilen ein Hinterlegungsverfahren.

Das Erstgericht wies sowohl das Haupt-, als auch das Eventualbegehren ab. Seine Entscheidung beruht auf folgenden weiteren Feststellungen:

Der Beklagte habe seit dem Ende der Siebzigerjahre die Verwaltung des Vermögens der Mutter des Klägers (seiner Schwester) übernommen, weil diese nach einer im Sommer 1975 überstandenen Brustkrebsoperation in ihren letzten Lebensjahren an Lungentuberkulose gelitten habe. Sie habe beabsichtigt, im Zuge des bevorstehenden Scheidungs- bzw. nachehelichen Aufteilungsverfahrens die dem Ehegatten gehörige Hälfte der im Jahr 1972 gekauften Liegenschaft EZ ***** II KG Fügenberg mit der von ihnen errichteten Ferienhütte in Hochfügen ***** zu erlangen. Obwohl seit Sommer 1982 von einem Münchner Steuerberater eine Jahresmiete von über S 35.000,- erzielbar sei, habe der Beklagte seiner Schwester geraten, wegen des Scheidungsverfahrens nicht diesen erzielbaren oder erzielten Erlös, sondern bloß einen solchen von jährlich S 24.000,- anzugeben. Es sei Sache der Schwester des Beklagten gewesen, sich die Mieter auszusuchen; ihr Ehegatte habe sich dabei in keiner Weise eingemischt. Der Beklagte habe in seiner Zwischenschaltung als "Pächter" die Chance gesehen, einen Teil der Mieteinnahmen seiner Schwester ohne Anrechnung auf Unterhaltsleistungen ihres Ehegatten zu erhalten, andererseits aber auch selbst für die bislang unentgeltlich geführte Vermögensverwaltung etwas zu verdienen. Tatsächlich habe der Beklagte seiner Schwester monatlich S 3.000,- an Pachtzins abgeführt und den "Überling" behalten. Nach der Vertragsabmachung sei jährlich über den Pachtzins neu zu verhandeln gewesen. Feststellungen über die Durchführung oder einen Erfolg solcher Verhandlungen konnte das Erstgericht jedoch nicht treffen. Es sei der ernstliche Wille der Schwester des Beklagten gewesen, die mit ihm eingegangene Vertragsbindung auf 30 Jahre festzulegen, weil nach seinen Bekundungen der zahlungskräftige Dauermieter aus München nur mit ihm, dem Beklagten, wegen seiner im Vergleich zu der Schwester weit höheren Lebenserwartung habe abschließen wollen.

In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht aus:

Gemäß § 1116 a ABGB sei der Bestandvertrag mit dem Tod der Mutter des Klägers nicht erloschen, sodaß diesem eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit nicht zustehe. Zwar hätte der Beklagte den Jahreszins von S 36.000,- und nicht bloß die tatsächlich entrichteten S 24.000,- an den Kläger zu bezahlen; dies könne aber dahingestellt bleiben, weil der Auflösungsfall des § 1118 ABGB zweiter Fall nicht vorgetragen worden sei. Für die Annahme eines Irrtums oder gar von List oder Sittenwidrigkeit des Vertrages bleibe nach den getroffenen Feststellungen kein Raum.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Haupt- und Eventualbegehrens, über das es entschieden habe, jeweils S 300.000,- übersteige. Zur Entscheidungsbegründung führte es aus:

Von vorrangiger Bedeutung für die rechtliche Beurteilung der Sache sei der Umstand, daß der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger nach seiner Mutter deren Rechte und Pflichten in dem Umfang erworben habe, in welchem sie ihr zugestanden seien. Daher sei zunächst unabhängig davon, ob der Vater des Klägers als Eigentümer der anderen Liegenschaftshälfte dem Bestandvertrag seiner Ehegattin mit dem Beklagten zugestimmt habe, festzustellen, daß jedenfalls zuerst die Vertragspartnerin des Beklagten und nun der Kläger als ihr Gesamtrechtsnachfolger an den Bestandvertrag gebunden sei. Daher sei es rechtlich bedeutungslos, ob der Ehegatte der Annemarie E***** diese ausdrücklich oder schlüssig zum Abschluß eines Mietvertrages zu den vorliegenden Bedingungen mit dem Beklagten bevollmächtigt oder diesem Vertrag ausdrücklich oder schlüssig zugestimmt habe. Bloß auf Grund des Umstandes, daß dies allenfalls nicht der Fall gewesen sei, stehe dem Kläger kein Räumungsanspruch gegen den Beklagten zu.

