TE OGH 1991/12/18 3Ob121/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine H*****, vertreten durch Dr. Hans Pucher, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die beklagte Partei Sch***** Bankaktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Peter Kisler ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Bestreitung der Exekutionskraft eines Notariatsaktes, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes vom 14.Mai 1991, GZ R 164/91-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 28.Dezember 1990, GZ 3 C 1360/88-36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen vierzehn Tagen die mit 32.569,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 5.428,20 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin und ihr Mann waren Gesellschafter und Geschäftsführer einer GesmbH und hafteten auch persönlich für bedeutende Kreditverbindlichkeiten der GesmbH. Nach der Ehescheidung und auftretenden finanziellen Schwierigkeiten wurde eine Sanierung der Gesellschaft in der Weise versucht, daß ein Ing. R neuer Geschäftsführer wurde, die Geschäftsanteile um je einen Schilling an eine Tochter des Ing. R abgetreten wurden und auf folgende Weise eine Umschuldung vorgenommen werden sollte:

Die bisherige Hausbank der Gesellschaft trat ihre Forderungen gegen die GesmbH von über 13 Millionen Schilling gegen einen Abtretungspreis von 8 Millionen Schilling an Ing. R ab und entließ gegen die Zahlung dieses Betrages unter anderem die Klägerin aus ihrer Haftung. Der Betrag von 8 Mio S sollte im Teilbetrag von 6 Mio S durch einen Kredit der beklagten Partei aufgebracht werden, den diese dem Ing. R einräumte. Zur Sicherung dieses Kredites verpfändete die Klägerin eine Liegenschaft.

Die Klägerin wäre damit zunächst zwar aus ihrer Haftung gegenüber der früheren Hausbank der GesmbH entlassen worden, unter Umständen als Gutsteherin der Hauptschuldnerin (GesmbH) - hiezu wurde nichts festgestellt - in gleicher Höhe wie früher gegenüber Ing. R verbunden geblieben, konnte aber hoffen, Ing. R werde die GesmbH sanieren, sodaß diese (also die Hauptschuldnerin) die von Ing. R eingelösten Verbindlichkeiten gegenüber der früheren Hausbank abdecken werde.

Unter diesem Aspekt war die Verpfändung ihrer Liegenschaft für die Klägerin also vor allem dann sinnvoll, wenn eine gewisse reale Chance für eine günstige Fortentwicklung des Geschäftsbetriebes der GesmbH gegeben war. Dazu war vorgesehen, daß die beklagte Partei der GesmbH einen Neuwagenkredit von 3 Mio S (wichtig für die Effektuierung einer Vertragshändlervereinbarung), einen Betriebsmittelkredit von 2,5 Mio S und einen Umschuldungskredit (für ein anderes Bankinstitut) von 1,5 Mio S gewähre.

Strittig ist, inwieweit eine verbindliche Kreditzusage der beklagten Partei vorlag und ob diese Kreditzusage Geschäftsgrundlage oder Bedingung für die Verpfändung der Liegenschaft der beklagten Partei war.

Über den genannten Darlehensvertrag zwischen der beklagten Partei und Ing. K wurde der Notariatsakt vom 1.12.1986 errichtet, in dem unter anderem die Klägerin ihre Zustimmung erteilte, daß bei der bücherlichen Einverleibung des zugunsten der beklagten Partei eingeräumten Pfandrechtes die Vollstreckbarkeit im Sinne der §§ 3 und 3 a NO angemerkt werde. Auf Grund dieses Notariatsaktes wurde zugunsten der beklagten Partei zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 6 Mio S sA die Zwangsversteigerung der verpfändeten Liegenschaft bewilligt.

Gestützt auf die §§ 35 f EO und § 4 NO begehrt die klagende Partei

1. die Feststellung, der strittige Notariatsakt sei nicht vollstreckbar und die Exekution unzulässig;

2. den Ausspruch, der Notariatsakt werde aufgehoben und die Exekution eingestellt, bzw die Exekution sei unzulässig;

3. die Feststellung, der Notariatsakt sei ungültig und die Exekution unzulässig;

4. den Ausspruch, der Notariatsakt werde aufgehoben.

Die klagende Partei macht geltend, daß es eine von allen Beteiligten zugrunde gelegte Voraussetzung für den Abschluß des Darlehensvertrages und die Verpfändung der Liegenschaft der klagenden Partei gewesen sei, daß die beklagte Partei der GesmbH auch die genannten weiteren Kredite gewähre. Der maßgebende Angestellte der beklagten Partei habe die Gewährung dieser Kredite auch ausdrücklich zugesagt und bestätigt, daß die nötige Finanzierung in Ordnung gehe. Tatsächlich seien aber dann diese Kredite nicht gewährt worden. Die beklagte Partei habe die klagende Partei damit auch in Irrtum geführt. dem Notariatsakt fehle die Exekutionskraft auch aus formalen Gründen, weil der Darlehensvertrag und der Notariatsakt zunächst nicht von der beklagten Partei unterfertigt worden seien und weil im Darlehensvertrag nur eine Filiale der beklagten Partei genannt sei, während als betreibende Partei die Hauptniederlassung einschreite.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über den eingangs wiedergegebenen nicht strittigen Sachverhalt hinaus vor allem folgende Tatsachenfeststellungen:

An der entscheidenden Besprechung am 1.12.1986 nahmen unter anderem die Klägerin, Ing. R und für die beklagte Partei deren Prokurist K, Leiter einer Filiale der beklagten Partei, teil. Die Klägerin und Ing. R unterfertigten die gemäß den Besprechungen vorbereitete Darlehensvereinbarung, in der Ing. R die Zuzählung eines Darlehens von 6 Mio S bestätigte und die Klägerin ihre Liegenschaft verpfändete. Der Notar errichtete hieraus als Mantel dieser Vereinbarung den Notariatsakt. Die Echtheit der Unterschriften der beiden kollektiv für die beklagte Partei zeichnungsberechtigten Gesamtprokuristen SCH und N, die unbeglaubigt schon am 26.11.1986 unterschrieben hatten, wurde am 11.12.1986 notariell beglaubigt.