Aber auch die vom Kläger behauptete Sittenwidrigkeit des Vertrages liege nicht vor. Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes sei das Gesamtbild entscheidend, das sich aus dem Inhalt, dem Zweck, dem Beweggrund und den Begleitumständen des Rechtsgeschäftes ergebe. Bloß aus der Ungleichheit der beiderseitigen Vertragspflichten könne noch keine Sittenwidrigkeit erschlossen werden. Ein auffälliges Mißverständnis zu einer erzielbaren Monatsmiete liege im vorliegenden Fall nicht vor. Auf die Sittenwidrigkeit des Vertragszweckes, nämlich die Absicht, Johann E***** damit im Unterhalts- und Aufteilungsverfahren zu schädigen, hätte sich die Mutter des Klägers nicht berufen können, sodaß dies auch dem Kläger als ihrem Universalerben nicht statthaft sei.

Im übrigen sei vom Erstgericht zutreffend festgestellt worden, die Mutter des Klägers habe den festgestellten, objektiv tatsächlich nicht üblichen Vertragsbestimmungen (einer 30jährigen Bindung ohne eigene vorzeitige Kündigungsmöglichkeit) ausdrücklich zugestimmt, sodaß diesbezüglich sowohl einer Irrtums-, als auch einer Irreführungsanfechtung der Boden entzogen sei. Einen allenfalls bei der Vermieterin vorgelegenen Irrtum über das rechtliche Schicksal des mit dem Beklagten geschlossenen Mietvertrages nach ihrem - nach dem Bewußtsein beider Vertragsteile in naher Zukunft zu erwartenden - Ableben habe der Beklagte nicht veranlaßt; solches sei nicht einmal behauptet worden. Auf einen Scheinvertrag könne sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen, weil bei dessen Annahme das Räumungsbegehren gegen den Beklagten verfehlt wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß gemäß § 1116 a ABGB der zwischen dem Beklagten und seiner Schwester abgeschlossene Bestandvertrag durch den Tod der Bestandgeberin nicht beendet wurde, sondern vielmehr der Kläger als deren Gesamtrechtsnachfolger in den Vertrag eingetreten ist. Darauf, ob er Bestandzinszahlungen gefordert, entgegengenommen oder abgelehnt hat, kommt es somit im vorliegenden Verfahren zumindest im Zusammenhang mit dem gestellten Räumungsbegehren nicht an, weil der Beklagte, den aufrechten Bestand des Vertrages vorausgesetzt, als Hauptbestandnehmer nicht titellos die Liegenschaft (durch seinen Unterbestandnehmer) benützt.

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß die Mutter des Klägers an den mit ihrem Bruder, dem Beklagten, geschlossenen Bestandvertrag ungeachtet des Umstandes, daß sie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nur Hälfteeigentümerin war und allenfalls durch den Ehegatten nicht zum Abschluß dieses Vertrages berechtigt sein mochte, in ihrem Verhältnis zum Beklagten gebunden war und blieb, sodaß der Kläger als ihr Gesamtrechtsnachfolger keine andere Rechtsstellung einnehmen kann (SZ 45/49; MietSlg 31.153 ua). Der erstmals in der Revision vorgetragene und gegen das Neuerungsverbot verstoßende Einwand des Klägers, er repräsentiere hinsichtlich der anderen Liegenschaftshälfte, die seiner Mutter erst nach deren Tod im Zuge des Aufteilungsverfahrens zugewiesen worden sei, als direkter Nachfolger im Eigentum die Rechte seines Vaters, trifft in der Sache auch nicht zu. Es kommt nicht darauf an, daß der Vater des Klägers mit einer auf die nun vom Kläger erhobenen Behauptungen gestützten Räumungsklage gegen den Beklagten hätte durchdringen können (siehe SZ 45/49; MietSlg. 31.153 ua). Der Kläger kann seine Berechtigung an der zweiten Liegenschaftshälfte nicht von der Rechtsnachfolge nach seinem Vater, sondern nach der ganzen Sach- und Rechtslage nur aus der Rechtsnachfolge nach seiner Mutter ableiten, der dieser Liegenschaftsanteil im Zuge des Aufteilungsverfahrens - wenn auch erst nach ihrem Ableben - zugeteilt wurde. Dem Berufungsgericht ist daher darin beizupflichten, daß die vom Kläger in seiner Berufung gegen das Ersturteil bekämpften Feststellungen über die mangelnde Bevollmächtigung seiner Mutter durch seinen Vater zum Abschluß des strittigen Bestandvertrages sowie über die mangelnde Zustimmung seines Vaters zu diesem Vertrag rechtlich nicht relevant sind.

Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß nach den maßgeblichen Feststellungen der Kläger auch nicht zur Anfechtung des vorliegenden Bestandvertrages wegen Irrtums seiner Mutter über den Vertrag oder wesentliche Vertragspunkte oder gar wegen List des Beklagten bei und vor dem Abschluß dieses Vertrages berechtigt ist. Nach der im Tatsachenbereich vorgenommenen Beurteilung beider Vorinstanzen war für beide Vertragsteile eine langfristige Verwertung des Ferienhauses und damit eine gesicherte Einnahme für die schwerkranke Mutter des Klägers, aber auch für ihre Rechtsnachfolger angestrebt worden. Das Erstgericht hat überdies auch festgestellt, daß der Beklagte den sogenannten "Überlings", d.i. der über den Betrag von S 3.000,-, den er an seine Schwester monatlich abzuführen hatte, hinausgehende Betrag als Entgelt für seine im Interesse seiner Schwester entfaltete langjährige Tätigkeit als Vermögensverwalter aber auch für ihre Pflege im weitesten Sinn bekommen sollte. Es darf hier nicht übersehen werden, daß derartige vermögensrechtliche Verträge zwischen nahen Angehörigen meist nicht an der Erzielung eines "Marktpreises" oder an einem ausgeprägten Gewinnstreben gegenüber dem Vertragspartner orientiert sind, sondern häufig einen im Familien- bzw. nahen Verwandtschaftsverhältnis begründeten Zuwendungscharakter aufweisen. Die Vorinstanzen haben auch zutreffend erkannt, daß das vom Beklagten entrichtete Entgelt, über welches zwischen den Streitteilen als Partnern des Bestandvertrages jährlich Verhandlungen zu führen wären, selbst unter Außerachtlassung der eben dargelegten Erwägungen nicht das Maß einer auffälligen Äquivalenzstörung aufweist.

Zu prüfen bleibt daher noch die Anfechtbarkeit des Bestandvertrages wegen seines teilweise sittenwidrigen Zweckes, nämlich einer beabsichtigten Schädigung Johann E***** zur Erzielung einer vermögensrechtlichen Besserstellung der Mutter des Kläger im Unterhalts- und Scheidungs-(folgen-)verfahren gegenüber ihrem Ehegatten. Selbst wenn der Kläger als Erbe nach der Vertragspartnerin des Beklagten den Vertrag aus diesem Grunde wegen Sittenwidrigkeit anfechten könnte, wäre damit infolge Wegfalls des behaupteten sittenwidrigen Vertragszwecks doch nur eine Anpassung des Mietvertrages auf das "übliche Maß" zu erreichen, dessen ungeachtet bliebe jedoch nach wie vor das Klage-, Haupt- und Eventualbegehren unberechtigt. Der Kläger könnte zwar vom Beklagten den von diesem an die Mutter des Klägers tatsächlich bezahlten Mietzins (wegen des Wegfalls der Vermögensverwaltung auch des sogenannten "Überling"), nicht aber auch die Räumung der Liegenschaft wegen titelloser Benützung verlangen; in den Akten findet sich jedoch kein Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger auch die Nichtzahlung dieses Mietzinses iS des § 1118 zweiter Fall ABGB als Klagsgrund geltend gemacht hat.

Für die Annahme eines Scheinvertrages bieten die Feststellungen überhaupt keinen Anhaltspunkt.

Die Revision bleibt demnach erfolglos.

Die Revisionskostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.

Anmerkung

E28133

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00575.9.1212.000

Dokumentnummer

JJT_19911212_OGH0002_0080OB00575_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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