Am 2.12.1986 übermittelte der geschiedene Ehemann der Klägerin der Beklagten die Kreditwünsche der GesmbH. Die beklagte Partei war an sich zur Gewährung weiterer Kredite bereit, es kam aber in der Folge keine Einigung zustande.

Die Klägerin hatte gehofft, daß sich die GesmbH durch diese Kredite finanziell erholen werde. Vor Unterfertigung des Notariatsaktes hatte sie sich bei Prokurist K erkundigt, ob auch die weiteren Kreditverträge zustande kämen. Prokurist K versicherte nach Einholung einer telefonischen Auskunft, daß alles in Ordnung gehen werde.

Es kann aber nicht festgestellt werden, daß einem vertretungsbefugten Organ der beklagten Partei gegenüber die Pfandbestellung durch die Klägerin nur unter der Bedignung erklärt wurde, daß noch weitere Kredite an die GesmbH zustande kämen, oder daß die Klägerin darüber in Irrtum geführt wurde oder einem Irrtum unterlag, der von der beklagten Partei veranlaßt wurde oder ihr auffallen mußte. Warum schließlich die Finanzierungskreditverträge nicht zustandekamen, ist nicht feststellbar. Ein entscheidender Punkt war, daß Ing. R es ablehnte, für diese Kredite die persönliche Haftung zu übernehmen. Prokurist K war als Leiter einer Filiale der beklagten Partei nur ermächtigt, Kredite bis zur Höhe von 50.000 S einzuräumen, und war zu verbindlichen Zusagen über eine Kreditgewährung in dem von der GesmbH angestrebten Rahmen nicht berechtigt.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Erstgericht zu den formellen Einwendungen auf die in der Sache ergangenen Vorentscheidungen des Obersten Gerichtshofes und ging zur materiellen Einwendung davon aus, daß keine Irreführung vorliege, weil die klagende Partei nicht erwarten habe können, daß die beklagte Partei der GesmbH ungesicherte Kredite gewähren werde, und sie schon nach den Bestimmungen des KWG nicht mit einer Einzelvertretungsmacht von Prokurist K rechnen konnte.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellung des Erstgerichtes, es sei nicht erwiesen, daß die Verpfändung der strittigen Liegenschaft von einer Bedingung (Gewährung weiterer Kredite an die GesmbH) abhängig gemacht worden sei, und billigte auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts. Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Entscheidung SZ 7/337 mit dem Fehlen einer Judikatur zur Irrtumsanfechtung bei einem Notariatsakt in der hier gegebenen Konstellation.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht zulässig. Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall, worauf die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend hinweist, von keiner im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO erheblichen Rechtsfrage ab:

Die geltend gemachten formellen Mängel des Notariatsaktes waren schon Gegenstand der beiden Entscheidungen des erkennenden Senates 3 Ob 127/87 = EvBl 1988/61 (Entscheidung über die Exekutionsbewilligung) und 3 Ob 176/88 (Entscheidung über einen aus Anlaß der vorliegenden Klage gestellten Aufschiebungsantrag), sodaß auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.

Soweit die klagende Partei aber die materielle Gültigkeit ihrer im Notariatsakt festgelegten Verpflichtungen bestreitet, ist der geltend gemachte Klagsgrund nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht erwiesen. Es ist weder die Vereinbarung einer Bedingung festgestellt, noch sind eine Irreführung oder ein von der klagenden Partei veranlaßter oder ihr offenbar auffallen müssender Irrtum erwiesen. Damit ist aber nicht mehr relevant, unter welchen Voraussetzungen solche Umstände mit einer Klage nach den §§ 35 f EO oder § 4 NO geltend gemacht werden könnten.

Soweit die Klägerin geltend macht, die beklagte Partei habe im Zusammenhang mit dem Abschluß des strittigen Notariatsaktes ihre Aufklärungspflicht verletzt, liegt eine erstmals im Revisionsverfahren geltend gemachte und damit unzulässige Neuerung vor.

Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht bereits verneint hat, können nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden (MietSlg 38.792).

Dasselbe gilt für eine in zweiter Instanz nicht geltend gemachte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz (EFSlg 55.098). Die Nichteinholung des Aktes 6 Cg 441/89, die im Berufungsverfahren nur als gewöhnlicher Verfahrensmangel, nicht aber wie jetzt in der Revision als Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO geltend gemacht wurde, hat daher in dritter Instanz jedenfalls auf sich zu beruhen. Worin der weiters geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegen soll, wird in der Revision nicht deutlich gemacht.

Eine Aktenwidrigkeit des Berufungsurteiles, nämlich eine unrichtige Wiedergabe von Beweisergebnissen, die dann der Beweiswürdigung zugrunde gelegt wurde, wird in der Revision nicht aufgezeigt. Soweit hiezu auf angebliche Fehler des Erstgerichtes verwiesen wird, war alles ausschließlich Gegenstand der im Berufungsverfahren abschließend zu prüfenden Beweiswürdigung.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E28737

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00121.91.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19911218_OGH0002_0030OB00121_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten